Die Lebensversicherung unter der Lupe
IM VERGANGENEN Jahr erhöhte sich die Gesamt-Lebensversicherungssumme in den Vereinigten Staaten um 117 000 000 000 Dollar, so daß sie eine Höhe von 1 300 000 000 000 Dollar erreichte. Im Jahre 1940 betrug die Gesamt-Lebensversicherungssumme etwas mehr als 100 000 000 000 Dollar, also nur etwa soviel wie die Summe, um die sie im vergangenen Jahr stieg. Bis Ende 1969 erhöhte sich in der Bundesrepublik Deutschland die Gesamt-Lebensversicherungssumme auf 210,014 Milliarden DM.
Mehr Leute denn je schließen eine Lebensversicherung ab. Vor fünfzehn Jahren waren amerikanische Familien, die eine Lebensversicherung abgeschlossen hatten, durchschnittlich mit 8 700 Dollar versichert. Heute beträgt der durchschnittliche Versicherungsschutz je Familie 19 900 Dollar!
Im Haushaltsplan vieler Familien bildet die Lebensversicherung offensichtlich eine Hauptausgabe. Doch der Durchschnittsversicherungsnehmer weiß häufig weniger über seine Lebensversicherung als über jeden anderen größeren Kauf. Das ist so, weil viele die Ausdrücke, die auf der Versicherungspolice erscheinen, nicht verstehen.
Dennoch kann man beobachten, daß Millionen Menschen eine Lebensversicherung abschließen, ganz gleich, ob sie das, was auf der Police steht, verstehen oder nicht. In den Vereinigten Staaten gibt es jetzt 400 000 Personen, die als Lebensversicherungsagenten tätig sind. Die vielen Gefahren, die das Leben heute mit sich bringt, veranlassen die Leute eine Lebensversicherung abzuschließen; sie benötigen den Schutz, den eine solche Versicherung ihren Angehörigen bietet. Manchmal tritt der Versicherungsfall sehr schnell ein.
Eines Abends, um 20.30 Uhr, schloß in Amerika ein jungvermähltes Paar eine Familienversicherung über 3 000 Dollar ab mit einer Zusatzversicherung von 10 000 Dollar. Es zahlte die erste Prämie von 15.19 Dollar. Am nächsten Tag stieß dem Ehemann in dem Steinbruch, in dem er arbeitete, ein tödlicher Unfall zu. Der Versicherungsvertrag war am Abend zuvor in Kraft getreten, weil die Versicherungsnehmer die erste Prämie bezahlt hatten.
Das hatte zur Folge, daß die Witwe sofort 6 000 Dollar ausbezahlt bekam. Sie erhielt das Doppelte der Versicherungssumme, weil der Mann verunglückt war. Außerdem wurden ihr im Laufe einer bestimmten Zeit 10 000 Dollar ausbezahlt. Für die Prämie von etwas mehr als 15 Dollar bekamen die Frau und das Kind, das zur Zeit des Unglücksfalls noch nicht geboren war, insgesamt 16 000 Dollar.
Dieser Fall veranschaulicht eine grundsätzliche Wahrheit. Die Lebensversicherung kann niemanden gegen den Tod versichern. Aber sie kann eine Familie, die durch den Tod ihres Ernährers beraubt wird, vor wirtschaftlicher Not bewahren. Das ist der Hauptzweck der Lebensversicherung.
Viele Personen schließen jedoch noch aus einem anderen Grund eine Lebensversicherung ab — um Bargeld zu haben, falls sie aus irgendeinem Grund arbeitsunfähig bzw. berufsunfähig werden oder wenn sie in den Ruhestand treten.
Da es verschiedene Ansichten über die Lebensversicherung und ihre verschiedenen Arten von Policen gibt, entsteht die Frage: Worauf sollte man achten, wenn man eine solche Versicherung abschließen möchte? Man sollte eine Versicherung abschließen, die den eigenen Bedürfnissen, Umständen und Anschauungen über die Zukunft entspricht.
