Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g96 8. 2. S. 20-22
  • Zwangsneurosen können das Leben beherrschen

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Zwangsneurosen können das Leben beherrschen
  • Erwachet! 1996
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Sehen heißt noch lange nicht glauben
  • Sauber ist nicht sauber genug
  • Von Gedanken geplagt
  • Die Zwänge in den Griff bekommen
  • Abhilfe bei Zwangserscheinungen
  • 1 | Gebet: „Werft alle eure Ängste auf ihn“
    Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich (Öffentlichkeitsausgabe) 2023
  • Wenn ein geliebter Mensch psychisch krank ist
    Erwachet! 2004
  • Hilfe für Eßgestörte
    Erwachet! 1992
  • Hoffnung für Betroffene
    Erwachet! 2004
Hier mehr
Erwachet! 1996
g96 8. 2. S. 20-22

Zwangsneurosen können das Leben beherrschen

„Ich wache jeden Morgen um 6 Uhr auf“, erzählt Keith.a „Mein Wecker ist auf 6 Uhr gestellt. Ich weiß, daß er gestellt ist. Ich ändere nie etwas daran. Trotzdem muß ich ihn immer wieder kontrollieren. Jeden Abend sehe ich mindestens fünfmal nach, bevor ich ins Bett gehe. Und dann die Knöpfe am Herd — ich muß mich vergewissern, daß sie alle ausgeschaltet sind. Ich sehe, daß sie ausgeschaltet sind, aber ich muß einmal, zweimal oder dreimal hingehen und nachsehen — nur, um sicherzugehen. Auch bei der Kühlschranktür muß ich immer wieder überprüfen, ob sie geschlossen ist. Dann ist da noch das Schloß vom Fliegenfenster und die beiden Schlösser am Haupteingang des Hauses ...“

KEITH leidet an einer Zwangsneurose. Definiert wird sie als ein an den Kräften zehrender Zustand, der von ununterdrückbaren Gedanken und Handlungen gekennzeichnet ist.b Die Betroffenen haben das Empfinden, daß diese Zwangserscheinungen ganz und gar unfreiwillig auftreten. Es ist so, als würden sie sich ihnen gewaltsam aufdrängen.

Jeder Mensch hat gelegentlich unerwünschte Gedanken und Handlungsimpulse. Doch bei der Zwangsneurose sind sie äußerst hartnäckig und wiederholen sich ständig, so daß sie störend in das Leben eingreifen und schweres Unbehagen verursachen — in manchen Fällen bis hin zu Depressionen. „Der unaufhörliche Kampf in meinem Denken führte bei mir zu Selbstmordgedanken“, sagt ein Betroffener. Wir wollen nun einige Symptome dieses rätselhaften Leidens untersuchen.

Sehen heißt noch lange nicht glauben

Sobald Bruce mit seinem Auto über eine Unebenheit auf der Straße fährt, wird ihm vor Angst schlecht. „Und wenn das nun ein Fußgänger war?“ fragt er sich. Diese Befürchtung wächst in ihm, bis sie ihn zur Rückkehr an den Ort des Geschehens zwingt, damit er nachsehen kann — aber nicht nur einmal, sondern wiederholt. Natürlich findet Bruce keinen verletzten Fußgänger. Dennoch ist er sich nicht sicher. Deshalb schaltet er zu Hause die Nachrichten ein und achtet darauf, ob etwas über einen Unfall mit Fahrerflucht gemeldet wird. Er ruft sogar bei der Polizei an, um gegen sich selbst Anzeige zu erstatten.

Viele, die wie Bruce an einer Zwangsneurose leiden, werden von Zweifeln geplagt: „Habe ich jemand verletzt? Habe ich den Herd ausgeschaltet, als ich aus dem Haus ging? Habe ich die Tür verschlossen?“ Den meisten Menschen kommen hin und wieder solche Gedanken, doch wer ein Zwangsverhalten aufweist, prüft immer wieder nach und ist trotzdem nicht befriedigt. „Patienten mit einem Kontrollzwang scheinen zu sagen: ‚Alles Wissen kommt allein aus den Sinnen‘“, schreibt Dr. Judith Rapoport. „Also müssen sie immer wieder am Türknauf drehen, müssen das Licht an- und aus-, an- und ausschalten. Diese Handlungen liefern eine unmittelbare Information, aber diese Information dringt nicht zu ihnen durch.“

Sauber ist nicht sauber genug

Der 14jährige Charles war von der Angst besessen, mit Bazillen in Kontakt zu kommen. Seine Mutter mußte alles, was er hätte berühren können, mit Alkohol reinigen. Außerdem befürchtete er, Besucher könnten Krankheitserreger von der Straße hereintragen.

