MEPS — seine Möglichkeiten und seine Grenzen
„MEPS ist für dich sicher etwas Großartiges“, sagte ein Verlagsmitglied vom Brooklyner Hauptbüro zu einem Mitarbeiter der Redaktion. „Jetzt muß es für dich ein leichtes sein, einen Artikel zu schreiben.“
Es war seine ehrliche Überzeugung, daß durch MEPS (ein Akronym für Multilanguage Electronic Phototypesetting System) das Schreiben irgendwie vereinfacht würde. Schmunzelnd, wenn auch ziemlich verwundert, versicherte ihm der Mitarbeiter aus der Redaktion, daß Menschen und nicht Maschinen einen Artikel abfassen.
Nun, wofür ist MEPS dann da? Ist es beim Verfassen eines Artikels oder eines Buches wirklich eine Hilfe? Wenn ja, inwiefern? Kann ein Text mit Hilfe dieses Systems von einer Sprache in eine andere übersetzt werden?
MEPS zur redaktionellen Bearbeitung eines Textes
Bei MEPS handelt es sich um ein Computersystem, das vor allem zur Druckvorbereitung für den Offsetdruck eingesetzt wird. Das Herz des Systems ist der MEPS-Computer, der in einem Gehäuse von etwa einem Meter Höhe, Breite und Tiefe untergebracht ist. Die Aufteilung des eingegebenen Textes in Seiten (das Umbrechen) erfolgt elektronisch an einem sogenannten Grafikbildschirm. Die MEPS-Fotosetzmaschine überträgt dann die einzelnen Seiten jeweils auf eine Vorlage, die zur Anfertigung von Offsetdruckplatten verwendet wird. Der MEPS-Computer, der Grafikbildschirm und die Fotosetzmaschine sind von Jehovas Zeugen selbst entworfen und hergestellt worden, und zwar in ihren Anlagen auf der Wachtturm-Farm im nördlichen Teil des Staates New York.
Mit dem MEPS-Computer sind jedoch auch IBM-Personal-Computer verbunden. Und diese IBM-Terminals (von denen alles, was eingegeben worden ist, in den MEPS-Computer übertragen wird) werden von den Mitarbeitern in der Redaktion der Watch Tower Society in Brooklyn (New York) zur Texteingabe verwandt. Wird durch diese Ausrüstung das Schreiben von Büchern oder Zeitschriften wirklich vereinfacht?
Nein, denn das Schreiben ist eine schöpferische Tätigkeit, die von einer Person, nicht von einer Maschine verrichtet werden muß. Und die Maschine — in diesem Fall das IBM-Terminal — erfüllt grundsätzlich die gleiche Aufgabe wie eine Schreibmaschine. Ja, die Tastatur gleicht auch im wesentlichen der einer Schreibmaschine. Der hauptsächliche Unterschied besteht darin, daß der eingegebene Text nicht auf einem Blatt Papier, sondern auf dem Bildschirm erscheint. Benötigt man einen Text in gedruckter Form, dann kann man alles, was eingegeben worden ist, von einem Schnelldrucker auf herkömmlichem Schreibmaschinenpapier ausdrucken lassen.
Was also die direkte Formulierung des Wortlauts betrifft, ist MEPS für einen Autor nicht von großem Nutzen. Dennoch kann ein Computer-Terminal einen Autor in verschiedener Hinsicht bedeutend unterstützen. Wie? Dadurch, daß es weit vielseitiger ist als eine Schreibmaschine. Tippfehler lassen sich schnell und einfach korrigieren. Wörter, Sätze und Absätze können, indem man nur ein paar Tasten betätigt, innerhalb des Textes ausgetauscht werden, und so hat der Autor beim Abfassen eines Textes unmittelbar das Ergebnis seiner Überlegungen vor Augen.
In Zukunft werden die Veröffentlichungen der Watch Tower Society in einem großen Computerspeicher des MEPS, Datenbank genannt, zur Verfügung stehen. Der Verfasser eines Zeitschriftenartikels wird über seinen Bildschirm Zugriff zu Informationen über ein bestimmtes Thema haben, zum Beispiel zu folgenden Publikationen: die Bibel, das Buch Hilfe zum Verständnis der Bibel, andere Bücher und vielleicht auch die über 100 Jahrgänge der Zeitschriften der Gesellschaft. Ohne Zweifel wird auch das beim Schreiben eine Hilfe sein.
