Junge Leute fragen sich:
Warum muß ich unbedingt pünktlich zu Hause sein?
TIM blieb mit seinen Freunden gern bis spätnachts weg. Sein Vater erfuhr jedoch bald, daß Tims nächtliche Mätzchen alles andere als harmloser Spaß waren. „Einmal bekam ich so viel Ärger, daß ich mein Zimmer zwei Wochen lang nicht verlassen durfte — außer, um in die Schule zu gehen oder etwas zu essen“, erinnert sich Tim. „Ich durfte mich nicht einmal dabei erwischen lassen, aus dem Fenster zu gucken! Nach den zwei Wochen ging ich mit einigen Freunden aus und blieb bis Mitternacht weg. Als wir mit dem Auto in die Einfahrt bogen, sah ich meinen Vater, der auf der Veranda saß und auf mich wartete.“
Viele Jugendliche ärgern sich darüber, daß ihre Eltern ihr Kommen und Gehen überwachen. Ein Mädchen sagt: „Als ich in das Teenageralter kam, erlegten mir meine Eltern alle möglichen Einschränkungen auf; so mußte ich zum Beispiel um Mitternacht zu Hause sein. Ich konnte das nicht leiden.“ Wenn Jugendliche auf ihre Verärgerung mit Trotz reagieren, ist das Ergebnis gewöhnlich nicht mehr Freiheit, sondern weitere und strengere Auflagen.
Bei kleineren Verstößen kann die Strafe so aussehen, daß man lediglich zu einem früheren Zeitpunkt als sonst zu Hause sein muß. Bei schlimmeren Vergehen werden einem Jugendlichen unter Umständen gewisse Privilegien gestrichen, oder er bekommt vorübergehend Stubenarrest. „Wenn du an einem Samstag abend spät nach Hause kommst, kann es sein, daß du den nächsten Samstag überhaupt nicht weggehen darfst“, erklärt ein Mädchen. Und dann gibt es noch die „Einzelhaft“: keine Besucher, keine Anrufe, kein Fernsehen. Für manche Jugendliche ist eine Standpauke die schlimmste Strafe. „Ah ja, die Tour mit der Schuld!“ ruft ein Jugendlicher aus. „Sie fangen davon an, wie sehr sie sich um dich geängstigt haben. Man fühlt sich schrecklich schuldig.“
Ist es jedoch nicht so, daß deine Eltern dich lieben und das Recht haben, von dir zu verlangen, zu einer angemessenen Zeit zu Hause zu sein? Bist du das nicht, dann sind sie bestimmt unruhig und ängstlich, und es raubt ihnen vielleicht sogar den Schlaf. Ein Jugendlicher, der seine Eltern wirklich liebt, möchte sicherlich nicht der Grund dafür sein, daß sie sich unnötige Sorgen machen. Würde er dadurch nicht äußerst selbstsüchtig handeln?
Etliche Jugendliche meinen allerdings, daß ihnen ihre Eltern ungerechte oder unvernünftige Einschränkungen auferlegen. „Sie wollen mich unbedingt wie einen 15jährigen behandeln“, protestiert der 18jährige Fred. „Kaum weigere ich mich, etwas zu tun, was mein Vater sagt, und schon liegen wir uns deswegen in den Haaren.“ Man kann aber auf bessere Art mit den Eltern klarkommen, als mit Trotz zu reagieren.
Fair oder unfair?
Frage dich zuerst einmal, wie ungerecht die Einschränkungen wirklich sind. Wie ein früherer Artikel zeigte, sind deine Eltern wahrscheinlich aus berechtigten Gründen um deine Sicherheit und dein Wohlergehen besorgt.a Müssen sich andere christliche Jugendliche deines Alters nicht auch nach ähnlichen Einschränkungen richten? Welche stichhaltigen Argumente hast du dann also, die Entscheidung deiner Eltern in Frage zu ziehen?