Die Lebensversicherungsgesellschaften bieten eine ganze Reihe von Lebensversicherungen an, die Risikoversicherung, die Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall, die Lebensversicherung auf verbundene Leben u. a. Wir wollen uns zuerst mit der billigsten Form der Lebensversicherung befassen.
Die Risikolebensversicherung
Die Risikolebensversicherung ist eine kurzfristige Todesfallversicherung. Man könnte sie mit der Feuerversicherung vergleichen. Bei dieser Versicherung wird die Versicherungssumme nur gezahlt, wenn der Versicherte während der Versicherungsdauer stirbt. Eine Leistung bei Ablauf der Versicherungsdauer oder bei vorzeitiger Aufgabe der Versicherung wird nicht gewährt. Die Beitragszahlung endet mit dem Versicherungsjahr, in dem der Versicherte stirbt, spätestens mit dem Ablauf der Versicherung. Die Risikoversicherung dient also nicht der Kapitalansammlung, da die Prämie keinen Sparbetrag enthält. Würde ein fünfunddreißigjähriger Mann zum Beispiel eine Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall abschließen mit einer Summe von 10 000 DM und einer Laufzeit von 10 Jahren, müßte er jährlich etwa 975 DM bezahlen. Die Jahresprämie für eine Risikoversicherung in der Höhe von 10 000 DM und einer Laufzeit von 10 Jahren würde dagegen nur etwa 75 DM Jahresprämie ausmachen. Die reine Todesfallversicherung würde etwa 588 DM im Jahr kosten.
Eine Risikoversicherung kann jederzeit bis 6 Monate vor Ablauf zum Schluß eines Versicherungsjahres ohne neue Gesundheitsprüfung in eine normale Lebensversicherung mit beliebig wählbarem Endalter umgewandelt werden. Dabei kann auch eine niedrigere Summe gewählt werden. Der Versicherte zahlt dann die Prämie, die sich für die gewählte Versicherungsform beim Umtauschalter ergibt. Bei der Risikoversicherung mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren wird das Umtauschrecht nur bis zum erreichten Alter von 50 Jahren, längstens bis 6 Monate vor Ablauf des 10. Versicherungsjahres, eingeräumt. Wird die Fortsetzung einer Risikoversicherung über die vereinbarte Laufzeit hinaus gewünscht, muß sie neu für eine bestimmte Laufzeit abgeschlossen werden. Die Prämie wird entsprechend dem erneuten Abschlußalter festgesetzt. Das höchste Abschlußalter für eine Risikoversicherung ist gewöhnlich 65 Jahre.
Will man für die ganze Lebensdauer eine Risikoversicherung abschließen, müßte sie jeweils nach Ablauf der längstmöglichen Laufzeit (gewöhnlich 10 Jahre, höchstens 15 Jahre) neu abgeschlossen werden. Dabei steigen nicht nur die Beiträge bei jedem Neuabschluß, sondern es besteht auch die Gefahr, daß der Versicherer eine erneute Versicherung ablehnt, wenn die Gesundheitsprüfung nicht zufriedenstellend ausfällt. Für den kurzfristigen Versicherungsbedarf bietet sich durchaus die Risikoversicherung mit ihren niedrigen Beiträgen an. Für einen langfristigen Versicherungsschutz empfiehlt sich die einfache Todesfallversicherung mit einer möglichst langen Beitragszahlungsdauer.
Die Todesfallversicherung wird beim Tode des Versicherten fällig, spätestens aber im Lebensalter von 85 Jahren.
Eine „umwandelbare“ Risikoversicherung gibt dem Versicherungsnehmer das Recht, von dieser Versicherung auf eine reine Todesfallversicherung überzugehen, ganz gleich, wie sein Gesundheitszustand ist. Natürlich muß er die höheren Prämien einer reinen Todesfallversicherung bezahlen. Gewöhnlich kann man jede Risikoversicherungspolice oder Risikozusatzversicherung auf dieser Grundlage umwandeln, aber man muß von diesem Recht vor oder zu der in der Police angegebenen Zeit Gebrauch machen. Das Recht, die Risikoversicherung in eine Todesfallversicherung umzuwandeln, ist für eine Person, die eine Risikoversicherung hat und sich nicht erneut versichern lassen könnte, äußerst wichtig. Die Zeitgrenze kann man erfahren, wenn man eine Risikoversicherungspolice oder die besonderen Versicherungsvereinbarungen prüft.