Man mag sich jedoch fragen: „Warum hat man so viel Zeit, Mühe und Geld in die Entwicklung dieses Computersystems investiert, wenn doch MEPS für den Schreiber nur die hochentwickelte Form einer Schreibmaschine ist?“
Druckvorbereitung
Der Hauptgrund besteht darin, daß sich die Industrie vom Bleisatz und vom Hochdruckverfahren getrennt hat und zum Fotosatzverfahren und Offsetdruck übergegangen ist. Beim Bleisatzverfahren wurden mit Hilfe von Zeilensetzmaschinen jeweils einzelne Zeilen aus heißem, flüssigem Blei gegossen. Dann wurden Bleiplatten mit erhabener Oberfläche hergestellt und auf die Druckpresse montiert. Beim Offsetdruck bringt man den Text und die Bilder jeder Seite auf Filmmaterial und überträgt alles fotografisch auf die Oberfläche der Offsetdruckplatte.
MEPS wurde insbesondere als Ersatz für die Druckvorbereitung entwickelt, die veraltete, als der Bleisatz und das Hochdruckverfahren abgeschafft wurden. Seine Entwicklung war hauptsächlich nötig, weil die in der Industrie verwandten Fotosatzausrüstungen unsere Anforderungen in bezug auf Vielsprachigkeit nicht erfüllten. Und MEPS erweist sich als ein außerordentlich wirkungsvolles Hilfsmittel. Man betrachte zum Beispiel, was geschieht, nachdem ein Artikel dieser Zeitschrift geschrieben, redigiert, genehmigt und zur Veröffentlichung freigegeben worden ist.
Wie zuvor erwähnt, wird der zur Veröffentlichung vorbereitete Artikel, der mit Hilfe eines IBM-Personal-Computers eingegeben wurde, im MEPS-Computer gespeichert. Nun ist es möglich, den Artikel am Grafikbildschirm aufzurufen, wo die Gestaltung der einzelnen Seiten der Publikation erfolgt. Die verschiedenen Teile des Textes können in ausgewählten Schriftarten und in den gewünschten Größen gesetzt werden. Nach diesem Schritt läßt man den Text in die Textkästchen und um die für Bilder reservierten Flächen „fließen“.
An dieser Stelle könnte die Frage aufkommen: Wie wird der Text nach dem Umbrechen, das am Bildschirmgerät erfolgt, auf eine Vorlage übertragen, die zur Herstellung der Druckplatten für die Offsetdruckmaschinen dient? Das übernimmt die MEPS-Fotosetzmaschine. Diese Maschine überträgt die Seiten so, wie sie am Grafikbildschirm gestaltet worden sind, auf ein lichtempfindliches Papier. Nachdem dieses entwickelt worden ist, wird es fotografiert, und man erhält einen Film, den man dann für die Anfertigung von Offsetdruckplatten verwendet.
Kann MEPS übersetzen?
MEPS ist ein vielsprachiges System, das von Jehovas Zeugen unbedingt benötigt wird, da sie regelmäßig Publikationen in mehr als 150 Sprachen veröffentlichen. In der Bewältigung dieser und vieler anderer Sprachen ist MEPS einzigartig. Zur Zeit ist MEPS programmiert, nahezu 200 Sprachen zu verarbeiten. Aber was ist damit gemeint? Wie wird zum Beispiel mit MEPS ein Text vom Englischen ins Spanische übersetzt?
Hier muß eindeutig gesagt werden, daß MEPS nicht von einer Sprache in eine andere übersetzt, sondern viele verschiedene Sprachen verarbeitet. Die eigentliche Übersetzungsarbeit wird von Menschen geleistet. Maschinen können den Menschen als Übersetzer nicht ersetzen. Der Grafikbildschirm ist so konstruiert worden, daß Schriftzeichen vieler Sprachen dargestellt werden können. Wie hat man das erreicht? Die einzelnen Tasten auf der Tastatur sind frei belegbar, das heißt, ihre Funktion kann elektronisch geändert werden. Sie können auf jede beliebige Sprache umgeschaltet werden, für die der Computer programmiert wurde.
Untersuchen wir das am Beispiel eines Übersetzers, der vom Englischen ins Spanische übersetzt und mit einer Schreibmaschine arbeitet. Vor sich hat er den englischen Text. Mit Hilfe seiner Sprachkenntnisse übersetzt er die Gedanken aus dem Englischen so, daß dem spanischen Leser die Gedanken vermittelt werden, die der Schreiber in der englischen Sprache ausgedrückt hat. Der Übersetzer kann aber den spanischen Text nicht mit einer englischen Schreibmaschine schreiben. Warum nicht? Weil in der spanischen Sprache Akzentzeichen vorkommen, die auf einer englischen Schreibmaschine nicht zu finden sind. Er benötigt eine spanische Schreibmaschine. Und genau das bietet der Grafikbildschirm. Um eine spanische Tastatur zu erhalten, wird einfach ein Befehl eingegeben, durch den die Tastatur auf die spanische Sprache umgeschaltet wird.
