Wie steht die heutige Jugend zu Gott?
Wiesbaden, den 22. November 1981
Lieber Alan!
Ich verstehe die Besorgnis, die Du in Deinem Brief zum Ausdruck gebracht hast. Da Du in einem religiösen Land lebst, gläubig erzogen worden bist und selbst jung bist, fällt es Dir schwer, zu verstehen, daß hier in Deutschland so viele junge Leute die Existenz Gottes ablehnen. Das ging zumindest aus dem Artikel hervor, den Du kürzlich gelesen hast.
Natürlich verraten die Ergebnisse einer Umfrage wie der in dem Artikel erwähnten nicht immer alles, was man wissen müßte. Der Leiter eines New Yorker Meinungsforschungsinstituts erklärte unlängst, daß Umfragen „nichts darüber aussagen, ob sich die Leute über ein bestimmtes Thema schon Gedanken gemacht haben“. Sie sagen auch nichts darüber aus, ob jemand „gerade erst anfängt, sich eine Meinung zu bilden, oder mitten dabei ist oder ob er bereits zu einem ausgereiften Entschluß gelangt ist“.
Trotzdem gibt es eindeutige Anzeichen dafür, daß unter der Jugend in Deutschland (und vielleicht auch in Deinem Land) der Glaube an Gott tatsächlich im Schwinden begriffen ist. Ich habe mit vielen jungen Menschen über dieses Thema gesprochen. Um Dir aber eine aktuelle Auskunft geben zu können, habe ich einige Bekannte gebeten, mir zu helfen, eine repräsentative Umfrage unter jungen Menschen durchzuführen. Wir haben dabei festgestellt, daß viele von ihnen eine feste Meinung haben, während andere sich nicht sicher sind, ob sie an Gott glauben sollen oder nicht. Ihre Äußerungen sind sehr aufschlußreich. Einige davon möchte ich Dir gern mitteilen.
Weshalb einige zweifeln, während andere glauben
Die jungen Leute erhoben vier hauptsächliche Einwände gegen den Glauben an Gott. Häufig war zu hören: „Ich habe Gott noch nie gesehen, also kann ich auch nicht an ihn glauben.“ Aber Joachim, ein 15jähriger Katholik, sagte, er sei „durch Nachdenken und durch Beobachtungen in der Natur“ zum Glauben gekommen. Seine Klassenkameradin Ulrike stimmte ihm zu. Sie sagte, Gott sei „an seinen Werken erkennbar“.
Ein zweites Argument — das jedoch ohne Beweise angeführt wurde — lautete, die Wissenschaft habe „nachgewiesen, daß es keinen Gott gibt“. „Im Gegenteil“, sagten andere, die wissenschaftliche Forschung habe gezeigt, daß im Universum „Gesetzmäßigkeit und Ordnung“ herrsche, und die „Präzisionsarbeit in der Natur“ könne nicht von selbst zustande gekommen sein. Sascha, ein jugendlicher Katholik, argumentierte: „Man sieht durch die Wissenschaft, daß alles einen Anfang haben muß.“ Daher müsse es auch jemand geben, der im Universum alles in Gang gesetzt habe — Gott.
Ein anderer Grund, der für Zweifel an Gott angeführt wurde, war eher ein Vorwurf als ein Argument. „Es heißt immer: ,Gott hilft dir‘, aber er hilft ja doch nicht“, klagte ein junges Mädchen. Nicht alle stimmten damit überein. Das Argument ist natürlich schwach, was folgendes Beispiel zeigt: Uns allen ist es sicherlich schon manchmal passiert, daß uns Freunde oder Verwandte nicht geholfen haben, wenn wir meinten, daß wir Hilfe brauchten. Es mag verschiedene Gründe gegeben haben, weshalb sie uns nicht halfen, aber es war sicher nicht deswegen, weil sie nicht existiert hätten. Vielleicht war es sogar unsere eigene Schuld.
Der vierte Einwand war am häufigsten zu hören: „Wenn es einen Gott gäbe, würde er nicht Kriege, Morde und andere Schlechtigkeiten zulassen.“ Ein Hamburger Realschüler sagte: „Warum wird so etwas nicht von einem höheren Wesen verboten?“ Der junge Mann hatte offensichtlich übersehen, daß Gott all das gemäß der Bibel verboten hat. Das hat die Menschen allerdings nicht davon abgehalten, es trotzdem zu tun. Ist es aber logisch, aus dem Ungehorsam des Menschen zu schließen, es gebe keinen Gott? Beweist der Ungehorsam eines Kindes, daß es keinen Vater hat?
Manchmal kommt es vor, daß ein schreckliches Verbrechen begangen wird und Leute dabeistehen und zusehen, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Man mag bezweifeln, daß diese Leute richtig handeln, aber man wird bestimmt nicht die Existenz dieser Schaulustigen in Frage ziehen. Genauso bezweifeln viele Leute, daß es richtig ist, wenn Gott das Böse zuläßt, aber das ist noch lange kein Grund dafür, an seiner Existenz zu zweifeln.