Nun wollen wir die teurere Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall unter die Lupe nehmen.
Die Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall
Die Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall kostet gewöhnlich etwa dreizehnmal mehr als eine Risikoversicherung mit einer Summe von 10 000 DM und einer Laufzeit von zehn Jahren. Doch die Prämien für die Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall bleiben gleich, während die Risikoversicherung, die verlängert werden kann, bei jeder Verlängerung mehr kostet. Bei der Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall wird die durchschnittliche Jahresprämie, gestützt auf die Versicherung für das ganze Leben, berechnet.
Die Leute schließen eine solche Versicherung ab, um laufend versichert zu sein und Geld für die Zukunft zu sparen. Die Versicherungssumme wird fällig beim Tode des Versicherten, spätestens mit dem Ablauf der Versicherung. Diese Versicherung stellt ein Kapital für eine Vielzahl von Zwecken bereit und wird mit Überschußbeteiligung abgeschlossen; das heißt, die Überschußanteile aus der Versicherung werden dem Versicherungsnehmer in Form von Dividenden gutgeschrieben. Über diese Dividenden kann der Versicherungsnehmer auf verschiedene Weise verfügen. 1. Verzinsliche Ansammlung. Dabei werden die Dividenden verzinslich angesammelt und bei Fälligkeit der Versicherung mit ausbezahlt. 2. Barausschüttung. Die Dividenden werden dem Versicherungsnehmer von Jahr zu Jahr bar ausbezahlt. 3. Bonus. Die Dividenden werden zur Erhöhung des Versicherungsschutzes verwendet. Man kann sich für eine dieser Verwendungsmöglichkeiten der Überschußanteile aus der Versicherung entscheiden. Doch bei der heutigen fortschreitenden Geldentwertung ist der Versicherungsnehmer gut beraten, wenn er sich für die Barausschüttung der Dividenden entscheidet.
Verschiedene Policen
Bei einer Lebensversicherung auf verbundene Leben werden in der Regel zwei Personen zugleich versichert, Ehepaare oder Geschäftspartner. Die Versicherungssumme wird fällig beim Tode des Zuerststerbenden, spätestens beim Ablauf der Versicherungsdauer; bei Versicherungen mit festem Auszahlungstermin beim Ablauf der vereinbarten Dauer. Die Beitragszahlung endet mit dem Versicherungsjahr, in dem einer der beiden Versicherten stirbt, spätestens mit dem Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer.
Personen, denen es möglich ist, in den Jahren, in denen sie am meisten verdienen, die gesamten Beiträge zu entrichten, schließen oft eine „abgekürzte“ Lebensversicherung ab. Sie vereinbaren, in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren die gesamte Prämiensumme zu bezahlen. Die Prämien sind viel höher als bei der reinen Todesfallversicherung, weil man nicht das ganze Leben lang bezahlt. Das Kapital bildet sich jedoch schneller als bei einer lebenslänglichen Todesfallversicherung.
Wie die Todesfallversicherung, so dient auch die Erlebensfallversicherung der Sicherung für die Hinterbliebenen und stellt auch praktisch eine Sparkasse dar; doch die Erlebensfallversicherung dient vorwiegend dem Zweck, Geld zu sparen, und erst in zweiter Linie als Schutz.
Bei der Erlebensfallversicherung wird dem Versicherten nach Ablauf der Versicherungsdauer die Versicherungssumme ausbezahlt. Der vereinbarte Termin mag in achtzehn oder zwanzig Jahren sein oder wenn der Versicherungsnehmer das fünfundsechzigste Altersjahr erreicht. Wenn der vereinbarte Termin erreicht ist, endet der Versicherungsschutz, und dem Versicherten wird die Summe auf einmal oder in Raten ausbezahlt.