Wie bereits erwähnt, kann man am Grafikbildschirm einen Text nicht nur in spanischer und englischer Sprache eingeben, sondern in nahezu 200 Sprachen. Und es ist gut bekannt, daß viele Sprachen wie Armenisch, Koreanisch, Russisch und Arabisch ein völlig anderes Alphabet oder Schriftsystem haben. Ferner gibt es nichtalphabetische Sprachen, wie zum Beispiel Chinesisch und Japanisch, für die MEPS zur Zeit programmiert wird. In einigen Sprachen liest man von links nach rechts, in anderen von rechts nach links. Es war keine geringe Aufgabe, MEPS so zu programmieren, daß es so viele Sprachen verarbeiten kann, und die Arbeit ist längst noch nicht abgeschlossen.
Eines ist jedoch nicht zu vergessen: Während MEPS mit all diesen Sprachen arbeiten kann, muß ein Mensch, der die Sprache beherrscht, die Übersetzungsarbeit leisten, und der übersetzte Text muß dann in MEPS eingegeben werden.
Übersetzer in einigen kleineren Zweigen sowie Übersetzer an abgelegenen Orten sind nicht direkt auf die MEPS-Ausrüstung angewiesen. Häufig verwenden sie nur einen IBM-Personal-Computer, der den eingegebenen Text auf einer dünnen, flexiblen Diskette speichert. Eine solche Diskette wird dann an ein mit MEPS ausgestattetes Zweigbüro gesandt, wo der auf der Diskette gespeicherte Text umbrochen und zum Druck vorbereitet wird.
Anwendung in der Verwaltung
In vielen Zweigen wird die MEPS-Ausrüstung außer zur Vorbereitung des Drucks von Zeitschriften, Büchern und anderer Literatur in der Verwaltung eingesetzt. Zum Beispiel führt man damit das Inventar der verfügbaren Literatur. Das System schreibt eine Belastungsanzeige, die der Versammlung zugesandt wird, die Literatur bestellt hat, und gleichzeitig wird das Lagerinventar des Zweiges automatisch auf den neuesten Stand gebracht; so weiß man stets, wieviel von den einzelnen Posten in der jeweiligen Sprache auf Lager ist. Außerdem wird MEPS in einigen Zweigen dazu verwendet, die Anschriften aller Abonnenten der Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! zu speichern und auszudrucken.
Weltweiter Einsatz von MEPS
Der erste MEPS-Computer wurde im Jahre 1982 fertiggestellt und versuchsweise eingesetzt. Im Februar 1983 erhielt Deutschland als erstes Land außerhalb der USA einen MEPS-Computer und vier Grafikbildschirme. Die erste MEPS-Fotosetzmaschine wurde erst im November 1983 in Betrieb genommen.
Zur Zeit sind 25 Zweige der Watch Tower Society mit einem oder mehreren MEPS-Computern sowie mit insgesamt 150 Grafikbildschirmen ausgestattet. Vierundzwanzig Zweige besitzen MEPS-Fotosetzmaschinen. Jedes dieser hochentwickelten MEPS-Geräte ist von Jehovas Zeugen in eigenen Produktionsanlagen im nördlichen Teil des Staates New York in der Nähe von Wallkill hergestellt worden. Geplant ist, daß MEPS in über 30 Ländern der Welt in Betrieb genommen wird. Bisher ermöglichte der Einsatz von MEPS die simultane Herausgabe der Zeitschrift Der Wachtturm in 30 Sprachen und der Zeitschrift Erwachet! in 14 Sprachen.
MEPS erleichtert in der Tat die Veröffentlichung von Literatur in vielen Sprachen. Wenn MEPS das kreative Schreiben auch nicht vereinfacht und nicht übersetzen kann, ist dieses System in der Veröffentlichung von Zeitschriften und Büchern dennoch ein großer Sprung nach vorn.
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Ein Mitarbeiter der Redaktion der Watch Tower Society bei seiner Arbeit am Computer
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Seite 24, am Grafikbildschirm in Deutsch gestaltet
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Seite 24, am Grafikbildschirm in Hindi gestaltet