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  • Erkennt man sie nach der Rückkehr wieder?
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Erwachet! 1982
g82 8. 11. S. 16-19

Erkennt man sie nach der Rückkehr wieder?

„ICH leide unter Kriegsneurose“, schrieb John vom Krankenhausbett aus. „Natürlich bin ich nicht geisteskrank. Aber ich habe das Leben eines Barbaren gelebt.“ Er fügte hinzu: „Meine Bajonett- und Granatsplitterwunden sind alle verheilt. Den meisten von uns wird es in sechs Monaten wieder ganz gut gehen, aber keiner wird in den nächsten Jahren völlig geheilt werden.“ Das ist der Bericht eines Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg, der gerade eines der schlimmsten Blutbäder im Südpazifik — Guadalcanal — überlebt hatte.

Johns Zustand glich in vielem dem von Millionen anderen Soldaten, die aus den zahlreichen Kriegen unseres 20. Jahrhunderts zurückkehrten. Viele litten unter der sogenannten Kriegsneurose. Das bedeutet, daß die Kampferlebnisse tiefe psychische Wunden hinterließen.

Dauert es wirklich Jahre, bis solche Wunden „völlig geheilt“ sind? Werden diese Personen ihr ganzes Leben lang psychisch verkrüppelt sein? Oder sind sie sogar „wandelnde Zeitbomben“, die zu jeder Zeit in unberechenbare Raserei gegen ihre Mitmenschen ausbrechen können?

Wie wirkt es sich aus?

Dr. Lawrence Kolb, ein hervorragender Arzt der Psychiatrie im Dienste der amerikanischen Kriegsveteranenvereinigung, hat bereits seit mehr als 35 Jahren mit Soldaten zu tun, die unter kriegsbedingten psychischen Störungen leiden. In einem Interview mit einem Awake!-Korrespondenten sagte er: „Ich habe Männer behandelt, die im Zweiten Weltkrieg oder im Koreakrieg akute Störungen davongetragen haben. Ich habe die verschiedensten Soldaten, sogar russische Soldaten, aus dem Zweiten Weltkrieg heimkehren sehen. Jetzt arbeite ich besonders mit denjenigen, die die schwersten Kämpfe in Vietnam mitgemacht haben. Alle diese Männer haben Symptome, die sich absolut ähneln.“

„Sie sind alle sehr lärmempfindlich, überaus alarmbereit und ruhelos“, fuhr Dr. Kolb fort. „Sie alle haben wiederholt Kriegsträume, und vielen fällt es schwer zu schlafen. Sie reagieren überempfindlich auf laute Geräusche, die sie an den Krieg erinnern, und viele haben zeitweise das Empfinden, sie seien wieder mitten in der Schlacht. Oft ist es mit tiefgreifenden Depressionen und Schuldgefühlen verbunden. Sie fragen sich, warum sie überlebt haben und nicht ihre Kameraden, die getötet wurden.“

Harley, der im Zweiten Weltkrieg schwere Marineschlachten miterlebte, gab zu, daß er noch einige Jahre nach dem Krieg von Alpträumen geplagt wurde, die ihn an die Schlachten erinnerten. Oft schrie er im Schlaf: „Achtung! Paß auf!“ Und immer wenn er erwachte, stellte er fest, daß er in Schweiß gebadet war. In seiner Verzweiflung kaufte er sich ein kleines Radio, legte es unter sein Kopfkissen und hoffte, dadurch würden die Träume verscheucht. Johnny, ebenfalls ein Veteran des Zweiten Weltkrieges, der in Europa eingesetzt war, hatte nicht nur Träume, sondern wurde oft von seiner Frau geweckt, die neben ihm verzweifelt um Luft rang. Er hatte im Schlaf seine Hände um ihren Hals gelegt. Doch in beiden Fällen ging sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität der Träume zurück.

Schuldgefühle und Depressionen

Viele Soldaten gingen davon aus, daß das Töten des Feindes zu ihrer Aufgabe gehörte. Wenn sie es gut machten, wurden sie belohnt, und somit hatten sie nach dem Krieg keine überwältigenden Schuldgefühle.

