Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • g98 22. 12. S. 12-15
  • Vom Kriegshelden zum Soldaten Christi

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Vom Kriegshelden zum Soldaten Christi
  • Erwachet! 1998
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Die Befreiung
  • Religiöse Erziehung und militärische Ausbildung
  • Veränderungen nach dem Krieg
  • Stellung bezogen
  • Zu guter Letzt ein Soldat Christi!
  • Vom Soldaten des Kaisers zum Soldaten Christi
    Erwachet! 1973
  • Soldat
    Einsichten über die Heilige Schrift, Band 2
  • Wie Menschen in Frieden miteinander leben können
    Erwachet! 1994
  • Meine Gedanken als Militärhistoriker
    Erwachet! 1993
Hier mehr
Erwachet! 1998
g98 22. 12. S. 12-15

Vom Kriegshelden zum Soldaten Christi

VON LOUIS LOLLIOT ERZÄHLT

Als die Alliierten am 16. August 1944, während des Zweiten Weltkriegs, an den Stränden Südfrankreichs landeten, war auch ich dabei. Nach einwöchigen Kämpfen an der Mittelmeerküste erreichte mein Panzerbataillon den Hafen von Marseille und kämpfte sich bis zur Anhöhe der Basilika Notre-Dame-de-la-Garde vor. Wir hatten den Auftrag, die deutsche Stellung dort zu erobern.

HEFTIGE Kämpfe waren im Gange. Ein Panzer meiner Einheit geriet unter Beschuß, und drei meiner Kriegskameraden kamen dabei um. Danach riß eine Mine eine Kette von meinem Panzer weg, wodurch er manövrierunfähig wurde. Entschlossen, unsere Position nicht aufzugeben, kämpften wir einige Stunden lang weiter.

Das Maschinengewehr in der einen Hand und die französische Fahne in der anderen, nutzte ich eine Kampfpause, um zusammen mit einem Widerstandskämpfer der freifranzösischen Truppe zu Fuß weiter nach vorn durchzudringen. Völlig erschöpft und rußgeschwärzt, pflanzte ich die Fahne am Eingang der Basilika auf.

Die Befreiung

In den Wochen danach stießen wir nach Norden vor, wobei wir den sich zurückziehenden deutschen Truppen immer auf den Fersen blieben. Sowohl Heckenschützen als auch in Kopfhöhe über die Straße gespannte Drähte zwangen uns, beim Vorrücken die Panzerluken geschlossen zu halten.

Im Oktober erreichte unsere Einheit Ramonchamp, eine Ortschaft in den Vogesen im Nordosten Frankreichs. Allem Anschein nach waren die Häuser nicht mehr bewohnt. Als ich so im Panzerturm stand und die Umgebung inspizierte, schlug plötzlich ein aus einem Fenster abgefeuertes Geschoß in den Panzer ein, explodierte und tötete auf der Stelle drei meiner Männer. Ein anderer Soldat und ich wurden schwer verwundet, und unser Panzer war damit außer Gefecht gesetzt. Obwohl ich 17 Granatsplitter im Bein hatte, übernahm ich die Steuerung des Panzers, während wir von einem anderen abgeschleppt wurden.

Dafür wurde mir in aller Form eine Anerkennung ausgesprochen. Als General de Lattre de Tassigny, der Kommandant der ersten französischen Armee, mir einige Tage später für meinen Einsatz in Marseille einen Orden verlieh, bemerkte er: „Wir werden uns bald wiedersehen.“

Es dauerte nicht lange, und ich erhielt den Auftrag, als persönlicher Adjutant des Generals zu fungieren. Später begleitete ich ihn nach Berlin. Dort war er bei der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 als Vertreter Frankreichs zugegen. Die nächsten vier Jahre mußte ich mich jederzeit auf Abruf bereit halten.

Aber wie kam es, daß ich in so bedeutende Ereignisse des Zweiten Weltkriegs verwickelt war?

Religiöse Erziehung und militärische Ausbildung

Ich wurde als frommer Katholik erzogen und hatte den Wunsch, meinem Gott und meinem Vaterland zu dienen. Am 29. August 1939, nur einige Tage bevor Frankreich in den Zweiten Weltkrieg eintrat, meldete ich mich für die motorisierten Streitkräfte. Damals war ich erst 18 Jahre alt. Nach einer 5monatigen Ausbildung an der École Militaire in Paris wurde ich als junger Unteroffizier an die französische Ostfront geschickt.

Das war die Zeit des „Sitzkrieges“, deshalb so genannt, weil wir nichts anderes zu tun hatten, als auf die deutschen Truppen zu warten, die an anderen Fronten kämpften. Doch dann griffen die Deutschen an, und im Juni 1940 wurde ich von ihnen gefangengenommen. Zwei Monate später floh ich, und schließlich konnte ich mich in Nordafrika der französischen Armee anschließen.

