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  • Wer kümmert sich um die Betagten? Ein wachsendes Problem
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Erwachet! 1991
g91 22. 3. S. 4-9

Wer kümmert sich um die Betagten? Ein wachsendes Problem

EIN kleines Mädchen, so wird erzählt, fragte einmal seine Mutter: „Du Mama, warum ißt Oma aus dem Holzschüsselchen und alle anderen von dem schönen Geschirr?“ Die Mutter antwortete: „Omas Hände zittern, und daher könnte sie unser gutes Geschirr fallen lassen und so zerbrechen; deshalb benutzt sie statt dessen das Holzschüsselchen.“ Das kleine Mädchen überlegte einen Moment und sagte darauf: „Kannst du mir das Schüsselchen aufheben, damit ich es dann für dich habe, wenn ich erwachsen bin?“ Diese Aussicht mag die Mutter verblüfft, ja sogar ein wenig erschüttert haben. Doch nach einigem Nachdenken hat sie vielleicht der Gedanke beruhigt, daß ihre kleine Tochter schon daran dachte, einmal für sie zu sorgen.

Für nicht wenige ältere Menschen sind die Zukunftsaussichten nicht so rosig. In vielen Teilen der Welt stellen die Älteren den am schnellsten wachsenden Bevölkerungsteil dar. Gemäß der World Press Review vom August 1987 waren zu dieser Zeit 600 Millionen oder 12 Prozent der Weltbevölkerung über 60.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten haben die Senioren die Jugendlichen zahlenmäßig überflügelt. Der Wissenschaftsredakteur einer New Yorker Zeitung schrieb: „Dreißig Millionen Amerikaner sind jetzt 65 oder älter — einer von acht, mehr als je zuvor. Und die ältere Bevölkerung wächst doppelt so schnell wie die übrige. ... 1786 lag die durchschnittliche Lebenserwartung der Amerikaner bei 35. Für ein 1989 in Amerika geborenes Kind beträgt sie 75.“

In Kanada rechnet man damit, daß sich die Zahl der Hochbetagten im Alter von 85 und darüber bis zum Ende des Jahrhunderts mehr als verdreifachen wird.

Vor hundert Jahren machten in Europa die älteren Menschen gerade ein Prozent der Bevölkerung aus. Inzwischen ist ihr Anteil auf 17 Prozent hochgeschnellt.

In einem Bericht des Statistischen Bundesamtes der Vereinigten Staaten, betitelt „Altern in der dritten Welt“, war zu lesen: „Vier Fünftel der Zunahme an älteren Menschen gehen auf Konto der dritten Welt.“

Vor vier Jahrzehnten lag die Lebenserwartung in China bei 35. Bis zum Jahr 1982 stieg sie sprunghaft auf 68 an. Heute zählen über 90 Millionen Chinesen zu den Senioren, und nach Hochrechnungen wird diese Zahl bis zum Ende des Jahrhunderts auf 130 Millionen oder 11 Prozent der Bevölkerung anwachsen.

Besondere Anstrengungen, für Angehörige zu sorgen

Mit der weltweit steigenden Zahl der Hochbetagten wird die schwierige Frage, wie man für sie sorgen kann, immer kritischer. In biblischen Zeiten war das nicht so problematisch. Kinder, Eltern und Großeltern lebten in einer Großfamilie zusammen. Zwischen Enkeln und Großeltern bestand ein enges Verhältnis, was für beide Seiten gut war; und die Eltern konnten nicht nur für die materiellen Bedürfnisse sorgen, sondern sich auch darum kümmern, daß die Älteren im Haushalt jegliche Hilfe bekamen, die sie brauchten. Solche Großfamilien, in denen man sich um die Alten kümmert, sind heute noch in verschiedenen Ländern die Regel. (Beispiele sind in dem Kasten auf Seite 8 zu finden.) Doch in vielen Industrieländern ist das nicht mehr der Fall. Dort beschränkt sich der Familienkreis auf Eltern und Kinder. Wenn die Kinder herangewachsen sind, heiraten und selbst Kinder haben, sehen sie sich oft vor das Problem gestellt, daß ihre betagten, gebrechlichen und oftmals chronisch kranken Eltern versorgt werden müssen.

Im heutigen System der Dinge kann das ein wirklich schwerwiegendes Problem sein. So bedauerlich es ist, unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Bedingungen sehen sich häufig Mann und Frau gezwungen zu arbeiten. Nahrungsmittel sind teuer, die Mieten sind hoch, und Rechnungen wollen bezahlt werden. Selbst zwei Einkommen können schnell aufgebraucht sein. Und auch wenn die Frau nicht außer Haus arbeitet, wird sie oft von den Kindern, durch das Einkaufen und das Saubermachen in Trab gehalten — alles in allem an sich schon eine Ganztagsarbeit. Das heißt jedoch nicht, daß man nicht zu Hause für die betagten Eltern sorgen sollte. Es soll damit nur gesagt werden, daß es eine sehr schwierige Aufgabe sein kann. Die Älteren haben ihre Leiden und Schmerzen, und verständlicherweise beklagen sie sich manchmal, sind mürrisch, nicht gerade freundlich und nicht immer gut aufgelegt. Nichts von alldem entbindet einen von ernsthaften Anstrengungen, zu Hause für einen betagten Elternteil zu sorgen.

Häufig lastet die Verantwortung auf den Schultern der Töchter. Eine Untersuchung nach der anderen hat ergeben, daß Männer zwar finanziell Hilfe leisten, es aber in erster Linie die Frauen sind, die bei den notwendigen Verrichtungen Hand anlegen. Sie bereiten Mahlzeiten für die Betagten zu — und füttern sie auch oftmals —, sie baden sie, ziehen sie an, wechseln ihnen die Windeln, fahren sie zum Arzt und ins Krankenhaus und besorgen für sie Medikamente. Oft sind sie die Augen, die Ohren und das Gedächtnis der betagten Eltern. Sie leisten Gewaltiges, und ihre Bereitschaft, das trotz der damit verbundenen Härten zu tun, ist wirklich zu loben und erfreut Jehova Gott.

„Die stereotype Auffassung, daß die Familien ihre alten Angehörigen am liebsten ins Alters- oder Pflegeheim abschieben wollen“, sagt Altersforscher Rosenmayr gemäß dem Spiegel, „läßt sich durch keinerlei Studien belegen.“ Weiter heißt es in dem Spiegel-Artikel: „Wer der Hilfe bedarf, kann zumeist auf die Familie rechnen.“

Statistiken untermauern das. In den Vereinigten Staaten äußerten sich beispielsweise bei einer Umfrage 75 Prozent dahin gehend, daß ihre Eltern bei ihnen wohnen sollten, wenn sie nicht mehr im eigenen Haushalt leben könnten. „Das bestätigt, daß Familien für ihre Mitglieder sorgen wollen“, erklärt Dr. Carl Eisdorfer, Direktor des Instituts für Erwachsenenentwicklung und Gerontologie an der Universität Miami (Florida). Und in der Zeitschrift Psychologie Heute wird gesagt, „daß 80 bis 90 Prozent der pflegebedürftigen Betagten durchaus von ihren Angehörigen versorgt werden“.

Der folgende Fall zeigt, welche Anstrengungen einige unternehmen, um für einen betagten Elternteil zu sorgen. Der Bericht stammt von einem reisenden Repräsentanten der Zeugen Jehovas, der Versammlungen in den Vereinigten Staaten besucht. Er erklärt, daß seine Frau und er entschlossen waren, ihre 83jährige Mutter bei sich zu behalten, statt sie in einem Pflegeheim unterzubringen. „Ich erinnerte mich an den Ausspruch“, berichtet er, „daß eine Mutter zwar für 11 Kinder sorgen könne, aber 11 Kinder nicht für eine Mutter. Nun, wir beide waren entschlossen, für eine betagte Mutter zu sorgen. Obwohl sie im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit war, reiste sie mit uns in unserem großen Wohnmobil.

Anfangs begleitete sie uns, wenn wir die Königreichsbotschaft von Haus zu Haus verkündigten. Später mußte sie einen Rollstuhl benutzen. Die Wohnungsinhaber schätzten es anscheinend, wie wir uns um sie kümmerten. Manchmal sagte sie etwas, was nicht stimmte, aber wir brachten sie nie in Verlegenheit, indem wir sie korrigiert hätten. Ihren Sinn für Humor hat sie nie verloren. Wir sorgten für sie, bis sie im Alter von 90 Jahren starb.“

Wenn ein Pflegeheim in Anspruch genommen werden muß

In der Bundesrepublik Deutschland lebten 1987 etwa 250 000 Betagte in Pflegeheimen. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch nicht um das gefühllose Abschieben, als das einige die Unterbringung in einem Pflegeheim ansehen. Häufig ist es die einzige Möglichkeit, für diejenigen, die sich nicht mehr selbst versorgen können, angemessen zu sorgen. Nur zu oft sind die Kinder von Betagten nicht in der Lage, für ihre alten Eltern zu sorgen, von denen einige schwer an der Alzheimer-Krankheit leiden oder zufolge einer an den Kräften zehrenden Krankheit bettlägerig sind und rund um die Uhr gepflegt werden müssen. In solchen Fällen mögen Pflegeheime die einzigen Orte sein, wo diese Pflege möglich ist.

Ein Missionar der Watch Tower Society in Sierra Leone berichtete, wie weh es seiner Mutter tat, als sie ihre Mutter in einem Pflegeheim unterbringen mußte: „Kürzlich brachte meine in Florida lebende Mutter ihre eigene Mutter in ein Pflegeheim. Die Entscheidung war ihr sehr schwer gefallen. Vier Jahr lang hatte sie für Oma gesorgt, doch jetzt mußte Oma ganztägig gepflegt werden. Muttis Freunde und Angehörige, verschiedene Sozialarbeiter und Ärzte, alle unterstützten die Entscheidung, und dennoch fiel sie ihr sehr schwer. Meine Mutter vertrat die Ansicht, daß ihre Mutter für sie gesorgt hatte, als sie Kind war, und daß es somit nur recht und billig sei, wenn sie jetzt für ihre betagte Mutter sorge — als Erstattung oder die ‚gebührende Vergütung‘, von der Paulus gesprochen hatte. Doch so, wie die Dinge lagen, konnte Oma in einem Pflegeheim besser versorgt werden, als es bei meiner Mutter zu Hause möglich gewesen wäre“ (1. Timotheus 5:4).

Ein anderer Zeuge, der im Hauptbüro der Zeugen Jehovas arbeitet, sagte über den Kampf seines Vaters gegen den Krebs: „Vati war über 30 Jahre lang ein eifriger Zeuge. In seinen letzten neun Lebensjahren hatte er Krebs. Wir, meine Frau und ich, verbrachten mit ihm zusammen unseren Urlaub und bekamen auch Sonderurlaub, um mit ihm zusammenzusein und ihm zu helfen. Andere Angehörige halfen auf verschiedene Weise. Doch den größten Teil der Zeit kümmerte sich um ihn meine Mutter und eine verheiratete Schwester von mir, die gleich nebenan wohnte. Außerdem wurde er von Glaubensbrüdern aus der Versammlung der Zeugen Jehovas besucht, zu der er gehörte. In den letzten zwei Jahren mußte er immer wieder ins Krankenhaus, und die letzten fünf Monate verbrachte er in einer Einrichtung für Schwerstpflegebedürftige, wo er die spezielle Pflege bekommen konnte, die er benötigte.

Die Entscheidung für diese Einrichtung wurde zusammen mit ihm in der Familie getroffen. Er erklärte, daß seine Pflege zu Hause für die Familie zu anstrengend werde, ja sogar unmöglich. ‚Das bringt euch alle ins Grab‘, sagte er. ‚Es ist an der Zeit, daß ich in dieses Pflegeheim komme. Das ist für euch besser und für mich auch.‘

Und so ging er. Den größten Teil der neun Jahre hat die Familie für ihn gesorgt, und die Einrichtung für Schwerstpflegebedürftige war nur die letzte Zuflucht, um ihm die notwendige fachspezifische Pflege rund um die Uhr zu sichern.“

Wenn als letzte Möglichkeit, für eine angemessene Pflege zu sorgen, nur das Pflegeheim bleibt, sollte die Familie ein sauberes Pflegeheim mit freundlichem und fachkundigem Personal auswählen. Sofern es irgend möglich ist, sollte man für täglichen Besuch sorgen — ein Familienmitglied, jemand von der Versammlung oder zumindest ein Telefonanruf, damit sich der Betreffende nicht verlassen, vergessen oder völlig einsam fühlt und denkt, niemand kümmere sich um ihn. Es kann für einen geliebten Angehörigen sehr entmutigend sein, wenn andere im Pflegeheim Besuch bekommen, er aber nicht. Die Angehörigen sollten daher versuchen, regelmäßig nach dem Pflegebedürftigen zu sehen. Man sollte sich mit ihm unterhalten, ihm zuhören und mit ihm beten. Das letztere ist sehr wichtig. Selbst wenn jemand anscheinend im Koma liegt, wäre es gut, zu beten. Man weiß nie, in welchem Maße er noch etwas verstehen kann.

Geht es um Entscheidungen, die die Eltern betreffen, so sollten die Kinder sie mit ihren Eltern und nicht für sie treffen. Die Eltern sollten das Gefühl haben, daß sie immer noch die Kontrolle über ihr Leben haben. Es ist wichtig, die benötigte Hilfe mit soviel Liebe, Geduld und Verständnis wie möglich zu leisten. Dies ist die Zeit, unseren Eltern und Großeltern zurückzuerstatten, was wir ihnen schulden, so wie der Apostel Paulus schrieb.

„Das ist des Menschen ganze Pflicht“

In der Hektik des Alltags können ältere Menschen leicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Besonders die Jungen, die gerade erst den Wettkampf aufgenommen haben und sich hastig bemühen voranzukommen, neigen zu der Einstellung, die Älteren, deren produktive Zeit schon vorbei sei, würden ihnen nur im Weg stehen. Vielleicht sollten wir alle einmal innehalten und uns überlegen, was überhaupt ein Kriterium dafür ist, ob ein Leben nützlich ist oder nicht. Die Jüngeren sind schnell dabei, den Wert der Älteren herabzumindern und ihren eigenen überzubetonen.

Es sind jedoch nicht allein die Alten und Gebrechlichen, die möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Anteil an dem haben, was augenscheinlich zählt. König Salomo bezeichnete im Bibelbuch Prediger wiederholt die menschlichen Aktivitäten im allgemeinen als Nichtigkeit. Er sprach von der Jugend und ihrer vergänglichen Kraft und zeigte, daß die vergehenden Jahre ihren Körper genauso in Mitleidenschaft ziehen, wie das bei Millionen schon zuvor der Fall gewesen ist. Alle enden im Staub und verdienen die Bewertung: „Die größte Nichtigkeit!“, wie Salomo es ausdrückte. „Alles ist Nichtigkeit“ (Prediger 12:8).

Dennoch rühmte er die Worte der Weisen und faßte seine Beobachtungen über das Leben wie folgt zusammen: „Der Abschluß der Sache, nachdem man alles gehört hat, ist: Fürchte den wahren Gott, und halte seine Gebote. Denn das ist des Menschen ganze Pflicht“ (Prediger 12:13). Daran läßt sich die Nützlichkeit eines Lebens messen und nicht daran, wie alt oder jung man ist oder welchen Namen man sich in dieser materialistischen alten Welt macht, die vergehen wird.

Jesus gab uns für unseren Umgang miteinander eine Richtlinie, die als Goldene Regel bekannt wurde: „Wie ihr selbst in allem von den Menschen behandelt werden wollt, so behandelt sie auch“ (Matthäus 7:12, Fotobibel). Damit wir diese Regel anwenden können, müssen wir in der Lage sein, uns in die Situation des anderen zu versetzen, um zu sehen, wie wir an seiner Stelle gern behandelt werden würden. Wie würden wir von einem unserer Kinder behandelt werden wollen, wenn wir alt und gebrechlich wären? Werden wir unseren Eltern etwas für die 20 Jahre der Fürsorge und der Unterstützung zurückzahlen, womit sie uns in unserer Kindheit überhäuft haben, als wir ihre Hilfe brauchten, indem wir jetzt für sie sorgen, wo sie in ihrem Alter selbst auf die Hilfe anderer angewiesen sind?

Wenn wir die Bedürftigkeit unserer betagten Eltern sehen, lassen wir vielleicht unsere Kindheit an uns vorüberziehen und erinnern uns an all das, was sie für uns getan haben, als wir noch Säuglinge und kleine Kinder waren; wie sie sich um uns kümmerten, wenn wir krank waren, wie sie für Essen und Kleidung sorgten und wie sie mit uns Ausflüge machten, die uns so viel Freude bereiteten. Und dann sollten wir mit liebevollem Interesse an ihrem Wohlergehen darüber nachdenken, wie wir ihre Bedürfnisse am besten befriedigen können.

Das könnte bedeuten, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um sie wenn irgend möglich im Haus zu behalten. Manchmal mag es jedoch für alle Beteiligten, einschließlich des betagten Elternteils, das beste sein, wenn er in eine Einrichtung für Schwerstpflegebedürftige oder in ein Pflegeheim geht. Zu welcher Entscheidung man auch kommen mag, sie sollte von anderen respektiert werden. Uns wird gesagt: „Warum aber richtest du deinen Bruder? Oder warum blickst du auch auf deinen Bruder hinab?“ Und: „Wer bist du, daß du deinen Nächsten richtest?“ (Römer 14:10; Jakobus 4:12).

Was immer sich für betagte Eltern ergibt, ob sie nun bei ihren Kindern leben oder in einem Pflegeheim — wenn ihre geistigen Fähigkeiten intakt sind, können sie weiterhin ein sinnvolles Leben führen. Möglicherweise lernen sie jetzt noch Jehovas Vorsatz kennen, die gesamte gehorsame Menschheit für immer in Gesundheit auf einer paradiesischen Erde leben zu lassen. Sie finden eventuell ein neues Lebensziel, das darin besteht, ihrem Schöpfer, Jehova Gott, zu dienen, ihnen Freude bringt und sie ausfüllt. Das würde dann die zielgerichtetste und glücklichste Zeit ihres Lebens werden. Einige haben in einem Alter, in dem andere sich schon aufgegeben haben, Jehovas Verheißung kennengelernt, uns ewiges Leben in einer endlosen neuen Welt der Gerechtigkeit zu schenken, und sie haben eine neue Freude entdeckt, die daraus resultiert, mit anderen über diese Hoffnung zu sprechen.

Abschließen möchten wir mit dem Beispiel einer Kalifornierin, die im Alter von 100 Jahren von einer Pflegerin im Pflegeheim mit diesen verheißenen Segnungen bekannt gemacht wurde. Im hohen Alter von 102 Jahren ließ sie sich als eine Zeugin Jehovas taufen. Sie beendete ihr Leben nicht in einer Sackgasse der ‘Nichtigkeit aller Nichtigkeiten’, sondern kam ‘des Menschen ganzer Pflicht’ nach, nämlich ‘Gott zu fürchten und seine Gebote zu halten’.

[Herausgestellter Text auf Seite 6]

Man sagt, daß früher eine Mutter für 11 Kinder sorgen konnte, aber heute 11 Kinder nicht in der Lage sind, für eine Mutter zu sorgen

[Kasten auf Seite 8]

Ehre erweisen, indem man für die Betagten sorgt — Beobachtungen aus verschiedenen Teilen der Welt

„In Afrika gibt es nur wenige oder gar keine staatlichen Einrichtungen für Ältere — keine Pflegeheime, keine Gesundheitsprogramme für Ältere, keine Sozialversicherungen, keine Renten. Um alte Menschen kümmern sich deren Kinder.

Ein Hauptgrund dafür, daß die Menschen in den Entwicklungsländern den Kinderreichtum für so wichtig halten, ist der, daß sich ihre Kinder in der Zukunft um sie kümmern werden. Selbst arme Leute setzen viele Kinder in die Welt. Je mehr Kinder sie haben, so ihre Überlegung, desto größer die Chance, daß einige überleben und sich später um sie kümmern.

Die Wertmaßstäbe sind in Afrika zwar im Wandel begriffen, doch zum größten Teil nehmen die Familien ihre Verantwortung, sich um die Betagten zu kümmern, ernst. Wenn keine Kinder da sind, kümmern sich andere Angehörige um sie. Oft steht es um diejenigen, die für die Älteren sorgen, finanziell nicht sehr gut, aber sie teilen, was sie haben.

Eine andere Möglichkeit, wie Kinder für ihre Eltern sorgen, besteht darin, daß sie ihnen ihre eigenen Kinder leihen. Häufig sind es die Enkel, die die Hausarbeit erledigen.

In Industrieländern leben die Leute zufolge der medizinischen Fortschritte länger. Doch in den Entwicklungsländern ist das nicht der Fall. Arme Menschen sterben, weil sie sich noch nicht einmal die wenige medizinische Hilfe leisten können, die zur Verfügung steht. Ein Sprichwort in Sierra Leone lautet: ,Kein Armer ist krank.‘ Das heißt, da ein armer Mensch kein Geld für eine Behandlung hat, geht es ihm entweder gut, oder er ist tot“ (Robert Landis, Missionar in Afrika).

„In Mexiko hat man großen Respekt vor betagten Eltern. Sie leben allein zu Hause, wenn ihre Söhne geheiratet haben, aber wenn sie älter und hilfsbedürftig werden, nehmen die Kinder sie zu sich und sorgen für sie. Die Kinder fühlen sich dazu verpflichtet.

Es ist durchaus üblich, daß Großeltern mit einem Sohn und mit Enkeln im gleichen Haus wohnen. Die Enkel lieben und respektieren ihre Großeltern. Die Familienbande sind sehr eng.

In Mexiko sind nur sehr wenige Altenheime zu finden, denn die Söhne und Töchter sorgen für die Betagten. Gibt es in einer Familie mehrere Söhne, bleibt manchmal der Sohn, der als letzter heiratet, bei den Eltern wohnen“ (Isha Aleman aus Mexiko).

„In Korea wird einem zu Hause und in der Schule beigebracht, ältere Menschen zu ehren. In der Familie erwartet man von dem ältesten Sohn, für die betagten Eltern zu sorgen. Wenn ihm das nicht möglich ist, springt ein anderer Sohn oder eine Tochter ein. Viele Ehepaare leben mit ihren betagten Eltern unter einem Dach zusammen und kümmern sich um sie. Eltern rechnen damit, bei ihren Kindern zu leben, und gerne bringen sie ihren Enkeln etwas bei und versorgen sie. Es gilt für ein junges Paar als Schande, betagte Eltern in ein Pflegeheim zu schicken.

Mein Vater war der älteste Sohn, und wir lebten zusammen mit unseren Großeltern im gleichen Haus. Wann immer wir aus dem Haus gingen, sagten wir ihnen Bescheid, wo wir hingingen und wann wir zurück sein würden. Kamen wir dann wieder, schauten wir zuerst bei ihnen ins Zimmer und begrüßten sie mit einer Verbeugung, so daß sie wußten, daß wir wieder da waren, denn sie waren um das Wohl der ganzen Familie besorgt.

Reichten wir ihnen etwas, so hielten wir den Gegenstand mit beiden Händen. Es ist unhöflich, Personen, die in Ehren gehalten werden, wie Eltern, Großeltern, Lehrern oder höheren Beamten des öffentlichen Dienstes, irgend etwas nur mit einer Hand zu reichen. Hatten wir ein besonderes Essen, wurden unsere Großeltern zuerst bedient.

Betagte zu ehren beschränkt sich nicht auf Angehörige, sondern gilt für alle Älteren. Von der Grundschule bis zum Schulabschluß hat man Unterricht in Ethik. Dabei lernten wir anhand von Geschichten oder Vorträgen, wie wir die Betagten zu respektieren und zu ehren hatten.

Wenn eine alte Person einen Raum betritt, wird von den Jüngeren erwartet aufzustehen. Sitzt ein junger Mensch im Bus und ein älterer Mann oder eine ältere Frau hat keinen Sitzplatz, so ist es Sitte, daß der jüngere Fahrgast dem älteren seinen Platz überläßt. Trägt ein alter Mann ein Paket, das recht schwer aussieht, bleibt man stehen und fragt, ob man helfen kann. Stimmt er zu, trägt man ihm das Paket bis zu seinem Ziel.

In den letzten Tagen des Systems der Dinge verkommen die Wertmaßstäbe von Tag zu Tag mehr, so wie es die Bibel vorhergesagt hat. Korea bildet da keine Ausnahme. Dennoch hat sich die respektvolle Haltung gegenüber Betagten im Herzen vieler Koreaner erhalten“ (2. Timotheus 3:1-5) (Kay Kim aus Korea).

[Bild auf Seite 7]

Die Zeit für den Besuch von Betagten ist keinesfalls vergeudet

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