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Erwachet! 1990
g90 22. 12. S. 5-9

Wer entwickelt Eßstörungen?

Während ein angemessenes Interesse am eigenen Aussehen normal ist, können Eßstörungen entstehen, wenn man von der Sorge um sein Aussehen besessen ist. Das wird in folgendem Interview deutlich.

ERWACHET!: Ann, warst du übergewichtig, als deine Probleme anfingen?

ANN: Nein, aber ich hatte einen Freund und wollte gut aussehen.

ERWACHET!: War deine Selbstachtung von deinem Aussehen abhängig?

ANN: Bestimmt. Wenn mich andere ansahen, überlegte ich immer, was sie wohl von mir dachten. Ich redete mir ständig ein, ich müsse die richtige Figur haben, um attraktiv zu sein.

ERWACHET!: Du warst also zufrieden mit dir, wenn du das Gefühl hattest, gut auszusehen?

ANN: Ganz sicher! Nahm ich zu, dann haßte ich mich. Wenn ich in den Spiegel schaute, dachte ich nicht an innere Werte.

Man weiß nicht, warum manche Eßstörungen entwickeln, während das bei anderen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, nicht der Fall ist. Kultur, Vererbung, Gesundheit oder biochemische Abnormalitäten und das familiäre Umfeld spielen offensichtlich eine Rolle. Doch gibt es gewisse Persönlichkeitsmerkmale, die wohl für die meisten Betroffenen kennzeichnend sind.

Perfektionismus

Als Gesamtheit gesehen neigen Eßgestörte zum Perfektionismus und stechen in der Schule oder am Arbeitsplatz durch hohe Leistungen hervor. Dr. Hilde Bruch, die über 130 Magersüchtige behandelt hat, beschreibt in ihrem Buch Der goldene Käfig die Gefühle, die für die Betroffenen typisch sind: „Du hast eine große Angst, nämlich gewöhnlich zu sein, Durchschnitt oder das Übliche — eben nicht gut genug. ... Du denkst, daß du nur dann etwas taugst, wenn du etwas ganz Besonderes tust, etwas so Großes und Hervorragendes, daß deine Eltern und andere Leute, an denen dir liegt, beeindruckt sind und dich bewundern werden.“

Lee, die an Magersucht litt, gesteht: „Ich versuchte, etwas Hervorragendes zu leisten; ich wollte bei allem, was ich tat, die Beste sein.“ Häufig äußert sich dieser Perfektionismus in dem übermächtigen Wunsch, anderen zu gefallen, d. h. das „beste Mädchen der Welt“ zu sein.

Frauen sind auch durch ihre Auffassung von ihrer Rolle in der Gesellschaft gefährdeter. Männer können zwar ebenfalls an Eßstörungen leiden, doch vorwiegend sind Mädchen und Frauen betroffen. In dem Buch Surviving an Eating Disorder wird erklärt: „Mädchen mit Eßstörungen sind oft dazu erzogen worden, an andere keine Ansprüche zu stellen. Ein liebes Mädchen ist still und unauffällig und zeigt seinen Kummer nicht.“ Eine solche Erziehung kann allerdings dazu führen, daß Frauen das Gefühl haben, ihr Leben nicht selbst bestimmen zu können.

Bei manchen Frauen führt das ständige Bemühen, anderen zu gefallen, während sie gleichzeitig den Wunsch unterdrücken, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, zu einem inneren Konflikt, der eine Eßstörung verursachen kann. Dawn, die von Fettsucht und Bulimie geheilt wurde, erzählt: „Meine Eltern erwarteten von mir, alles auf ihre Art und Weise zu tun. Ich sollte so sein, wie sie mich haben wollten. Nach außen hin wirkte ich selbstbewußt und intelligent, aber in meinem Innern sah es ganz anders aus. Ich hatte das Gefühl, ihren Erwartungen nie entsprechen zu können. Ich konnte es niemandem recht machen — weder meinen Freunden noch meinen Eltern. Dann wurde mir bewußt, daß ich mein Gewicht kontrollieren konnte! Ich konnte nach Belieben zunehmen und abnehmen. Das verlieh mir das Gefühl, mein Leben unter Kontrolle zu haben. Wenn ich mein Gewicht unter Kontrolle hätte, hätte ich alles unter Kontrolle.“

Gefühle der Unzulänglichkeit

Dawns Unsicherheit ist typisch für die Selbstzweifel vieler, die an Eßstörungen leiden. Obwohl sie Talente haben, fehlt es den meisten an Selbstwertgefühl. Unmäßiges Essen ist mitunter ein Anzeichen für geringe Selbstachtung. Man sagt sich: „Ich bin nichts wert. Warum sollte ich um mich oder mein Gewicht besorgt sein?“ Solche Gedanken führen zu Depressionen, worunter fast alle leiden, die Eßstörungen haben.