Die Lösung dieses Problems mag schwierig erscheinen, aber wenn man einmal die Antwort gefunden hat, ist sie sehr befriedigend. Man muß verstehen, daß eine Streitfrage um die Rechtmäßigkeit der Herrschaft Gottes und die Wahrhaftigkeit seines Wortes aufgeworfen wurde. Zur Klärung dieser Streitfrage ist Zeit erforderlich. Das hilft uns verstehen, weshalb Gott das Böse zuläßt. Ich denke, das Bibelbuch Hiob (Kapitel 1 und 2) gibt dazu eine ausgezeichnete Erklärung.
Glaube, aber nicht „feste Überzeugung“
Viele junge Leute haben keine richtige Grundlage für ihre Meinung. Einige sagen, sie würden an Gott glauben, wüßten selbst aber nicht genau, warum. Und manche sagen einfach: „Weil meine Eltern glauben.“ Andere glauben nicht. Oft sagen sie: „Das, was über Gott gesagt wird, überzeugt mich nicht.“ Aber haben sie nachgeforscht, um sich davon zu überzeugen, ob das, was sie gehört haben, wahr ist? Wie sorgfältig sind sie der Sache nachgegangen?
Von 66 Schülern in einer Gruppe gaben 29 zu, sie wüßten nicht, ob ihre Eltern an Gott glaubten oder nicht. Anscheinend spricht man bei ihnen zu Hause nicht über Gott. Da diese jungen Leute über das Thema noch nicht viel nachgedacht haben, „fangen sie gerade erst an, sich eine Meinung zu bilden“.
Das trifft auch auf viele ältere Leute zu. In der Zeitschrift Der Spiegel war vor einiger Zeit zu lesen, unter den meisten deutschen Gläubigen gebe es „mehr Hoffnung als Glaube, mehr vage Vermutung als feste Überzeugung“. Wie läßt sich das in einer „christlichen“ Nation erklären?
Die Kirche — ein „Störfaktor zwischen Gott und den Menschen“
Viele junge Menschen machen einen Unterschied zwischen dem Glauben an Gott und dem Glauben an die „organisierte Religion“. Tatsächlich sind viele der Ansicht, die anerkannten Kirchen hätten nur wenig getan, um den Glauben an Gott zu fördern. Kein Wunder, daß in Deutschland allein in den letzten zehn Jahren über 2 000 000 Personen aus der katholischen und der evangelischen Kirche ausgetreten sind.
Ein Student der Politik und Geschichte sagte, er sei zwar in einer religiösen Atmosphäre aufgewachsen, doch zum Glauben an Gott sei er „aufgrund eigener Überlegungen gekommen“. Diese jungen Leute sagen gewissermaßen: „Gott ja — Kirche nein.“
Bereits im Jahre 1968 warnte die Zeitschrift Stern: „Genau ein Drittel aller Christen in der Bundesrepublik ist ... in Gefahr, Gott überhaupt zu verlieren.“ Und darauf hieß es anklagend: „Pastoren helfen ihnen dabei.“
Das stimmt. Es gibt Geistliche, die eine „Gott-ist-tot-Theorie“ verfechten. Andere predigen ein „soziales Evangelium“ und sagen, der Mensch müsse alles selbst tun. Sie ignorieren Gottes Königreich, die von Gott vorgesehene Lösung der Probleme des Menschen. Außerdem haben Geistliche im Namen Gottes Dogmen gelehrt, die sowohl unvernünftig als auch eindeutig unbiblisch sind. Die Geistlichen als Gruppe haben ein schlechtes Beispiel gegeben. „Auch die Kirche verhält sich nicht nach der Bibel“, meinte ein Norddeutscher. Wieso sollte es dann jemand anders tun?
Ein junger Mann erklärte zornig: „Alles, was mit der Kirche zusammenhängt, ist Betrug.“ Er sprach damit vielen aus dem Herzen. In seinem Fall schloß „alles“ auch den Glauben an Gott ein. Die Kirchen behaupten zwar, den Schöpfer zu vertreten, haben ihn aber in Wirklichkeit falsch dargestellt. Dadurch haben sie bewirkt, daß Scharen ihrer eigenen Anhänger an Gottes Existenz zweifeln.
Das ist nicht unbeobachtet geblieben. Ein junger afrikanischer Student in Hamburg fühlte sich betrogen und sagte empört: „Was bildet ihr Europäer euch eigentlich ein? Ihr seid nach Afrika gekommen und habt uns von sogenannten heidnischen Religionen zu der Anbetung eines Gottes bekehrt, an den ihr, wie ich jetzt feststelle, selbst gar nicht glaubt!“
In dem Bemühen, verlorene Mitglieder wiederzugewinnen, erwägen die katholische und die evangelische Kirche ernsthaft, einen Werbefeldzug zu unternehmen. Es könnte dann passieren, daß Zeitungsleser mitten unter Anzeigen für Seife und Zahnpasta auch kirchlich finanzierte Anzeigen finden, die für den Glauben werben. Laut Presseberichten werfen die Werbefachleute der Kirche einheitlich vor, „die ,frohe Botschaft‘ im Gewand von vorgestern zu verkaufen, nicht die Sprache des Menschen von heute zu sprechen“. Um diesem Mißstand abzuhelfen, haben sie clevere Werbesprüche und ansprechende Bilder vorbereitet, um ihr Produkt „Glauben“ zu verkaufen.
