Alkohol am Steuer
DU SCHWINGST dich hinter das Steuerrad, läßt den Motor an, und los geht’s! Das Autofahren ist dir vielleicht in Fleisch und Blut übergegangen, vor allem dann, wenn du bereits seit Jahren fährst. Aber es ist keineswegs so einfach, wie es scheinen mag.
Man schätzt, daß du als Autofahrer unter normalen Umständen auf einer Fahrstrecke von einem Kilometer 15 nennenswerte Entscheidungen triffst. Die Entscheidungen über das, was du in Verbindung mit anderen Fahrzeugen, mit Verkehrszeichen und Fußgängern siehst und hörst, müssen auf Bremse, Gas, Kupplung und Lenkrad übertragen werden. Hinzu kommt, daß du nicht viel Zeit hast, dich zu entscheiden — oft nur den Bruchteil einer Sekunde.
Das Fahren erfordert also eine ausgezeichnete Koordination zwischen Entscheiden und Handeln. Der Genuß von Alkohol macht das Fahren äußerst gefährlich. Warum? Weil durch den Alkohol die Fahrtüchtigkeit wesentlich beeinträchtigt wird. (Siehe den Kasten „Blutalkoholkonzentration und Verhaltensweise“ auf Seite 8.)
Alkohol und Sehvermögen
Beim Fahren nimmst du schätzungsweise 85 bis 90 Prozent aller Informationen mit den Augen auf. Dein Sehvermögen wird durch ein ausgeklügeltes System von Muskeln unterstützt, die die Augen bewegen und sie auf verschiedene Entfernungen einstellen. Durch Alkohol werden diese Muskelbewegungen verlangsamt, und folglich verschlechtert sich das Sehvermögen in verschiedener Hinsicht.
So mindert Alkohol zum Beispiel die Fähigkeit des Auges, den Lichteinfall auf die Netzhaut zu regulieren. Das ist hauptsächlich in der Dunkelheit kritisch. Warum? Weil es unter Alkoholeinfluß länger dauert, bis sich das Auge von dem blendenden Licht entgegenkommender Fahrzeuge erholt hat. In der Veröffentlichung Alcohol, Vision & Driving (Alkohol, Sehvermögen und das Autofahren), die von der Amerikanischen Kraftfahrzeugvereinigung verbreitet wird, heißt es: „Normalerweise verengt sich die Pupille innerhalb einer Sekunde, wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug blendet. Nach dem Blenden benötigt die Pupille sieben Sekunden, um sich wieder an die Dunkelheit anzupassen. Dieser Anpassungsvorgang wird durch Alkohol verzögert.“
Denke einmal darüber nach, wie gefährlich das sein kann: Es ist spätabends, du fährst auf einer kurvenreichen, engen Straße — für jede Fahrtrichtung gibt es nur eine Spur. Durch das Scheinwerferlicht sind die Fahrer geblendet. Wie sicher würdest du dich fühlen, wenn du wüßtest, daß der Fahrer eines entgegenkommenden Fahrzeugs getrunken hat?
Nach dem Genuß von Alkohol ist auch das periphere Sehvermögen eingeschränkt — die Fähigkeit, seitlich etwas wahrzunehmen, wenn man geradeaus blickt. Das ist insbesondere dann gefährlich, wenn man nach dem Genuß von Alkohol mit hohem Tempo fährt. In der Veröffentlichung Alcohol, Vision & Driving wird erklärt: „Den meisten Fahrern ist nicht bekannt, daß bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h das Gesichtsfeld des Fahrers um 25 % eingeengt ist. Bei einem Tempo von 70 km/h ist sein Gesichtsfeld um 50 % eingeengt. Und bei über 100 Stundenkilometern gleicht sein Gesichtsfeld buchstäblich einem Tunnel.“
Man stelle sich nur vor, was geschehen könnte, wenn ein betrunkener Fahrer über eine Kreuzung rast oder an einem parkenden Auto vorbeifährt, hinter dem ein kleines Kind auf die Straße läuft!
Überdies kann durch Alkohol Doppelsichtigkeit auftreten; der betrunkene Fahrer sieht womöglich zwei Autos statt eins auf sich zukommen. Auch kann jemandes Fähigkeit, Entfernungen abzuschätzen, beeinträchtigt werden. All das zeigt, daß Alkohol und das Lenken eines Fahrzeugs sich wie Öl und Wasser verhalten — beides verträgt sich einfach nicht. Die Bibel bewahrheitet sich, denn sie sagt: „Wer hat Trübung der Augen? Die sich lange Zeit beim Wein aufhalten“ (Sprüche 23:29, 30).
Aber das genaue Erfassen der Verkehrssituation ist nicht alles, was zum sicheren Autofahren gehört.
Alkohol und Urteilsvermögen
Wenn du eine Verkehrssituation erfaßt hast, mußt du beurteilen oder entscheiden, was zu tun ist. Nimm zum Beispiel an, du bist mit deinem Auto unterwegs und das Fahrzeug vor dir fährt sehr langsam. Du mußt dich entscheiden, ob und wann du sicher überholen kannst.
Auch in einer solchen Situation ist Alkohol im Blut lebensgefährlich. Inwiefern? Oft nimmt mit steigendem Blutalkoholgehalt das Selbstvertrauen des Fahrers zu. In dem Handbuch Alcohol and Alcohol Safety (Alkohol und Sicherheit) wird erklärt: „In diesem Stadium [0,4 bis 0,6 Promille Alkohol im Blut] wird sich jemand höchstwahrscheinlich für wachsamer und fahrtüchtiger als normal halten, obwohl er langsamer reagiert und sich sein Urteilsvermögen sowie seine Fähigkeit, Gefahrensituationen zu meistern, verschlechtert haben. Während also seine Fahrtüchtigkeit in Wirklichkeit abnimmt, ist er davon überzeugt, daß sie zunimmt.“ (Vergleiche Sprüche 20:1; 23:29-35.)
Infolgedessen wagt ein alkoholisierter Fahrer ein Überholmanöver eher als sonst, und er fährt auch schneller. Und wenn er ein schlechter Fahrer oder noch ein Anfänger ist, kann schon die geringste Beeinträchtigung seines Urteilsvermögens gefährlich sein.
Alkohol und Reaktionsvermögen
Daß das Sehvermögen des alkoholisierten Fahrers gestört ist und er riskant fährt, wäre schon gefährlich genug. Zu der Problematik gehört jedoch ferner, daß Alkohol auch die Reaktionszeit verlängert. Dadurch kann es den Bruchteil einer Sekunde länger dauern, bis er seinen Fuß vom Gas nimmt und auf die Bremse tritt.
Um zu veranschaulichen, wie gefährlich sich das auswirken kann, wird in dem Bericht von Dr. Malfetti und Dr. Winter gesagt, daß sich die Reaktionszeit um zwei fünftel Sekunden verlängert, wenn man in einem Zeitraum von einer Stunde zwei Dosen (je 0,3 Liter) Bier getrunken hat. Nun, das scheint nicht gerade viel zu sein. Aber in dem Bericht heißt es, daß in zwei fünftel Sekunden ein Fahrzeug, das 90 km/h fährt, zusätzlich 10 Meter zurücklegt. Das könnte genau den Unterschied zwischen einem Fast-Zusammenstoß und einem tödlichen Unfall ausmachen.
Wenn du bedenkst, wie sehr durch Alkoholgenuß jemandes Sehvermögen sowie sein Urteils- und sein Reaktionsvermögen beeinträchtigt werden, kannst du leicht erkennen, warum Alkohol am Steuer eine tödliche Gefahr ist. Wie aber kann dem Problem begegnet werden? Und wie kannst du dich und deine Familie vor der Gefährdung durch einen Fahrer schützen, der getrunken hat?
