Wir beobachten die Welt
Das Jahr 2000 — Rekordjahr für Katastrophen
Wie die Münchener Rückversicherungsgesellschaft mitteilt, kam es im Jahr 2000 weltweit zu einer Rekordzahl an Naturkatastrophen. Alles in allem ereigneten sich über 850 Katastrophen, bei denen insgesamt etwa 10 000 Menschen umkamen und Schäden von umgerechnet mehr als 30 Milliarden € entstanden. Die Zahl der Naturkatastrophen war zwar größer, doch der Verlust an Menschenleben sowie der materielle Schaden waren geringer als im Vorjahr. Das liege daran, daß sich die meisten Katastrophen in weniger dicht besiedelten Gebieten ereignet hätten, heißt es in einer Pressemitteilung der Versicherungsgesellschaft. 73 Prozent der versicherten Schäden seien auf das Konto von Stürmen gegangen, und weitere 23 Prozent seien durch Überschwemmungen verursacht worden. Gemäß der Mitteilung ist wegen der anwachsenden Weltbevölkerung und der steigenden Konzentration von Sachwerten auch „künftig mit einer Zunahme bei den Schäden aus Naturkatastrophen zu rechnen“.
Prostitution von Makel befreit
Ein deutsches Gericht hat entschieden, daß Prostitution nicht grundsätzlich unmoralisch sei, vorausgesetzt, es werde kein krimineller Druck ausgeübt, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Gemäß dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts darf ein Café in Berlin-Wilmersdorf weiter betrieben werden, obwohl dort Prostituierte mit ihren Kunden Kontakt aufnehmen und dann nahe gelegene Zimmer anmieten. Die Richter sagten, ihre Entscheidung spiegele die geänderte Haltung der Gesellschaft zur Prostitution wider. Bei einer Befragung von 1 002 Bürgern erklärten 62 Prozent, Prostitution solle als Beruf anerkannt werden. Nach Aussage der Richter war bei einer anderen Befragung die Mehrheit der Meinung, daß „die Integration der Sexualdienstleistungen ins Wirtschaftsgefüge [Deutschlands]“ schon längst vollzogen sei.
Bienennavigation
Die Fähigkeit der Bienen, den Weg vom Bienenstock zu den Blüten und wieder zurück zu finden, ist gut bekannt. Doch Wanderbienenvölker in der nordindischen Region Assam kehren offensichtlich nach einer Reise von mehreren hundert Kilometern nicht nur zu demselben Baum, sondern sogar auf denselben Ast zurück, auf dem ihre Vorfahren zwei Jahre zuvor genistet haben. Das ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, daß eine Arbeitsbiene höchstens drei Monate alt wird. Zwischen den zurückkehrenden Bienen und den Erbauern des Bienenstocks liegen also mehrere Generationen. Wie die Bienen es dennoch schaffen, den Rückweg zu finden, ist ein Rätsel. Gemäß dem Sydney Morning Herald könnte hierbei der Geruchssinn eine Rolle spielen. Eine andere Erklärung wäre, daß die überlebende Königin den Spurbienen durch einen Tanz die Richtung anzeigt, in die sie fliegen müssen.
Die Sprache und das Gehirn
Nicht nur bei Hörenden werden beim Sprechen und Wahrnehmen von Sprache zwei bestimmte Gehirnregionen aktiv, sondern auch bei Gehörlosen, wenn diese sich der Gebärdensprache bedienen, so die Zeitschrift Science News. Gehirntomographien zeigen, daß „diese Bereiche des Nervengewebes bei Gehörlosen aktiviert werden, sobald sie die Gebärdensprache gebrauchen“, heißt es in dem Bericht. Gemäß der Untersuchungsleiterin, Laura-Ann Petitto von der McGill University in Montreal, ist das ein Hinweis darauf, daß die erwähnten Gehirnregionen „fundamentale Merkmale der gesprochenen oder durch Gebärden ausgedrückten Sprache“ kontrollieren. Dies unterstreiche, daß die Flexibilität des menschlichen Gehirns bei der Bahnung von Sprache noch weiter erforscht werden muß. „Die an gesprochener und an Gebärdensprache beteiligten Gehirnregionen überschneiden sich beträchtlich“, schreibt die Science News.
Durchsichtige Umschläge
Wie das Magazin New Scientist berichtet, hat eine amerikanische Firma ein Spray entwickelt, „das ungeöffnete Umschläge durchsichtig macht“, ohne Spuren zu hinterlassen. Das Spray wirkt unabhängig von der Farbe der Umschläge und besteht aus einer „nichtleitenden, ungiftigen, umweltverträglichen Flüssigkeit“, so der Firmensprecher Bob Schlagel. Abgesehen davon, daß das Spray einen Geruch hinterläßt, der nach 10 bis 15 Minuten wieder verfliegt, „verschmiert weder die Tinte auf dem Umschlag noch auf dem Brief, es entstehen keine Wasserflecken, und es bleibt auch nicht die geringste Spur zurück“, erläutert Schlagel weiter. Das Spray wurde speziell für Strafverfolgungsbehörden entwickelt, um diesen das Erkennen von Briefbomben oder anderen potentiell gefährlichen Paketen zu erleichtern. Doch das Spray könnte auch verwendet werden, um ungeöffnete Briefe zu lesen, weshalb ein Vertreter einer Menschenrechtsorganisation das Produkt als moralisch fragwürdig bezeichnete.