Es ist aber nicht genug, den Glauben schön zu verpacken, um ihn verkaufen zu können. Wichtiger als die Verpackung ist das Produkt selbst. Die Menschen — besonders junge Menschen — möchten wissen, woran sie glauben sollten, weshalb sie es glauben sollten, wieso es logisch ist, daran zu glauben, und welchen Nutzen sie davon haben. Kurz gesagt, sie möchten Antworten auf ihre Fragen haben.
Die Kirchen der Christenheit und ihre Geistlichen haben, statt das gute Vorbild Jesu nachzuahmen und klare, treffende Antworten aus Gottes Wort zu geben, zu weitschweifigen und ausweichenden Antworten Zuflucht genommen, so daß einer der Werbeexperten zu dem Schluß kam: „Die Kirche ist doch ein Störfaktor zwischen Gott und Menschen.“
Jungen Menschen helfen, einen starken Glauben zu erlangen
Was die Geistlichen der Kirchen der Christenheit versäumt haben, bemühen sich Jehovas Zeugen zu tun. Sie lassen Gottes Wort der Wahrheit sprechen, um die Fragen wißbegieriger Jugendlicher zu beantworten, und sie haben damit Erfolg. Die folgende Erfahrung einer Frau, die jetzt eine Zeugin Jehovas ist, ist typisch für viele:
„Nachdem Geistliche im Laufe meiner Konfirmanden- und Schulzeit viele meiner Fragen falsch, unbefriedigend oder gar nicht beantwortet hatten, konnte ich weder die Existenz Gottes ganz bezweifeln noch fest daran glauben. Da aber selbst gebildete Theologen eine unterschiedliche Meinung über Gott und die Bibel hatten, beunruhigte mich die Sache nicht weiter. ,Wenn Geistliche an einer Universität Theologie studieren und dann die Bibel immer noch nicht verstehen, dann muß eben das Buch unverständlich und widersprüchlich sein.‘ Das war meine feste Meinung.“
Diese Worte beschreiben das, was Tausende junger Menschen heute empfinden. Viele haben den Wunsch und das Bedürfnis zu glauben, doch oft fehlt ihnen die logische Grundlage dafür. Sie „fangen gerade erst an, sich eine Meinung zu bilden“. Das geht auch gut aus den Worten eines jungen Mannes hervor, der erklärte, weshalb er ein Zeuge Jehovas wurde.
„Ich hatte schon immer an Gottes Existenz geglaubt, aber nie eine klare Vorstellung seiner Absichten mit der Erde und der Menschheit gehabt. Der Sinn des Lebens lag für mich im dunkeln. Ich hatte Fragen über Fragen an den Zeugen, der mich einmal wöchentlich besuchte. Ich legte es förmlich darauf an, besonders schwierige Fragen zu ersinnen, von denen ich meinte, sie seien nicht zu beantworten. Das Gegenteil war der Fall. Der Zeuge Jehovas war nicht aus der Ruhe zu bringen, und anhand der Bibel erfolgte Antwort um Antwort auf meine Fragen. Kein katholischer Priester hatte mir je die Bibel so aufgeschlossen.“
Es ist befriedigend, zu hören, daß die Antworten der Bibel den Glauben an die Existenz Gottes stärken und jemandem die Zuversicht geben können, daß Gott bald eingreifen wird, um die Probleme der Menschheit durch sein Königreich zu lösen. Sicher freust du Dich, Alan, zu hören, daß doch eine ganze Menge junger Menschen hier in Deutschland an Gott glauben, selbst wenn es viele gibt, die nicht glauben. Es ist zu hoffen, daß viele junge Menschen, die „gerade erst anfangen, sich eine Meinung zu bilden, oder mitten dabei sind“ und deren Glaube mehr „vage Vermutung“ ist als „feste Überzeugung“, die Gelegenheit nutzen, mit Hilfe von Jehovas Zeugen unentgeltlich die Bibel kennenzulernen, um auf diese Weise die Antworten auf ihre biblischen Fragen zu finden.
Es macht mir viel Freude, Alan, mich mit Dir zu schreiben. Ich hoffe, bald von Dir zu hören, und sende Dir herzliche Grüße in christlicher Liebe.
Dein Freund
[gez. Johannes]
[Herausgestellter Text auf Seite 14]
Die Kirchen sind daran schuld, daß viele ihren Glauben verlieren
[Herausgestellter Text auf Seite 15]
„Der Zeuge, der mich besuchte, gab anhand der Bibel Antwort um Antwort auf meine Fragen“
[Bild auf Seite 12]
„Ich habe Gott noch nie gesehen“
[Bild auf Seite 13]
„Gott hat mir nie geholfen“