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Erwachet! 1974
g74 8. 9. S. 17-22

Schwere Operationen ohne Blut

BIS vor kurzem wurde bei allen größeren Operationen routinemäßig Blut transfundiert. Fast jeder Arzt war der Meinung, ohne Blut ginge es nicht.

Doch das hat sich geändert. Immer mehr Ärzte stellen jetzt fest, daß sie erfolgreich ohne Blutübertragung operieren können. Um das tun zu können, haben sie neue Methoden entwickelt. Und eine wachsende Zahl von Patienten, die Blutübertragungen ablehnen, sind dankbar dafür, daß diese neuen Methoden entwickelt worden sind.

Die Ärzte haben außerdem festgestellt, daß die neuen Methoden den älteren aus vielen wichtigen Gründen überlegen sind. Deshalb empfehlen sie in der Regel ihren Patienten diese neuen Verfahren jetzt häufig.

Warum der Trend?

Warum dieser Trend zur „blutlosen“ Chirurgie, d. h. zur Chirurgie ohne Bluttransfusion? In einer von der „Associated Press“ veröffentlichten Meldung wurden einige der Gründe angeführt. Es hieß darin: „Die blutlose Chirurgie hat unter anderem zum Ziel, die mit einer Bluttransfusion verbundenen Risiken — z. B. die Übertragung von Krankheiten wie Hepatitis — auszuschalten und den Bedarf an Blutspendern zu vermindern.“

Heute wird allgemein anerkannt, daß mit Blutübertragungen Gefahren verbunden sind. In der Zeitschrift Erwachet!, Ausgabe vom 8. August 1974, wurde berichtet, daß jedes Jahr Tausende von Patienten an den Folgen von Bluttransfusionen sterben und Zehntausende sich durch diesen Eingriff einen Schaden zuziehen. Die Ursachen sind unter anderem durch das Blut übertragbare Verunreinigungen und Krankheiten (insbesondere Hepatitis), technische Fehler (z. B. Fehlbestimmung der Blutgruppe) und allergische Reaktionen. Die Fachleute geben offen zu, daß kein Test bekannt ist, durch den diese Gefahren völlig ausgeschaltet werden können. Das ist der Grund, warum Dr. Stanley Dudrick, Chefchirurg eines Krankenhauses in Philadelphia (USA), sagte: „Wir transfundieren nicht mehr ohne weiteres Blut.“

Die neuen Methoden, die es ermöglichen, „blutlos“ zu operieren, sind aber auch noch aus einem anderen Grund entwickelt worden. So schrieb die Palo Alto Times (Kalifornien): „Es ist unter anderem notwendig geworden, Operationsmethoden zu entwickeln, die keine Blutübertragung erfordern, weil der Glaube der Zeugen Jehovas die Übertragung von Spenderblut verbietet und die üblichen Operationsmethoden deshalb nicht angewandt werden durften.“

Jehovas Zeugen lehnen Blutübertragungen ab. Sie sind mit dieser Behandlungsmethode nicht einverstanden, weil Gottes Wort, die Bibel, Christen gebietet, sich zu „enthalten ... von Blut“ (Apg. 15:20). Wenn sie sich einer Operation unterziehen müssen, suchen sie sich daher einen Arzt, der ohne Blutübertragung operiert.

Anfänglich lehnten es fast alle Ärzte, die selbst keine Zeugen Jehovas waren, ab, schwierigere Operationen ohne Blutübertragung durchzuführen. Aber mit der Zeit sahen einige die Notwendigkeit ein, Jehovas Zeugen, so gut es ging, zu helfen, und sie machten sich an die schwierige Aufgabe, Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen würden, ohne die Verwendung von Blut zu operieren. Als es sich zeigte, daß die neuen Methoden erfolgreich waren, begannen weitere Ärzte sie anzuwenden.

Viele dieser Ärzte sind da, wo sie praktizieren, gut bekannt. In der Bundesrepublik und in anderen Ländern wird in der Zentrale der Zeugen Jehovas eine Kartei geführt, in der die Namen von solchen Ärzten verzeichnet sind. Die Tatsache, daß der Name eines Arztes in einer solchen Kartei erscheint, ist an und für sich keine Empfehlung, sondern diese Karteien werden geführt, um Personen zu helfen, die sich operieren lassen müssen, aber keinen Arzt kennen, der das ohne Blutübertragung tut.

Können die neuen Methoden bei den verschiedensten Operationen angewandt werden? Ja. Sogar bei äußerst schwierigen und komplizierten Operationen an lebenswichtigen Organen.

„Blutlose“ Herzchirurgie

Früher hielten es die Ärzte für undenkbar, Operationen am offenen Herzen auszuführen, ohne die Möglichkeit zu haben, Blut zu verwenden. Es ist daher interessant, zu erfahren, wie sich die „blutlose“ Herzchirurgie entwickelt hat.

Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehören in Houston (Texas) tätige Ärzteteams. In den Augen dieser Ärzte war es unvernünftig, sich einfach zu weigern, Zeugen Jehovas zu operieren, denn in einigen Fällen wäre das einem Todesurteil gleichgekommen.

Im Jahre 1962 begannen diese Ärzte daher, Methoden zu entwickeln, die es ihnen ermöglichten, Zeugen Jehovas zu operieren, die von anderen Ärzten zurückgewiesen worden waren. Im Juni 1964 brachte die Fachschrift The American Journal of Cardiology einen Bericht über diese neuartige Herzchirurgie. In einem Artikel, betitelt „Operationen am offenen Herzen bei Zeugen Jehovas“, beschrieben die Ärzte Denton A. Cooley, E. Stanley Crawford, James F. Howell und Arthur C. Beall jr. einige ihrer „blutlosen“ Operationstechniken.

Das Herz muß bei einem solchen chirurgischen Eingriff tatsächlich für kurze Zeit stillgelegt werden. Seine Funktion übernimmt die Herz-Lungen-Maschine. Sie erhält den Blutkreislauf aufrecht, so daß alle Körperzellen weiterhin mit dem lebenswichtigen Sauerstoff versorgt werden. Bis dahin war es üblich gewesen, Pumpen, Schläuche und Blutvorratsgefäß mit etwa 1 1⁄2 Liter Blut zu füllen, ehe das Kreislaufsystem des Patienten an die Maschine angeschlossen wurde. Was taten diese Ärzte aber nun? Sie berichteten:

„Die Technik, die wir in unserer Klinik entwickelten, erlaubt auch die Verwendung von 5 % Traubenzucker in destilliertem Wasser; ohne Blut zuzusetzen, wird damit die Herz-Lungen-Maschine gefüllt. Die Lösung enthält 26 mg Heparin je 1 000 ml Lösung; es soll verhindern, daß sich im Oxygenator [Kernstück der „künstlichen Lunge“] Fibrin absetzt. Das Füllvolumen besteht aus 20 bis 30 ml Traubenzuckerlösung je Kilogramm Körpergewicht.“

Ferner mußten die Chirurgen, da während der Operation kein Blut übertragen werden durfte, noch sorgfältiger arbeiten und der „Hämostase“, d. h. dem Stillen von Blutungen, die von durchtrennten Blutgefäßen herrührten, besondere Aufmerksamkeit schenken. Diese Notwendigkeit hat zur Entwicklung einer Reihe neuer Techniken geführt, die jetzt in vielen Krankenhäusern angewandt werden.

Die Erfahrungen, die mit Zeugen Jehovas gemacht wurden, bestätigten die Auffassung der Pioniere auf dem Gebiet der „blutlosen“ Chirurgie. Im Februar 1972, nach beinahe zehnjähriger „blutloser“ Herzchirurgie, erschien in der Fachschrift The American Journal of Cardiology ein Bericht über die Tätigkeit dieser in Houston praktizierenden Ärzte. Darin wurde besonders die im „Texas Heart Institute“ des St.-Lukas-Kinderkrankenhauses in Houston ausgeführte Chirurgie behandelt. In dem Bericht, der von den Ärzten John R. Zaorski, Grady L. Hallman und Denton A. Cooley verfaßt war, hieß es unter anderem:

„In unserer Institution sind vom Jahre 1962 an über 5 000 Operationen durchgeführt worden, bei denen die Ladeflüssigkeit [der Herz-Lungen-Maschine] kein Blut enthielt, und die Operationen waren ein voller Erfolg; bei mehreren Hundert dieser Operationen wurde den Patienten, die größtenteils keine Zeugen Jehovas waren, wahlweise kein Blut transfundiert. ...

Die Patienten, die Zeugen Jehovas waren, wurden gleich behandelt wie die übrigen Patienten, nur erhielten alle Patienten, die Zeugen Jehovas waren, vor und nach der Operation Eisenspritzen, und in der Blutbank wurde für sie kein Blut bereitgehalten. Die einzige Flüssigkeit, die ihnen zugeführt wurde, war die Lade-Lösung, und außerdem infundierte man ihnen Traubenzucker in einer Salz- oder Ringerlactatlösung.“

Aus dem Bericht ging hervor, daß in der ganzen Zeit nur ein Zeuge Jehovas starb, bei dem als Todesursache „bedingt durch Anämie“ angegeben wurde. Der Tod trat drei Tage nach der Operation ein.

Abschließend wurde in diesem Bericht erklärt: „Wir halten es, wie unser Versuch beweist, für möglich, Zeugen Jehovas am offenen Herzen zu operieren; ferner läßt der Versuch erkennen, daß man mit Blutübertragungen sparsam umgehen kann und auch sollte, um bei allen Patienten die Morbidität und die Mortalität zu senken.“

Andere beginnen, diese neuen Methoden anzuwenden

Als die gesammelten Erfahrungen veröffentlicht wurden, begannen auch andere Chirurgen aus Gefälligkeit gegenüber den Zeugen Jehovas, Operationen am offenen Herzen ohne die Verwendung von Blut durchzuführen. So führte im Jahre 1970 Dr. Charles W. Pearce, der mehrere Jahre als Forscher im Dienst der „American Heart Association“ tätig gewesen war, im Methodisten-Krankenhaus in New Orleans (USA) an einem Zeugen Jehovas eine „blutlose Operation“ am offenen Herzen aus. Dr. White Gibson assistierte Dr. Pearce bei der Operation. Über diese Operation erschien auf der ersten Seite der in Slidell (Louisiana) erscheinenden Zeitung The Sentry News ein interessanter Bericht. Darin konnte man unter anderem lesen:

„Viele der hiesigen Ärzte sowie der Ärzte, die zu Besuch da waren, konnten nicht begreifen, wie eine solche Operation ausgeführt werden konnte, und durften deshalb bei dieser ungewöhnlichen Operation zuschauen. So viele drängten sich in den OP-Saal, daß die zur Verfügung stehenden Ärztekittel nicht ausreichten.“

Die Tatsache, daß andere Ärzte nicht verstehen konnten, wie das möglich war, zeigt, daß ein Arzt in bezug auf die Entwicklung verbesserter chirurgischer Methoden unbedingt auf dem laufenden bleiben muß. Ferner zeigt es, daß ein Arzt nicht alle Techniken ablehnen darf, die von den „konventionellen und anerkannten“ Methoden abweichen.

Der Patient, der vor so vielen Ärzten operiert worden war, erholte sich dermaßen schnell, daß alle staunten. Er wurde von einer Hilfsschwester deshalb scherzhaft „Speedy“, d. h. „der Schnelle“, genannt. Nur zehn Tage nach der Operation wurde er aus dem Krankenhaus entlassen. Die Zeitung schrieb über die „blutlose“ Chirurgie des Dr. Pearce:

„Der Chirurg sagte, die angewandte Methode sei nicht nur für Jehovas Zeugen, sondern für die meisten Patienten, bei denen eine Operation am offenen Herzen vorgenommen werden müsse, ein Segen.

