Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g92 22. 10. S. 22-24
  • Ein Tag auf Asiens größter Tiermesse

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Ein Tag auf Asiens größter Tiermesse
  • Erwachet! 1992
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Ein faszinierendes Ereignis
  • Einige besondere Attraktionen
  • Eine Messe mit langer Geschichte
  • Der Oktobermarkt — „Europas ältester internationaler Pferdemarkt“
    Erwachet! 1999
  • Der Mahut und sein Elefant
    Erwachet! 2009
  • Meine Befreiung von der Prostitution
    Erwachet! 1983
  • Was für Menschen stehen in deiner Gunst?
    Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1992
Hier mehr
Erwachet! 1992
g92 22. 10. S. 22-24

Ein Tag auf Asiens größter Tiermesse

Von unserem Korrespondenten in Indien

MAHARADSCHAS, die hoch oben auf einem wunderschön geschmückten Elefanten thronen, oder ein einfacher Bauer, der ein Paar langhörnige Ochsen treibt — Szenen wie diese sind hier in Indien beliebte Fotomotive. Doch wo sind solche großen und wertvollen Tiere zu bekommen?

Zur Beantwortung der Frage laden wir alle ein, uns nach Sonepur im nordostindischen Bundesstaat Bihar zu begleiten. Dort können wir auf eine Messe gehen, die sich von allen Messen unterscheiden dürfte, die die meisten von uns bisher besucht haben. Sie soll die größte Tiermesse Asiens, ja vielleicht sogar der ganzen Welt sein. Sie dauert etwa zwei Wochen und findet im Oktober/November statt.

Ein faszinierendes Ereignis

Was für Menschenmengen! Frauen haben sich mit leuchtenden Saris und jeder Menge Schmuck herausgeputzt. Die verheirateten Frauen fallen durch das rote Puder, das sie sich in den Scheitel gerieben haben, besonders auf. Die meisten von ihnen haben einen Säugling im Arm, und ein oder zwei weitere Kinder klammern sich an ihren Sari, während sie sich beeilen, mit ihrem Mann Schritt zu halten.

Wir wundern uns, wie die Kinder es schaffen, in dieser riesigen Menge nicht verlorenzugehen. Nun, viele schaffen es eben nicht. Wie wir erfahren, sind innerhalb einer Woche 50 Kinder verlorengegangen, von denen nur 17 wiedergefunden wurden. Uns schaudert bei dem Gedanken, was wohl mit den nicht auffindbaren Kindern geschehen ist, denn wir haben gehört, daß oftmals skrupellose Leute sich ihrer bemächtigen und sie zum Betteln oder zu unmoralischen Praktiken zwingen.

Verkaufsstände tragen zwar zur Verstopfung der Wege noch bei, sind aber interessant anzusehen. Wenn man an einem Stand ein Geldstück zahlt, kommt ein kleiner Vogel aus seinem Käfig und hebt eine Karte hoch. Mit ihrer Hilfe sagt dann der Mann am Stand dem Kunden die Zukunft voraus. Benötigt jemand eine schnelle Rasur? So braucht er sich nur vor den Barbier hinzusetzen, der ihm mit seinem langen, scharfen Rasiermesser über das eingeseifte Gesicht fährt. In nur drei Minuten erhält er eine Rasur, die wahrscheinlich gründlicher ist, als es mit allen modernen Hilfsmitteln möglich wäre.

An anderen Ständen wird eine riesige Auswahl an Armreifen angeboten, die von den indischen Frauen gern an jedem Arm in zum Sari passenden Farben getragen werden. Der erfahrene Händler probiert der Kundin einen Reif nach dem anderen an, bis er die passende Größe und den richtigen Stil gefunden hat. Eine typische Inderin trägt an jedem Arm so etwa ein Dutzend Armreifen aus Glas, Metall oder Kunststoff.