Fran stand beim Wäschewaschen Ängste aus. „Wenn die Wäsche beim Herausnehmen mit den Außenseiten der Waschmaschine in Berührung kam, mußte ich sie von neuem waschen“, berichtet sie.

Wie bei Charles und Fran drehen sich Zwangsvorstellungen oft um Krankheitserreger und Infektionen. Das kann dazu führen, daß sich der Betroffene im Übermaß duscht oder sich ständig die Hände wäscht, mitunter so ausgiebig und oft, daß sich Bläschen bilden — und doch fühlt er sich nicht sauber.

Von Gedanken geplagt

Elaine wird von unfreiwilligen respektlosen Gedanken über Gott geplagt. „So etwas würde ich nie ernsthaft wollen, lieber würde ich sterben“, sagt sie. Doch die Gedanken verschwinden nicht. „Manchmal bin ich abends fix und fertig, weil ich Tag für Tag dagegen ankämpfen muß.“

Steven legt vor Gott „Gelübde“ ab, denen Schuldgefühle zugrunde liegen. „Diese Neigung macht mich fertig, weil sie sich gegen meinen Willen einstellt“, erklärt er. „Nachher drängt mich mein Gewissen, das, was ich versprochen habe, auch zu halten. Einmal fühlte ich mich gezwungen, etwas kaputtzumachen, was mir sehr viel bedeutete.“

Elaine und Steven weisen Zwangserscheinungen auf, die sich größtenteils im Denken abspielen. Die Symptome sind zwar nicht augenfällig, doch wer unter Zwangsgedanken leidet, ist in einem Kreislauf von Schuld- und Angstgefühlen gefangen.

Das sind nur einige der vielen Symptome von Zwangsneurosen.c Wie kommt es zu dieser Störung? Was kann man dagegen tun?

Die Zwänge in den Griff bekommen

Eine Ärztin beschreibt Zwangsverhalten als die Folge eines „zerebralen Kurzschlusses“, wobei Sinneseindrücke nicht registriert werden und „das Programm immer wieder abgespielt wird“. Wodurch wird das ständige Wiederkehren verursacht? Man ist sich nicht sicher. Der Neurotransmitter Serotonin scheint eine Rolle zu spielen, aber es werden auch noch andere Vorgänge im Gehirn erwogen. Manche sind der Ansicht, Zwangsneurosen würden durch frühkindliche Erlebnisse hervorgerufen, eventuell in Verbindung mit einer erblichen Veranlagung.

Worin der Auslöser auch immer besteht, eins steht fest: Dem Betroffenen einfach nur zu sagen, er solle mit dem Waschen oder Kontrollieren aufhören, ist höchstwahrscheinlich zwecklos. Mit Willenskraft allein ist es nicht getan.

Vielen konnte durch Medikamente geholfen werden. Bei einer anderen Methode setzt man den Patienten der für ihn beängstigenden Situation aus und läßt ihn die übliche Reaktion nicht ausführen. Wer unter einem Waschzwang leidet, wird zum Beispiel aufgefordert, etwas Schmutziges anzufassen und sich die Hände anschließend nicht zu waschen. Natürlich stellt sich der Erfolg nicht über Nacht ein. Doch einige sind der Ansicht, daß diese Methode bei konsequenter Anwendung helfen kann.

Man ist auch der Frage nachgegangen, ob Zwangsneurosen nicht zumindest in manchen Fällen auf frühkindliche Erlebnisse zurückgehen. Dabei hat man bemerkt, daß sich bei vielen Kindern, die mißhandelt werden, der Gedanke einwurzelt, wertlos oder schmutzig zu sein, und daß einige in der Folge einen Waschzwang entwickeln.

Abhilfe bei Zwangserscheinungen

Wer an einer Zwangsneurose leidet, sollte sich nicht andersartig vorkommen oder meinen, er würde geisteskrank werden. „Menschen mit einer Zwangsstörung haben ... in allen Bereichen ihres Lebens, die nicht von ihren speziellen Ängsten betroffen sind, ein völlig normales Verhältnis zur Realität“, schreibt Dr. Lee Baer. Hilfe ist möglich! Man darf nicht vergessen, daß Zwangsneurosen eine Folge der Unvollkommenheit sind. Sie sind kein Zeichen einer moralischen Schwäche oder des Versagens auf geistig-religiösem Gebiet. Auch sind sie kein Hinweis auf Gottes Mißfallen. „Jehova ist barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und überströmend an liebender Güte. Denn er selbst kennt ja unser Gebilde, ist eingedenk dessen, daß wir Staub sind“ (Psalm 103:8, 14).