,Vor kurzem haben wir diese Methode hintereinander bei 100 Operationen am offenen Herzen, die wegen eines angeborenen Herzfehlers nötig geworden waren, angewandt, und wir haben nur einen Patienten verloren.‘

Der berühmte Chirurg erklärte, da bei dieser Methode kein Blut verwendet werde, sei die Gefahr, eine infektiöse Gelbsucht zu übertragen, fast ausgeschlossen. Ferner sagte er, daß auch die Gefahr einer allergischen Reaktion ..., die Gefahr der noch gefährlicheren Schockreaktionen ... verringert würden ...

Dr. Pearce erklärte, wenn Blut verwendet werde, würden in der ersten Zeit nach einer Operation am offenen Herzen manchmal Herz, Lunge und Nieren nicht richtig arbeiten. ,Aber wenn diese Technik angewendet wird ..., funktionieren diese Organe fast immer zufriedenstellend‘, fügte er hinzu.“

Jetzt weiter verbreitet

Berichte aus aller Welt zeigen, daß die „blutlose“ Chirurgie bei schweren Operationen wie Operationen am offenen Herzen seit einigen Jahren in zahlreichen berühmten Krankenhäusern angewandt wird. In Johannesburg (Südafrika) führte z. B. ein Herzspezialist eine solche Operation an einem vierzehnjährigen Mädchen, einer Zeugin Jehovas, aus. In der dort erscheinenden Zeitung Sunday Times wurde berichtet, daß sich die Patientin „phantastisch schnell erholte“; schon einen Tag nach der Operation wurde sie aus der Intensivstation entlassen.

Auch in Spokane (Washington, USA) führt jetzt ein Chirurgenteam bei Zeugen Jehovas Operationen am offenen Herzen, ohne Blut zu verwenden, aus. In der Seattle Times wurde die Methode dieser Ärzte wie folgt beschrieben: „Die Ärzte benutzten als Ladeflüssigkeit eine Traubenzuckerlösung oder eine Zuckerlösung in Verbindung mit der Ringerlactatlösung (einer häufig angewandten therapeutischen Lösung aus Natriumchlorid, Kaliumchlorid und Calciumchlorid [sowie Natriumhydrogenkarbonat und Lactat]).“ Sie stellten keine nachteiligen Folgen fest.

In San Francisco benötigte ein vierundfünfzigjähriger Patient dringend eine Herzoperation. Er war ein Zeuge Jehovas. Zum erstenmal in ihrer Praxis führten Dr. Elias Hanna und sein Team nun eine Operation am offenen Herzen, ohne dabei Blut zu verwenden, durch. Nach der Operation, die nicht ganz eineinviertel Stunden gedauert hatte, sagte Dr. Hanna über den Patienten: „Wenn man bedenkt, was wir mit ihm angestellt haben, so geht es ihm blendend.“

In einem Brief, den Dr. Jerome H. Kay von Los Angeles im November 1973 an die Zeitschrift Awake! schrieb, bemerkte er, daß sein Team jetzt bei der Mehrzahl der Patienten, die sich einer Operation am offenen Herzen unterziehen müßten, diesen Eingriff ausführe, ohne dabei Blut zu verwenden. Dr. Kay fügte noch hinzu: „Es ist uns ein Vergnügen gewesen, Patienten, die Zeugen Jehovas sind, zu operieren. Wir transfundieren diesen Patienten weder Blut noch Blutbestandteile.“

Wenn komplizierte chirurgische Eingriffe wie Operationen am offenen Herzen ohne die Verwendung von Blut erfolgreich durchgeführt werden konnten, so durfte angenommen werden, daß andere Operationen ebenfalls ohne die Verwendung von Blut ausgeführt werden können. Diese Annahme hat sich auch als richtig erwiesen. Ermutigt durch die Erfahrungen und den Erfolg anderer, machen sich jetzt mehr Ärzte denn je mit diesen neuen Techniken vertraut und wenden sie auch an.