„Wenn du mitten im Kampf bist, kannst du nur noch daran denken, wie du ihn überlebst“, berichtete Johnny. „Dein Denkvermögen wird durch tierähnliche Instinkte ersetzt. Du tust alles, um am Leben zu bleiben und nach Hause zu kommen.“

Dann fügte er hinzu: „Aus weiter Entfernung zu töten war kein großes Problem. Aber wir griffen nachts an, und wenn du den feindlichen Soldaten einmal Auge in Auge gegenübergestanden und sie dann getötet hast, läßt dich der Gedanke daran nicht mehr los.“ Solche persönlichen Erfahrungen oder die Beteiligung an unnötigen oder ungerechten Tötungsaktionen hinterließ bei den Männern oft tiefe emotionale Wunden, und das rief Schuldgefühle und Depressionen hervor.a

Bei anderen Soldaten dagegen entstanden Schuldgefühle und Depressionen nicht durch Aktionen, die sie gegen den Feind unternommen hatten. Ein 25jähriger Pilot beispielsweise kam nach seinem 25. Einsatz in ein Genesungsheim. Er war verkrampft und zutiefst deprimiert. Sein Sprechvermögen war behindert. Erfolglos hatte er versucht, seine Angstgefühle durch starkes Trinken zu verringern. Schließlich offenbarte er bei der Behandlung, daß er sich als Staffelführer für den Tod eines anderen Piloten verantwortlich fühlte, der während eines Einsatzes abgeschossen worden war. „Oh, hätte ich mir doch eine andere Stelle, ein sichereres Ziel, ausgesucht!“ seufzte der junge Mann. „Wäre ich woandershin gegangen, hätte es ihn nicht erwischt. ... Ich werde den Gedanken an ihn nicht mehr los.“

Alpträume

David, ein Vietnamveteran, kehrte zurück, nachdem er unbeschreibliche Brutalitäten erlebt hatte. Szenen von Menschenschlächterei, die kaum jemand für möglich halten würde, hatten sich für immer seinem Gehirn eingeprägt. Eines Tages, kurz nach seiner Rückkehr, fuhren er und seine Frau in einem Auto mit offenem Verdeck. Seine Frau Elaine erklärte, was geschah: „Ein Auto auf der Gegenfahrbahn hatte eine laute Fehlzündung. David, der am Steuer saß, versuchte, ohne zu überlegen, aus dem Auto zu springen. Mittendrin bemerkte er, was er eigentlich tat, und sagte: ,Ach, ich bin doch nicht in Vietnam. Niemand schießt auf mich.‘ Ich schrie: ,Was machst du denn! Laß das doch sein!‘“ Glücklicherweise gelang es ihnen, das Auto unter Kontrolle zu bringen.

Häufig weckt der Klang einer Sirene oder das Geräusch eines Flugzeuges in einem Veteranen das Gefühl, er sei wieder im Krieg. Es kann sogar sein, daß er dann zu Hause unter den Möbeln Schutz sucht. Einige Veteranen fahren ruckartig hoch, wenn sie im Schlaf gestört werden, und nehmen eine Haltung ein, als ob sie zum Töten bereit seien. Diese Störung hält manchmal jahrelang an. Angeregt durch spektakuläre Presseberichte über solche Alpträume, werden Männer, die aus dem Krieg zurückkehren, von vielen als „wandelnde Zeitbomben“ betrachtet. Angeblich neigen sie — entweder bewußt oder unbewußt — zur Gewalttätigkeit.

Sind sie gewalttätiger?

In Wirklichkeit wurde durch eine Studie an mehreren hundert Männern, die in Vietnam gedient hatten, festgestellt, daß lediglich eine „Minderheit von Veteranen“ Schwierigkeiten hatte, ihre gewalttätigen Gefühle unter Kontrolle zu bringen. In dem Bericht in der Publikation Archives of General Psychiatry hieß es:

„Trotz der Tatsache, daß schon viel über die gewalttätigen Gefühle und Verhaltensweisen von Veteranen geschrieben worden ist, hatte nur eine verhältnismäßig kleine Minderheit der Soldaten Schwierigkeiten, Aggressionen unter Kontrolle zu bringen. Obwohl 40 % berichteten, daß sie nach ihrer Rückkehr reizbarer und aufbrausender gewesen seien, war das bei den meisten eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Erscheinung, die in den ersten drei Monaten verschwand.“