Auch Schmuck für die Tiere wird an den Ständen feilgeboten. Schließlich sind wir auf einer Tiermesse. Hier floriert das Geschäft, denn die Dorfbewohner sind ganz versessen darauf, ihre Tiere zu schmücken. Zum Schmuck gehören Perlen für den Hals der Tiere sowie farbenfrohe Glocken unterschiedlicher Größe.

Wer schreit denn da so? Ein Bettler! Ausgezehrt und mit Staub bedeckt, kriecht er die Straße entlang und stößt seinen Bettelnapf vor sich her. Bei der Menschenmenge ist es ein Wunder, daß keiner auf ihn tritt. Während der Messe sind die Leute Bettlern gegenüber großzügig, und so ist der Napf dieses Mannes schon halb voll Münzen. In der Nähe des Tempels betteln Hunderte um Almosen — Lahme, Blinde und Aussätzige. Einige verfluchen ihr Schicksal, andere rufen die Namen ihrer Götter an, und manche überschütten die Gebenden mit Segenswünschen.

In Richtung Messe sind natürlich auch viele Arten von Tieren unterwegs. Die Elefanten hat man angemalt und bunt geschmückt. Auf jedem sitzt ein Reiter, der ihm energisch befiehlt, weiterzugehen oder langsamer zu werden, wobei er ihn ab und zu mit einem Stock hinter die Ohren stößt. Wasserbüffel schreiten mit erhobenem Kopf langsam daher, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, daß sich hinter ihnen der Verkehr staut.

Kühe in großer Zahl und auch einige Kamele sind auf der Straße zu sehen. Es gibt Unmengen von Affen, hauptsächlich Languren. Sie haben buschige Augenbrauen und ein Kinnbärtchen. Gefiederte Geschöpfe kann man ebenfalls überall bewundern: von prächtigen Pfauen und Papageien bis zu Sittichen und Tauben. Alle sind von nah und fern zur Messe gekommen.

Einige besondere Attraktionen

Zu den besonderen Attraktionen zählen die preisgekrönten Kühe aus dem Pandschab. Einige geben zweimal am Tag etwa 25 Liter Milch. Es sind wirklich prächtige Tiere! Viele Leute kommen nur, um sich diese Tiere anzusehen, andere sind jedoch ernsthafte Käufer. Wann immer ein Kauf abgeschlossen wird, schreit der Besitzer: „Bolo Hariharnath Ki“, womit er eine lokale Gottheit preist; darauf antwortet die Menge zustimmend: „Jai.“ Der Durchschnittspreis einer indischen Kuh liegt zwischen 3 000 und 5 000 Rupien, aber die preisgekrönten auswärtigen Züchtungen werden für 20 000 bis 40 000 Rupien gehandelt.a

Dieses Jahr werden auf dem Markt nur 15 Kamele zum Verkauf angeboten. Jedes der „Wüstenschiffe“ kostet 5 000 Rupien. Sie können täglich viele Stunden arbeiten und kommen leicht mit Hitze und Kälte, Hunger und Durst zurecht. Kamele können Wagen und Pflüge ziehen und auch Wasserräder drehen — Arbeiten, die normalerweise von Ochsen verrichtet werden.

Die beliebtesten Tiere sind die Ochsen. Es ist so gut wie unmöglich, auf den indischen Straßen unterwegs zu sein, ohne den immer zuverlässigen Ochsenkarren zu sehen, mit dem die Waren und die Familie des Bauern in die Stadt transportiert werden. Ein geschäftstüchtiger Verkäufer hat ein Schild aufgestellt mit der Aufschrift: „Superstar-Ochsen“. Und sie sehen wirklich wie Superstars aus! Damit keiner auf die Idee kommt, den Händler zu betrügen oder zu berauben, hat er zwei verzierte Gewehre griffbereit. Ein „Superstar“ kostet 35 000 Rupien.

