Ein Fortschritt von geschichtlicher Bedeutung in Spanien
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Spanien
DIE christlichen Zeugen Jehovas waren in Spanien viele Jahre tätig, ohne gesetzlich anerkannt zu sein. Aber dann, im Juli 1970, wurden sie von der spanischen Regierung unter dem neuen Gesetz über Religionsfreiheit anerkannt. Nun beschlossen sie, in Spanien ein Zweigbüro der Watch Tower Society zu eröffnen.
Im März 1971 wurde in Barcelona ein sechsgeschossiges Gebäude gekauft. Im April fingen die Zeugen an, es umzubauen. Da der Präsident der Gesellschaft, N. H. Knorr, vorhatte, Spanien zu besuchen, baten sie ihn, anläßlich der Bestimmungsübergabe am 2. Juni 1972 eine Ansprache zu halten. Bei diesem Anlaß, für den ein besonderes Programm aufgestellt worden war, wurde über die Geschichte des Werkes Jehovas in Spanien berichtet, auch Erfahrungen wurden erzählt, die in Verbindung mit den Umbauarbeiten gemacht worden waren, und der Präsident hielt eine Ansprache.
Der Geschichtsbericht wurde durch die Anwesenheit einer einundachtzigjährigen Zeugin Jehovas belebt, die Gottes Wahrheit im Jahre 1927 kennenlernte. Sie ist blind und sehr klein, doch welch eine Energie strahlte sie aus, als sie sprach! Sie erzählte, daß sie im Jahre 1934 als Schriftleiter der Zeitschrift Luz y Verdad (Licht und Wahrheit, wie die Zeitschrift Erwachet! damals in Spanien hieß) amtete, weil damals keine Spanier in dem Büro arbeiteten und der Aufseher, da er ein gebürtiger Engländer war, die Fahnenabzüge nicht unterzeichnen konnte, die von der Regierung genehmigt werden mußten.
Ein Redner, der über den Umbau berichtete, erzählte unter anderem folgende Erfahrung: Eines Tages fuhr ein Lastwagen mit einer Ladung Sand vor und lud sie vor dem Gebäude ab. Auf einem Zettel stand, der Sand sei für Jehovas Zeugen bestimmt. Bis heute ist es nicht bekannt, wer die Ladung Sand gespendet hat. Eine andere Erfahrung handelte von zwei Männern, die sich, bevor sie die Bibel studierten, gehaßt hatten und sogar schon miteinander handgemein geworden waren. Wie überrascht waren sie, als sie sich nach Jahren wiedertrafen, während sie als Freiwillige am Gebäude des Zweigbüros der Gesellschaft arbeiteten!
Der Präsident der Gesellschaft wies in seiner Ansprache darauf hin, daß Jehova nicht nur sein Volk leite, sondern auch ein großer Lenker der Nationen sei. Er hat alles so gelenkt, daß sein Werk in Spanien nicht zum Stillstand kam. Das Werk wächst, weil Jehova an Menschen interessiert ist, und das ist der Grund dafür, daß jetzt im gesamten Gebiet Spaniens 16 839 Zeugen Jehovas predigen. Bei der Bestimmungsübergabe des Zweigbüros waren 452 Personen anwesend.
Für den nächsten Tag, den Sonnabend, war eine noch größere Zusammenkunft geplant. Es war eine Eröffnungsversammlung in der Plaza de Toros, einer Stierkampfarena mit Fenstern und Minaretten in typisch maurischem Stil. Der Zivilgouverneur schickte zum Schutz einen ganzen Bus voll Polizisten für den Fall, daß Außenstehende irgendwelche Schwierigkeiten machen sollten. Einer der Polizisten soll gesagt haben: „Es ist unmöglich, mit diesen Leuten Streit zu bekommen.“ Man könnte sich wohl nichts Gegensätzlicheres denken als eine stierkampfbegeisterte Menschenmenge und eine Schar Zeugen Jehovas.
In der Stierkampfarena gibt es einen abgesperrten Teil, in dem die Stiere gewöhnlich getötet werden. Aber diesmal wurde kein Blut vergossen, sondern N. H. Knorr hielt einen auferbauenden Vortrag über das Thema: „Ein Haus für religiöse Unterweisung“. Dem Redner hörten 13 356 Personen zu, während er das Thema entwickelte und erklärte, daß für den wahren Christen auch die Wohnung eine Anbetungsstätte sei und zwar die fundamentale Anbetungsstätte für die Familie. Er zeigte, daß der Christ anders sein muß und daß er Sinn und Herz ständig auf die Dinge gerichtet halten muß, die erbauen.
Zum Schluß sagte der Präsident der Gesellschaft „Hasta la vista“ (auf Wiedersehen), und plötzlich flatterten Tausende von weißen Taschentüchern, als die Zuhörer dem Redner zum Abschied winkten. Das Winken mit dem Taschentuch war eine Geste, die in der spanischen Stierkampfarena üblich ist; bei einem Stierkampf bedeutet sie jedoch, daß dem Torero der höchste Preis zugesprochen wird. In diesem Fall sollte sie aber ein Ausdruck der Liebe und Wertschätzung der spanischen Zeugen Jehovas gegenüber der leitenden Körperschaft der christlichen Gemeinschaft der Zeugen Jehovas und gegenüber denen, die in der Zentrale der Gesellschaft in Brooklyn arbeiten, sein.
Die Bestimmungsübergabe des Zweigbüros und die Eröffnungsversammlung sind ohne Zweifel ein Markstein der Geschichte des Werkes in Spanien, das der Lobpreisung des Namens Jehovas dient.