Was aber, wenn Zwangsvorstellungen respektlos oder gotteslästerlich erscheinen? Bei Zwangsneurosen fachen abstoßende Gedanken Schuldgefühle an, und Schuldgefühle können noch mehr abstoßenden Gedanken Vorschub leisten. „Ich werde dadurch sehr reizbar“, sagt Elaine. „Es macht mich übernervös, die ganze Zeit denken zu müssen, ich könnte Jehova verärgern.“ Einige haben vielleicht sogar das Empfinden, ihre Gedanken würden auf die unvergebbare Sünde hinauslaufen.

Jesu Äußerungen über die unvergebbare Sünde, die Sünde gegen Gottes heiligen Geist, beziehen sich aber eindeutig nicht auf impulsive Zwangsvorstellungen (Matthäus 12:31, 32). Sie waren an die Pharisäer gerichtet. Jesus wußte, daß sie ihn mit voller Absicht angriffen. Ihre vorsätzlichen Taten entsprangen einem haßerfüllten Herzen.

Die Sorge, Gott beleidigt zu haben, kann in Wirklichkeit ein Anzeichen dafür sein, daß man nicht die unvergebbare Sünde begangen hat (Jesaja 66:2). Außerdem ist es beruhigend, das Bewußtsein zu haben, daß unser Schöpfer diese Störung versteht. Er ist barmherzig und „zum Vergeben bereit“ (Psalm 86:5; 2. Petrus 3:9). Sollte unser Herz uns verurteilen, so haben wir die Zusicherung, daß „Gott größer ist als unser Herz und alles weiß“ (1. Johannes 3:20). Er weiß, bis zu welchem Grad Gedanken und Handlungsimpulse von einer Störung herrühren, über die man nur begrenzt Kontrolle hat. Dieses Bewußtsein kann die Betroffenen davor bewahren, sich mit unangemessenen Schuldgefühlen zu plagen.

Wie dankbar können wir doch sein, daß Jehova eine neue Welt verheißt, in der die Menschen von allen körperlichen und psychischen Leiden befreit sein werden! (Offenbarung 21:1-4). Wer an einer Zwangsneurose leidet, kann jedoch heute schon Schritte unternehmen, durch die dieses Leiden gemildert wird.

[Fußnoten]

a Einige Namen in diesem Artikel wurden geändert.

b Erwachet! empfiehlt keine bestimmte Behandlung. Betroffene Christen sollten darauf achten, daß etwaige Therapien nicht gegen biblische Grundsätze verstoßen.

c Zu den zahlreichen Symptomen gehört auch zwanghaftes Zählen oder Horten oder eine Symmetriebesessenheit.

[Kasten auf Seite 22]

Wie man Beistand leisten kann

ALS Freund oder Angehöriger kann man jemandem, der an einer Zwangsneurose leidet, Beistand leisten.

• Seine eigene Einstellung überprüfen. Wenn man den Betreffenden für schwach, faul oder eigensinnig hält, wird er das unweigerlich merken und nicht motiviert sein, etwas zu unternehmen.

• Das Gespräch suchen. Es ist wichtig, zu erfahren, womit der Betroffene zu kämpfen hat. Der erste Schritt, die Zwangssymptome in den Griff zu bekommen, besteht für ihn oft darin, eine Vertrauensperson zu haben, die offen und ehrlich ist (Sprüche 17:17).

• Keine Vergleiche anstellen. Die Zwangsneurose verursacht übermächtige Handlungsimpulse, die sich mit denen von Gesunden nicht vergleichen lassen. Es ist daher meistens keine Hilfe, wenn man erzählt, wie man mit den eigenen Impulsen fertig wird. (Vergleiche Sprüche 18:13.)

• Helfen, sich realistische Ziele zu setzen und sie zu erreichen. Man kann ein bestimmtes Symptom herausgreifen und eine Reihe von Schritten aufzeigen, die zur Überwindung des Problems führen. Man beginnt mit einem Ziel, das leicht zu erreichen ist. Es könnte beispielsweise darin bestehen, nur eine ganz bestimmte Zeit lang zu duschen.

• Für Fortschritte loben. Lob fördert positives Verhalten. Jeder Schritt vorwärts — sollte er auch noch so klein sein — ist bedeutsam (Sprüche 12:25).

Das Zusammenleben mit jemandem, der an Zwangserscheinungen leidet, kann die Angehörigen stark beanspruchen. Deswegen sollten Freunde verständnisvoll sein und praktischen Beistand leisten, wo immer es möglich ist (Sprüche 18:24b).

[Bilder auf Seite 21]

Ständiges Waschen und Kontrollieren — zwei Symptome der Zwangsneurose

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen