Wir beobachten die Welt
Zölibat — Warum?
„Der Konflikt wegen des Zölibats in der katholischen Kirche ist eine der größten Herausforderungen des Priestertums“, schrieb die Zeitschrift Veja. „1970 gaben 10 000 Priester ihr Amt auf, um zu heiraten. Heute sind es 120 000 — das 12fache. In Brasilien ist die Zahl der Priester, die diese Entscheidung getroffen haben, im gleichen Zeitraum um das 20fache gestiegen.“ Obwohl der Zölibat keine biblische Grundlage hat, verteidigen ihn katholische Kirchenführer damit, daß sie sagen, er gestatte dem Priester, „Gott mehr Aufmerksamkeit zu schenken“ und sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. „Aber das wirkliche Argument für den Zölibat ist sehr irdisch“, hieß es in Veja. „Die Idee entstand im Mittelalter, um den Besitz der Kirche zu schützen und zu verhindern, daß eventuelle Nachkommen Land und andere Besitztümer erhielten.“
Fischen mit dem Schleppnetz richtet Schäden an
„Jedes Jahr wird auf einer Meeresbodenfläche, die größer ist als Kanada, mit dem Schleppnetz gefischt“, hieß es in einem Bericht der Zeitung The Globe and Mail. „Bei dieser Art des Fischens werden schwere Schleppnetze über den Meeresboden gezogen, so daß Fische und andere Tiere, die auf oder in dem Meeresboden leben und für die Nahrungskette im Meer wichtig sind, willkürlich getötet werden. Viele Fischarten, auf die es die Fischer gar nicht abgesehen haben, geraten ins Netz und werden getötet.“ Forscher schätzen, daß „auf jede Garnele im Schleppnetz mindestens 10 kleine Steinbutte oder junge Kabeljaue kommen, die ins Netz geraten sind und sterben“. Wo Schleppnetze über den Meeresboden gezogen wurden, gebe es fast keine Schwämme, Muscheln und Krustentiere mehr, so führte der Bericht aus. Les Watling, Professor für Ozeanographie von der Universität von Maine, erklärte: „Man braucht kein Meeresbiologe zu sein, um zu begreifen, daß sich diese Fischereimethode auf die Tierwelt im Meer verheerend auswirkt. Nichts, was der Mensch dem Meer sonst antut, richtet vergleichsweise größeren Schaden an.“ Biologen stellen diese Verwüstung der Verwüstung durch die Rodung von Wäldern gegenüber und verlangen, daß bestimmte Gebiete zu marinen Naturschutzgebieten erklärt werden.
Chemikalienverseuchtes Spielzeug
„Eine Gruppe von Chemikalien, die gewöhnlich dazu verwandt werden, Kinderspielzeug weich oder biegsam zu machen, sind nahezu 20mal gefährlicher als bisher gedacht“, meldete die Londoner Zeitung The Independent. Forschungen in den Niederlanden haben ergeben, daß sich in Beißringen und anderem Spielzeug, das kleine Kinder in den Mund nehmen, Phthalate (Weichmacher für harte Kunststoffe wie Polyvinylchlorid) befinden, die über den Speichel mühelos aufgenommen werden. Wie Tests ergaben, kann eine hohe Dosis zweier häufig gebrauchter Phthalate „Leber- und Nierenkrebs auslösen und zu Hodenschwund führen“. Besonders gefährdet seien kleine Kinder, weil sie auf Grund ihres „niedrigen Gewichts, ihrer biologischen Entwicklung und des möglicherweise langen Kontakts mit dem Spielzeug auf Chemikalien verhältnismäßig sensibel reagieren“, so hieß es in dem Artikel. Professor James Bridges, ein britischer Wissenschaftler, der sich im Auftrag der Europäischen Kommission mit der Problematik auseinandersetzte, äußerte sich besonders besorgt wegen „der Kinder, die in bestimmten Einrichtungen untergebracht sind, beispielsweise in schlecht betreuten Kindertagesstätten oder Krankenhäusern, weil sie oftmals Spielzeug aus Langeweile in den Mund nehmen“. Sechs Länder haben die Verwendung von Chemikalien in Spielzeug bereits verboten; vier weitere Länder haben ein Verbot geplant.
Priesterlose Gemeinden
Viele katholische Gemeinden in Italien — um genau zu sein: 3 800 — haben keinen gemeindeeigenen Pfarrer. Das ergab eine Umfrage des kirchlichen Zentrums für seelsorgerische Orientierung. Und dabei handelt es sich keinesfalls lediglich um ländliche oder isolierte Gegenden. Nach Aussage der Zeitung La Repubblica „fehlt ein gemeindeeigener Pfarrer sogar oft in mittelgroßen Städten (mit ein- bis dreitausend Einwohnern)“. Um über den Engpaß hinwegzutäuschen, werden mehrere Gemeinden gewöhnlich einem einzigen Priester oder einer Gruppe von Priestern anvertraut. „Doch auf diese Weise“, erklärt die Zeitung, „geht der direkte und tägliche Kontakt des Gemeindepfarrers zu seinen Gemeindemitgliedern verloren, und ... die Pfarrer sind gezwungen, von einer Gemeinde zur anderen zu hetzen.“ Man versucht, dem Engpaß mit verschiedenen Mitteln zu begegnen. Große Städte wie Rom haben Priester aus dem Ausland herbeigeholt. Mindestens zwei Gemeinden in Italien unterstehen jetzt Laien, die selbst keine Messen lesen dürfen und sich darauf beschränken müssen, die Kommunion auszuteilen und im Notfall Taufen durchzuführen.