Bei dem Feldzug in Tunesien gegen die deutschen Truppen, die General Erwin Rommel, der „Wüstenfuchs“, befehligte, erlitt ich starke Verbrennungen — mehr als 70 Prozent meiner Haut waren verbrannt. Daraufhin lag ich neun Tage lang im Koma. Ich verbrachte drei Monate in einem Krankenhaus in Sidi-bel-Abbès im Nordwesten Algeriens, wo sich das Hauptquartier der französischen Fremdenlegion befand. Während meiner Dienstzeit in Nordafrika erhielt ich das „Croix de Guerre“ (Militärverdienstkreuz).

Die katholischen Priester erinnerten uns daran, unsere „christliche“ Pflicht zu erfüllen. Ich war bereit, mein Leben für Frankreich zu opfern, wozu sie mich ermahnt hatten. Wenn irgend möglich, besuchte ich die Messe, bevor es in den Kampf ging, und im dichtesten Kampfgetümmel betete ich zu Gott und zur Jungfrau Maria.

Ich hatte auch Achtung vor feindlichen Soldaten. Viele von ihnen waren ebenfalls fromme Katholiken und trugen auf ihrem Koppelschloß die Aufschrift: „Gott mit uns“. Ist es nicht abwegig, zu glauben, Gott würde die Gebete von Soldaten erhören, die gegeneinander kämpfen, obwohl sie der gleichen Religion angehören?

Veränderungen nach dem Krieg

Es war nach dem Krieg, als ich am 10. April 1947 Reine heiratete, ein Mädchen aus Mouilleron-en-Pareds (Vendée), der Heimatstadt von General de Lattre de Tassigny. Der General war unser Trauzeuge. Als er im Januar 1952 starb, trug ich seine Standarte anläßlich seines Staatsbegräbnisses.

Dann, gegen Ende des Jahres 1952 — es war an einem Sonntagmorgen, und meine Frau und ich wollten gerade zusammen mit unserer kleinen Tochter zur Messe gehen —, klingelten zwei Zeugen Jehovas an unserer Tür. Das, was sie über die Bibel sagten, machte uns neugierig. Obwohl meine Frau und ich sehr religiös waren, hatten wir fast keine Ahnung von der Bibel, denn in der Kirche wurde nicht unbedingt zum Lesen der Bibel ermuntert. Der Zeuge, der uns ein Bibelstudium anbot, war Léopold Jontès, der damalige Aufseher des Zweigbüros der Zeugen Jehovas in Frankreich. Durch unser Bibelstudium konnte ich nun endlich die Antworten auf Fragen herausfinden, die mich seit meiner Kindheit beschäftigt hatten.

So interessierte ich mich zum Beispiel schon immer für das Vaterunser, das Mustergebet. Als Katholik glaubte ich, alle guten Menschen würden nach ihrem Tod in den Himmel kommen. Deshalb konnte ich nicht verstehen, warum wir zu Gott beteten: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden!“ (Matthäus 6:9, 10, Allioli; Kursivschrift von uns). Die Priester, mit denen ich darüber gesprochen hatte, waren entweder meiner Frage ausgewichen oder hatten gesagt, dieses Gebet würde sich dann erfüllen, wenn alle Menschen römisch-katholisch wären. Aber diese Antwort befriedigte mich nicht.

Auch auf meine Fragen über die Dreieinigkeit erhielt ich von den Priestern keine zufriedenstellenden Antworten. Nach den Worten eines Glaubensbekenntnisses besagt diese katholische Lehre, daß der Vater Gott ist, der Sohn Gott ist und der heilige Geist Gott ist und daß sie trotzdem nicht drei Götter sind, sondern nur ein Gott. Als meine Frau und ich dann erkannten, daß die Bibel eindeutig Jesus als den Sohn Gottes und nicht als Gott, den Allmächtigen, beschreibt, war unsere Freude groß (Markus 12:30, 32; Lukas 22:42; Johannes 14:28; Apostelgeschichte 2:32; 1. Korinther 11:3).

Es kam uns so vor, als wären unsere Augen das erste Mal geöffnet worden und als hätten wir eine Perle von unschätzbarem Wert gefunden, die jedes Opfer wert war (Matthäus 13:46). Uns war klar, daß wir eine Entscheidung treffen mußten, wollten wir uns diesen Schatz zu eigen machen. Es dauerte nicht lange, und wir empfanden genauso wie der Apostel Paulus, der sagte, daß er ‘alle Dinge als Verlust betrachte wegen des alles übertreffenden Wertes der Erkenntnis Christi Jesu’. Also nahmen wir in unserem Leben Änderungen vor, um Gott zu dienen (Philipper 3:8).

Stellung bezogen

Im April 1953, nur einige Monate nachdem wir begonnen hatten, mit den Zeugen die Bibel zu studieren, erhielt ich den Befehl, im französischen Expeditionskorps in Indochina zu kämpfen. Damals war ich Adjutant des befehlshabenden Offiziers, der im Senatsgebäude von Paris stationiert war. Da ich inzwischen den biblischen Grundsatz der Neutralität verstanden hatte, wußte ich, daß ich eine Entscheidung treffen mußte (Johannes 17:16). Ich unterrichtete meine Vorgesetzten davon, daß ich den Befehl zum Einsatz in Indochina verweigern würde mit der Begründung, mich nicht mehr am Krieg beteiligen zu wollen (Jesaja 2:4).

„Ist Ihnen klar, daß Sie sich damit Minuspunkte einhandeln und sich Ihre Zukunft verbauen?“ war die Frage meiner Vorgesetzten. Von da an wurde ich sozusagen aufs Abstellgleis geschoben. Doch das war für mich ein Schutz, denn ich wurde nicht mehr für Militäraktionen eingeteilt. Viele unserer Angehörigen und Freunde konnten nicht verstehen, daß ich eine solch angesehene gesellschaftliche Stellung — wie sie meinten — einfach so aufgeben konnte.

Trotz meiner Überzeugung wurde ich von den Behörden mit Rücksicht auf meine militärische Laufbahn bevorzugt behandelt. Für die darauffolgenden zwei Jahre gewährte man mir einen ausgedehnten Genesungsurlaub. Während dieser Zeit brauchte ich keine militärischen Aufgaben mehr zu übernehmen. Unterdessen besuchten meine Frau und ich die Zusammenkünfte der Ortsversammlung der Zeugen Jehovas, und wir erzählten sogar anderen von unseren neuen Glaubensansichten.

Zu guter Letzt ein Soldat Christi!

Schließlich wurde ich zu Beginn des Jahres 1955 von allen militärischen Aufgaben freigestellt. Fünfzehn Tage später, am 12. März, ließen sich meine Frau und ich als Zeichen unserer Hingabe an Jehova Gott bei einem Kongreß in Versailles taufen. Nachdem sich meine Situation in puncto Arbeit geändert hatte, mußte ich nun eine andere Anstellung finden, um mich um die Bedürfnisse meiner Familie kümmern zu können. Die folgenden vier Jahre arbeitete ich als Portier in den Hallen (Zentralmarkt) in Paris. Wenn es auch nicht einfach war, eine solche Veränderung vorzunehmen, so hat Jehova doch unsere Anstrengungen gesegnet.

In all den Jahren konnten meine Frau und ich vielen Menschen helfen, die biblische Botschaft zu verstehen. Ich hatte die Gelegenheit, vor verschiedenen Militär- und Zivilbehörden die christliche Ansicht über die Neutralität darzulegen. Meine frühere Laufbahn als Soldat trug häufig dazu bei, Vorurteile gegenüber Jehovas Zeugen abzubauen. Ich konnte erklären, daß wir uns als Christen in den Kriegen der Nationen neutral verhalten, ebenso wie es die ersten Christen taten. So schrieb zum Beispiel Professor C. J. Cadoux in dem Buch The Early Church and the World: „Bis zur Herrschaft des Mark Aurel [161—180 u. Z.] wurde kein Christ nach seiner Taufe Soldat.“

Eine meiner schwersten Prüfungen war der Tod meiner Frau im Jahr 1977. Bevor sie starb, war sie ein Jahr lang krank. Doch bis zu ihrem Tod sprach sie mutig über ihren Glauben. Die wunderbare Hoffnung der Auferstehung erhielt mich aufrecht (Johannes 5:28, 29). Außerdem kam ich besser über den Schmerz hinweg, indem ich mich um den allgemeinen Pionierdienst bewarb — so wie der Vollzeitdienst der Zeugen Jehovas genannt wird. Ich begann damit nach meiner Pensionierung im Jahr 1982. Und als ich dann 1988 als Unterweiser der Pionierdienstschule dienen durfte, war meine Freude groß.

Seit dem Tod meiner Frau habe ich zuweilen depressive Phasen durchgemacht. Aber liebe, geistig starke Freunde brachten mich immer wieder auf die Beine. Bei all den Prüfungen verspürte ich stets die Kraft und die liebende Güte Jehovas, der sich um all diejenigen kümmert, die ihr Vertrauen auf ihn setzen (Psalm 18:2). Ich habe auch das Empfinden, daß die Prüfungen, die wir durchmachen, uns darin schulen, unsere geistige Kriegführung fortzusetzen (1. Petrus 1:6, 7). So konnte ich als Versammlungsältester wiederum anderen helfen, die unter Depressionen zu leiden haben (1. Thessalonicher 5:14).

Als Junge träumte ich davon, einmal Soldat zu werden, und im Grunde genommen bin ich bis jetzt ein Soldat geblieben. Ich habe die eine Armee verlassen, um mich der anderen anzuschließen, indem ich ein „Soldat Christi Jesu“ wurde (2. Timotheus 2:3). Wenn auch meine Gesundheit angegriffen ist, versuche ich immer noch nach besten Kräften als Soldat Christi in dem „vortrefflichen Kriegszug“ zu kämpfen, was schließlich zum Sieg führen wird — zur Ehre und zum Ruhm unseres Gottes Jehova (1. Timotheus 1:18).

Louis Lolliot starb am 1. März 1998, als dieser Artikel in Vorbereitung war.

[Bild auf Seite 13]

Unsere Hochzeit in Anwesenheit von General de Lattre de Tassigny

[Bild auf Seite 15]

Louis Lolliot und seine Frau Reine im Jahr 1976

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen