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Erwachet! 1988
g88 8. 11. S. 23-27

Das maurische Spanien — Ein eindrucksvolles Vermächtnis

Von unserem Korrespondenten in Spanien

SPANIEN — Land des Flamenco, der maurischen Burgen und der stolzen Caballeros — ist jedes Jahr Gastgeber für einen Strom von mehr als 40 Millionen Touristen. Sie kommen aus ganz Europa sowie aus anderen Teilen der Welt, nicht nur, weil sie sich auf die unzähligen von der Sonne verwöhnten Strände der Halbinsel freuen, sondern auch mit der Absicht, spanische Kultur zu genießen.

Der aufmerksame Besucher spürt etwas Fremdartiges in der spanischen Kultur, wenn er den schwermütig klagenden Flamenco hört, bei den Fiestas andalusische Hengste bewundert oder von maurischen Festungszinnen aus das Land betrachtet. Das Gefühl trügt ihn nicht. Er hat sich in den Bann der Klänge und Sehenswürdigkeiten des maurischen Spaniens ziehen lassen.

Vor etwa fünfhundert Jahren wurden die Mauren aus Spanien vertrieben, doch sie hinterließen ein Erbe, das heute noch an Gebäuden, in der Musik und selbst in der Tierwelt weiterbesteht. Wer waren aber die Mauren? Wie konnten sie Spanien so stark beeinflussen? Was geschah mit ihnen?

Die Mauren — Woher kamen sie?

Im siebenten und achten Jahrhundert sahen der Mittlere Osten und der Mittelmeerraum gewaltige politische und religiöse Umwälzungen. In den hundert Jahren nach dem Tod des Propheten Mohammed (632 u. Z.) richteten seine leidenschaftlichen Anhänger das islamische Reich auf, das vom Indus im Osten bis zu den Pyrenäen im Westen reichte. Im Jahre 711 u. Z. drangen die muslimischen Truppen, die sich aus Berbern, Angehörige nordafrikanischer Stämme, und Arabern, der späteren Führungsschicht, zusammensetzten, in Spanien ein und eroberten es schrittweise. Die Eindringlinge wurden unabhängig von ihrer Herkunft „Mauren“ genannt.a

Das riesige muslimische Reich, dessen Gebiet etwa so groß war wie dasjenige seines römischen Gegenstückes, war sowohl ein politisches als auch ein religiöses Reich. Obwohl die islamischen Eroberer im allgemeinen ihre Religion nicht mit Gewalt verbreiteten, gewann der neue Glaube immer mehr Anhänger, und das nicht nur unter den Heiden; im Mittleren Osten und in Nordafrika nahmen die meisten von denen, die sich Christen nannten, den neuen Glauben an, und in Spanien taten es ihnen viele gleich.

Die goldene Zeit Córdobas

Spanien hieß auf arabisch Al Andalus, woher die Bezeichnung „Andalusien“ stammt. Zuerst wurde es von Damaskus aus regiert, doch im zehnten Jahrhundert erlangte es die Unabhängigkeit, als der Emir von Córdoba sich selbst zum Kalifen, d. h. zum Staatsoberhaupt, ausrufen ließ. Zu dieser Zeit erreichte das maurische Kalifat seinen Zenit, und das in Südspanien gelegene Córdoba wurde eine blühende Metropole, die als Zentrum islamischer Kultur mit Damaskus konkurrierte.

Córdoba hatte im zehnten Jahrhundert ungefähr 500 000 Einwohner und war so — vielleicht mit Ausnahme von Konstantinopel — die bevölkerungsreichste Stadt Europas. Als Hauptstadt des islamischen Spaniens bezog sie aus Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, die alle unter der Herrschaft der Omaijaden-Dynastie blühten und gediehen, riesige Einkünfte.

Die Universität war ein berühmtes Zentrum der Gelehrsamkeit, und die Stadt rühmte sich ihrer öffentlichen Bibliothek, die 400 000 Bände beherbergte. An 27 Schulen wurden arme Kinder kostenlos unterrichtet; sowohl unter den Jungen als auch unter den Mädchen gab es nur wenig Analphabeten. Junge Edelleute aus den Feudalstaaten der Christenheit im Norden wurden an den maurischen Höfen ausgebildet, und reiche französische Frauen ließen sich aus Córdoba ihre eleganteste Garderobe bringen.

Der gewaltige Anstieg des Reichtums spiegelte sich auch im allgemeinen Stadtbild wider, so daß eine deutsche Nonne, die damals lebte, Córdoba „die leuchtende Zier der Welt“ nannte. Die Straßen waren gepflastert und beleuchtet. Gärten, Wasserfälle und kunstvoll angelegte Teiche schmückten die Stadt, und ein Aquädukt lieferte genügend frisches Wasser für die Springbrunnen und die öffentlichen Bäder, von denen es gemäß einem muslimischen Chronisten ungefähr 700 gab. Überall in der Stadt standen prächtige Paläste. An einer Residenz in der näheren Umgebung, der Madina As Sahara, arbeiteten 10 000 Bauleute 25 Jahre lang. Die Ruinen zeugen immer noch von ihrer Herrlichkeit.

Im zehnten Jahrhundert wurde auch die Große Moschee von Córdoba endgültig fertiggestellt. Da sie angeblich den Arm Mohammeds beherbergte, wurde sie zu einem bedeutenden islamischen Wallfahrtsort. In einer Quelle heißt es dazu: „In der Heiligkeit stand sie nur Mekka nach, und ... eine Pilgerreise nach Córdoba enthob den Gläubigen der Verpflichtung, nach Mekka zu wallfahren.“ Noch heute staunen die Besucher über den faszinierenden Wald von Marmorsäulen (es sind etwa 850) und die verzierten Bogen. Die Moschee wurde als „schönste moslemische Anbetungsstätte der Welt“ bezeichnet.

Doch die goldene Zeit Córdobas hielt nicht lange an. Anfang des elften Jahrhunderts endete die Omaijaden-Dynastie; es kam zu einer Reihe von Morden, Aufständen und Fehden. Bald zerfiel das maurische Spanien in 23 Stadtstaaten oder taifas, die im Laufe der folgenden Jahrhunderte nach und nach an die spanisch-christlichen Feudalstaaten des Nordens fielen. Granada, das letzte maurische Königreich, wurde 1492 erobert, und die Mauren wurden von der Iberischen Halbinsel vertrieben.

Der Einfluß der maurischen Kultur sollte jedoch bestehenbleiben. Selbst im heutigen Spanisch ist dieser Einfluß deutlich zu erkennen; Gelehrte schätzen, daß 8 Prozent der spanischen Wörter aus dem Arabischen kommen. Besucher können zum Beispiel Zeuge davon werden, daß Spanier unwissentlich Allah anrufen, wenn diese den gebräuchlichen Ausdruck ojalá benutzen, der von wa-sa Alláh stammt und „gebe Allah“ bedeutet.

Islamischer „Technologietransfer“

Die maurische Besetzung Spaniens hatte auch für das übrige Europa bleibende Auswirkungen. Besonders in der Zeitperiode, in der sich die christlichen Königreiche Nordspaniens schrittweise die muslimischen Staaten des Südens einverleibten, diente das maurische Spanien als Mittler zwischen Ost und West, der die Verbreitung der Kultur, der Wissenschaften und der Technologien des Orients in Europa und in anderen Teilen der Welt förderte. (Siehe Seite 27.)

In der Encyclopædia Britannica heißt es in einer Erklärung dieser Entwicklung: „Der Islam war deshalb so wichtig, weil die Araber die wissenschaftlichen und technologischen Kenntnisse der hellenistischen Zivilisation übernahmen, sie ausbauten und sie dann dem Westen durch die spanischen Mauren zugänglich machten.

Der Islam sorgte auch für den Technologietransfer aus den alten Zivilisationen Ost- und Südasiens, besonders denen aus Indien und China.“

Der beträchtliche Einfluß der maurischen Kultur auf Westeuropa kann leicht an den vielen Wörtern gemessen werden, die sich in der deutschen Sprache (und in anderen europäischen Sprachen) auf unterschiedlichen Gebieten finden und die aus dem Arabischen stammen, wie z. B. Algebra, Zero, Alkohol, Alkali, Limonade, Orange, Zucker, Magazin, Matratze und Sofa.

Gelehrte nahmen die Anweisung ihres Propheten wörtlich, der gesagt hatte: „Suche nach Weisheit, und wenn du sie in China findest.“ Tatsächlich stammten einige der neuen Technologien aus China.

Toledos Übersetzerschule

Anfangs war das gesamte Wissen nur in Arabisch im Umlauf, einer Sprache, die den meisten europäischen Gelehrten unbekannt war. Doch diese Sprachbarriere wurde bald überwunden. Ein Markstein war dabei die Rückeroberung des maurischen Toledos durch den katholischen König Alfons VI. von León im Jahre 1085.

Im folgenden Jahrhundert wurde in Toledo eine Übersetzerschule gegründet, und nach und nach wurde der überwiegende Teil der islamischen Literatur ins Lateinische und später in andere europäische Sprachen übersetzt. Dank der Arbeit der Übersetzer wurden arabische Werke wie z. B. Avicennas Kanon der Medizin zu Standardlehrbüchern vieler europäischer Universitäten und blieben es teilweise über Jahrhunderte hinweg.

Das maurische Vermächtnis wirkt fort

Das maurische Vermächtnis ist auch im heutigen Spanien noch zu verspüren. Die Kenntnisse der Mauren auf den Gebieten der Architektur, Wissenschaft und Technologie wurden von einer Generation an die nächste weitergegeben und beeinflußten Bauleute, Bauern und Wissenschaftler gleichermaßen. Maurische Musik ging später im Flamenco auf; auch maurische Handwerkskunst überlebte, wovon die vielen Souvenirs zeugen, die die Touristen anlocken. Außerdem stehen immer noch die eindrucksvollen Burgen auf der Wacht — stumme Zeugen der vergangenen Größe.

Wohin also der Tourist auch kommen mag, die Klänge und Sehenswürdigkeiten des heutigen Spaniens sind Echo und Widerschein einer vergangenen Zivilisation, deren Glanz verschwunden, doch deren Vermächtnis, das Spanien, ja der ganzen Welt hinterlassen wurde, beeindruckend ist.

[Fußnote]

a Der Begriff „Maure“ kommt von dem Wort Maurus, der lateinischen Bezeichnung für einen Nordwestafrikaner.

[Kasten auf Seite 27]

Die Araber — Brücke zwischen Ost und West

Seide und Papier. Als die Araber große Teile Kleinasiens eroberten, fanden sie dort schon in begrenztem Rahmen Seidenproduktion vor, die sich als Folge früherer Kontakte zu China entwickelt hatte. Die Seidenherstellung verbreitete sich dann in der ganzen islamischen Welt und erreichte wahrscheinlich im neunten Jahrhundert Spanien, das zum ersten europäischen Seidenproduzenten wurde.

Doch noch bedeutsamer war die Entdeckung eines Herstellungsverfahrens für Papier. Ein von den Arabern gefangengenommener Chinese, so der Bericht, brachte ihnen die Kunst bei, aus Lumpen Papier zu fertigen. Im islamischen Reich ersetzte gegen Ende des achten Jahrhunderts das in Damaskus erzeugte Papier rasch den Papyrus. Nicht lange danach stellte man es in Spanien her. Dank dieser neuen Technik stieg die Buchproduktion in Córdoba und in anderen spanischen Städten stark an.

Von Spanien aus breitete sich die neue Technologie in andere Teile Europas aus, und erst durch sie konnte es überhaupt zur Entwicklung der Druckpresse im 15. Jahrhundert kommen.