Als nächstes ziehen die wiehernden Pferde unsere Aufmerksamkeit auf sich. Was für schöne Tiere! Einige sind Reitpferde für die Polizei oder die Armee, während andere für Rennen bestimmt sind. Auch Ponys, auf denen man reiten kann oder die einen Wagen ziehen, sind erhältlich. An einem Stand spielt eine Blaskapelle zur Freude eines abgerichteten Pferdes, das im Rhythmus der Musik tanzt.

Wir gehen weiter in die Richtung, aus der lautes Trompeten zu hören ist. Dort stehen mitten in einer Mangoplantage die Elefanten — alle 250. Wie majestätisch diese Geschöpfe doch sind! Aus ganz Indien und Nepal hat man sie hierhergebracht. Sie wirken allerdings ruhelos, wahrscheinlich wegen der vielen Menschen und weil so viele ihrer Artgenossen da sind.

Hier treffen wir auf Harihar Prasad, einen 25jährigen Elefantenbullen, der wie wild trompetet. Sein bisheriger Besitzer, Gangabux Singh, hat ihn gerade für 70 000 Rupien verkauft. Wenn man bedenkt, daß der Marktpreis für einen guten Elefanten bei 130 000 Rupien liegt, dann ist das ziemlich wenig. Doch der Umgang mit Harihar ist etwas schwierig.

Er ist 22 Tage marschiert, bis er die Messe erreichte; und nun stimmt es seinen Besitzer ein wenig traurig, sich von ihm zu trennen. Aber Geschäft ist Geschäft, und gefühlsmäßige Bindungen müssen aufgegeben werden. Wir fragen uns, ob Harihar wohl auch traurig ist, seinen alten Mahout (Elefantenführer) zu verlieren. Als sein neuer Mahout versuchte, mit ihm zurechtzukommen, zerriß er die Stricke, und so ist er jetzt in Ketten.

Um ihn zu beruhigen und ihm den Übergang zu erleichtern, wird ihn sein früherer Mahout zu seinem neuen Heim begleiten. Dort werden die beiden Abrichter zusammenarbeiten, bis der neue sich an Harihar und seine Stimmungen gewöhnt hat. Wir erfahren, daß der neue Besitzer nicht vorhat, Harihar lange zu behalten. So wird er vielleicht nächstes Jahr wieder nach Sonepur gebracht und verkauft werden.

Möglicherweise kaufen ihn Leute aus Rajasthan und machen ihn zu einem Tempelelefanten an einem weit entfernten Ort. Dann würde er, über und über geschmückt, einen Tempelwagen ziehen. Es könnte auch sein, daß man ihn in die abgelegenen Dschungelgebiete auf den Andamanen und Nikobaren, weit draußen im Golf von Bengalen, bringt, damit er dort Holz schleppt.

Eine Messe mit langer Geschichte

Obgleich wohl niemand so ganz sicher ist, wann oder wie die Tiermesse in Sonepur wirklich ihren Anfang nahm, so scheint sie doch während der Regierung des Großmoguls Aurangseb (1658—1707) an Bedeutung gewonnen zu haben. Rajeshwar Prasad Singh, ein einheimischer Grundbesitzer, hat erklärt, seine Familie vermiete das Messegelände für den Pferdemarkt seit 1887. Vom 19. Jahrhundert an kamen hier Indigopflanzer der britisch-indischen Regierung anläßlich der Messe zu Polospielen, Pferderennen und Tänzen zusammen.

Die Maharadschas, die mit großem Gefolge zur Messe kamen und in besonderen Zelten wohnten, verliehen der Messe einst einen besonderen Glanz. Doch solange es eine Nachfrage nach Tieren gibt, so lange wird auch die Messe in Sonepur abgehalten werden. Wir waren froh, einige Zeit hier auf dieser so völlig anderen Messe verbracht zu haben, einer Messe, bei der alle Arten von Tieren die Hauptattraktionen bilden.

[Fußnote]

a Tausend Rupien sind etwa 55 DM.

[Bild auf Seite 23]

Ein geschmücktes Pferd wird den Zuschauern vorgeführt

[Bild auf Seite 24]

Harihar Prasad, nachdem er verkauft worden war

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen