Der König der Edelsteine
ER KANN als Schmuck dienen. Er hilft, das Schleudern auf Autobahnen und Rollbahnen zu verhindern. In der Industrie wird er in Drehbänken, Bohrern und in Schleif- und Poliermaschinen gebraucht. Was hat so viele Verwendungszwecke? Der „König aller Edelsteine“ — der schöne, vielseitige Diamant.
Diamanten gehören zu den begehrtesten Mineralien der Welt. Am 14. Februar 1972 erblickte ein Arbeiter in einer Diamantenmine in Sierra Leone einen Diamanten, der so groß war wie ein Hühnerei. Es stellte sich heraus, daß es der drittgrößte Diamant war, der je gefördert wurde, und der größte ungeschliffene Diamant, der zu dieser Zeit existierte. Obwohl dieser Edelstein nicht einmal ein halbes Pfund wog, wurde er für mehrere Millionen Dollar verkauft.
Was sind Diamanten? Warum sind sie so kostbar? Wie werden sie gefunden und zu Edelsteinen oder nützlichen technischen Zubehörteilen verarbeitet?
Was sind Diamanten?
Wenn du dir Rußflecken an deinen Kleidern oder den Graphit in deinem Bleistift ansiehst, dann siehst du die gleiche Substanz, aus der ein Diamant besteht. Was ist das? KOHLENSTOFF. Der Kohlenstoff der Diamanten hat jedoch eine festgefügte, dichte und stark gebundene kristalline Struktur. Dadurch unterscheidet er sich vom Graphit, einer anderen Form des reinen Kohlenstoffs.
Wie sind Diamanten ins Dasein gekommen? Keiner weiß das mit Bestimmtheit. Aber viele Wissenschaftler glauben, daß dies geschah, als in der Erde vorkommender Kohlenstoff großem Druck und großer Hitze ausgesetzt wurde. So gelang es in der heutigen Zeit Wissenschaftlern, Diamanten synthetisch herzustellen, indem sie Graphit einem Druck von 110 000 Atmosphären bei einer Temperatur von 3 000 Grad Celsius aussetzten.
Ein Grund, weshalb Diamanten so wertvoll sind, ist ihre ungewöhnliche Härte. Diamant ist das härteste in der Natur vorkommende Mineral. „Mit einem Diamanten kann man einen anderen Diamanten schleifen. Das einzige andere Material, mit dem man einen Diamanten ritzen kann, ist Borazon, eine künstliche Substanz, die 1957 zum erstenmal hergestellt wurde“, heißt es in dem Werk The World Book Encyclopedia. Wegen dieser Härte sind Diamanten für die Industrie besonders nützlich.
Ihr seltenes Vorkommen ist ein weiterer Faktor, der ihren Wert erhöht. Sie sind 120mal seltener als Gold. An einigen Orten müssen Arbeiter 250 Tonnen Erde, Schutt und Gestein verarbeiten, um Diamanten mit einem Gesamtgewicht von ein bis zwei Karata zu finden.
Der Wert eines Diamanten hängt zu einem großen Teil von seiner Reinheit ab, das heißt, inwieweit er frei ist von Fehlern wie Poren, Rissen und Spuren unkristallisierten Kohlenstoffs. Der König der Edelsteine kommt in vielen Farben vor; Gelb und Braun sind die häufigsten Farben. Aber es gibt auch rote, grüne, schwarze und manchmal, wenn auch selten, blaue Diamanten. Die meisten Rohdiamanten haben acht Seiten und sind geformt wie eine doppelte Pyramide. Einige haben zwölf, vierundzwanzig oder achtundvierzig Seiten; andere sind würfelförmig und haben nur sechs Seiten.
Aus der Tiefe der Erde
Viele Diamanten findet man im Sand und Kies von Flußbetten und an Stränden. Unter der Erde befinden sich Diamanten in trichter- oder röhrenförmigen Gesteinsformationen, die wegen ihres blauen, lehmähnlichen Aussehens „blauer Grund“ genannt werden. Jahrhundertelang versorgte Indien die Welt mit Diamanten. Aber heute ist Afrika für 80 Prozent der Weltproduktion an Diamanten verantwortlich. Wichtige Diamantfelder gibt es auch in Rußland und in Südamerika.
