Ein großer Traum ist in Erfüllung gegangen
VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN NIGERIA
ÜBER 500 Zeugen Jehovas waren am 9. Februar 1994 in Nigeria zum Mittagessen im Bethelheim versammelt, als die Servierer auf ihren Wagen Eiscreme als Nachtisch hereinbrachten. „Was gibt’s denn heute zu feiern?“ wunderten sich einige laut. „Nicht nur, daß es Eis gibt, seht euch mal die verschiedenen Sorten an — Vanille, Schokolade, Erdbeere und Pistazie!“
„Eis in vier Farben — damit hat es eine besondere Bewandtnis“, verkündete der Vorsitzende. „Wir feiern den Übergang zum Vierfarbendruck!“
Der donnernde Applaus, der nun folgte, galt nicht nur dem Eis. Er war ein Ausdruck der Dankbarkeit für die neuen Maschinen in der Druckerei, die bereits mit der Produktion von bunten Ausgaben des Wachtturms und des Erwachet! begonnen hatten. Jetzt wurde weltweit im Vierfarbendruck produziert. Nigeria war der letzte große Zweig mit eigener Druckerei, der auf Vierfarbendruck umstellen sollte — eine Entwicklung, die Mitte der 80er Jahre ihren Anfang genommen hatte. Mit der Wachtturm-Ausgabe vom 15. März 1994 gehörte der Zweifarbendruck in Nigeria der Vergangenheit an.
Die beiden neuen Druckmaschinen des Fabrikats Koenig & Bauer Rapida 104 waren vom Zweigbüro in den Niederlanden gekommen. Zusammen mit den Maschinen wurde noch weitere Druckereiausrüstung geliefert: ein Plattenscanner, eine Falzmaschine, ein Drahthefter, eine Schneidemaschine und ein Papierrollenquerschneider. Alles in allem waren es 130 Tonnen.
„Schwebende“ Druckmaschinen
Nachdem entschieden worden war, die Maschinen zu verschicken, stand man vor dem Problem, wie man sie verfrachten sollte. Druckmaschinen, die 35 Tonnen auf die Waage bringen, passen nun mal nicht in einen Koffer. Bernd Sauerbier, der die Verladung in den Niederlanden organisierte, sagte: „Wir mußten überlegen, wie wir die Maschinen am besten transportieren konnten, um sie vor Beschädigungen zu schützen.“
Normalerweise werden solche Druckmaschinen in riesigen Holzkisten versandt. Die Brüder befürchteten jedoch, daß Holz nicht stabil genug wäre, um dem unsanften Seetransport einschließlich der Verladung und Entladung im Hafen standzuhalten. Eine kostengünstigere und sicherere Möglichkeit wäre, sie in 12 Meter lange Stahlcontainer zu laden. Aber wie bekommt man solche schweren Maschinen in Container hinein und wieder heraus? Bruder Sauerbier sagte: „Das war eine Herausforderung, denn wir hatten keine Erfahrung, wie man Druckmaschinen in Container verlädt. Sogar die Firma, die die Maschinen herstellt, hatte keine Ahnung, wie man dabei vorgehen sollte.“
Die Lösung war der Einsatz von Luftkissen, auch Luftfilmmodule genannt. Diese Luftkissen sehen nicht gerade eindrucksvoll aus, leisten aber gewaltige Arbeit. Es sind flache Elemente aus Aluminium und Gummi, etwas größer und schwerer als eine Aktentasche. Man pumpt Druckluft hinein, die in Richtung Boden drückt. Dadurch werden die Luftkissen mitsamt ihrer Last ein wenig vom Boden angehoben.
So können selbst die Teile einer Druckmaschine, die viele Tonnen wiegen, von einem dünnen Luftfilm getragen werden. Sie „schweben“ in der Luft. Wenn ein Element vom Boden abhebt, kann man es mühelos mit den Händen in alle Richtungen bewegen.
Die Brüder legten den Boden der Container mit Hartfaserplatten aus, damit er für den Einsatz von Luftkissen glatt genug war. Auch mußten sie darauf achten, daß alle Container einen ebenen Boden hatten. Als die Maschinen in den Containern waren, befestigten die Brüder sie mit Stahlträgern zu den Seiten und zur Decke jedes Containers, um die Ladung zusätzlich zu sichern. Im August 1993 war man zwei Wochen damit beschäftigt, alle Maschinenteile einzuladen.
Am 29. Dezember 1993 gegen 18 Uhr trafen die ersten fünf Container im nigerianischen Bethel ein. Die Brüder standen bereit und fieberten danach, mit der komplizierten Arbeit des Entladens anzufangen. Sie arbeiteten die Nacht durch — bis zum Morgengrauen. Da einige Maschinenteile schon auf Luftkissen standen, brauchten die Mitarbeiter nur noch die Druckluft anzuschließen und konnten die Maschinenteile Stück für Stück langsam hinausgleiten lassen. Mit Kränen wurden die Teile dann auf eine eigens für diesen Zweck gebaute Plattform am Druckereieingang gehoben. Wieder kamen die Luftkissen zum Einsatz, als die Maschinen unter den erstaunten Blicken vieler Beobachter mit den Händen an ihren Standort geschoben wurden.
Freudige Reaktion auf die bunten Zeitschriften
Am 3. Februar 1994 um 19.45 Uhr produzierten die Maschinen den ersten bunten englischsprachigen Wachtturm in Nigeria. Bald darauf wurden auch Zeitschriften in den Sprachen Yoruba, Ibo, Efik und Französisch gedruckt.
Wie war die Reaktion der Bethelmitarbeiter, als sie ihre ersten Exemplare erhielten? „Ich war hingerissen!“ sprudelte einer von ihnen heraus. „Sie sind viel, viel attraktiver als jede andere Publikation, die in unserem Land gedruckt wird.“
Ein anderer Bruder sagte: „Sobald sie erhältlich waren, besorgte ich mir 20 Zeitschriften und schickte sie meinen Angehörigen und Freunden. Ich kann es kaum abwarten, sie im Predigtdienst zu gebrauchen.“
Eine Mitarbeiterin antwortete auf die Frage, wie sie über die neuen bunten Zeitschriften denke: „Einfach großartig! Das ist wieder mal ein Beweis dafür, daß Jehova an jedem Menschen auf der Erde interessiert ist.“
Während sich die Bethelmitarbeiter also ihre vier verschiedenfarbigen Eissorten schmecken ließen, dachten sie an die Zeitschriften im Vierfarbendruck. Es war so, wie es einer von ihnen ausdrückte: „Ein großer Traum ist in Erfüllung gegangen.“
[Bilder auf Seite 21]
Teile der Druckmaschine, die viele Tonnen wiegen, wurden von einem dünnen Luftfilm getragen