Junge Leute fragen sich:
Warum kann ich es ihnen nie recht machen?
„Es war echt schwer, meinen Vater zufriedenzustellen, als ich für ihn zu arbeiten begann. Ich war gerade 15, und die Arbeit war ziemlich kompliziert; wenn ich etwas falsch machte, kritisierte er mich“ (Randy).
„Meine Mutter kam mir vor wie ein Polizeidetektiv — immer hielt sie nach etwas Ausschau, was mir mißlungen war. Noch bevor ich mit den Arbeiten im Haushalt fertig war, kontrollierte sie alles und suchte nach Fehlern“ (Craig).
„Ständig hielten mir meine Eltern Vorträge über irgend etwas. Sie sagten, ich würde einfach nichts auf die Reihe bekommen. Die Schule, das Zuhause, die Versammlung — sie gönnten mir einfach keine Pause“ (James).
KOMMT es dir manchmal so vor, als wenn du deinen Eltern nichts recht machen kannst? Hast du das Gefühl, daß jede deiner Handlungen genau beobachtet wird und daß du oft kritisiert wirst, aber nie vor deinen Eltern bestehst? Wenn ja, dann hast du vielleicht das Empfinden, daß sie ständig mit dir unzufrieden sind.
Doch es geht dir nicht allein so. Dr. Joyce L. Vedral meint: „Die meisten Jugendlichen berichten, daß ihre Eltern herumnörgeln. ... Sie reiten auf allem herum: von der Ordnung in deinem Zimmer bis zum Müll, den du wegtragen sollst; von deiner Badezimmerbenutzung bis zu deiner Kleidung; von der Wahl der Freunde bis zu den Zensuren und Hausaufgaben.“ Das mag dir verständlicherweise manchmal auf die Nerven gehen, aber es ist nicht unbedingt etwas Schlechtes. Es ist ganz normal, daß Eltern ihre Kinder in Zucht nehmen und sie zurechtweisen; dadurch beweisen sie unter anderem ihre Liebe. In der Bibel heißt es, daß ein Vater „einen Sohn, an dem er Gefallen findet“, zurechtweisen wird (Sprüche 3:12).
Würdest du dich nicht fragen, ob sich deine Eltern überhaupt um dich kümmern, wenn sie dich nie zurechtweisen würden? (Sprüche 13:24; vergleiche Hebräer 12:8). Du kannst daher dankbar sein, daß du Eltern hast, denen so sehr an dir gelegen ist, daß sie dich zurechtweisen. Schließlich bist du jung und relativ unerfahren; Zurechtweisung kann ab und zu durchaus angebracht sein. Ohne Anleitung könntest du schnell von „den Begierden, die der Jugend eigen sind“, übermannt werden (2. Timotheus 2:22).
Betrachten wir einige Probleme, die diese Begierden für Jugendliche zur Folge haben können. Der Autor Clayton Barbeau schreibt: „Die Welt ist für Jugendliche gefährlich: Stündlich verunglückt ein junger Mensch tödlich wegen Alkohol am Steuer; man nimmt an, daß jährlich etwa zwölftausend Jugendliche Selbstmord begehen; jedes Jahr wird etwa eine Million Mädchen schwanger; drei Millionen Jugendliche sind alkoholabhängig; sexuell übertragbare Krankheiten sind weit verbreitet“ (How to Raise Parents). Deswegen ist es nicht verwunderlich, wenn deine Eltern sehr darauf achten, dich immer wieder zurechtzuweisen. In der Bibel steht, daß „ein Weiser ... zuhören und mehr Unterweisung in sich aufnehmen [wird] ... Weisheit und Zucht sind das, was nur Toren verachtet haben“ (Sprüche 1:5, 7; vergleiche Sprüche 10:17).
Warum es schmerzhaft ist
Allerdings „scheint jede Züchtigung für die Gegenwart nicht erfreulich, sondern betrüblich zu sein“ (Hebräer 12:11). Vor allem dann, wenn man jung ist. Deine Persönlichkeit ist noch nicht völlig ausgereift; du bist erst noch auf dem Weg zum Erwachsenen und möchtest herausfinden, wer du bist. Wenn du daher kritisiert wirst — wenn auch auf eine überlegte und freundliche Art —, hegst du vielleicht Groll. In dem Buch How to Survive Your Adolescent’s Adolescence kommt man zu dem Schluß, daß Jugendliche „äußerst empfindlich auf Kritik reagieren“. Ein Jugendlicher sagte, Kritik würde ihn verletzen.
Kommt die Kritik von den Eltern, kann sie besonders weh tun. Dr. Bettie Youngs erinnert die Leser ihres Buches Helping Your Teenager Deal With Stress daran, daß Jugendliche „ihr Selbstwertgefühl und ihren Wert als Mensch davon abhängig machen, ob sie die Anerkennung anderer finden oder nicht“. Eltern spielen allerdings die wichtigste Rolle, wenn es darum geht, einem jungen Menschen zu helfen, sein Selbstverständnis zu formen. Deswegen kann es schmerzhaft und niederschmetternd sein, wenn deine Eltern dich zurechtweisen oder kritisieren.
Solltest du aber schlußfolgern, daß nichts, was du tust, gut genug ist? Oder daß du ein totaler Versager bist, nur weil dich deine Eltern auf ein paar Fehler hingewiesen haben? Wir alle sind meilenweit von der Vollkommenheit entfernt (Römer 3:23). Zu einem Lernprozeß gehört es, Fehler zu machen. (Vergleiche Hiob 6:24.) Das Problem liegt wahrscheinlich darin, daß deine Eltern nicht viel sagen, wenn du etwas richtig machst — aber wehe, du machst einen Fehler! Das tut zwar weh, aber es heißt noch lange nicht, daß du ein totaler Versager bist. Lerne, angebrachte Kritik hinzunehmen und sie weder herunterzuspielen noch dich davon erdrücken zu lassen. (Vergleiche Hebräer 12:5.)
Unfaire Kritik
Was aber, wenn die Kritik unfair ist? Manche Eltern stellen unvernünftig hohe Anforderungen an ihre Kinder. Sie reizen sie womöglich, weil sie ständig wegen irgendwelcher Kleinigkeiten herumschimpfen. Es kann auch sein, daß Eltern, die wirklich Grund haben, ihre Kinder zu kritisieren, dies auf barsche und herabsetzende Weise tun. Dr. Bettie Youngs sagt, daß „Geschimpfe, Standpauken, Sarkasmus, Bloßstellungen, Schuldzuweisungen und Drohungen eine destruktive Kommunikation darstellen, ... die das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl des Kindes untergräbt“.
Als auf den gerechten Hiob ein Schwall von unberechtigter Kritik niederging, rief er aus: „Wie lange werdet ihr meine Seele ständig reizen und fortfahren, mich mit Worten zu zermalmen?“ (Hiob 19:2). Ein Jugendlicher, der in ähnlicher Weise von seinen Eltern ständig schlechtgemacht oder an unerreichbar hohen Maßstäben gemessen wird, kann wütend und „mutlos“ werden (Kolosser 3:21). In dem Buch Coping With Teenage Depression von Kathleen McCoy wird sogar behauptet, daß „die Unfähigkeit, den hohen Erwartungen der Eltern gerecht zu werden, bei Heranwachsenden zu einem beträchtlichen Verlust des Selbstwertgefühls und zu einer reaktiven Depression führen kann“.
Tatsächlich setzt solch unberechtigte Kritik nicht selten einen Teufelskreis in Gang: Deine Eltern bemängeln etwas an dir; du bist deshalb mit dir unzufrieden und neigst dazu, eine Arbeit, die sie dir auftragen, nicht so gut auszuführen. Das Ergebnis? Noch mehr Kritik!
Der Grund für Kritik
Wie kannst du diesen zerstörerischen Kreis durchbrechen? Versuche zuerst herauszufinden, warum deine Eltern so empfinden. Ist ihr Nörgeln oder ihre ständige Kritik wirklich böse gemeint? Wahrscheinlich nicht. Dr. Joyce L. Vedral fragt: „Warum nörgeln sie? Weil ihnen keiner zuhört oder zumindest weil ihnen keiner das Gefühl vermittelt, er würde ihnen zuhören. Je mehr sie sich ignoriert fühlen, desto mehr nörgeln sie.“ Zeigst du deinen Eltern also wirklich, daß du auf ihre Beschwerden reagierst? Oder predigen sie tauben Ohren? Ist das der Fall, dann sei nicht überrascht, wenn sie dir immer häufiger — und immer nachdrücklicher — irgendwelche Fehler vorhalten. Könnte man dem eventuell ein Ende machen, indem man einfach Sprüche 19:20 anwendet? Dort heißt es: „Hör auf Rat, und nimm Zucht an, damit du weise wirst in deiner Zukunft.“
Manchmal sind Eltern überkritisch, nicht etwa weil du etwas falsch gemacht hast, sondern weil sie einfach schlecht gelaunt sind. Hatte deine Mutter einen harten Arbeitstag? Dann hackt sie möglicherweise wegen des unaufgeräumten Zimmers mehr auf dir herum als sonst. Ist dein Vater ärgerlich und frustriert, weil die Familienfinanzen nicht stimmen? Vielleicht redet er deshalb ohne Absicht gedankenlos „wie mit Schwertstichen“ (Sprüche 12:18). Zugegeben, das ist unfair. Aber „wir alle straucheln oft. Wer nicht im Wort strauchelt, der ist ein vollkommener Mann“ (Jakobus 3:2). Wenn deine Mutter oder dein Vater also anscheinend verärgert oder angespannt ist, wäre es das beste, nett zu sein und keinen Anlaß zu Kritik zu geben.
Da Eltern unvollkommene Menschen sind, können auch sie sich überfordert fühlen. Machst du etwas falsch, haben sie möglicherweise das Gefühl, versagt zu haben. Dr. Vedral erklärt: „Du kommst vielleicht mit einem schlechten Zeugnis nach Hause, und dein Vater sagt: ‚Bist du dämlich, oder was? Mein Sohn ist ein Schwachkopf!‘ Er meint natürlich nicht, daß du wirklich ein Schwachkopf bist. Im Grunde möchte er damit sagen: ‚Ich fürchte, daß ich dich nicht richtig zum Lernen motiviere.‘“
Wenn Eltern diese Befürchtung haben, kann es sein, daß sie unrealistisch hohe Anforderungen stellen. Jason klagte: „Alles, was ich tue, reicht nicht aus. Wenn ich Laub zusammenkehre, fragt Vati, warum ich hinterher nicht die Garage saubergemacht habe. Komme ich mit einer Eins minus nach Hause, wollen meine Eltern wissen, warum es keine glatte Eins geworden ist, und sagen, daß ich ein Versager bin.“ Mit Jasons Eltern sprach jedoch ein Vertrauenslehrer, der folgendes herausfand: „Die übertrieben hohen Erwartungen, die sie in ihren Sohn gesetzt haben, spiegeln ihre eigenen Gefühle der Unfähigkeit und ihre Enttäuschung über ihre Berufswahl und ihren finanziellen Status wider“ (Coping With Teenage Depression).
Wie auch immer deine häusliche Situation ist, vielleicht kannst du jetzt besser einschätzen, warum deine Eltern manchmal dazu neigen, kritisch zu sein. Doch welche Möglichkeiten gibt es, mit ihrer Nörgelei umzugehen? Kann man aus ihrer Kritik auch Nutzen ziehen? Diese Fragen werden in einem kommenden Artikel behandelt.
[Bild auf Seite 26]
Es kann niederschmetternd sein, wenn dich deine Eltern kritisieren