Es ist sehr viel Arbeit damit verbunden, die Diamanten aus der Erde zu gewinnen und sie für Industriezwecke oder zu glitzernden Schmuckstücken zu verarbeiten. Zuerst müssen Bulldozer viele Tonnen Erdreich ausheben, um zu dem Kies und dem Gestein zu gelangen, die die Diamanten enthalten. Das diamanthaltige Material wird dann ausgewaschen, so daß ein „Konzentrat“ zurückbleibt. Ein Wasserstrahl schiebt das Konzentrat über einen schrägen, eingefetteten Tisch. Die Steine und der Kies gleiten über das Brett, aber die Diamanten, die schwerer sind und Wasser abstoßen, bleiben hängen. Da bei diesem Vorgang einige Diamanten verlorengehen, verdienen gewisse Personen ihren Lebensunterhalt damit, daß sie die Abfälle aufkaufen und sie nach kleinen Diamanten und Splittern durchsuchen.
Wenn die Diamanten gesammelt sind, müssen sie von besonders ausgebildeten Männern aussortiert werden. Etwa sieben Jahre sind nötig, um einen guten Diamantensortierer auszubilden, denn diese Edelsteine sind in über zweitausend Kategorien eingeteilt worden, je nach ihrer Größe, Qualität, Farbe und Form.
Das Diamantschleifen — eine knifflige Arbeit
Um die volle Fähigkeit eines Diamanten, Licht in einer herrlichen Farbenpracht zu reflektieren, zur Geltung zu bringen, müssen Experten viele kleine Flächen oder „Facetten“ schleifen. Der übliche Brillantschliff hat 58 Facetten. Wenn Licht in die verschiedenen Facetten des Königs der Edelsteine scheint und durch die „Tafel“ (die oberste Facette) wieder herausdringt, erscheint es dem faszinierten Auge in allen Regenbogenfarben. Bezüglich der schwierigen Arbeit des Diamantschleifens erklärt die Encyclopedia Britannica (Ausgabe 1974): „Bei jedem Arbeitsgang ist große Sorgfalt erforderlich, besonders aber während des Facettenschleifens, da die Facetten genau im richtigen Winkel geschliffen werden müssen, um den größtmöglichen Glanz zu erreichen, und ihre Größe muß genau bemessen werden, damit die Symmetrie erhalten bleibt.“
Bevor die Facetten geschliffen werden, werden größere Diamanten in kleinere zerspalten. Das ist eine besonders knifflige Arbeit. Ein Experte muß zuerst sorgfältig untersuchen, wie die Kristallstruktur verläuft; dann markiert er die Linien, entlang denen der Diamant gespalten werden kann. Danach wird auf der ausgewählten Schnittlinie eine Rille geritzt, der Diamant wird in einer Halterung befestigt, und ein Stahlkeil wird in die Rille eingesetzt. Dann folgt ein leichter Schlag mit dem Hammer, und wenn alles richtig gemacht worden ist, wird der Diamant in zwei Stücke gespalten. Aber ein Fehler beim Spalten kann dazu führen, daß der Diamant zerschmettert wird oder sogar explodiert. Wieso?
Ein bekannter belgischer Diamantschleifer erklärte:
„Manchmal enthält ein Diamant einen kleinen Einschluß von hochkomprimiertem Gas. Triff den Stein an einer Stelle, wo sich einer dieser Einschlüsse befindet, und ein sehr teurer Stein explodiert und zerfällt zu Staub.
Vor ein paar Monaten hatte ich einen 5 1/2karätigen Diamanten, der 500 000 b[elgische] Fr[ancs] [ungefähr 13 000 Dollar] wert war. Die Kante einer der Facetten hatte einen fast nicht wahrnehmbaren Fehler, und der Käufer bestand darauf, daß er korrigiert werde. Kaum hatte der Stein die Scheibe berührt, da explodierte er in tausend Stücke.“
Einige berühmte Diamanten
Wie schon erwähnt, sind Diamanten sehr selten. Ja, sie sind so selten, daß während all der Jahrhunderte, in denen Menschen danach gesucht haben, nur ca. 400 große Steine gefunden worden sind. Darunter befindet sich der berühmte Cullinan-Diamant, der in rohem Zustand 3 106 Karat (etwa 1 1/4 Pfund) wog. Er wurde in neun größere und 96 kleinere Steine zersägt. Der „Stern Afrikas“, der vom Cullinan stammt, ist immer noch der größte geschliffene Diamant der Welt und wiegt 530,2 Karat.
Der Kohinoor gelangte im Jahre 1849 in britischen Besitz, nachdem er häufig den Besitzer gewechselt hatte. Er wog bei seiner Ankunft 186 Karat und wurde danach zu einem 106karätigen Stein geschliffen. Der Kohinoor wurde 1911 für Königin Mary vorgesehen und ist der Hauptstein in der Staatskrone der Königin.
