Die Bibel — Ist sie vollständig?
ES WAR vor 40 Jahren in Oberägypten, zur Winterzeit. Ein arabischer Ackerbauer war damit beschäftigt, sein Land umzugraben. Dabei machte er eine aufsehenerregende Entdeckung: Er traf mit seiner Hacke auf etwas Hartes — auf einen Tonkrug. Darin befanden sich 13 in Leder gebundene Bücher, die aus dem zweiten Jahrhundert u. Z. stammten. Der archäologische Fund macht aber erst seit 1955 Schlagzeilen. Und er sorgt unter Bibellesern immer noch für Unruhe, weil manche behaupten, diese Bücher enthielten die geheimen Worte Jesu.
„Dies sind die geheimen Worte, die Jesus der Lebendige sagte und die Didymos Judas Thomas aufschrieb.“ So beginnt Das Evangelium nach Thomas, eine der 48 verschiedenen gnostischen religiösen Urkunden, die an jenem Abhang in Ägypten gefunden wurden. Helmut Koester von der theologischen Fakultät der Harvarduniversität sagte in einem Kommentar, das Evangelium des Thomas liefere wichtiges neues Material zum Verständnis der Lehren Jesu. Ist das aber der Fall? Fehlt in der Bibel irgendeine geheime Weisheit, die für deinen Glauben wichtig sein könnte? Oder ist die Bibel vollständig? Was sollte man auf Fragen wie diese antworten?
Jehovas Zeugen glauben, daß die Bibel vollständig ist. Ihre Überzeugung wird treffend durch die Worte des Apostels Paulus wiedergegeben, die wir in seinem zweiten Brief an Timotheus im 3. Kapitel in den Versen 16 und 17 finden. Dort lesen wir: „Jede Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Widerlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mann Gottes vollkommen sei, ausgestattet zu jedem guten Werk“ (Jerusalemer Bibel).
Jehovas Zeugen wissen aus Erfahrung, daß die Bibel den Vorsatz Gottes lückenlos beschreibt und Rat für alle Fragen des täglichen Lebens enthält. Sie sagt ihnen, warum der Mensch hier ist und was ihm die Zukunft bringt. Kurz gesagt: Die Bibel ist vollständig.
Der Bibelkanon — ein vollständiger Katalog
Wieso können Jehovas Zeugen sicher sein, daß in der Bibel kein wichtiges Buch fehlt? Weil die inspirierten Schriften, die „nützlich zum Lehren“ sind, zu einem Katalog, häufig auch Kanon genannt, gehören (2. Timotheus 3:16). Ursprünglich bezog sich das Wort „Kanon“ auf ein Schilfrohr, das als Meßstab benutzt wurde. Unter dem Bibelkanon verstand man mit der Zeit eine Zusammenstellung von Büchern, die man als echt, von Gott inspiriert und als geeignete Richtschnur zur Beurteilung von Glauben, Lehre und Wandel ansah.
Das offizielle Verzeichnis der Hebräischen Schriften (oft Altes Testament genannt) wurde gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. u. Z. festgelegt. Wenn Jesus Christus und die Apostel Texte zitierten, dann nur aus Büchern, die zu diesem Katalog gehören. Daher halten sich Jehovas Zeugen mit Bezug auf die Hebräischen Schriften an das gleiche Muster. Wie steht es aber mit dem sogenannten Neuen Testament oder den Christlichen Griechischen Schriften?
Beweise für die Existenz eines autorisierten Verzeichnisses von Manuskripten der Christlichen Griechischen Schriften gehen bis in die Jahre 90 bis 100 u. Z. zurück. Und gegen Ende des 2. Jahrhunderts galt es als sicher, daß der Kanon der Christlichen Griechischen Schriften endgültig festgelegt war. Es gibt mindestens 16 hervorragende frühe Kataloge der Christlichen Griechischen Schriften — vom Muratorischen Fragment aus dem Jahre 170 u. Z. bis hin zum Dritten Konzil von Karthago im Jahre 397 u. Z. Außerdem beläuft sich die Gesamtzahl der Manuskripte dieses Teils der Bibel in der Ursprache (Griechisch) auf mehr als 5 200. Keine andere Urkunde aus dem Altertum ist so gut belegt. Folglich betrachten Jehovas Zeugen die Christlichen Griechischen Schriften als vollständig.a Sie geben sich jedoch mit diesen Beweisen nicht zufrieden.
