Ein tödliches Zusammenspiel
„EINE bedrohliche Krise“, erklärte US-Präsident Bush. Ein „erschreckender Zustand“, schrieb die südafrikanische Zeitung The Star. „Eine Epidemie“, hieß es in U.S.News & World Report. „Eine Geißel der Gesellschaft“, sagte ein besorgter Bürger.
Ist von dem gefürchteten Aidsvirus die Rede? Nein, aber von einer anderen Art Seuche, die in den meisten Ländern gegenwärtig mehr Todesopfer fordert als Aids. Worum handelt es sich? Um die Folgen eines tödlichen Zusammenspiels: Alkohol und Autofahren.
Weltweit kommen jährlich rund 300 000 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Von den Millionen Verletzten sind Zehntausende zeitlebens Krüppel. Die entstehenden Kosten belaufen sich jedes Jahr auf viele Milliarden. Zu einem großen Teil ist bei diesen Unfällen Alkohol im Spiel.
Im vergangenen Jahrzehnt sind in den Vereinigten Staaten etwa 100 000 Menschen an Aids gestorben. Doch im selben Zeitraum sind ungefähr 250 000 bei Verkehrsunfällen zufolge von Alkoholkonsum ums Leben gekommen. Aids betrifft häufiger direkt Personen, die ungebundene Geschlechtsbeziehungen pflegen oder Drogen spritzen. Aber bei Alkohol am Steuer ist nicht nur der Fahruntüchtige in Lebensgefahr, sondern auch der Unbeteiligte.
Das Zusammenspiel von Alkohol und Autofahren bedeutet für das ahnungslose Opfer oft einen äußerst gewaltsamen Tod und reißt Familien auseinander. Eltern werden ihrer Kinder beraubt, Kinder ihrer Eltern und Eheleute ihres Ehegefährten.
Versuche, die Flut einzudämmen
Man unternimmt viele Anstrengungen, diese verheerende Flut einzudämmen. In den Vereinigten Staaten führen Organisationen, die das Übel an der Wurzel bekämpfen wollen, Kampagnen durch, um das Bewußtsein der Öffentlichkeit zu schärfen. Es gibt Programme gegen Alkohol am Steuer. In anderen Ländern existieren ebenfalls solche Organisationen. Sie verhelfen Geschädigten zu ihren Rechten und fördern Gesetzesreformen.
Die Polizei führt vermehrt Alkoholtests durch, um Alkoholsünder festzunehmen. Man hat verschiedene Gesetze erlassen, die Ausschenkende haftbar machen. Auch werden Fahrer durch Plakate an die bestehenden Gesetze erinnert.
Zahl der Todesopfer steigt weiterhin
Trotz dieser Bemühungen steigt die Zahl der Todesopfer zufolge von Alkohol am Steuer weltweit weiterhin an. In Brasilien wird durch Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel ist, alle 21 Minuten jemand getötet — rund 25 000 Todesfälle im Jahr. Das sind etwa 50 Prozent der Verkehrstoten dort. In Großbritannien und Deutschland ist laut Angaben ein Fünftel der Todesfälle im Straßenverkehr auf Alkoholgenuß zurückzuführen. Die mexikanische Zeitung El Universal berichtet, daß in Mexiko gemäß mehreren Quellen 80 Prozent der 50 000 tödlichen Verkehrsunfälle menschlichem Versagen zuzuschreiben sind; hauptsächlich handelt es sich um Alkohol am Steuer.
Man schätzt, daß in Südafrika 25 Prozent der Unfalltoten auf das Konto von Trunkenheit am Steuer gehen. In den Vereinigten Staaten führen alkoholbedingte Verkehrsunfälle jährlich zu rund 650 000 Verletzungen, von denen etwa 40 000 schwerwiegend sind; über 23 000 Menschen kommen um — ungefähr die Hälfte der Verkehrstoten insgesamt.
In dem verzweifelten Kampf gegen den alkoholisierten Fahrer hat man im amerikanischen Bundesstaat Washington einen Ausschuß von Alkohol-am-Steuer-Geschädigten gegründet. Dieser nimmt in Fällen von Trunkenheit am Steuer an Gerichtsverfahren teil. Das Programm wird derzeit in vielen Orten des Bundesstaates durchgeführt. Der Zweck besteht darin, Alkoholsündern die tragischen Folgen ihres unverantwortlichen Verhaltens vor Augen zu führen. Die Straftäter werden von den Gerichten dazu verurteilt, die Geschädigten anzuhören und sich so die schrecklichen Konsequenzen bewußtzumachen. Erwachet! wurde eingeladen, einer solchen Sitzung beizuwohnen.
[Bildnachweis auf Seite 4]
Dominic D. Massita, Sr./Accident Legal Photo Service of New York