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Erwachet! 1980
g80 8. 11. S. 25-29

Gericht bestätigt das Recht, von Tür zu Tür zu predigen

ES WAR ein warmer Tag Anfang Juni 1977. Zwei gutgekleidete Ehepaare gingen in Ladue, einem Vorort von St. Louis (Missouri, USA), in friedlicher Absicht von Haus zu Haus. Sie sprachen zu den Wohnungsinhabern über den Zerfall des Familienlebens in unserer heutigen unbeständigen Zeit und wiesen auf die Vorzüge eines Familienstudiums anhand der Bibel hin. Eine harmlosere und hilfreichere Tätigkeit kann man sich kaum vorstellen.

Doch plötzlich platzten in diese friedliche Szene Polizeibeamte der Stadt Ladue herein. Alle vier Personen wurden verhaftet und zum Polizeirevier gebracht. Die beiden Männer, die ordinierte Prediger sind, wurden beschuldigt, eine lokale Verordnung verletzt zu haben.

Wieso? War es denn ein Vergehen, daß sie mit anderen über die Bibel sprachen? Warum wollte die Polizei ihnen Einhalt gebieten? Handelte es sich denn dabei um eine neue Tätigkeit, die den Beamten unbekannt war?

Eine altehrwürdige Tätigkeit

Es ist eine bekannte geschichtliche Tatsache, daß selbst Jesus und seine Apostel andere in ihrer Wohnung aufsuchten, um ihnen das Wort Gottes zu verkünden. Diese altehrwürdige Tätigkeit dauert bis in unser 20. Jahrhundert fort.

Auffallend auf diesem Gebiet sind die Bemühungen der Zeugen Jehovas. Doch in den Vereinigten Staaten wurde in den 30er und 40er Jahren unter Berufung auf die Verordnung verschiedener Gemeinden wiederholt die Forderung erhoben, diese christlichen Evangelisten benötigten eine gewerbliche Genehmigung als „Hausierer“ oder „Vertreter“. Da sich Zeugen Jehovas an einer nichtgewerblichen religiösen Tätigkeit beteiligen, machten sie geltend, die in der amerikanischen Verfassung garantierte Religionsfreiheit sei die einzige Genehmigung, die sie brauchten.

Im Jahre 1943 setzte das Oberste Bundesgericht der USA einen Meilenstein mit einer Entscheidung, die der fälschlichen Anwendung solcher Verordnungen gegen Jehovas Zeugen ein Ende bereitete. Die von Richter Douglas verfaßte Mehrheitsentscheidung war klar und stark motiviert:

„Die persönliche Verteilung religiöser Traktate ist eine althergebrachte Form missionarischen Evangelisierens so alt wie die Geschichte der Druckpresse. Sie hat sich all die Jahre hindurch in verschiedenen religiösen Bewegungen als eine bedeutende Kraft erwiesen. ...

Diese Form religiöser Tätigkeit nimmt im First Ammendment [erster Zusatz der amerikanischen Verfassung; garantiert die Religions-, Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit] den gleichen Stand ein wie der Gottesdienst in den Kirchen und das Predigen von den Kanzeln.

Es ist eine Verdrehung nachweisbarer Tatsachen, ihre Tätigkeit als Verkauf von Büchern und Heften zu bezeichnen.“

Aber warum wurden die beiden in Ladue tätigen ordinierten Prediger verhaftet und unter Anklage gestellt, wenn doch das Gesetz diese Art religiöser Tätigkeit schützt?

Ein neuer juristischer Angriff

Im Jahre 1974 begann unter der Führung des Bevollmächtigten der Stadt Ladue eine Reihe von Beeinträchtigungen der religiösen Betätigungen der Zeugen Jehovas. Sie dienten der Absicht, in der Stadt die Hausbesuche zuerst einzuschränken und letztlich ganz zu untersagen.

Im Jahre 1976 setzte der Stadtrat eine besondere Verordnung in Kraft, die es jedem untersagte, in Ladue von Tür zu Tür zu gehen. Allerdings waren alle Kirchen der Stadt davon ausgenommen, ferner alle Vertreter politischer Parteien und alle Verteiler von Zeitschriften. Ebenfalls ausgenommen war jede Organisation, deren Antrag von der „Kommission für Wohltätigkeit“ genehmigt wurde.