Für Jehovas Zeugen sind von Menschen aufgestellte Verzeichnisse nicht der Hauptgrund, warum sie ein Buch als kanonisch akzeptieren. Sie achten auf innere Beweise. Sie fragen sich:
◻ Bezeugt der Inhalt die Inspiration durch Gottes heiligen Geist?
◻ Werden Aberglauben, Dämonismus und die Anbetung von Geschöpfen verurteilt?
◻ Herrscht vollständige Übereinstimmung mit den übrigen Teilen der Bibel?
◻ Lenkt seine Botschaft die Menschen zur Anbetung Jehovas, und bewirkt es tiefen Respekt vor den Werken Gottes und seinem Vorsatz?
◻ Fordert es zur Liebe und zum Dienst für Gott auf?
◻ Stimmt es mit dem göttlichen „Muster gesunder Worte“ und mit den Lehren Jesu Christi überein? (2. Timotheus 1:13).
Gnostisches Schrifttum im Widerspruch zur Bibel
Jehovas Zeugen finden keinen dieser Beweise im gnostischen Schrifttum. Die mystischen Gnostiker hatten ihre Blütezeit in den ersten beiden Jahrhunderten unserer Zeitrechnung und behaupteten, geheimes göttliches Wissen oder Gnosis zu besitzen. Sie stellten wahre Christen vor die Frage, wer die wahren Lehren und Schriften Jesu und seiner Jünger habe. Enthüllen die gnostischen Bücher sachdienlichen Aufschluß, durch den der christliche Glaube gestärkt wird? Nein.
Enzyklopädien und die meisten Bibelgelehrten bezeichnen die gnostischen Schriften nicht nur als apokryph (nichtkanonisch), sondern auch als pseudepigraphisch (fälschlicherweise biblischen Autoren zugeschrieben). Gemäß der Zeitschrift Psychology Today sagte Andrew M. Greeley, katholischer Priester und Professor der Soziologie an der Staatsuniversität von Arizona (USA), über diese Bücher: „Sie können keine Anziehungskraft auf den normalen Menschen ausüben, der die Religion als Hilfe im Leben betrachtet und nicht als etwas, was dem Sinn des Lebens entgegengerichtet ist.“ Und als A. M. Greeley die gnostischen Evangelien mit den biblischen verglich, kam er zu dem Schluß: „Der Jesus der Gnostiker ist manchmal unlogisch, manchmal unverständlich und manchmal ziemlich unheimlich.“
Zwischen den Lehren der gnostischen und der biblischen Evangelien klafft ein tiefer Abgrund. Dieser Abgrund wird besonders dann erkennbar, wenn man die gnostischen und die biblischen Lehren über Gott, die Auferstehung und die Rettung miteinander vergleicht. Dagegen besteht eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Gnostizismus und der griechischen Philosophie der Antike sowie dem Buddhismus und dem Hinduismus.