Würde jemand im Alter von zwanzig Jahren eine Erlebensfallversicherung, die in zwanzig Jahren fällig wäre, abschließen mit einer Monatsprämie von 9.38 Dollar, wäre sie in zwanzig Jahren etwa 2 660 Dollar wert, danach wäre er nicht mehr versichert. Würde er im gleichen Alter eine Versicherung mit begrenzter Prämienzahlung von 2 000 Dollar abschließen und monatlich 5.60 Dollar bezahlen, wäre diese in zwanzig Jahren 1 360 Dollar wert. Man könnte sich das Geld auszahlen lassen oder die 2 000 Dollar Deckung behalten, wobei man nach Ablauf der zwanzig Jahre keine Prämie mehr bezahlte.
Hat man wirklich eine Erlebensfallversicherung, dann erscheint dieses Wort auf der Police. Für eine solche Police bezahlt man auch mehr.
Die Kosten verringern
Jeder möchte die Versicherungskosten verringern, ohne auf die Versicherung zu verzichten. Kann man das? Ja, das ist möglich. Und angesehene Versicherungsexperten sagen, daß man das eigentlich tun sollte — jedenfalls in einigen Fällen.
Es kommt vor, daß jemand höhere Prämien zahlen muß, weil er Übergewicht hatte, doch jetzt mag er schon ein Jahr lang oder länger Normalgewicht haben. Nun kann er darum ersuchen, daß die Prämie reduziert wird. Das gilt für jeden Zuschlag infolge eines bestimmten Gesundheitszustandes oder einer körperlichen Behinderung, die inzwischen behoben worden ist. Ein Versuch lohnt sich.
Man kann die Versicherungskosten auch senken, indem man eine „reduzierte“ prämienfreie Police anfordert. Die Versicherungsgesellschaft teilt dem Versicherungsnehmer jederzeit auf Wunsch mit, welchen Wert die Versicherung bei Umstellung auf eine beitragsfreie Lebensversicherung hat. Natürlich entspricht die Summe nicht dem Nominalbetrag des Vertrages. Deswegen spricht man von „reduzierter“ prämienfreier Police.
Wenn du die Absicht hast, eine Lebensversicherung abzuschließen, solltest du zuerst überschlagen, wieviel Rente deine Familie von der Sozialversicherung bekommen würde, solltest du sterben. Deine Frau würde z. B. 60 % der für dich errechneten Rente erhalten; und deine Rente beträgt etwa 40 bis 45 % deines letzten Monatseinkommens. Darauf könntest du Umschau halten nach einer Gruppenversicherung, da die Prämien dafür im Durchschnitt etwa 3 % niedriger sind als für eine Einzellebensversicherung. Vielleicht besteht mit der Firma, bei der du beschäftigt bist, ein solcher Gruppen-Lebensversicherungsvertrag, in den du mit aufgenommen werden könntest. Solche Gruppenverträge werden mit Gesellschaften, Firmen, Konzernen, Vereinen usw. abgeschlossen.
Wenn jemand eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, die ihm zusagt, sollte er sich angewöhnen, die Prämien pünktlich zu zahlen. Werden die Prämien nicht rechtzeitig gezahlt, so setzt die Gesellschaft dem Versicherungsnehmer schriftlich eine Zahlungsfrist. Zu den Rechtsfolgen weiterer Säumnis gehört der Verlust oder die Minderung des Versicherungsschutzes.
Ein weiterer Nachteil, der demjenigen erwächst, der die Police erlöschen läßt, besteht darin, daß die Police jedesmal, wenn der Vertrag erneuert wird, wieder zwei Jahre lang anfechtbar ist. Wenn man eine Police länger als zwei Jahre besitzt, wird sie unanfechtbar. Vor Ablauf dieser zwei Jahre kann irgendein bedeutendes Versäumnis, das als Folge einer Forderung aufgedeckt wird, den Vertrag nichtig machen. Aus solchen Gründen ist es daher wichtig, eine Police nicht erlöschen zu lassen.
Eine Lebensversicherung sollte als wertvolles Gut betrachtet werden ähnlich wie ein Sparguthaben, wie Aktien oder Obligationen. Sie steuert der wirtschaftlichen Not, sollte der Ernährer unvermutet sterben. Somit kann sie eine nützliche Aufgabe erfüllen.