Schönheitsoperation für die eiserne Dame
Von unserem Korrespondenten in Frankreich
SIE ist zwar schon in die Jahre gekommen, aber Falten hat sie noch keine. Man kümmert sich ja auch seit jeher gut um sie. Alle sieben Jahre muß sie sich einer Schönheitsoperation unterziehen, und erst kürzlich hat sie eine Schlankheitskur gemacht, die ihr etwas von ihrer Jugend wiedergab. Sie hatte es bitter nötig.
Seit ihrer Geburt im Jahre 1889 sind der „eisernen Dame“ (wie man den Eiffelturm in Frankreich liebevoll nennt) verschiedene Mißgeschicke widerfahren. Nach dem Einziehen von Betondecken war die erste Plattform überlastet, und auf den verschiedenen Ebenen hatten sich häßliche Läden und Verkaufsstände eingenistet. Unter der zusätzlichen Last begannen sich einige Träger zu verbiegen. Auch entsprachen die Gasleitungen zu den Restaurants auf der ersten und der zweiten Plattform nicht mehr den Sicherheitsvorschriften und mußten daher entfernt werden.
Anfang der 80er Jahre gab die Stadtverwaltung grünes Licht für die Renovierung. Man wollte in die alte eiserne Dame wieder Leben bringen, ihr Ansehen wiederherstellen und den Umgang mit den Millionen von Besuchern, die jedes Jahr kommen, vereinfachen.a Durch das Entfernen störender Teile konnte sie „abspecken“ — über 1 000 Tonnen. Die Renovierung schuf Platz für neue Läden, einen Konferenzraum, ein Videomuseum, das ihren Lebenslauf erzählt, ein Postamt und für Gaststätten, die ihrer würdig sind und die man auf die verschiedenen Bedürfnisse der Besucher zugeschnitten hat.
Der alte hydraulische Aufzug zwischen der zweiten und der dritten Plattform (der die Besucher von der Mitte bis zur Spitze beförderte) wurde ausgebaut, da man früher seinen Betrieb bei sehr großer Kälte einstellen mußte. Touristen, die Paris im Winter besuchten, waren oft enttäuscht, wenn sie nicht weiter als bis zur zweiten Plattform kamen. Jetzt sind vier elektrische Expreßaufzüge bei jedem Wetter im Einsatz. Dadurch haben sich auch die Warteschlangen derjenigen, die zur Spitze wollen, bedeutend verkürzt.
Einige bedauern, daß die Wendeltreppe zwischen der zweiten und der dritten Plattform dem letzten Umbau zum Opfer gefallen ist. Doch die alte Dame wurde neu illuminiert. Hunderte von geschickt plazierten Scheinwerfern bringen ihre feingliedrige Struktur besonders gut zur Geltung und erlauben es ihr, sich in der Nacht in ihrer ganzen Pracht zu zeigen.
Die eiserne Dame wird dieses Jahr hundert Jahre alt. Ihre Geburt war zwar sehr umstritten, aber heute möchte sie wohl niemand im Pariser Stadtbild missen. Überall in der Welt gilt sie noch immer als das berühmteste Wahrzeichen der Stadt.
[Fußnote]
a Im Jahre 1979 kamen 3,4 Millionen Besucher; 1987, nach der Renovierung, 4,2 Millionen.
[Bilder auf Seite 10, 11]
Vom Eiffelturm aus genießen Millionen Touristen Paris aus der Vogelperspektive