Wie lange könntest du im tiefen Wasser am Leben bleiben?
DER Nationale Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten schätzt, daß die Hälfte aller Amerikaner ertrinken würden, wenn sie einzeln am tiefen Ende eines gewöhnlichen Schwimmbeckens ins Wasser gestoßen würden.
Eine von Bramwell Gabrielsen an der Universität von Georgia durchgeführte Untersuchung ergab, daß 71 Prozent aller Ertrunkenen Nichtschwimmer gewesen waren; 22 Prozent hatten gut schwimmen können. Nur 1 Prozent waren ausgezeichnete Schwimmer gewesen.
Obwohl diese Untersuchungen und Schätzungen zeigen, daß die Überlebenschancen viel größer sind, wenn man schwimmen kann, bezweifeln viele Schwimmlehrer, daß das gewöhnliche Schwimmen zum Zeitvertreib genügt, um im Notfall überleben zu können, wenn der Schwimmer mit einer großen Entfernung, unruhigem Wasser, schwerer Kleidung und anderen widrigen Umständen zu kämpfen hat. Eine interessante Methode, wie man sich am Leben erhalten kann, stammt von dem Hauptschwimmlehrer am Technischen Institut der Universität von Georgia, Fred R. Lanoue. Professor Lanoue nannte seine Methode „Drownproofing“ (sich vor dem Ertrinken schützen).
Das Prinzip der Methode
Die Methode des Drownproofing beruht auf dem Gedanken, daß es günstiger ist, wenn man in einer entspannten aufrechten Stellung dicht unter der Wasseroberfläche schwimmt und nur dann auftaucht, wenn man einatmen muß. Man muß verstehen, daß der menschliche Körper selbst mit Kleidung normalerweise dazu neigt, im Wasser zu treiben oder fast zu treiben.
Stell dir folgendes vor: Du weißt, daß ein hölzernes Paddel auf dem Wasser schwimmt. Was geschieht nun, wenn du an dem einen Ende des Paddels ein so schweres Gewicht befestigst, daß es fast nicht mehr schwimmen kann? Das beschwerte Ende sinkt dann nach unten und zieht das Paddel unter Wasser. Aber das andere Ende taucht bald wieder an der Oberfläche auf. Das Paddel geht nicht unter; es treibt immer noch, aber größtenteils unter Wasser.
Nun stell dir vor, du wärest an der Stelle des Paddels. Dein Körper wird wie das Paddel oben bleiben, solange deine Lungen frei von Wasser sind. Die mit Luft gefüllten Lungen wirken wie eine Schwimmweste. Professor Lanoue ging von dieser physikalischen Tatsache aus und kam zu dem Schluß, daß eine gute Möglichkeit, lange im Wasser am Leben zu bleiben, darin besteht, sich dicht unterhalb der Wasseroberfläche treiben zu lassen und nur dann aus dem Wasser aufzutauchen, wenn man Atem schöpfen muß.
Bei dieser Methode kommt es also hauptsächlich darauf an, sich unter Wasser in einer mehr oder weniger aufrechten Haltung zu entspannen. Selbst ein fünfjähriges Kind, das diesen Grundsatz anwendet, kann stundenlang in tiefem Wasser am Leben bleiben. Einige haben sich bei rauher See zwölf Stunden lang am Leben halten können und haben dabei eine Strecke von dreißig Kilometern zurückgelegt.
Diese Methode erfordert jedoch Übung, wenn sie einem im Notfall wirklich das Leben retten soll. Angesichts der Tatsache, daß allein in den Vereinigten Staaten und in Kanada jedes Jahr etwa 7 000 Menschen ertrinken, wäre es bestimmt ratsam, wenn sowohl du als auch deine Familie wüßte, wie man in tiefem Wasser überleben kann.
Die Methode erlernen
Beim Erlernen dieser Methode muß man als erstes den Drang überwinden, seinen Kopf über Wasser halten zu wollen. Laß deinen Kopf nach vorn ins Wasser sinken und deinen Körper senkrecht nach unten hängen; nimm nicht die übliche waagerechte Schwimmhaltung ein. Laß deine Arme locker von den Schultern herabhängen. Hänge einfach wie ein Sack im Wasser.
Sei unbesorgt; die meisten werden nicht sinken. Dein Körper wird im Wasser treiben, nur der Hinterkopf wird aus dem Wasser ragen. Wenn du mit den Füßen nach unten im Wasser hängst, trägt dich das Wasser, und du sparst deine Kräfte.
In dieser Haltung sind deine Nase und dein Kopf natürlich unter Wasser. Was kannst du nun tun, wenn du nach etwa fünfzehn Sekunden wieder Luft benötigst?
Kreuze mit einer leichten, ruhigen Bewegung die Arme vor dem Kopf. Ziehe ebenso ruhig ein Bein gegen die Brust, und strecke es nach vorn, während du das andere Bein gleichzeitig nach hinten streckst. Hebe darauf den Kopf, und atme durch die Nase aus. Damit der Kopf lange genug über Wasser bleibt, während du einatmest, mußt du deine Füße im Scherenschlag zusammenbringen und die gekreuzten Arme mit einer leichten Bewegung vom Körper wegbewegen. Die Bewegungen deiner Arme und Beine sollen es dir ermöglichen, Luft zu holen, aber sie sollen nicht bewirken, daß auch die Schultern aus dem Wasser ragen.
Sobald du Luft geholt hast, solltest du den Kopf wieder ins Wasser sinken lassen, mit dem Gesicht nach unten, und die Arme an den Körper anlegen. Bleibe dabei völlig entspannt. Laß dich jedoch nicht so lange im Wasser hängen, bis du meinst, deine Lungen würden gleich platzen, sondern hole Luft, ehe du ein dringendes Bedürfnis danach verspürst.
Wenn du so abwechselnd ruhst und auftauchst, um Luft zu holen, wirst du feststellen, daß du lange Zeit im Wasser bleiben kannst, ohne zu ermüden. Der Vorteil ist, daß du deine Kräfte nicht durch ständige Bewegungen verbrauchst. Statt dessen ruhst du den größten Teil der Zeit.
Durch eine kleine Änderung deiner Arm- und Beinbewegungen wirst du dich jedesmal, wenn du auftauchst, um Luft zu holen, ungefähr einen Meter vorwärts bewegen können. Auf diese Weise kannst du im Laufe der Zeit eine große Entfernung zurücklegen, ohne zu ermüden. Damit diese Methode funktioniert, wirst du natürlich Zeit aufwenden müssen, um sie zu üben.
Wenn du weißt, wie du in tiefem Wasser eine lange Zeit am Leben bleiben kannst, ist es unwahrscheinlich, daß du jemals ertrinkst. Aber wenn man Vorsichtsmaßnahmen trifft, kommt man gewöhnlich gar nicht erst in die Gefahr zu ertrinken.
Sei also vorsichtig. Denke über die ernüchternde Tatsache nach, daß in den Vereinigten Staaten das Ertrinken die zweithäufigste Todesursache bei Unfällen ist. Das ist bestimmt ein guter Grund, wissen zu wollen, wie man in tiefem Wasser am Leben bleiben kann.