Marken sammeln als Hobby
DAS Briefmarkensammeln ist in den Augen mancher Menschen das schönste Hobby der Welt. Andere dagegen finden kein Gefallen daran. Doch dieses Hobby fesselt Alte und Junge, sowohl Neunzigjährige als auch Neunjährige.
Wahrscheinlich der älteste Hinweis auf das Markensammeln ist eine Anzeige, die 1841, also ein Jahr nach der Herausgabe der ersten Briefmarken in England, in der Londoner Times erschien und wie folgt lautete:
„Eine junge Dame, die ihr Ankleidezimmer mit entwerteten Briefmarken schmücken möchte, ist von ihren Bekannten in diesem Vorhaben so weit unterstützt worden, daß sie bereits 16 000 Briefmarken gesammelt hat. Diese Zahl reicht indessen nicht aus, daher würde sie sich sehr freuen, wenn Personen, die solche (sonst wertlosen) kleinen Papierchen zur Verfügung haben, ihr bei ihrem seltsamen Vorhaben beiständen!“
Seither haben viele Briefmarkensammler an diesem Hobby nicht nur Freude gefunden, sondern das Sammeln ist ihnen auch ein Ausgleich gegenüber der beruflichen Anspannung geworden. Andere schätzen dieses Hobby wegen seines pädagogischen Wertes. Auch das Künstlerische an den Briefmarken veranlaßt manche, sie zu sammeln, während wieder andere darin eine Möglichkeit sehen, Geld zu verdienen.
Wie wurde das Briefmarkensammeln ermöglicht?
Bevor ein Postdienst eingerichtet war, gab man Nachrichten und Briefe vertrauenswürdigen Reisenden mit. Im sechzehnten Jahrhundert entstand ein internationaler Postdienst zwischen einer Reihe europäischer Länder. Aber die Postbeförderung war ziemlich teuer, und die Zustellung dauerte oft sehr lange. Im Jahre 1680 führte ein Mann namens Dockwra in London einen Stadtpostdienst ein. In der Stadt London wurden Hunderte von Postkästen aufgestellt, die stündlich geleert wurden. Ausgetragen wurde die Post zehnmal am Tag; die Beförderung eines Briefes kostete nur 1 Penny!
Da der Betrieb eines Postdienstes das Privileg der Aristokratie war, mußte Dockwra sein Geschäft bald aufgeben. Das Bestreben der Adeligen bestand darin, für ein Minimum an Dienst ein Maximum an Gewinn herauszuschlagen. Das hatte eine solche Korruption zur Folge, daß der Ausdruck aufkam „so unehrlich wie ein Briefträger“.
Als der Handel und die Industrie wuchsen, wurde eine Postbeförderung auch in andere Gebiete erforderlich. Viele forderten eine Postreform, und das veranlaßte das britische Parlament, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Das hatte zur Folge, daß Sir Rowland Hill im Jahre 1837 eine Broschüre, betitelt „Post Office Reform“ (Reform des Postwesens), veröffentlichte. Er empfahl die Beförderung der Briefe in ganz England zu einer Einheitsgebühr von einem Penny. Die britische Regierung nahm diese Empfehlung an und gab im Jahre 1840 die ersten gummierten Pfennigbriefmarken heraus.
Bei diesen Marken handelte es sich um die berühmten 1-Penny-Marken mit dem Portrait der Königin Viktoria (jetzt „1 Penny schwarz“ genannt) und die blauen 2-Pence-Marken. Etwa zwei Jahre später führte der private Zustellungsdienst „Despatch Post of New York city“ in den Vereinigten Staaten die erste aufklebbare Briefmarke ein. Es war eine Drei-Cent-Marke, für die ein Brief innerhalb der Stadt New York befördert wurde. Im Jahre 1851 brachte Kanada eine Drei-Pence-Marke heraus mit dem Motiv eines Bibers.
Nach einer amtlichen Schätzung sollen bis 1966 bereits über 156 000 verschiedene Briefmarken in der ganzen Welt herausgegeben worden sein! Der Anteil Europas beträgt wenigstens 54 228. Kein Wunder, daß die Briefmarkensammler anfangen, sich zu spezialisieren!
Das Handwerkszeug des Markensammlers
In Bibliotheken und Buchläden gibt es zahllose Bücher, in denen der Wert der Marken verzeichnet ist und in denen Empfehlungen darüber gemacht werden, was man sammeln soll. Ein wertvolles Zubehör der Briefmarkensammlung ist ein Album oder ein Einsteckbuch, ferner eine Lupe und eine Pinzette.
Manche Markensammler heben sich die Marken der Briefe auf, die sie zu Hause oder im Geschäft erhalten. Andere bauen sich eine Sammlung auf, indem sie Pakete mit verschiedenen Marken kaufen. Die meisten Sammler machen die Erfahrung, daß die größeren Pakete die besten Marken enthalten. Auf diese Weise kann man etwa 70 Prozent der Neuheiten aller Staaten erwerben.
Briefmarkenpanorama
In den Marken spiegelt sich die Geschichte des Menschen wider. Auf den Postwertzeichen sind Bilder aus den Friedens- und Kriegszeiten dargestellt, ferner Szenen, die an eine Katastrophe oder an eine wissenschaftliche Leistung erinnern, oder es sind Portraits von Königen, Königinnen, Präsidenten und korrupten Diktatoren darauf dargestellt. Im Zweiten Weltkrieg benutzten die beiden sich bekämpfenden Parteien die Marken als Propagandamittel. Auch der Handel und die Industrie haben die Gestaltung der Marken beeinflußt.
Einige Sammler spezialisieren sich auf Tiermarken, ihre Alben gleichen einem zoologischen „Wer ist’s?“ Auf australischen Marken sind zum Beispiel schon der Koalabär, das eierlegende Schnabeltier und der berühmte Meister im Weitsprung, das Känguruh, abgebildet gewesen. Peruanische Marken zeigten das Lama, während Briefe aus Liberia Marken trugen, auf denen das Krokodil abgebildet war, Vietnam und Ecuador haben Marken mit der bescheidenen Schildkröte herausgebracht. Dänemark, Angola, Israel, Ägypten, die Türkei und Somalia haben Marken herausgegeben, auf denen Löwen, Leoparden, Gazellen, Kamele, Wölfe und das Flußpferd zu sehen waren.
Unser liebevoller Schöpfer hat die Erde auch mit zahllosen fliegenden Geschöpfen geziert. Es ist äußerst interessant, sie kennenzulernen. Manch einer tut das, indem er Marken verschiedener Länder sammelt, auf denen für diese Länder charakteristische Vögel abgebildet sind. Der weitsichtige Adler erscheint u. a. auf polnischen, albanischen und syrischen Marken. In Venezuela erschien eine Marke mit dem Geier, in Ungarn mit dem Raben, in der Spanischen Sahara mit dem Strauß, in Korea mit dem Habicht, während Österreich, China, Monako und andere Staaten Postwertzeichen herausbrachten, auf denen eine fliegende Möwe dargestellt war. Neuguinea gab eine Marke heraus, auf der der seltene Paradiesvogel in all seiner Pracht abgebildet war. Und Jugoslawien, Mosambik und Antigua haben Marken herausgegeben, auf denen der Pelikan mit seinem großen Kehlsack zu sehen ist. Die Zahl der Marken mit Vogelmotiven ist groß, worüber sich viele Markensammler freuen.
Seit Jahren werden Marken mit Pflanzenmotiven herausgegeben. Weitere Markenmotive sind Brücken, Dämme, öffentliche Gebäude, Flüsse und Berge. Durch das Markensammeln erwirbt man sich Kenntnisse über die verschiedensten Wissensgebiete, und außerdem ist es ein gutes Entspannungsmittel.
Auf gewissen Marken sind natürlich Gedanken und Lehren zum Ausdruck gebracht, die den christlichen Grundsätzen widersprechen. Auf vielen Postwertzeichen werden zum Beispiel politische und militärische Führer sowie der Krieg verherrlicht. Personen, die bemüht sind, in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes zu leben, erhalten dazu keinen Ansporn, wenn sie ihre Zeit darauf verwenden, Bilder zu sammeln, die eine andere Lebensweise propagieren.
Religiöse Motive
Viele Leute sammeln Marken, die biblische Themen illustrieren oder auf denen geographische Motive des Heiligen Landes zu sehen sind. Auf einer transjordanischen Marke, die 1933 herausgegeben wurde, war der Jordan dargestellt, vielen bekannt, weil er in der Bibel erwähnt wird. Einige Marken ehrten die Heilige Schrift; so kam eine Marke zum 300. Jahrestag der Herausgabe der ersten gedruckten finnischen Bibel heraus. Auf einer isländischen Marke war ein altes Manuskript dargestellt, das angeblich über den Bau der Arche Noahs berichtet. Eine israelische Marke zeigte die Auseinandersetzung des Propheten Elia mit den Baalspriestern auf dem Karmel wegen der Frage, wer der wahre Gott sei. (1. Könige, Kapitel 18) Und eine vor kurzem vom Staat Israel herausgegebene Marke trägt das Tetragrammaton, die vier hebräischen Buchstaben für den Namen Gottes, Jehova.