Schlaf und das Gedächtnis
Schlafforscher haben festgestellt, daß es „für den Lernerfolg ausschlaggebend ist“, sich genügend Schlaf zu gönnen, und daß es für das Erinnerungsvermögen „in den folgenden Wochen“ wichtiger ist, richtig zu schlafen, als bis spät in die Nacht zu lernen, berichtete die Londoner Zeitung The Independent. Robert Stickgold, Professor an der medizinischen Fakultät der Harvarduniversität, führte mit einer Gruppe von 24 Freiwilligen einen Test durch. Alle Teilnehmer mußten eine gewisse Zeit etwas lernen; in der folgenden Nacht durfte die eine Hälfte der Gruppe schlafen, während die andere Hälfte die ganze Nacht wach gehalten wurde. Danach konnten beide Gruppen zwei Nächte hintereinander normal schlafen, um den übernächtigten Teilnehmern zu helfen, ihre Müdigkeit zu überwinden. Bei einem Gedächtnistest stellte sich heraus, daß diejenigen, die bereits in der ersten Nacht schlafen durften, „die Aufgaben deutlich besser und konstanter lösen konnten als die zweite Gruppe, die trotz des nachgeholten Schlafs keine Verbesserung erkennen ließ“. Da Schlaf offensichtlich dazu beiträgt, Erinnerungen zu festigen, zeigt diese Untersuchung, daß es wenig nützt, Schlaf — besonders die frühe Tiefschlafphase — zu opfern, um statt dessen zu lernen.
Mutationsrisiken nach Tschernobyl
„Pflanzen, die in der Nähe des Unglücksreaktors von Tschernobyl (Ukraine) wachsen, weisen sechsmal soviel genetische Schäden auf wie andere Pflanzen“, berichtet der Londoner Independent. Forscher aus der Schweiz, Großbritannien und der Ukraine säten zwei identische Weizensorten aus — eine auf radioaktiv belastetem Boden und die andere in etwa 30 Kilometer Entfernung auf ähnlichem, jedoch unbelastetem Boden. Später säten sie Samen von diesen beiden Weizenfeldern an den gleichen Orten. Obwohl einer relativ niedrigen Strahlung ausgesetzt, kam es bei dem Weizen in der Nähe des Reaktorgeländes zu einer alarmierend hohen Rate genetischer Schädigungen oder Mutationen. Besorgte Wissenschaftler warnen vor bisher ungekannten Folgen einer fortgesetzten Belastung durch derartige Strahlung. Diese Ergebnisse sind besonders besorgniserregend im Hinblick auf künftige Generationen von Pflanzen, Tieren und Menschen, die der Tschernobyl-Strahlung ausgesetzt sind.
Männer und Frauen hören unterschiedlich zu
Wissenschaftler haben festgestellt, daß Frauen beim Zuhören beide Gehirnhälften nutzen, Männer dagegen nur eine, meldet Discovery.com News. Für eine Studie unterzogen sich 20 Männer und 20 Frauen einer Gehirntomographie, während sie sich die Tonbandaufnahme eines Buches anhörten. Die Gehirnmessungen ergaben, daß bei den Männern vor allem die linke Gehirnhälfte aktiv war, die mit dem Gehör und der Sprache in Verbindung gebracht wird. Bei den Frauen hingegen waren beide Gehirnhälften aktiv. Dr. Joseph T. Lurito, Assistenzprofessor für Radiologie an der medizinischen Fakultät der Universität von Indiana, sagte: „Unsere Forschungsergebnisse legen nahe, daß die Sprachverarbeitung bei Mann und Frau unterschiedlich abläuft, weswegen aber nicht unbedingt Leistungsunterschiede bestehen.“ Andere Studien scheinen zu zeigen, daß Frauen „zwei Gesprächen gleichzeitig zuhören können“, sagte Dr. Lurito weiter.
Religion „Marke Eigenbau“
In Frankreich verliert die Religion mehr und mehr an Bedeutung. Das ist das Ergebnis einer von dem katholischen Nachrichtenmagazin La Vie veranlaßten Umfrage. Aus einer Liste von 14 möglichen Prioritäten wählten nur 7 Prozent der Befragten religiöse Bedürfnisse als für sie wichtig aus. Vor religiöser Betätigung rangierten unter anderem Freizeit, beruflicher Erfolg, persönliche Freiheit, Kultur, Sexualleben und materieller Erfolg. Die Soziologen Pierre Bréchon und Gérard Mermet bezeichnen die Religion als ein Opfer der Individualisierung. In welchem Sinn? Die Leute picken sich verschiedene Glaubensansichten heraus, die „anscheinend zu ihrem Lebensstil und zu ihrer Denkweise passen, und setzen sie zusammen“, sagt Bréchon.
Legaler Suizid?
Im April dieses Jahres haben die Niederlande als erstes Land die aktive Sterbehilfe gesetzlich anerkannt, so meldete das Rotterdamer NRC Handelsblad. Mit einer Mehrheit von 46 gegen 28 Stimmen hatte das niederländische Parlament das sogenannte Sterbehilfegesetz verabschiedet. Dieses Gesetz erlaubt Ärzten, den Tod von Patienten, die unheilbar krank sind oder „aussichtslose“ und „unerträgliche“ Leiden ertragen müssen, aktiv herbeizuführen. Die niederländischen Gesetzgeber verlangen in Verbindung mit Euthanasiepatienten die strikte Erfüllung folgender Kriterien: Die Bitte des Patienten muß aus freiem Willen erfolgen. Der Patient und der Arzt müssen darin übereinstimmen, daß es keine vernünftige und für den Patienten akzeptable alternative Lösung gibt. Der Patient muß von mindestens einem weiteren unabhängigen Arzt untersucht worden sein. Außerdem muß die Sterbehilfe auf „medizinisch angemessene Weise“ geleistet werden.