Die gnostischen Schreiber schildern einen völlig anderen Jesus als die Schreiber der Bibel. Das gnostische Evangelium des Philippus charakterisiert Maria Magdalene als die engste Begleiterin Jesu und sagt, daß er „sie oft auf den Mund“ küßte. Kein Wunder, daß es in der Encyclopædia Britannica heißt: „Die gnostischen Ethiken durchliefen die ganze Skala von der Nötigung zur Promiskuität bis hin zur strengen Askese.“
Keine Lücken in der Erklärung des Vorsatzes Gottes
Gottes Vorsatz in Verbindung mit der Erde und ihren Bewohnern wird vom ersten bis zum letzten Kapitel der Bibel deutlich dargelegt. Der Bericht beginnt damit, daß Gott zwei Menschen segnet, die in einem örtlich begrenzten Paradies leben, und endet damit, daß er Millionen und aber Millionen Menschen segnet, die in einem weltweiten Paradies leben. Und in den 1 187 Kapiteln dazwischen wird nach und nach enthüllt, wie Gott die Menschheit segnen wird und wie wir in Übereinstimmung mit dem göttlichen Vorsatz handeln können. Dabei bleibt in der Bibel in bezug auf lebenswichtigen Aufschluß nicht die geringste Lücke offen, die durch andere Urkunden geschlossen werden müßte.
„Das ist ja alles gut und schön“, magst du sagen, „ist aber der in der Bibel enthaltene Rat vollständig, und ist er auf mein Leben heute praktisch anwendbar?“
Lückenloser Rat
Jehovas Zeugen betrachten die Bibel als eine vollständige Richtschnur für das Alltagsleben. Die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen sind heute dieselben wie in biblischen Zeiten. Wie werden diese Bedürfnisse durch die Bibel befriedigt? Betrachten wir es einmal genauer:
FAMILIE: „Ihr Frauen, seid euren Männern untertan, wie es sich schickt im Herrn. Ihr Männer, liebt eure Frauen weiterhin, und laßt euch nicht gegen sie erbittern. Ihr Kinder, seid euren Eltern in allem gehorsam, denn das ist wohlgefällig im Herrn. Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht, damit sie nicht mutlos werden“ (Kolosser 3:18-21).
ENTSCHEIDUNGEN: „Hast du einen Mann erblickt, der hastig ist mit seinen Worten? Für einen Unvernünftigen gibt es mehr Hoffnung als für ihn.“ „Beachte ihn [Gott] auf all deinen Wegen, und er selbst wird deine Pfade gerademachen. Werde nicht weise in deinen eigenen Augen. Fürchte Jehova, und weiche vom Bösen“ (Sprüche 29:20; 3:6, 7).
DEPRESSIONEN: „Seid um nichts ängstlich besorgt, sondern laßt in allem durch Gebet und Flehen zusammen mit Danksagung eure Bitten bei Gott bekanntwerden; und der Frieden Gottes, der alles Denken übertrifft, wird euer Herz und eure Denkkraft durch Christus Jesus behüten“ (Philipper 4:6, 7).
ZUFRIEDENHEIT: „Gewiß ist sie ein Mittel zu großem Gewinn, diese Gottergebenheit zusammen mit Selbstgenügsamkeit. Denn wir haben nichts in die Welt hineingebracht, und wir können auch nichts mit hinaustragen. Wenn wir also Lebensunterhalt und Bedeckung haben, werden wir mit diesen Dingen zufrieden sein“ (1. Timotheus 6:6-8).
FREUNDSCHAFT: „Es gibt Gefährten, die bereit sind, einander zu zerschlagen, aber da ist ein Freund, der anhänglicher ist als ein Bruder.“ „Werdet aber gütig zueinander, voll zarten Erbarmens, einander bereitwillig vergebend, so wie auch Gott euch durch Christus bereitwillig vergeben hat“ (Sprüche 18:24; Epheser 4:32).