Das Endergebnis war: Die Verordnung diente dazu, Jehovas Zeugen Einhalt zu gebieten, und sonst niemandem. Demzufolge erhielt die Polizei die Anweisung:

„Bevor ein Zeuge Jehovas oder eine Zeugin Jehovas in Ladue von Tür zu Tür das Wort Gottes predigt, muß er oder sie eine Genehmigung einholen ... nach vollständiger polizeilicher Untersuchung und Abnahme der Fingerabdrücke.“

Man stelle sich das vor! Um das Wort Gottes predigen zu können, muß man sich wie ein Verbrecher polizeilich untersuchen und Fingerabdrücke abnehmen lassen.

Doch selbst wenn jemand eine Genehmigung erhalten würde, mußte die Polizei laut Anweisung immerhin noch die Pressefreiheit unterbinden. Die Anweisung des Polizeipräsidenten besagte, daß jemand „in Ladue von Tür zu Tür gehen kann, wenn er nur die Bibel verwendet; es dürfen keine Zeitschriften oder Bibelstudienhilfsmittel ,verkauft‘ [verbreitet] werden“ (Kursivschrift von uns).

Das Oberste Bundesgericht hatte einst erklärt, die Verfassung erlaube es, „öffentlich und von Haus zu Haus zu predigen“ und Spenden von bereitwilligen Spendern anzunehmen. Doch durch die Verordnung von Ladue wurde beides zu einer Straftat, es sei denn, der Antragsteller hatte eine Genehmigung erlangt.

Das Gerichtsverfahren

Die Stadt leitete beim Bezirksgericht von St. Louis einen Zivilprozeß ein. Sie bat das Gericht, ihre Verordnung für rechtskräftig zu erklären. Jehovas Zeugen erhoben Widerklage mit der Begründung, die Verordnung sei ungesetzmäßig und verfassungswidrig.

Die Verhandlung war für den 5. April 1979 angesetzt. Richter Philip Sweeney hatte den Fall übernommen. Der Gerichtssaal war gedrängt voll, und viele Zuschauer mußten draußen stehen. Es herrschte eine große Spannung. Auch Zeitungsreporter waren anwesend. Draußen wartete ein Kamerateam des Fernsehens mit einer Batterie von Scheinwerfern.

Das Verfahren der Stadt Ladue begann. Einer der Zeugen für die Stadt, die aufgerufen wurden, war der Polizeipräsident. Er gab zu, daß von keiner anderen gemeinnützigen Organisation außer von Jehovas Zeugen verlangt wurde, eine Genehmigung einzuholen. Allen anderen war es gestattet, an Haustüren vorzusprechen, ohne daß sie sich Fingerabdrücke abnehmen oder andere erniedrigende Maßnahmen an sich vornehmen lassen mußten.

Am Ende des Verfahrens der Stadt wurden die Beklagten aufgerufen, ihr Beweismaterial vorzutragen. Der erste Zeuge war Herr James Hinton, der in der Stadt Ladue verhaftet worden war. Er erklärte, er sei ein ordinierter Prediger der Zeugen Jehovas und sei nach Ladue gegangen, um bei den Bewohnern der Stadt Besuche durchzuführen. Wie reagierten die Wohnungsinhaber? Er schilderte:

„Die Personen, mit denen wir uns unterhielten, waren sehr freundlich. Sie fragten von sich aus, warum wir uns bereits einige Zeit nicht mehr hätten sehen lassen.

... Nur eine Frau, bei der ich an jenem Morgen vorsprach, nahm die Literatur nicht an. Sie sagte, sie sei katholisch und schätze wirklich das Werk, das wir durchführten, und wir seien die einzigen, die von Tür zu Tür evangelisierten.“

Die Stadt hatte einen Versuch unternommen, all das zu einer gewinnbringenden „Werbetätigkeit“ zu erklären. Herr Hinton erklärte aber, die Ausgaben für die Fahrt mit seinem Auto seien weitaus höher als irgendwelche Spenden, die er jemals für Literatur bekommen habe.

Der zweite Zeuge der Beklagten war Herr Alvyn Franck, ein Bezirksaufseher der Zeugen Jehovas in den Staaten Missouri, Illinois und Arkansas. Herr Franck sprach über den praktischen Wert des Evangelisierens von Tür zu Tür:

„Wir empfinden es als eine Verpflichtung unseren Nachbarn gegenüber, ihnen das zu übermitteln, was wir aus der Heiligen Schrift gelernt haben — den moralischen Gehalt der Heiligen Schrift. Wir sind in der Lage gewesen, Tausenden und aber Tausenden von Jugendlichen zu helfen, die beispielsweise mit Drogenproblemen, mit Alkoholproblemen und häuslichen Problemen zu tun hatten. Wir haben das Empfinden und wissen, daß man diese Situationen mit der Bibel meistern kann.