Auch andere Erfindungen wie die Windmühle und das Schießpulver fanden offensichtlich ihren Weg nach Europa durch den islamischen „Technologietransfer“.

Landwirtschaft. Das wirkungsvolle maurische System der Bewässerungskanäle wird heute noch in vielen Teilen Spaniens genutzt, um Orangen- und Zitronenplantagen zu bewässern, die selbst zuerst von arabischen Gartenbauexperten angelegt wurden. Unter der Anleitung der Mauren wurden Reis, Zuckerrohr, Granatäpfel, Baumwolle, Bananen, Orangen, Zitronen, Datteln und Feigen angebaut. Viele dieser landwirtschaftlichen Produkte gelangten später durch spanische und portugiesische Siedler nach Amerika.

Den behäbigen Ochsen ersetzte man durch das Maultier, den Esel und das Pferd. Man kreuzte nordafrikanische Pferde mit iberischen und begründete das, was als die älteste belegte Zuchtrasse der Welt gilt — die herrlichen Andalusier.

Medizin. Das Hospital von Córdoba war als medizinische Schule berühmt; sie war die erste ihrer Art in Europa, und ihre Ärzte genossen internationales Ansehen. Die chirurgischen Instrumente waren den heutigen überraschend ähnlich. Berichten zufolge benutzte man Wein, Haschisch und andere Drogen als Betäubungsmittel.

Viel Gewicht wurde den Naturheilverfahren beigemessen und dem Gebrauch von Heilkräutern. In Avicennas Kanon der Medizin, einer medizinischen Enzyklopädie aus dem elften Jahrhundert, findet man folgenden vernünftigen Rat: „Wie Erfahrungen zeigen, ist das Stillen an der Mutterbrust ein wichtiger Schutzfaktor gegen Krankheiten.“

Astronomie, Geographie und Mathematik. Im zwölften Jahrhundert erschien ein hervorragendes geographisches und astronomisches Werk, dessen Verfasser, Al Idrisi, in Córdoba studiert hatte. Es trug den Titel „Rogerbuch“. Darin wurde die bekannte Welt in Klimazonen eingeteilt, und es enthielt über 70 detaillierte Karten, die man „die Krönung mittelalterlicher Kartographie“ genannt hat. Wie die meisten islamischen Gelehrten war Al Idrisi davon überzeugt, daß die Erde kugelförmig ist.

Ein anderer Maure, der in Toledo lebte, veröffentlichte astronomische Tafeln und erfand das, was als universelles Astrolabium bekannt wurde, eine Vorrichtung zur Bestimmung der geographischen Breite, die der Vorläufer des Sextanten war. Diese Fortschritte, zusammen mit der Übernahme des Dreiecksegels, das auf arabischen Dauen (Zweimastern) seit Generationen benutzt wurde, waren ein wichtiger Beitrag zu den großen Entdeckungsreisen des 15. Jahrhunderts.

Auch unser Zahlensystem hat den islamischen Mathematikern viel zu verdanken, die schon im achten Jahrhundert die heute als arabische Ziffern bekannten Zeichen einschließlich der Null und des Dezimalkommas verwendeten. Das stellte eine bedeutende Verbesserung gegenüber dem vorherigen römischen Ziffernsystem dar, bei dem die Zahlen durch Buchstaben dargestellt wurden (I = 1, V = 5, X = 10, L = 50, C = 100, M = 1 000). Vergleiche dazu nur z. B. MCMLXXXVIII mit der gleichen Zahl im arabischen System — 1988!

[Bild auf Seite 23]

Patio de los Leones (Löwenhof), Alhambra (Granada)

[Bild auf Seite 24]

Komplizierte maurische Ornamentik im Palast der Alhambra (Granada)

[Bilder auf Seite 25]

Verziertes Kuppelgewölbe der Moschee (Mezquita) von Córdoba

Einige der über 800 Marmorsäulen der Moschee von Córdoba

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