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  • g77 8. 12. S. 16-19
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  • Wie sich die Sprache den Erfordernissen anpaßt
  • Erwachet! 1977
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Erwachet! 1977
g77 8. 12. S. 16-19

Wie sich die Sprache den Erfordernissen anpaßt

MONSIEUR BOULANGER, ein gewöhnlicher Bürger, schuf die Notwendigkeit für ein neues Wort. Er eröffnete einen Laden, in dem man zubereitete Mahlzeiten kaufen und an Ort und Stelle essen konnte. Um die ausgehungerten Überlebenden des Siebenjährigen Krieges (1756—1763) anzulocken, die damals die Straßen von Paris bevölkerten, hing Boulanger ein Schild über die Tür mit der lateinischen Aufschrift „Venite ad me omnes qui stomacho laboratis et ego vos restaurabo“. Die Bedeutung dieser Aufschrift war: „Kommt zu mir alle, die ihr wegen des Magens leidet, und ich werde euch stärken“. Diese Einrichtung, die dazu bestimmt war, die Kunden zu stärken, wurde daher als restaurant bezeichnet, französisch für „das, was stärkt“.

Dieser Ausdruck, den Monsieur Boulanger ungewollt dem Französischen, schließlich dem Deutschen und anderen Sprachen beisteuerte, veranschaulicht, wie sich der Sprachschatz erweitert, um sich den Erfordernissen anzupassen. Was ist genaugenommen die Sprache? Einfach ausgedrückt, sind es Wörter, ihre Aussprache und die Methoden, die angewandt werden, um sie miteinander zu verbinden, und die von einer Sprachgemeinschaft verstanden werden. Eine Sprache wird wachsen, sich ändern, „schrumpfen“ oder sogar verschwinden, je nachdem, welche Situation in der betreffenden Sprachgemeinschaft besteht, welchen Belastungen sie ausgesetzt wird und welche Forderungen man an sie stellt. Die Sprache wandelt sich ständig. Täglich kommen neue Wörter hinzu, während andere immer seltener und schließlich gar nicht mehr gebraucht werden.

Die deutsche Sprache gilt als eine der wortreichsten Sprachen. Für den Umfang des Wortschatzes wird oft die Zahl 300 000 genannt. Hinzu kommt noch eine Vielzahl von Wörtern in den Fachsprachen der einzelnen Berufe und Wissenschaften. Zum Beispiel hat die Elektrotechnik etwa 60 000 Begriffe, in der Medizin kennt man etwa 250 000 Fachausdrücke und fachsprachliche Fügungen, und die organische Chemie verfügt über etwa 3,5 Millionen Benennungen. Außerdem gibt es viele Wortzusammensetzungen, die fast beliebig geschaffen werden können. Dieser Wortreichtum ermöglicht es, einen Gedanken mit verschiedenen Ausdrücken wiederzugeben, die unterschiedliche Bedeutungsschattierungen haben.

Wie sind all diese Wörter entstanden? Es ist keineswegs den Etymologen (Wissenschaftler, die die Herkunft und Geschichte von Wörtern untersuchen) vorbehalten zu ergründen, wie Worte entlehnt oder geprägt werden, um dem Wandel der Erfordernisse gerecht zu werden, dem die Sprache unterliegt. Eine nähere Untersuchung kann auch für den Durchschnittsleser interessant, nützlich und sogar amüsant sein. Du wirst wirklich überrascht sein, wenn du feststellst, welche Rolle du bei der Entwicklung der Sprache spielst, die du sprichst.

Viele Wörter sind entlehnt

Es werden praktisch fortlaufend aus anderen Sprachen Wörter entlehnt und auf die neuen Erfordernisse und Wünsche einer anderen Sprachgemeinschaft abgestimmt. Der lateinische Ausdruck mobile vulgus, der für „aufgebrachte, aufgewiegelte Volksmenge“ steht, schien den Engländern für den allgemeinen Sprachgebrauch zu unhandlich zu sein. Trotz eifriger Bemühungen von „Sprachästheten“ verkürzten sie den Ausdruck auf „mobile“ und schließlich auf „mob“. Diese Form wurde dann im Deutschen übernommen („Mob“).

Ein Wort, dessen Kurzform häufiger als die ausführliche Form verwendet wird, ist „Omnibus“. Seine Entstehung geht auf das Jahr 1825 zurück, als ein abgedankter napoleonischer Offizier namens Baudry von Nantes nach seiner Badeanstalt im nahe gelegenen Richebourg Wagen fahren ließ. Ausgangspunkt war der Laden eines Kaufmanns, der „Omnès“ hieß. Da dieser Name zufällig das lateinische Wort für „alle“ ist, hatte dieser Kaufmann über seiner Tür das Schild Omnes Omnibus („Alle für alle“) angebracht. Von da wurde der Ausdruck Omnibus auf die dort verkehrenden Wagen übertragen. Heute dagegen bevorzugt man die Kurzform Bus.

Bedeutungswandel — Warum?

Bei den zuvor erwähnten Lehnwörtern blieb die Bedeutung der Wörter nach der Übernahme aus der ursprünglichen Sprache erhalten. Dem Wort „Chauffeur“ erging es aber ganz anders. Das dem Französischen entlehnte Wort bedeutete ursprünglich „Heizer“. In der Zeit, als die Dampffahrzeuge aufkamen, war diese Bezeichnung für Bedienstete zutreffend, die den Kessel des Fahrzeugs vorheizen mußten, um die Abreise des Eigentümers vorzubereiten. Allerdings hat das Wort die Erfindung überlebt, durch die es entstanden ist, und heute versteht man unter Chauffeur einen Kraftfahrer.

Im Laufe der Zeit kann sich auch der falsche Gebrauch eines Wortes einbürgern und auf diesem Weg die Bedeutung ändern. Vor einigen Jahren wurde in einer deutschen Tageszeitung das Wort „Flair“ mit „Spürsinn, feine Nase“ erklärt, wogegen der Gebrauch von „Flair“ im Sinne von „Ausstrahlung, Atmosphäre“ als Mißbrauch abgetan wurde. Doch nur wenige Jahre später wurde in einem Wörterbuch die Bedeutung „Fluidum, Atmosphäre, gewisses Etwas“ angegeben. Die Verwendung des Wortes „Flair“ für „Spürsinn“ wurde als „selten“ bezeichnet.

Interessante Herkunft einiger Wörter

Doch wo nehmen Wörter ihren Anfang? Irgendwann muß der eine oder andere ein Wort oder einen Ausdruck geprägt haben, um einem neuen Erfordernis oder Umstand gerecht zu werden. Wenn sich der Ausdruck eingebürgert und den Zahn der Zeit überdauert hat, wird er schließlich Teil des üblichen, anerkannten Sprachgebrauchs. Viele Wörter wurden von Personennamen abgeleitet, deren Erwähnung in einer Sprachgemeinschaft ständig eine bestimmte Vorstellung ausgelöst hat. So wurde beispielsweise der Name eines französischen Finanzministers (zur Zeit des Siebenjährigen Krieges) Grundlage für ein neues Wort. Seine drastischen Maßnahmen wurden von denen verspottet, die am meisten davon betroffen waren — die Adligen. Von da an wandte man den Ausdruck Silhouette auf Personen an, die wieder mit ihren früheren Verhältnissen vorliebnehmen mußten, und auf Gegenstände, die auf ihren ursprünglichen Umriß verkleinert wurden. Das war eine ironische Anspielung auf diesen Minister Etienne de Silhouette, dessen Maßnahmen wahrscheinlich auf den Lebensstil und die Finanzen der Adligen eine solche Wirkung hatten.

Es gibt noch weitere Wörter, deren Entstehung dem Namen oder dem Titel einer Person zu verdanken ist. Der Engländer John Montague wollte, wenn er gerade beim Glücksspiel war, den Spieltisch nie so lange verlassen, daß er eine richtige Mahlzeit einnehmen konnte, und sorgte deshalb dafür, daß ihm sein Essen zwischen Brotscheiben serviert wurde. Es überrascht daher nicht zu erfahren, daß sein Titel „Fourth Earl of Sandwich“ den Namen für dieses von ihm bevorzugte Lebensmittel lieferte. Die Bezeichnung „verballhornen“ („aus Unkenntnis entstellen, besonders ein Wort“) ist von dem Namen des Lübecker Buchdruckers Joh. Ballhorn abgeleitet, bei dem im 16. Jahrhundert eine fehlerhaft korrigierte Ausgabe des lübischen Rechtes erschien.

Es gibt Kurzwörter, die sich aus den Anfangsbuchstaben mehrerer hintereinander folgender Wörter zusammensetzen. „Ufo“ beispielsweise ist ein Kurzwort, das für „unbekanntes Flugobjekt“ steht.

Manchmal hat auch der Wortschatz der Umgangssprache, der normalerweise nicht für die Schriftsprache verwendet wird, einen Beitrag zur Sprachentwicklung geleistet. Solche Wörter der Umgangssprache haben gelegentlich eine derart breite Anerkennung gefunden, daß sie in allgemeine Wörterbücher aufgenommen wurden. So bedeutet zum Beispiel das aus dem Englischen übernommene Wort „kidnappen“ (to „nab a kid“) „sich ein Kind schnappen“, und beide Wortbestandteile, nämlich „nab“ und „kid“, werden im Englischen im allgemeinen als mehr oder weniger umgangssprachlich betrachtet. Doch die Zusammensetzung beider Wörter bildet heute ein anerkanntes englisches Wort; ebenso wird die Form „kidnappen“ im deutschen Sprachraum für „entführen“ verwendet.

Idiomatische Ausdrücke

Idiomatische Ausdrücke sind Redewendungen, deren Bedeutung von dem abweicht, was man aufgrund der einzelnen Wörter vermuten kann. Trotzdem wird eine Sprache durch sie bereichert und belebt. Idiomatische Ausdrücke haben vielfach auch einen interessanten Hintergrund.

Als Veranschaulichung: Man erzählt, ein indischer Maharadscha habe Personen, die sich sein Mißfallen zugezogen hätten, einen weißen Elefanten zum Geschenk gemacht. Weil es streng verboten gewesen sei, dieses seltene Tier zu töten, jemand anders zu geben oder zur Arbeit zu verwenden, sei der neue Besitzer wegen der hohen Futterkosten in Armut geraten. Daher bezeichnet man im Englischen einen lästigen Besitz oder ein lästiges Amt als „weißen Elefanten“.

Wie alles anfing

Während du so über idiomatische Ausdrücke und die Herkunft von Wörtern nachdenkst, könntest du dich mit Recht fragen, woher die vielen Sprachen der Menschheit kommen. Wie nahmen die zahllosen Dialekte und Sprachen ihren Anfang?

Einem Buch, das schon seit dem Altertum besteht und in mehr Sprachen als ein anderes Buch übersetzt worden ist, können wir entnehmen: „Die ganze Erde nun hatte weiterhin e i n e Sprache und einerlei Wortschatz.“ Das gleiche Buch, die Bibel, erklärt auch, warum plötzlich so viele neue Sprachen ins Dasein kamen. Den Bericht darüber kannst du in 1. Mose, Kapitel 11, Vers 1-9 finden. Wie dort gezeigt wird, beteiligte sich ein Teil der Menschheitsfamilie an einem Projekt, das Gottes Vorsatz entgegengesetzt war. Statt sich zu zerstreuen und ‘die Erde zu füllen’, wodurch sie Gottes Willen ausgeführt hätten, versuchten sie, die menschliche Gesellschaft unter eine zentrale Gewalt zu bringen, indem sie sich in Mesopotamien in einem begrenzten Gebiet ansiedelten, das als „Ebene im Lande Schinear“ bekannt wurde (1. Mose 9:1; 11:2). Dort versuchten sie, einen Turm zu bauen, der falscher Anbetung dienen sollte. Allerdings durchkreuzte Jehova Gott ihre Pläne und bewirkte, daß sie sich über die ganze Erde zerstreuten. Wie? Dadurch, daß er ihre Sprache verwirrte und weitere Bemühungen, bei diesem Projekt zusammenzuarbeiten, unmöglich machte. Gottes Handlungsweise wirkte sich damals insofern zum Guten aus, als dadurch die Fähigkeit der Menschheit eingeschränkt wurde, ihre Kräfte für Vorhaben zu vereinigen, die für sie gefährlich und nicht in Übereinstimmung mit Gottes Willen wären.

Seit dieser Zeit müssen sich die Sprachen der Herausforderung neuer Verhältnisse und sich wandelnder Erfordernisse stellen. Zugegeben, du hast vielleicht noch nie zu dieser Entwicklung einen Beitrag geleistet, indem du ein neues Wort geprägt hättest. Dennoch trägst du durch deine Wortwahl täglich dazu bei, die Sprache zu formen, die du sprichst.

[Bild auf Seite 17]

Warum war M. Silhouette beim Adel so unbeliebt?

[Bild auf Seite 18]

Hast du schon einmal einen „weißen Elefanten“ besessen?

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