Eine Erde ohne Wälder — Steht uns das bevor?
WEITE Gebiete, die seit Jahrtausenden mit üppigen tropischen Regenwäldern bedeckt sind, beginnen zu veröden. Wunderschöne grüne pulsierende Gegenden der Erde verwandeln sich in Windeseile in Ödland — Gegenden, die bisher die Heimat exotischer Tiere waren, einer Tierwelt, die unter dem wuchernden Schirm von Millionen verschiedenen Pflanzen und unter bis zu sechzig Meter hohen Baumkronen Zuflucht fand.
Erfolgreich verwüstet der Mensch die bewaldeten Berge mit Axt, Säge, Raupe und Streichholz. Er hinterläßt abgetragene, zerfurchte und verkohlte unwirtliche Gegenden. Diese unerbittliche Vernichtung tropischer Regenwälder schreitet schätzungsweise mit etwa 20 Hektar je Minute oder 100 000 Quadratkilometern im Jahr voran — eine Fläche, größer als Österreich.
Nach Meinung von Fachleuten werden im Jahr 2000 ungefähr 12 Prozent des tropischen Regenwaldes, der 1980 noch vorhanden war, verschwunden sein — das ist für den Menschen keine geringe Leistung, selbst nicht angesichts seines Rufs als Zerstörer. Verschwunden sein werden auch die exotische Fauna und die artenreiche Flora, die in keiner anderen Klimazone der Erde anzutreffen sind. Der Mensch ist auf dem besten Wege, einen Teil des äußerst komplizierten Ökosystems zu vernichten, das für sein Leben unverzichtbar und für ihn von größtem Nutzen ist.
Über die Hälfte der Arzneimittel, die der Mensch verwendet, werden aus Pflanzen hergestellt; viele davon wachsen in den Tropen. Was würde aus der Industrie ohne Gummi, ohne Terpentin, ohne die Schilfpalme, ohne Bambus? Alles das stammt aus den tropischen Urwäldern. Hinzu kommen unzählige Fasern, Harze, Farbstoffe und Gewürze. Blindwütig vernichtet der Mensch einen Schatz von unermeßlichem Wert.
Die Wälder produzieren ungeheure Mengen lebenspendenden Sauerstoff. Einige Wissenschaftler machen darauf aufmerksam, daß der massive Einschlag der sauerstoffproduzierenden Wälder den gefürchteten Treibhauseffekt durchaus verstärken könne und daß demzufolge der Wasserstand der Meere einen katastrophalen Pegel erreichen würde.
Das Abholzen von Wäldern hat sich schon auf vieles in der Welt ausgewirkt — umgehend und nachhaltig. Länder wie Brasilien, Indonesien und die Philippinen erleben die rasche Umwandlung ihrer dichten Dschungelgebiete in praktisch nutzlose Einöden. „In Südostasien wächst auf über zehn Millionen Hektar, die früher bewaldet waren, heute nur zähes, wertloses Riedgras, das weder als Nahrung noch als Brennstoff, noch als Viehfutter geeignet ist“, meldet das World Resources Institute.
Das Abholzen riesiger Gebiete und der Holzverkauf garantieren, wie in der Zeitschrift Science Digest berichtet wird, daß die Wälder der Fidschiinseln in 20 Jahren kahlgeschlagen sein werden, die in Thailand um die Jahrhundertwende und die Regenwälder in den Tiefebenen der Philippinen um das Jahr 1990. In Australien ist die Abholzung der Wälder weit fortgeschritten — zwei Drittel der Regenwälder sind bereits völlig verschwunden. In Indien fallen jährlich über 1,3 Millionen Hektar Wald der Axt zum Opfer.
„Was die Mitte der 80er Jahre betrifft“, schreibt das Magazin Natural History (April 1986), „so geht in allen Ländern Afrikas der Baumbestand zurück. Waldverluste sind überall in der dritten Welt heute die Regel.“ In 63 Ländern wird von 1,5 Milliarden Menschen mehr Holz geschlagen, als nachwachsen kann, so daß Verluste entstehen, die zwangsläufig zu einem Wald- und Brennstoffbankrott führen. Experten rechnen mit einer Verdopplung der Verluste um das Jahr 2000.
Die Waldvernichtung rührt an die eigentliche Lebensgrundlage des Menschen — die Landwirtschaft. Der Mensch rodet Berge und Hügel, um dort Feldfrüchte anzubauen, und der Boden wird schnell weggewaschen, denn es fehlt die Pflanzendecke, die ihm Halt verleiht. In Ländern, in denen Holz für Heizzwecke knapp ist, werden außerdem „jährlich schätzungsweise 400 Millionen Tonnen Dung verbrannt ... Das Verbrennen eines wesentlichen Düngemittels vermindert die Getreideerträge um schätzungsweise mehr als 14 Millionen Tonnen.“
Sind die Wälder der Erde wirklich durch nicht umkehrbare Entwicklungen zum Untergang verurteilt? Oder wird die gegenwärtige Generation ihren Kindern einen Großteil der Naturschätze hinterlassen und die Schönheit der Erde erhalten? Es wird viel geredet, viel geschrieben, aber wenig getan. Was für eine Zukunft wird den Kindern bleiben? Die Zeit wird es zeigen, doch Zeit ist kaum noch übrig.
[Herausgestellter Text auf Seite 7]
In 63 Ländern wird von 1,5 Milliarden Menschen mehr Holz geschlagen, als nachwachsen kann
[Bild auf Seite 7]
Einige Länder verwandeln dichte Dschungel in nutzlose Einöden