Vor etwa zweihundert Jahren kaufte ein Mann namens Tavernier einen sehr seltenen saphirblauen Diamanten. Er wurde an Ludwig XIV. verkauft und zu einem dreiwinkligen Stein von 68 Karat geschliffen. Im Jahre 1792 wurde er gestohlen und nie wiedergefunden. Aber im Jahre 1830 tauchte der 44 1/2karätige Hope-Diamant auf dem Markt auf. Stammte er von dem größeren Stein, der Ludwig XIV. gehört hatte? Viele vermuten dies.
Einige wollen schnell reich werden
Diamanten haben schon viele veranlaßt, habgierig zu werden, was zu ihrem eigenen Schaden gereichte. Eine ganze Anzahl Eingeborene in Sierra Leone haben das Leben verloren, während sie zum Flußbett des trügerischen Sewa getaucht sind, um große Diamanten zu finden. Viele weitere sind bei Tunneleinstürzen umgekommen. Illegales Diamantensuchen, Schmuggel und Bestechung sind überall dort an der Tagesordnung, wo Diamanten zu finden sind.
Einige haben versucht, durch geschickten Betrug mehr Geld von ihren Kunden zu bekommen. Sie tauchen einen gelben Diamanten in eine Lösung Kaliumpermanganat. Dadurch wird der Stein mit einer purpurnen Schicht überzogen, die das Gelb neutralisiert und den Stein farblos oder „weiß“ erscheinen läßt. Farblose Steine erzielen nämlich einen höheren Preis auf dem Markt als gelbe.
Ein Mann, der nach vielen Jahren seine Tätigkeit als Diamantengräber aufgegeben hat, um ein Vollzeitprediger der Zeugen Jehovas zu werden, erklärte: „Die Diamantensuche fesselt einen genauso wie das Glücksspiel. Und meistens verliert man — Zeit, Kraft und Kapital —, doch stets ist dieser unaufhörliche Wunsch und das Verlangen da, den unauffindbaren ,Großen‘ zu finden.“
Manchmal tauchen Probleme auf, wenn jemand in den Besitz eines großen Diamanten gelangt ist. Ein Edelsteinfachmann sagte diesbezüglich: „Große Diamanten und große Autos haben einiges gemeinsam. Es ist wunderbar, sie zu besitzen, teuer, sie zu versichern, und es ist schwer, zu wissen, wo man sie hinstellen soll.“ Im Fall einer wohlhabenden Filmschauspielerin zum Beispiel erlaubt die Versicherungspolice nicht, daß sie ihren 69,4karätigen Edelstein „öfter als 30 Tage im Jahr“ trägt. Und immer, wenn sie ihn trägt, wird sie von zwei bewaffneten Wächtern begleitet.
Diamanten pflegen
Wenn du einen Diamanten besitzt, so achte darauf, daß du ihn nicht fallen läßt oder gegen eine harte Fläche schlägst. Diamanten sind zwar das härteste natürliche Mineral, doch durch einen solchen Schlag können sie zerbrochen oder zertrümmert oder aus ihrer Fassung gelöst werden. Vermeide es auch sorgfältig, einen ungeschützten Diamantring, eine Brosche oder Ohrringe in ein Schmuckkästchen zu legen, in dem noch andere Dinge aufbewahrt werden. Sie könnten von dem Stein zerkratzt werden.
Ein Diamant kann durch Staub, Fett oder Kosmetika ziemlich verschmutzt werden. Doch wenn du deinen Diamanten von Zeit zu Zeit badest, bleibt er hell und leuchtend. Schütte ein paar Seifenflocken und einen Schuß Salmiakgeist in ein Gefäß mit zwei Tassen warmem Wasser. Dann putze den Edelstein sanft mit einer weichen Zahnbürste oder Augenbrauenbürste. Spüle ihn nun mit lauwarmem Wasser ab, tauche ihn dann in Alkohol, um eventuelle Seifenreste zu entfernen, und trockne ihn mit Seidenpapier oder mit einem weichen Tuch ab. Am besten ist es, einen Diamantring abzulegen, wenn man im Haushalt oder im Garten arbeitet.
Edelsteine gehören wirklich zu den herrlichen Werken der Schöpfung Jehovas, besonders der König der Edelsteine, der schöne und nützliche Diamant (1. Chron. 29:2).
[Fußnote]
a 5 Karat entsprechen einem Gramm.