Doch die meisten Marken mit einem religiösen Motiv und herausgegeben von „christlichen“ Ländern verherrlichen heidnische Götter und falsche Lehren. Auf den Marken von mindestens siebenunddreißig Ländern der Christenheit ist die Verehrung der Mutter Jesu illustriert, obwohl Jesu Lehren keine Stütze für diesen religiösen Brauch bieten. Von Irland und Italien herausgegebene Marken veranschaulichen die Dreieinigkeitslehre, obwohl diese Lehre Tausende von Jahren ehe sie durch das Konzil von Nizäa, das unter dem Vorsitz des römischen Kaisers Konstantin tagte, in die Christenheit Eingang fand, in Babylon verbreitet war.
Deutschland, Spanien, Portugal und andere Länder haben Marken herausgebracht mit Motiven, die auf die Verehrung des Kreuzes hinweisen. Auch die Verehrung des Kreuzes ist nicht christlichen Ursprungs, sondern wurzelt im Heidentum. Daß dem so ist, zeigt eine mexikanische Marke, auf der das „Kreuz von Palenque“ zu sehen ist, ein Symbol, das in der alten Maya-Religion eine Rolle spielte, also schon ehe Jesus Christus an einem einfachen Pfahl starb. — Apg. 5:30; 10:39; Gal. 3:13.
Erstaunlich ist auch die Tatsache, daß sehr viele Länder, die sich zum „Christentum“ bekennen, als Markenbild sozusagen sämtliche Götter und Göttinnen des heidnischen Rom gewählt haben. Obschon Briefmarken keine religiösen Gegenstände sind, sollten wahre Christen, deren Hobby das Markensammeln ist, überprüfen, ob sie in ihrer Sammlung Marken haben, auf denen Symbole der falschen Religion und heidnische Götter dargestellt sind.
Marken von besonderem Interesse
Viele Sammler interessieren sich natürlich besonders für seltene Marken. Sierra Leone zum Beispiel hat die ungewöhnlichen riesigen „Gold Coin“-Marken herausgegeben. Wie der in Freetown erscheinende Daily Mail schrieb, ist jede dieser Marken „einzeln so sorgfältig in Kupferdruck hergestellt worden, daß, wenn man sie neben die Münzen legt, selbst in der feinsten Einzelheit eine erstaunliche Übereinstimmung festgestellt werden kann“. Die größten sind achteinviertel Zentimeter im Durchmesser und zeigen entweder einen Löwenkopf oder die Karte des Landes.
Die Sammler achten ganz besonders auf Eigentümlichkeiten. Eine in Papua herausgegebene Marke trug die Namen jedes Postamtes des Landes; diese Marke war nicht nur eine Eigentümlichkeit, sondern auch die erste in dieser Hinsicht. Im Jahre 1853 kam die erste Marke in Dreieckform heraus, es war ein Postwertzeichen des Kaps der Guten Hoffnung. Die ersten brasilianischen Marken wurden 1843 herausgegeben und erhielten wegen ihrer ovalen Form den Spitznamen „Ochsenaugen“.
Die seltenste Marke der Welt ist die „British Guayana, 1 C, schwarz auf karmin“, die 1856 erschien. Im Jahre 1956 wurden für das einzige bekannte Exemplar dieser Marke 65 000 Dollar geboten. Doch das Angebot wurde abgelehnt. Im Jahre 1970 wurde sie für 280 000 Dollar verkauft.
Sogenannte „Kopfsteher“ haben Seltenheitswert. Durch einen Irrtum wies die Marke, die Kanada 1959 zur Erinnerung an die Eröffnung des St.-Lorenz-Seeweges herausgab, ein kopfstehendes Mittelstück auf. Jetzt kann sie gestempelt oder ungestempelt für 2 500 Dollar verkauft werden. Eine im Jahre 1918 von den Vereinigten Staaten herausgegebene Luftpostmarke, die karminrote und blaue 24-Cent Marke, bei der der Curtiss-Doppeldecker auf dem Rücken fliegt, bringt jetzt, gemäß dem Katalog von Scott, 25 000 Dollar.
Eine österreichische Marke zeigte einen Weinhändler von Niederösterreich in der Landestracht; an diesem Bild war alles richtig, nur die Ohren des Mannes waren seitenverkehrt. Auf einer Marke von St. Kitts-Nevis war Christoph Kolumbus abgebildet, wie er sich auf seiner historischen Seefahrt vom Jahre 1492 auf seinem Schiff dem amerikanischen Kontinent nähert. Ein scharfäugiger Markensammler bemerkte, daß Kolumbus durch ein Fernrohr schaute. Das Fernrohr wurde jedoch mehr als hundert Jahre später erfunden! Doch solche Irrtümer machen das Sammeln von Briefmarken interessanter.
Das Briefmarkensammeln ist ein fesselndes Hobby, und man kann viel dabei lernen. Aber man muß wie bei anderen Dingen auch bei diesem Steckenpferd wachsam sein, daß es einen nicht von den Dingen ablenkt, die wirklich lebenswichtig sind.