Wodurch wird dieses Gefühl der Wertlosigkeit verursacht? Die Bibel antwortet: „Durch den Schmerz des Herzens gibt es einen niedergeschlagenen Geist“ (Sprüche 15:13). Innerer Schmerz kann durch verschiedenes verursacht werden — bittere Enttäuschung, Zurückweisung, eine Umgebung, in der die eigenen emotionellen Bedürfnisse nicht beachtet werden, oder traumatische Kindheitserlebnisse, um nur einiges zu nennen. Die Forschung zeigt, daß eine überraschend hohe Anzahl von Patientinnen mit Eßstörungen sexuell mißbraucht wurden.

Doch eine geringe Selbstachtung kann auch durch die Einstellung anderer hervorgerufen werden. „So weit ich zurückdenken kann, war ich zu dick, und meine Mutter hackte ständig auf mir herum“, erzählt eine junge Frau. „Es wurde alles getan, damit ich abnahm; das war das einzige, was zählte. Deshalb hasse ich mich und meinen Körper.“ Das heutige gesellschaftliche Klima, in dem Schlankheit gepriesen wird, trägt dazu bei, daß sich manche Übergewichtige hassen.

In anderen Fällen schwindet die Selbstachtung erst durch die Eßstörung an sich. Lynn, die bis zu zehnmal am Tag erbrach, gibt zu: „Nach dem Erbrechen betrachtete ich mein Gesicht im Spiegel und sagte mir: ‚Ich hasse dich.‘ Dann weinte ich. Ich fühlte mich wertlos.“

Tief im Innern sind die meisten Betroffenen davon überzeugt, daß sie grundlegende Persönlichkeitsmängel haben. Daher sind alle ihre Bemühungen darauf gerichtet, ihre Fehlerhaftigkeit und Unzulänglichkeit zu verbergen und nach Möglichkeiten zu suchen, ihre Selbstachtung aufzubauen. Magersüchtige wollen dies auf außergewöhnliche Weise erreichen. Ihr Bemühen um ein Selbstwertgefühl macht die Magersucht so heimtückisch — und tödlich.

Als Lee von einem Mann, den sie liebte, zurückgewiesen wurde, war es mit ihrer Selbstachtung aus. „Ich wollte ihm beweisen, daß er etwas versäumte“, berichtet sie. „Deshalb nahm ich mir vor, superschlank und superschick zu sein.“ Um abzunehmen, aß sie nichts mehr und wurde überaktiv. „Allmählich war ich zufrieden. Ich hielt mich für jemand ganz Besonderes, da ich etwas erreicht hatte, was andere nicht fertigbrachten. Ich fühlte mich stark.“

Lees Gewicht sank von 73 auf bedenkliche 47 Kilo. Über die Bemühungen anderer, sie zum Essen zu bewegen, sagt sie rückblickend: „Ich dachte, sie alle wollten mein Leben und mein Glück ruinieren und mir die Selbstachtung rauben. Ich befürchtete, schließlich wie alle anderen zu werden.“ Die Haltung Lees ist typisch für Magersüchtige, die versuchen, Selbstwertgefühl zu erlangen, indem sie ihre Wünsche unterdrücken und etwas tun, was andere nicht schaffen.

Auch ein Mädchen, das sich ausgenutzt fühlt, kann magersüchtig werden, um seine zerbrechliche Selbstachtung vor weiteren Mißbräuchen zu schützen. Shirley litt zum Beispiel darunter, wie sie von den Jungen wegen ihrer gerade entwickelten weiblichen Formen behandelt wurde. Dann machte ihr eigener Vater Annäherungsversuche. „Ich fühlte mich so beschämt und angewidert, daß ich zu meiner Mutter lief und einfach nur weinte“, berichtete Shirley. „Als ich abgenommen hatte und meine Kurven weg waren, belästigte mich niemand mehr. Das andere Geschlecht schenkte mir keine Aufmerksamkeit mehr.“

In manchen Fällen ist Magersucht die Flucht vor den Pflichten des Erwachsenseins. „Ich wollte nicht erwachsen werden und familiäre Pflichten auf mich nehmen“, erklärte Shirley. „Auf keinen Fall wollte ich zunehmen. Niemals! Für niemanden!“ Traurigerweise führte ihr zwanghafter Wunsch, die Zeit stillstehen zu lassen, zu einem qualvollen Hungertod.

Diese Beschreibungen treffen nicht auf alle Magersüchtigen zu. Doch es scheint, daß es ihnen allen ein Machtgefühl verleiht, sich selbst zu einer Person zu machen, die sie bewundern können. Sie erlangen dadurch eine gewisse Selbstachtung. Die Magerkeit ist für sie ein Grund zum Stolz und zur Freude.

Mit schmerzlichen Gefühlen fertig werden

Da Nahrung besänftigt und beruhigt, kann man sie mißbrauchen, um mit Einsamkeit, Angst, Langeweile, Wut, Niedergeschlagenheit, Ablehnung oder Verrat fertig zu werden. „In der Schule hatte ich ein so schmerzliches Erlebnis, daß ich nicht darüber reden konnte“, erzählt Dawn. „Immer wenn ich an den Vorfall dachte oder mich in einer verzwickten Situation befand, bekam ich einen Freßanfall. Ich versuchte, meine Gefühle mit Essen zuzustopfen.“ Das Essen betäubte ihren inneren Schmerz. Aber die Fettsucht führte zu einer Gewichtszunahme von 45 Kilo.

Mitunter ist die Eßstörung ein Ausweichen vor den Belastungen des Lebens. Annes Vater war Alkoholiker, und sie wurde ständig wegen ihres Gewichts gehänselt. Sie sagt über ihre Freß-Brech-Sucht: „Das war meine Art und Weise, mit dem täglichen Streß fertig zu werden, und es klappte. Denn wenn man von etwas besessen ist, muß man nicht über seine echten Probleme nachdenken. Man schiebt alles auf das Übergewicht und meint, daß das Leben wunderbar wäre, wenn man abnehmen würde.“

Wir alle essen zwar vielleicht etwas mehr, wenn wir aufgeregt oder einsam sind, doch wer in der Gefahr steht, eine Eßstörung zu bekommen, bedient sich nicht der normalen Mittel, um gegen den inneren Aufruhr anzugehen. Falls er beispielsweise eine unterschwellige Abneigung gegen eine Person oder eine Situation hat, würde er zur Besänftigung eher essen, als seinen Unmut zur Sprache zu bringen.

Die Rolle von Abmagerungskuren

Strenge Abmagerungskuren sind gemäß der Forschung der meistgenannte Grund für Freßanfälle. Eine 1989 durchgeführte Studie über die Ursachen von Fettleibigkeit ergab folgendes: „Diätverhalten als Reaktion auf Gewichtsprobleme scheint unerklärlicherweise mit Gewichtszunahme in Verbindung zu stehen.“ Wieso?

Wer eine strenge Diät einhalten will, muß meist Süßigkeiten und andere wohlschmeckende Nahrungsmittel streichen. Diese „verbotenen“ Nahrungsmittel werden für ihn zu einer ständigen Versuchung. Wenn er dann aufgeregt, besorgt oder einsam ist, verfällt er in Selbstmitleid. Um seine Stimmung zu heben, stopft er sich mit genau den Nahrungsmitteln voll, die er sich vorenthalten hat. Darauf folgt eine noch strengere Diät mit demselben Ergebnis — ein Freßanfall. Dieser Teufelskreis führt zu Gewichtszunahme und Eßstörungen. Lee beschreibt, wie sie durch Schlankheitskuren die Voraussetzung für Magersucht schuf: „Ich hatte alle möglichen Abmagerungskuren ausprobiert. Ich nahm ab und wieder zu. Diesmal wollte ich mein Gewicht unbedingt niedrig halten.“

Das Wissen um die Ursache einer Eßstörung ist zwar nicht die ganze Lösung des Problems, doch es kann zur Heilung beitragen. Es kann auch helfen, Eßstörungen vorzubeugen. Was aber, wenn du einige der erwähnten Persönlichkeitsmerkmale bei dir selbst, bei einem Angehörigen oder einem Bekannten feststellst? Wie kann man sie überwinden?

[Bild auf Seite 7]

Die übermäßige Sorge um das Aussehen kann zu einer Eßstörung führen

[Bild auf Seite 8]

Einige essen unmäßig, um mit schmerzlichen Gefühlen fertig zu werden

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