Wir glauben, daß sie das Wort des Schöpfers ist und sich schon seit neunzehnhundert Jahren als sehr nützlich erweist, um Menschen zu helfen, und daß das Christentum wirkungslos ist, wenn wir nicht mit Einzelpersonen von Angesicht zu Angesicht sprechen können.“

Richter Sweeney zeigte eine würdevolle und unparteiische Verhandlungsführung. Den Beweisen wie auch den mündlichen Ausführungen der Rechtsbeistände schenkte er sorgfältig Gehör. Er verlangte auch eine schriftliche Anfertigung der Ausführungen.

Schriftliche Ausführungen

Welche schriftlichen Ausführungen wurden Richter Sweeney von den Anwälten vorgelegt? Die Argumentation stützte sich auf vier Hauptpunkte.

1. Garantiert die Verfassung immer noch die Freiheit der öffentlichen Diskussion? Ja, denn das Oberste Bundesgericht der Vereinigten Staaten erklärte vor nahezu 40 Jahren, daß die von der Verfassung garantierte Freiheit das Recht einschließt, sich an einem öffentlichen missionarischen Evangelisierungswerk zu beteiligen. Richter Will, ein Bundesrichter in Chicago, entschied in einem Fall vom Jahre 1973: „Die Unanwendbarkeit der Verfassung auf diese Art von Verordnung gegen religiöse Betätigungen steht seit Jahrzehnten außer Frage.“

Im Jahre 1978 bestätigte das Oberste Bundesgericht in einem Urteil das wichtige Recht des freien religiösen Gedankenaustausches, indem es erklärte:

„Das Recht der freien Religionsausübung umfaßt das Recht zu predigen, zu bekehren und andere ähnliche religiöse Tätigkeiten auszuüben.“

Richter Brennan fügte einer im Ergebnis zustimmenden Urteilsbegründung zu:

„Religiöse Ideen dürfen — nicht weniger als irgendwelche anderen Ideen — Gegenstand einer Debatte sein, die ,unbehindert, hart und sehr offen ...‘ ist. Bemühungen, zu bekehren oder an öffentlichen Stätten anzubeten, dürfen von der Regierung nicht behindert werden.“

2. Braucht jemand, der predigt, eine Genehmigung? Aus den für Jehovas Zeugen eingereichten Unterlagen ging hervor, daß die Forderung der Stadt Ladue, ein Prediger brauche eine Genehmigung oder eine Lizenz, keine neue Idee war. Vielmehr tauchte dieser Gedanke schon vor fast 600 Jahren in englischen Gesetzesbüchern auf. Das gleiche Argument führten die Inquisitoren des Inquisitionsgerichts gegen John Wyclif im Jahre 1383 ins Feld. Er wurde wegen folgender Lehre angeklagt:

„Daß es jedem Mann, ob Diakon oder Priester, gesetzlich erlaubt ist, ohne die Zustimmung oder Genehmigung des Heiligen Stuhls oder irgendeines anderen Katholiken das Wort Gottes zu predigen.“

Das eigentliche Argument der Inquisitoren war, daß es keinem erlaubt werden sollte, ohne eine offizielle Genehmigung „das Wort Gottes zu predigen“. Das gleiche Argument wurde 596 Jahre später von der Stadt Ladue verwendet.

Doch der ganze Zweck der in der Verfassung der Vereinigten Staaten enthaltenen Freiheiten besteht darin, die üblen Einschränkungen der Inquisition zu beseitigen. Die durch die American Bill of Rights garantierte „freie Religionsausübung“ ist eine Genehmigung. Keine Regierung, ob kommunal, einzelstaatlich oder national, kann eine zusätzliche verlangen.

3. Hilft die Verordnung, Verbrechen einzuschränken? Der Anwalt der Stadt Ladue machte geltend, der Zweck des Genehmigungsverfahrens habe darin bestanden, die Polizei wissen zu lassen, wer von Haus zu Haus gehe. Manche Personen, die von Haus zu Haus gingen, könnten Verbrecher sein, sagte er. Wie er aber zugab, besteht kein Grund zu bezweifeln, daß Jehovas Zeugen verantwortungsbewußte Leute sind.

In der Verteidigungsschrift zugunsten von Jehovas Zeugen wurde hervorgehoben, daß die Verordnung von Ladue in Wirklichkeit keinen Schutz vor Verbrechern bietet. Sie klammerte alle Gruppen aus — nur Zeugen Jehovas nicht, die zugegebenermaßen Personen guten Charakters sind. Wie können Verbrecher durch Gesetze eingeschränkt werden, die ausschließlich gegen ehrliche, gesetzestreue Bürger gerichtet sind?

4. War es notwendig, eine Genehmigung durch die „Kommission für Wohltätigkeit“ zu erlangen? Die Aufgabe dieser Kommission bestand allein darin, das Werk der Organisationen zu überwachen, die Geldsammlungen durchführen, aber nicht solcher, die predigen und lehren, wie beispielsweise Zeugen Jehovas.

Bei Gerichtsverhandlungen hat es sich gezeigt, daß ein Unterschied besteht zwischen der herkömmlichen Art der Wohltätigkeitsorganisation, die Sammlungen durchführt, und der Art der gemeinnützigen Organisation, die im wesentlichen Informationen verbreitet. Die auf die Bibel gestützten Veröffentlichungen von Jehovas Zeugen sind nur ein Hilfsmittel zum Erklären ihrer Lehre. Der geringe Beitrag, der dafür erbeten wird, spielt in ihrer Verkündigungstätigkeit nur eine untergeordnete Rolle. Es handelt sich nicht um eine „gewerbliche“ Tätigkeit im Sinne des Gesetzes. Es unterliegt auch nicht der Aufsicht von Überwachungsorganen wie der „Kommission für Wohltätigkeit“.

Eine mutige Entscheidung

Am 24. Mai 1979 gab Richter Sweeney sein Urteil bekannt. Zuerst äußerte er sich über das verantwortungsbewußte Verhalten von Jehovas Zeugen, das aus der Beweisführung hervorging: „Die Beklagten waren verantwortungsbewußte Personen von unbestritten gutem Charakter. Ihre Besuche bei den Einwohnern von Ladue verliefen ohne Dispute oder Auseinandersetzungen. In der Mehrzahl der Fälle wurden sie von den Wohnungsinhabern gut aufgenommen; wenn die Partei nicht an ihrer Botschaft interessiert war, gingen sie wieder weg, ohne Umstände zu machen. In Anbetracht der vorgelegten Beweise kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Tätigkeit, an der sie sich beteiligen, religiös und nicht gewerblich war und von den Beklagten wegen ihrer Glaubensansichten und ihrer Motivation unter finanziellen Einbußen durchgeführt wurde.“

Dann erklärte der Richter, daß die Verordnung von Ladue ungesetzmäßig war. Sie war diskriminierend, da sie gewisse Kirchen, Wohltätigkeitsorganisationen und politische Gruppen als Ausnahme behandelte, aber anderen Einhalt zu gebieten suchte.

Zudem erklärte Richter Sweeney die Verordnung als verfassungswidrig, weil sie auf eine Überwachung des freien Meinungsaustausches abzielte. Er erklärte: „Da die Verordnung dem Bestreben dient, die Redefreiheit und den freien Austausch von Ideen oder religiösen Gedanken zu kontrollieren, ist sie unwirksam und nicht vollziehbar, denn eine Regierung kann nicht gesetzmäßigerweise ihre Bürger vom freien Fluß religiöser oder politischer Gedanken und Ideen abschirmen.“ Das Urteil schloß mit den Worten:

„Aus obigen Gründen befindet, entscheidet und verordnet das Gericht, daß es der Stadt Ladue für immer untersagt ist, obengenannte Verordnung zu vollziehen, insofern sie sich auf die Beklagten und andere Mitglieder der Zeugen Jehovas und die darin beschriebenen Tätigkeiten bezieht. Die Kosten muß der Kläger tragen.“

Auf diese Weise wurde dem Bemühen einer Kommunalverwaltung, die grundlegenden Freiheiten des Menschen abzuerkennen, durch das Urteil eines mutigen und scharfsichtigen Richters Einhalt geboten, der das Recht, von Tür zu Tür zu predigen, bestätigte.

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