Andere Operationen ohne Blut

In Wellington (Neuseeland) wurde bei einem fünfzehnjährigen Mädchen ein Gehirntumor entfernt. Diese komplizierte Operation wurde ohne die Verwendung von Blut ausgeführt. Sie war erfolgreich, und die Patientin durfte schon nach einer Woche nach Hause!

In Milwaukee (USA) operierten die Ärzte einen Sechzehnjährigen, dessen Körperschlagader beschädigt war. Er hatte ungefähr ein Liter Blut verloren und würde während der Operation noch mehr verlieren. In der Zeitung Detroit Free Press wurde berichtet, daß die Ärzte „zur Auffüllung des Blutvolumens, während sie das beschädigte Stück der Hauptschlagader durch eine Dakronröhre ersetzten, Salzwasser benutzten“. Nach der Operation betrug der Hämoglobingehalt des Patienten nur noch ein Drittel des Normalwertes. Aber die Ärzte sagten, durch Eisengaben und eine eiweißreiche Kost könnte der Körper des Jugendlichen das verlorene Blut in wenigen Wochen ersetzen.

Die Fachschrift Journal of Medicine für den Staat New York brachte einen Artikel, der überschrieben war „Größere operative Eingriffe an den Harnorganen ohne Bluttransfusion“. Er stammte von den Ärzten Philip R. Roen und Francesca Velcek von der Urologischen Abteilung des St.-Barnabas-Krankenhauses in New York. Die Ärzte schrieben:

„Unsere Erfahrungen mit Zeugen Jehovas, die sich einer Operation unterziehen mußten, haben uns gelehrt, daß es auch ohne Blut geht, selbst wenn der Hämoglobingehalt niedrig ist, wenn er nur — wie in einem der Fälle — 5 g je 100 ml beträgt!

Diese Erfahrungen zeigen, daß bei einem sehr großen Prozentsatz der Fälle eine Bluttransfusion vermieden werden kann, sogar bei den Patienten, die eine Blutübertragung nicht ablehnen würden. Das einzige Erfordernis ist eine sorgfältige und präzisere operative Technik. Wir haben bei allen unseren Fällen diese Methode angewandt und Blutübertragungen sind bei uns nur noch ein sehr seltenes Ereignis. ...

Andere haben, um Blutverluste und Operationsrisiken zu vermindern, besondere Techniken entwickelt, zum Beispiel die Operation in Hypothermie [Unterkühlung], absichtlich herbeigeführte Hypotonie [Blutdrucksenkung] und die Verwendung von kolloidhaltigen Blutexpandern, doch wir wenden solche Methoden nicht an. Unsere Operationsmethode besteht in einer äußerst präzisen Operationstechnik, wobei mit jedem Milliliter Blut sparsam umgegangen und verlorenes Blut durch eine einfache Kristalloid-Lösung, nämlich durch die Ringerlactatlösung, ersetzt wird. Die Ergebnisse sind höchst zufriedenstellend.

Es ist außerdem angenehm, zu wissen, daß man nicht mit Komplikationen, wie sie bei den Vollbluttransfusionen auftreten — Allergie, hämolytische Reaktionen, Nierenversagen, Hepatitis usw. —, rechnen muß.“

Welches besondere „Rezept“ wenden diese Ärzte an, um das Blut, das ein Patient vor oder während einer Operation verlieren mag, zu ersetzen? Sie antworten:

„Als Blutersatz haben wir bei diesen Patienten nur die Ringerlactatlösung angewandt. Wir haben kein besonderes Rezept; gewöhnlich verabfolgen wir dreimal soviel von dieser Flüssigkeit, wie der Patient Blut verloren hat. ...

Viele Ärzte verwenden die isotonische Traubenzuckerlösung und die isotonische Salzlösung, doch eine ,balancierte‘ Lösung ist besser — die Ringer-Lösung enthält außer Natrium und Chlorid auch Kalium und Calcium. Es gilt zu beachten, daß Calcium und Kalium nur in ,physiologischer‘ Konzentration vorhanden sind, und diese Lösung hat nicht den Zweck, den Mangel an diesen Ionen auszugleichen.

Die ,verbesserte‘ Ringer-Lösung enthält Natriumlactat. Die gewöhnliche Ringer-Lösung hat eine leicht säuernde Wirkung; die Ringer-Lösung mit Lactat kann diese säuernde Wirkung beseitigen und ist daher die bevorzugte Kristalloid-Lösung für intravenöse Infusionen.“

Auch große Operationen wie Magen- und Darmresektionen (operative Entfernung kranker Teile dieser Organe) bei bösartigen Geschwülsten sind schon in großer Zahl ohne die Verwendung von Blut ausgeführt worden.

Forschende Fragen

In Anbetracht dieser Erfolge lohnt es sich, die nachstehenden Ausführungen der Ärzte Roen und Velcek zu beachten: „In den meisten Fällen haben Ärzte und Krankenhausleitungen es wegen des Problems der Bluttransfusion abgelehnt, Zeugen Jehovas zu operieren. Wir behaupten, daß es nicht richtig ist, es abzulehnen, diese Leute zu operieren, ganz gleich, wie groß der beabsichtigte chirurgische Eingriff sein mag.“

Diese Ärzte zählen viele Fälle von Zeugen Jehovas auf, die, nachdem man sie in anderen Krankenhäusern nicht operieren wollte, in das St.-Barnabas-Krankenhaus kamen und ohne Blut erfolgreich operiert wurden. Die Erfolge mit der „blutlosen“ Chirurgie, die in vielen Ländern von tüchtigen Chirurgen ausgeführt wird, bestätigen ihren Standpunkt.

Man darf sogar sagen, daß sich Ärzte, die es heute noch ablehnen, Zeugen Jehovas zu operieren, weil sie dem Wunsch, dabei kein Blut zu verwenden, nicht nachkommen wollen, eine Blöße geben. Solche Ärzte sind zweifellos aufrichtig, dennoch muß man sich fragen: Warum lehnen sie es ab? Wissen sie nichts von den Methoden, die führende, hochgeachtete Chirurgen in anderen Ländern oder in ihrem eigenen Land oder sogar in der Stadt, in der sie selbst wohnen, anwenden? Kann es sein, daß sie zufolge ihrer Ausbildung oder eines gewissen Einflusses voreingenommen und nicht bereit sind, mit den neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Medizin Schritt zu halten? Kann es sein, daß sich der eine oder andere solche Operationen einfach nicht zutraut? Oder spielt vielleicht sogar ein religiöses Vorurteil eine Rolle?

Die heutige Entwicklung auf dem Gebiet der Medizin läßt erkennen, daß es für einen Arzt, der versucht, Personen, die keine Blutübertragung wünschen, eine solche aufzuzwingen, keine Entschuldigung mehr gibt.

Weitere Verfahren

Außer den erwähnten Methoden gibt es noch weitere, die in der „blutlosen“ Chirurgie bereits angewandt werden oder die sich noch im Versuchsstadium befinden. Eine Methode, die sich als sehr nützlich erwiesen hat, besteht darin, das Blut des Patienten schon längere Zeit vor der Operation — sofern die Zeit es erlaubt — und auch nach der Operation aufzubauen. Der Patient erhält verschiedene Aufbaustoffe wie Eisen, Vitamine und Aminosäuren. So ist dann das Blut des Patienten, selbst wenn er während der Operation Blut verliert, der besonderen Belastung besser gewachsen. Ferner tragen die Nährstoffe dazu bei, daß der Körper das verlorene Blut ersetzen kann. Ein Arzt, der dieses zusätzliche Verfahren anwendet, sagte: „Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Patienten erholen“, wenn ihr Blut in dieser Weise aufgebaut worden ist.

