Azulejos — Fliesen, die aus vergangenen Zeiten erzählen
Vom „Awake!“-Korrespondenten in Portugal
HAST du den Ausdruck azulejos schon einmal gehört? In Portugal ist dieses Wort sehr gebräuchlich. Unter Azulejos versteht man Fliesen, aber wahrscheinlich hast du solche Fliesen noch nie gesehen.
Azulejos sind wunderschön bemalte und glasierte Keramikfliesen. Die Glasur soll das Eindringen von Flüssigkeiten verhindern. Anschließend werden sie in einem Spezialofen gebrannt, um sie haltbarer zu machen. Azulejos sind entweder mit attraktiven geometrischen Mustern oder mit figürlichen Darstellungen dekoriert, die das Leben auf dem Land und zur See darstellen. Es gibt auch Fliesen mit Motiven aus der alten Mythologie.
Vielerorts in Portugal braucht man nicht weit zu gehen, um Azulejos bewundern zu können. Häufig dienen solche Fliesen als Straßenschilder. Ein Beispiel dafür ist das Straßenschild der Rua Alegre (Alegre bedeutet „glücklich“, „fröhlich“ oder „belebt“) in Lissabon. In eine Mauer sind sechs Fliesen eingelassen, die ein rechteckiges Feld bilden und auf denen der Name der Straße steht. Die beiden Wörter stehen in der Mitte übereinander in eleganter blauer Schrift auf weißem Grund. Das rechteckige Feld ist mit einer goldfarbenen Borte mit grünen Blättern umzogen. Die oberen beiden Ecken sind mit zwei rosafarbenen Blüten geschmückt.
Solche Fliesen dienen auch als Namensschilder an den Türen und als Hausnummernschilder. Ferner sind alte und neue Häuser mit dekorativen Fliesen verkleidet. In den Dörfern um Lissabon sieht man häufig an den Hausmauern der getünchten Häuser Fliesen, auf denen der Lieblings„heilige“ des Hausbesitzers dargestellt ist. Auch im Innern der Häuser begegnet man Azulejos: als Kamineinfassung, an Blumenständern oder als Spiegel- und Bilderrahmen.
Die portugiesischen Azulejos haben eine lange Geschichte. Schon der Name ist bedeutsam. Manche behaupten, er stamme von azul, was „blau“ bedeutet; andere dagegen vermuten, das portugiesische Wort habe sich aus dem arabischen Verb zallaga entwickelt, was „glatt, schlüpfrig“ bedeutet. Im 14. Jahrhundert führte Portugal kunstvolle vielfarbig bemalte Fliesen aus Andalusien (Spanien) ein, wo Kunst und Sprache stark unter maurischem oder arabischem Einfluß standen. Noch heute kann man Fliesen aus jener Zeit sehen, und zwar im Innern sowie an den Außenmauern religiöser Gebäude in den Städten Cordoba und Sevilla. Diese grün, weiß, blau, schwarz und mattgelb dekorierten Fliesen zeigen komplizierte vieleckige und sternförmige Muster in spanisch-maurischem Stil.
Aber Spanien ist nicht die einzige Bezugsquelle für Azulejos. Viele dieser Fliesen sind mit orientalischen Dekors geschmückt, die an China erinnern. Vor Jahrhunderten trieben portugiesische Forschungsreisende im Hafen von Kanton Handel. Ihnen gefiel das prachtvolle, zarte Porzellan der Chinesen. Daher nahmen sie viel davon mit nach Lissabon. Die Chinesen liebten es, ihr Porzellan blau-weiß zu bemalen. Viele Azulejos in Portugal weisen diese Farbzusammenstellung auf. Im 17. Jahrhundert begannen die Niederländer die chinesischen Erzeugnisse vorzüglich nachzuahmen. Portugal begann daher sofort, auch aus den Niederlanden Fliesen einzuführen. Unsere Azulejos, die zwar portugiesische Kunstdenkmäler sind, haben somit eine lange Geschichte, in der auch die Kunst anderer Länder eine Rolle spielt.