Kannst du aus dieser kurzen Betrachtung entnehmen, warum Jehovas Zeugen glauben, daß die Bibel vollkommene Grundsätze enthält, an die man sich im Leben halten kann? Viele erkennen das. Nachdem zum Beispiel jemand die Bibel studiert hatte, kam er zu folgender Schlußfolgerung:
„Meines Erachtens ist die Bibel und der Rat, den sie enthält, praktischer und weit besser als alles, was ich auf dem College studiert habe. Ich bin zwar als High-School-Ratgeber Inhaber des Bakkalaureats und des Magistergrads und habe viele Bücher über Psychohygiene und Psychologie gelesen, doch stelle ich fest, daß das, was die Bibel zum Beispiel über eine glückliche Ehe, die Bekämpfung der Jugendkriminalität und die Art und Weise sagt, wie man Freundschaften schließt und pflegt, bei weitem alles übertrifft, was ich auf dem College gelesen und studiert habe.“
Warum wird die Vollständigkeit der Bibel so oft in Frage gestellt? Bei einigen könnte es daran liegen, daß sie den Tatsachen nicht auf den Grund gehen. Andere scheuen die Verantwortung. Folglich ist es wichtig, den Rat zu beachten, den der Apostel Paulus Timotheus gab: „Behüte, was als anvertrautes Gut bei dir hinterlegt ist, indem du dich von ... der fälschlich so genannten ‚Erkenntnis‘ [abwendest]. Denn indem einige eine solche Erkenntnis zur Schau gestellt haben, sind sie vom Glauben abgewichen“ (1. Timotheus 6:20, 21).
Man wird weiterhin archäologische Entdeckungen machen, und einige mögen unser Verständnis über die biblische Geschichte erweitern. Aber keine Entdeckung kann die Wahrhaftigkeit der Bibel verstärken oder mindern. Die Bibel steht für sich selbst. Natürlich muß jeder selbst entscheiden, ob er den Worten des Paulus glauben möchte, der schrieb: „Selbst wenn wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als gute Botschaft verkündigen sollte außer dem, was wir euch als gute Botschaft verkündigt haben, er sei verflucht“ (Galater 1:8). Was Jehovas Zeugen betrifft, für sie ist die Sache klar. Für sie ist die Bibel vollständig.
[Fußnote]
a Weitere Erklärungen über die Kanonizität der Hebräischen Schriften und der Christlichen Griechischen Schriften enthält das Buch „Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich“, Seite 296—317, veröffentlicht von der Wachtturm-Gesellschaft.
[Herausgestellter Text auf Seite 17]
Enthalten die gnostischen Evangelien wirklich die geheimen Worte Jesu?
[Kasten auf Seite 19]
Gottes erklärter Vorsatz
Warum wir hier sind
Um die Erde in ein Paradies umzugestalten; um Jehova Gott zu gehorchen und anzubeten; um den Nächsten zu lieben (1. Mose 1:28; Prediger 12:13; Lukas 10:27).
Was uns die Zukunft bringt
Ewiges Leben bei bester Gesundheit und in Frieden auf einer paradiesischen Erde; eine Wiedervereinigung mit verstorbenen Angehörigen (Offenbarung 20:12, 13; 21:3, 4).
Wie Gott es herbeiführen wird
Die gerechte Regierung Gottes in den Händen Christi befreit die Erde von Bosheit und bewirkt die Auferstehung der Toten (Lukas 1:32, 33; Johannes 11:25; Offenbarung 11:17, 18).
[Kasten auf Seite 18]
Ein Vergleich zwischen gnostischen und biblischen Lehren
GNOSTIKER BIBEL
Jehova ist als ein geringeres Jehova ist der allein
Wesen (demiurge) wahre Gott und allein
abzulehnen. der Anbetung würdig
Auferstehung ist nicht Auferstehung ist
buchstäblich, nur ein Symbol buchstäblich, Tote werden
für einen Augenblick der auferstehen (Johannes 5:28, 29;
Erleuchtung. 11:11-45).
Rettung nur durch Rettung nur durch das Opfer
Selbsterkenntnis. Christi (Matthäus 20:28;
Die Schlange in Eden, Satan ist der erste Lügner
Grundsatz göttlicher Weisheit und Mörder (Johannes 8:44;
Eva ist Lebengeber, Jehova ist Lebengeber,
Unterweiser Adams. Unterweiser Adams (Matthäus 19:4;
Satan ist Urheber der Ehe Jehova ist Urheber der Ehe
und der Fortpflanzung. und segnete die Fortpflanzung
[Bildnachweis auf Seite 16]
Institut für Antike und Christentum, Claremont (Kalifornien)