An einem anderen Verfahren hat Dr. James E. Eckenhoff, Direktor der Northwestern University Medical School, gearbeitet. Dieses Verfahren hat mit Hypotension zu tun, das heißt, der Blutdruck des Patienten wird gesenkt, um den Blutverlust zu reduzieren. Diese Methode soll sich für Operationen an Kopf und Hals sowie an den oberen Extremitäten eignen, ferner für die Neurochirurgie und die plastische Chirurgie.

Dann gibt es auch die „blutlose“ Chirurgie, die als Kryochirurgie oder Kältechirurgie bezeichnet wird. Extreme Kälte dient dazu, den Blutverlust zu verringern. Die Kältechirurgie wird zur Entfernung bösartiger Geschwülste und zur Behandlung anderer Leiden angewandt. Zu den Ärzten, die mit dieser Methode arbeiten, gehört Dr. Irving S. Cooper vom St.-Barnabas-Krankenhaus in New York.

Eine andere Methode stammt von dem New Yorker Physiker Lewis Balamuth. Er erhielt das Patent für ein Skalpell, das über 30 000mal in der Sekunde vibriert. Der Vibrationsausschlag beträgt 0,005 Millimeter. Die durchtrennten Blutgefäße werden gleichzeitig kauterisiert, das heißt durch die Reibungswärme verschlossen. Diese Methode macht das Abklemmen gewisser durchtrennter Venen und Arterien überflüssig, und sie mag der Kauterisierung auf elektrischem Weg — eine Methode, die in den vergangenen Jahren von vielen Chirurgen angewandt worden ist − überlegen sein.

Fluorkohlenstoffe

Von Interesse sind auch Versuche mit Verbindungen, durch die ein gewisser Sauerstofftransport erreicht wird. Normalerweise decken die roten Blutkörperchen, die in der Lunge mit Sauerstoff beladen werden, den Sauerstoffbedarf des Körpers. Das Herz pumpt das mit Sauerstoff angereicherte Blut durch den Körper, wo der Sauerstoff an die Milliarden von Zellen, die ohne ihn nicht normal funktionieren könnten, abgegeben wird. Die Plasmavolumenexpander, die jetzt verwendet werden, haben keine Sauerstofftransportfähigkeit. Bei großem Blutverlust ist der Sauerstofftransport im Körper demnach stark beeinträchtigt.

Die Fluorkohlenstoffe, die bei diesen Versuchen benutzt werden, können Sauerstoff transportieren. Bei diesen organischen Verbindungen sind alle Wasserstoffatome durch Fluor ersetzt worden. Diese Verbindungen haben aber den Nachteil gehabt, daß sie sich leicht in den Körpergeweben anlagerten, und man wußte nicht, wie sich das auswirken würde. Wie die Zeitschrift Science indessen berichtet, sind nun Fluorkohlenstoffe entwickelt worden, die der Körper der Versuchstiere rasch ausgeschieden hat.

Die Wissenschaftler mahnen jedoch zur Vorsicht. Sie weisen darauf hin, daß die Ergebnisse der Tierversuche noch nicht bedeuteten, daß sich die Flüssigkeit beim Menschen bewähre. Ferner sagen sie, daß diese Fluorkohlenstoffe kein vollständiger Blutersatz seien. Das Blut enthält außer den roten Blutkörperchen, die dem Sauerstofftransport dienen, noch Hunderte andere Chemikalien und organische Bestandteile. Ob diese neue Entwicklung den Menschen jemals etwas nützen wird, bleibt abzuwarten.

Alle hier erwähnten Bemühungen — wie auch andere — zeigen, daß schon viel geleistet worden ist, um den Wünschen der Patienten, die eine Bluttransfusion ablehnen, entgegenzukommen. Tüchtige Chirurgen haben Methoden für eine „blutlose“ Chirurgie entwickelt, und sie sind damit sehr erfolgreich gewesen. Da man sich um weitere Fortschritte auf diesem Gebiet bemüht, darf man auch mit weiteren erfreulichen Ergebnissen rechnen.

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