[Übersicht auf Seite 8]
(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)
Blutalkoholkonzentration und Verhaltensweise
Konsumiert und resorbiert jemand mehr Alkohol, als sein Körper oxidieren oder „verbrennen“ kann, steigt der Alkoholgehalt seines Blutes. Man verwendet auch die Bezeichnung BAK (Blutalkoholkonzentration). Eine BAK von 0,2 Promille bedeutet, daß 0,02 Prozent des Blutes einer Person aus Alkohol bestehen. Mit ansteigender BAK steigt auch der Trunkenheitsgrad einer Person, wie aus der folgenden Aufstellung hervorgeht.a
BAK von 0,2 Promille: „Wenn der Alkoholgehalt des Blutes 0,2 Promille erreicht hat, setzt eine geringfügige Beeinträchtigung der Nervenzentren ein, die die Hemmungen und das Urteilsvermögen kontrollieren. Bei einer Person mit einem Gewicht von 70 kg würde dieser Zustand nach dem Genuß von 15 ccm Alkohol eintreten. Das entspricht ungefähr der Menge, die in einem Glas Bier, Whisky oder Wein enthalten ist“ (Alcohol and Alcohol Safety, ein Handbuch, erarbeitet für die National Highway Traffic Safety Administration und das National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism [USA]).
BAK von 0,5 Promille: „Die Fahrtüchtigkeit ist bereits bei Blutalkoholkonzentrationen (0,4 bis 0,5 Promille) beeinträchtigt, die sich nach dem Genuß von nur zwei oder drei Gläsern eines alkoholischen Getränks auf leeren Magen einstellen können“ (Fifth Special Report to the U.S. Congress on Alcohol and Health).
„Bei einer BAK von 0,5 Promille treten Veränderungen in der Gemütsverfassung und im Verhalten auf. Bei diesem Gehalt sind das Urteilsvermögen und die Hemmschwelle gewöhnlich herabgesetzt“ (Development of a Traffic Safety and Alcohol Program for Senior Adults von Dr. James L. Malfetti und Dr. Darlene J. Winter).
In manchen Ländern muß ein Fahrer mit einem solchen Blutalkoholgehalt wegen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit mit einer Haftstrafe rechnen.
BAK von 1,0 Promille: „Bei einer BAK von 1,0 Promille (fünf übliche alkoholische Getränke in einer Stunde) kommt es zu unkontrollierten Bewegungen — das Gehen, Handbewegungen und die Sprache wirken schwerfällig. Bezeichnend für diesen Grad der Alkoholisierung sind auch verschwommenes Sehen und Doppelsichtigkeit. Ferner kann Tunnelsichtigkeit auftreten: Ein Fahrer oder ein Fußgänger sieht nur noch das, was direkt in seiner Blickrichtung liegt, nicht mehr die Gefahren, die ihm von der Seite her drohen“ (Senior Adults, Traffic Safety and Alcohol Program Leader’s Guide von Dr. Darlene J. Winter).
„Nach Schätzungen sind Fahrer mit Blutalkoholkonzentrationen von über 1,0 Promille 3- bis 15mal häufiger in Verkehrsunfälle mit Todesfolge verwickelt als nichtalkoholisierte Fahrer“ (Fifth Special Report to the U.S. Congress on Alcohol and Health).
In vielen Ländern muß ein Fahrer mit einem solchen Blutalkoholgehalt wegen Trunkenheit am Steuer mit einer Haftstrafe rechnen.
Man muß also nicht erst so betrunken sein, daß man nicht mehr gerade stehen kann, bevor die Fahrtüchtigkeit nachläßt. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob man überhaupt etwas trinken sollte, wenn man sich ans Steuer setzen möchte. Die sicherste Regel lautet: Wenn du fahren möchtest, trinke nicht; wenn du trinken möchtest, fahre nicht.
[Fußnote]
a Man beachte, daß die hier gemachten Angaben über Alkoholgehalt und Verhalten Durchschnittswerte sind. Die gleiche Menge Alkohol kann sich in ihrer Wirkung von Person zu Person unterscheiden, je nach Alter, Geschlecht, Füllung des Verdauungstrakts und Art des alkoholischen Getränks. Bei gleicher BAK können sich verschiedene Personen unterschiedlich verhalten, je nach Gemütsverfassung, Ermüdung oder Einnahme bestimmter Arzneimittel.
[Bild auf Seite 6]
Wie sicher würdest du dich fühlen, wenn du wüßtest, daß der Fahrer eines entgegenkommenden Fahrzeugs getrunken hat?
[Bild auf Seite 7]
Die alkoholbedingte Beeinträchtigung deines Reaktionsvermögens könnte den Unterschied zwischen einem Fast-Zusammenstoß und einem tödlichen Unfall ausmachen
[Bildnachweis]
Foto: H. Armstrong Roberts