Konkursverfahren eskalieren
„Amerika befindet sich mitten in einer Konkurskrise“, sagte US-Senator Charles Grassley. Seitdem vor 100 Jahren die US-Konkursgesetze eingeführt wurden, haben rund 20 Millionen Amerikaner Konkurs angemeldet; mehr als die Hälfte von ihnen seit 1985. Im Sommer 1998 hatte die Gesamtzahl der Konkursverfahren der vorhergehenden 12 Monate einen Rekord von 1,42 Millionen erreicht. Wieso diese Eskalation? Nach Meinung des US-Notenbankchefs Alan Greenspan kann der drastische Anstieg der Konkursfälle zum Teil darauf zurückzuführen sein, daß sich „das Stigma, mit dem ein Konkurs behaftet ist“, verändert hat. Ein weiterer Faktor soll „die kreditwütige Kultur sein, der es zuzuschreiben ist, daß sich die Verbraucher mittlerweile an immer höhere private Schuldenberge gewöhnt haben“, kommentierte das Wall Street Journal.
Geruchsfreie Kleidung?
„Seit zwei Jahren sind sich Textilfachleute der Bedeutung bioaktiver Kleidung bewußt, auf deren Etikett je nachdem antibakteriell ... oder geruchshemmend steht“, so zu lesen in der französischen Zeitung Le Monde. Der Markt für antibakterielle Kleidung wird größer. Bisher wurde dieses Material hauptsächlich für Bettwäsche eingesetzt, doch jetzt wird es auch für Socken und Unterwäsche verwendet. Allerdings ist nicht jeder so berauscht von der Idee, Kleidung zu tragen, die Phenole und Schwermetalle enthält; diese verändern nämlich die Wirkungsweise von Bakterien, von denen viele für den Menschen nützlich sind. „Um richtig funktionieren zu können, braucht unsere Haut alle ihre natürlichen Gäste“, hieß es in Le Monde. „Hersteller antibakterieller Textilien müssen sich mit einem echten Dilemma auseinandersetzen“ — wie sie das Wachstum schädlicher Bakterien einschränken, ohne die Bakterien abzutöten, die zur Infektabwehr erforderlich sind.
Neue „Wassersorgen“
„Unser Trinkwasser ist nicht nur voller Pestizide, sondern, wie es jetzt aussieht, auch voller Arzneimittel,“ schrieb die Zeitschrift New Scientist. Die Arzneimittel stammen aus unterschiedlichen Quellen. Mitunter werden Medikamente, die nicht mehr gebraucht werden, die Toilette hinuntergespült. Außerdem werden Medikamente über den Urin ausgeschieden. „Zwischen 30 und 90 Prozent einer verabreichten Dosis der meisten Antibiotika für Mensch und Tier werden über den Urin ausgeschieden“, sagt Bent Halling-Sorensen von der Royal Danish School of Pharmacy. Landwirte bringen Urin und Exkremente von Tieren gewöhnlich als Düngemittel auf ihre Felder aus. Wenn Medikamente in die Umwelt gelangen, entweder in ihrer ursprünglichen Form oder nachdem sie von dem menschlichen Organismus verändert worden sind, können sie reaktiver oder toxischer sein als das ursprüngliche Medikament, und oftmals sind sie auch stärker wasserlöslich. „Medikamente sind eine der wenigen Chemikaliengruppen im Wasser, die wir nicht kontrollieren“, sagt Steve Killeen von der britischen Umweltbehörde.
Immer mehr Gefängnisinsassen in den USA
„Inhaftierungen nehmen in Amerika größere Dimensionen an als in jeder anderen Demokratie und sogar größere Dimensionen als in den meisten totalitären Staaten“, schrieb die Zeitschrift The Economist. „Letztes Jahr befand sich jeder 150. [US-]Bürger (Kinder eingeschlossen) hinter Gittern.“ Die Zahl der Inhaftierungen ist 20mal höher als in Japan, 6mal höher als in Kanada und 5- bis 10mal höher als in den Ländern Westeuropas. Die Anzahl der Gefängnisinsassen hat sich in den Vereinigten Staaten seit 1980 vervierfacht. Über 400 000 der Personen, die sich gegenwärtig in Haft befinden, sind wegen Drogendelikten dort, die Zahl der Personen, die Drogen mißbrauchen, hat sich jedoch seit 1988 nicht verändert. Die Zeitschrift The Economist warf die Frage auf: „Abgesehen davon, ob das Gefängnis als verbrechensbekämpfendes Mittel effektiv ist oder nicht — wie weit kann Amerika mit seinen immer häufiger werdenden Inhaftierungen noch gehen?“
Wetten auf Harmagedon
Jede Woche schließen Dutzende von Menschen in Großbritannien „Wetten auf Harmagedon“ ab. Das berichtete die Zeitung The Guardian. Wie eine Umfrage unter 1 001 Erwachsenen ergab, sind 33 Prozent von ihnen der Ansicht, das Ende der Welt käme als Folge eines Weltkriegs; 26 Prozent denken hingegen, das Ende käme durch die globale Erwärmung. Andere spekulieren, daß eine Kollision mit einem Asteroiden den Ausschlag geben wird. 59 Prozent der Befragten denken sogar, sie hätten „mehr Chancen, das Ende der Welt zu erleben, als im staatlichen Lotto zu gewinnen“, schrieb der Guardian. Warum diese Spekulationen in Verbindung mit Harmagedon? Die Menschen ließen sich „möglicherweise von der Jahrtausendwende und der damit einhergehenden Weltuntergangsstimmung beeinflussen“, merkte die Zeitung an.