Tim, der zu Beginn erwähnte Jugendliche, erkannte nicht, daß sein Vater nur das Beste für ihn wollte. Du wirst dich daran erinnern, daß er zu spät nach Hause kam und seinen Vater sah, der wartend auf der Veranda saß. Was beschloß Tim? Er wurde noch ungehorsamer. „Als wir in die Einfahrt bogen, duckte ich mich auf dem Sitz, so daß Vati mich nicht sehen konnte, und ich bat meinen Freund, wieder wegzufahren. Ich entschloß mich, von zu Hause auszureißen.“ Tim verließ sein Zuhause und schloß sich einer ausgelassenen Clique an, was zu Unmoral, Autodiebstahl und Drogenmißbrauch führte. Schließlich landete er im Gefängnis. Ist das ein extremes Beispiel? Vielleicht. Es veranschaulicht aber treffend die Wahrhaftigkeit der Worte aus Sprüche 1:32: „Denn die Abtrünnigkeit der Unerfahrenen ist das, was sie töten wird.“
Einige Jugendliche haben möglicherweise gegen eine Zeiteinschränkung grundsätzlich nichts einzuwenden, es ärgert sie jedoch, daß ihre Geschwister anscheinend mehr Freiheiten haben als sie selbst. „Mein älterer Bruder Mark blieb immer so lange weg, wie er wollte, ohne jemals Stubenarrest zu bekommen“, beschwert sich die junge Patricia. „Aber wehe, ich komme nur ein paar Minuten zu spät, das war’s dann. Das ist unfair!“ Es ist klar, warum dich so etwas aufregt. Bevor du nun ausrufst: „Das ist unfair!“, betrachte die biblischen Grundsätze aus Galater 6:4, 5: „Jeder erprobe sein eigenes Werk, und dann wird er Grund zum Frohlocken im Hinblick auf sich allein und nicht im Vergleich mit einer anderen Person haben. Denn jeder wird seine eigene Last tragen.“
Dich gibt es nur einmal. Die Tatsache, daß ältere Geschwister gewisse Sonderrechte genießen, berechtigt dich nicht unbedingt auch dazu. Höchstwahrscheinlich mußten deine älteren Geschwister eine Zeitlang ihre Zuverlässigkeit beweisen. Das wird auch bei dir der Fall sein. Ist es dir außerdem nicht zuwider, wenn deine Eltern dich mit deinen älteren Geschwistern vergleichen? Warum solltest du daher vergleichen, was sie dürfen und du nicht? Dr. Louis Fine bemerkt in seinem Buch “After All We’ve Done for Them”: „Oft behandeln und bestrafen Eltern ihre Kinder ganz individuell. Das ist vielleicht so, weil sie erkennen, daß ihre Kinder einzelne Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten sind und jedes als Individuum betrachtet werden sollte.“
Jugendliche denken allerdings manchmal, daß sie für die Fehler älterer Geschwister bezahlen müssen. „Nur weil meine Schwester mit dem Auto unterwegs war und zu lange wegblieb, versteht es sich von selbst, daß ich früh zu Hause sein muß. Mir wird nicht mal eine Gelegenheit gegeben, meine Zuverlässigkeit zu beweisen.“ Diese Situation muß keineswegs so ungerecht sein, wie sie erscheint. Heute sind deine Eltern älter und klüger als zu der Zeit, wo sie deinen Bruder oder deine Schwester großzogen. Sie sind mit dir womöglich etwas strenger, weil sie nicht die gleichen Fehler wiederholen möchten.
Aber warum gleich bestraft werden, wenn man nur ein wenig zu spät kommt? Zweifelsfrei ist Stubenarrest nicht das reinste Vergnügen. Du wirst es dir also demnächst zweimal überlegen, wieder zu spät nach Hause zu kommen. Markus drückt es wie folgt aus: „Ich bin schon oft bestraft worden. ... Würde man nicht bestraft werden, so würde man gar nichts lernen.“ Die Bibel sagt: „Wer sich an Zucht hält, ist ein Pfad zum Leben“ (Sprüche 10:17).
Überfürsorgliche Eltern
Manchmal hat es schon den Anschein, als ob die Strafe das „Verbrechen“ bei weitem übersteigt. Vielleicht sind Eltern ein bißchen überfürsorglich und stellen unvernünftige Forderungen. Durch gute Kommunikation können Probleme jedoch oft im Keim erstickt werden. Deine Eltern gewähren dir wahrscheinlich mehr Freiheit, wenn du ihnen erzählst, mit wem du wohin gehst, was ihr vorhabt und wann du zurückkommen wirst. Scheinen sie dich ungerecht zu behandeln, dann versuche, mit ihnen „zur rechten Zeit“ zu sprechen — zum Beispiel, wenn sie entspannt und ausgeruht sind (Sprüche 25:11). Habe Verständnis für ihre Ängste und Sorgen. Sage ihnen, daß du sie liebst und mit ihnen zusammenarbeiten möchtest. Hilf ihnen zu erkennen, daß das Gewähren von mehr Freiheit zum Erwachsenwerden gehört.
„Du mußt ihnen auch die genaue Sachlage schildern“, meint eine Jugendliche. „Wenn du ihnen erklärst, warum du bei einer gewissen Gelegenheit nicht früh zu Hause sein kannst, verstehen sie das gewöhnlich.“ Indem du die Dinge vernünftig mit deinen Eltern besprichst, zeigst du ihnen, daß du verantwortungsbewußt bist — jemand, dem man vertrauen kann. Sollten deine Eltern immer noch Bedenken haben, könntest du ihnen einen vernünftigen Kompromiß vorschlagen.
Was tust du, wenn du die Erlaubnis erhältst? Dann sollte dein „Ja ... einfach ja“ bedeuten, und sei in diesem Fall rechtzeitig wieder zu Hause! (Matthäus 5:37). Zugegeben, selbst die besten Pläne können schiefgehen. (Vergleiche Jakobus 4:13, 14.) Plötzlich mögen Änderungen notwendig sein, oder ein Notfall mag eintreten. Rufe dann möglichst zu Hause an, und sage deinen Eltern, was passiert ist. „Solange meine Mutter weiß, wo ich bin und daß ich bald komme, ist sie beruhigt“, erklärt eine Jugendliche.
Es ist ebenfalls sehr wichtig, daß du deine Zuverlässigkeit beweist. In Sprüche 20:11 wird gesagt: „Schon durch seine Handlungen gibt sich ein Knabe zu erkennen, ob sein Tun lauter und gerade ist.“ Bist du ein Beispiel für Gehorsam und anständiges Verhalten, dann bleiben deine Eltern möglicherweise ruhig, wenn du einmal etwas zu spät kommst. Selbst Jesu Eltern waren „ganz verzweifelt“, als sie ihn vermißten, obwohl sein Verhalten vollkommen war (Lukas 2:48). Sei daher nicht verwundert, wenn deine Eltern aus der Fassung geraten — und zwar so sehr, daß sie dich zuerst nicht einmal erklären lassen, warum du so spät gekommen bist.
In Sprüche 29:11 heißt es: „All seinen Geist läßt ein Unvernünftiger herausfahren, aber wer weise ist, hält ihn bis zuletzt ruhig.“ Warte ab, bis ihr Zorn verraucht ist. Wenn sich die Lage ein bißchen beruhigt hat, kannst du ihnen erklären, warum es später geworden ist. Doch ‘rede die Wahrheit’ (Epheser 4:25). Tische keine an den Haaren herbeigezogenen Entschuldigungen auf; dadurch würdest du lediglich zeigen, daß man dir nicht vertrauen kann. Warst du vergeßlich oder sorglos, entschuldige dich aufrichtig dafür und nimm die Strafe in Kauf. Es ist gut möglich, daß deine Eltern die Sache dann auf sich beruhen lassen. Allerdings mögen sie der Meinung sein, daß weitere Einschränkungen notwendig sind, und es liegt nun an dir, ihr Vertrauen wiederzugewinnen.
Zeiteinschränkungen können unter Umständen lästig sein, aber sie sind nicht unmenschlich oder eine ungewöhnliche Strafe. Nimm sie einfach hin. Wenn du mit deinen Eltern zusammenarbeitest und nicht trotzig bist, lockern sie eventuell sogar die Zügel und lassen dir mehr Freiheit.
[Fußnote]
a Siehe den Artikel „Junge Leute fragen sich: Warum muß ich so früh zu Hause sein?“ im Erwachet! vom 8. Mai 1992.
[Bild auf Seite 23]
Widersetzt du dich deinen Eltern, wird deine Freiheit gewöhnlich mehr eingeschränkt