Vielen erging es so wie einem Veteranen des Zweiten Weltkrieges, der sagte: „Es war eine solche Erleichterung, nicht mehr töten zu müssen.“

Obwohl man beobachtet hat, daß in fast jeder Nation nach einem Krieg die Gewaltverbrechen anstiegen, gibt es keinen statistischen Beweis dafür, daß die heimkehrenden Soldaten dafür verantwortlich sind.b Die Forscher Archer und Gartner erklärten in der Zeitschrift Psychology Today:

„Vielleicht sind die Zunahmen darauf zurückzuführen, daß in den Augen der ganzen Gesellschaft das Töten legitim geworden ist. Kriege sind ein konkretes Beispiel dafür, daß Mord annehmbar sein kann. Diese Umkehr des Verbotes von Mord mag es jedermann leichter machen, zum Mord als einem Mittel der Konfliktlösung im Alltag Zuflucht zu nehmen.“

In Wirklichkeit wird also die gesamte Gesellschaft, nicht nur der Veteran, durch den Krieg psychisch geschädigt. Seit 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach, zeigen die Verhältnisse auf der Erde, daß wir in der Zeit leben, die die Bibel als die „letzten Tage“ bezeichnet. In der Bibel werden u. a. folgende Erkennungsmerkmale aufgeführt: „Die Menschen [im allgemeinen, nicht nur heimgekehrte Soldaten] werden ... ohne Selbstbeherrschung, brutal“ sein und „vom Schlechten zum Schlimmeren fortschreiten“ (2. Timotheus 3:1-5, 13).

Dr. Kolb, der Forscher am VA Medical Center in Albany (New York, USA) ist und mit einigen der am meisten geschädigten Männer arbeitet, sagte über Kriegsveteranen: „Selbst die große Mehrheit der Gruppe, mit der ich gegenwärtig arbeite, war niemals in einem Krankenhaus. Viele haben einen Arbeitsplatz. Eine ganze Reihe von ihnen sind gewissenhafte, hart arbeitende und aufopferungsvolle Menschen. Häufig haben sie bessere Wertvorstellungen als der Durchschnittsmann auf der Straße.“

Dennoch hatten diese Männer psychische Schäden, die die Hilfe eines Experten erforderten. Eine Studie vom Jahre 1981 zeigte, daß mehr als ein Drittel der Männer, die in Vietnam schwere Schlachten erlebten, an Kriegsneurose litten. Gewöhnlich wird Hilfe in Form einer Gruppenpsychotherapie in bestimmten Therapiecentern geboten. Dort kann der Veteran an einer Sitzung mit anderen Veteranen oder mit geschulten Beratern teilnehmen, die versuchen, seine Denkweise wieder zurechtzubringen. Manchmal werden Medikamente, gewöhnlich Beruhigungsmittel oder Schlaftabletten, verwendet. Eine Anzahl Veteranen, die durch den Krieg psychisch geschädigt worden sind, haben eine andere Lösung gefunden. Einer von ihnen (er wurde bereits vorher erwähnt) kehrte mit einer schweren Kriegsneurose aus Vietnam zurück.

[Fußnoten]

a Ein Team amerikanischer Ärzte schätzte die Häufigkeit von Depressionen bei einer Gruppe von Vietnamveteranen, die nach durchschnittlich zwei Jahren Einsatz zurückgekehrt waren. Bei dieser Studie wurde festgestellt, daß 33 Prozent der Männer klinisch depressiv waren. In der allgemeinen Bevölkerung beträgt die Häufigkeit von Depressionen gewöhnlich 15 Prozent.

b Die Studien, die seit dem Ersten Weltkrieg durchgeführt worden sind, geben kein einheitliches Bild wieder. Im Jahre 1973 stellte die amerikanische Behörde für Gefängnisverwaltung fest, daß 32 Prozent der Inhaftierten Veteranen waren. Doch gemäß der Veteranenvereinigung haben 49 Prozent der amerikanischen Männer zwischen 16 und 65 in der Armee gedient. Außerdem stieg zwischen 1963 und 1973 bei beiden Geschlechtern die Mordrate erheblich an. Bei den Frauen, die sicherlich keine Veteranen waren, stieg die Rate um 59 Prozent.

[Bild auf Seite 17]

Psychische Schäden des Krieges

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