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  • Sind solche Gefühle normal?
  • Wenn ein geliebter Mensch gestorben ist
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  • Biblische Personen, die weinten
  • Weinen oder nicht weinen
  • Wie manche reagieren
  • Wie sich Zorn und Schuldgefühle auswirken können
  • Wenn man den Ehegefährten verliert
  • „Laß dir von anderen keine Vorschriften machen“
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Wenn ein geliebter Mensch gestorben ist
we S. 7-13

Sind solche Gefühle normal?

EIN Mann, der einen geliebten Menschen verloren hat, schreibt: „Ich bin in England aufgewachsen; mir wurde beigebracht, meine Empfindungen nicht öffentlich zu zeigen. Ich kann mich noch erinnern, daß mein Vater, ein ehemaliger Soldat, mit allem Nachdruck zu mir sagte: ‚Weine nicht!‘, wenn mir etwas weh tat. Ich kann mich nicht entsinnen, daß unsere Mutter jemals eines von uns vier Kindern küßte oder umarmte. Ich war 56, als ich meinen Vater sterben sah. Für mich war das ein enormer Verlust. Dennoch konnte ich zunächst nicht weinen.“

In einigen Kulturen bringt man seine Gefühle offen zum Ausdruck. Ob man glücklich oder traurig ist, andere erkennen, wie einem zumute ist. In manchen Teilen der Welt dagegen, zum Beispiel in Nordeuropa und England, sind es die Menschen, besonders die Männer, gewohnt, ihre Gefühle zu verbergen, ihre Empfindungen zu unterdrücken, Haltung zu bewahren und das Herz nicht auf der Zunge zu haben. Ist es aber verkehrt, zu trauern, wenn man einen geliebten Menschen durch den Tod verloren hat? Was sagt die Bibel?

Biblische Personen, die weinten

Die Bibel wurde von Hebräern aus dem östlichen Mittelmeerraum geschrieben — ein Volk, das seine Gefühle nicht verbarg. Sie enthält viele Beispiele von Menschen, die ihre Trauer offen zum Ausdruck brachten. König David trauerte um seinen ermordeten Sohn Amnon. Ja, er brach „in sehr großes Weinen“ aus (2. Samuel 13:28-39). Er trauerte sogar über den Verlust seines verräterischen Sohnes Absalom, der versucht hatte, das Königtum an sich zu reißen. Der Bibelbericht lautet: „Da geriet der König [David] in Bestürzung und ging zum Dachgemach über dem Toreingang hinauf und brach in Weinen aus; und dies ist, was er im Gehen sprach: ‚Mein Sohn Absalom, mein Sohn, mein Sohn Absalom! O daß ich, ja ich, statt deiner gestorben wäre, Absalom, mein Sohn, mein Sohn!‘ “ (2. Samuel 18:33). David trauerte wie jeder andere Vater. Und wie oft haben sich Eltern schon gewünscht, sie hätten anstelle ihrer Kinder sterben können! Es scheint so unnatürlich zu sein, daß ein Kind vor seiner Mutter oder seinem Vater stirbt.

Wie reagierte Jesus auf den Tod seines Freundes Lazarus? Er weinte, als er in die Nähe der Gruft kam (Johannes 11:30-38). Später weinte Maria Magdalene, als sie sich Jesu Grab näherte (Johannes 20:11-16). Freilich ist ein Christ, der ein Verständnis der biblischen Auferstehungshoffnung hat, nicht untröstlich wie viele, die für ihre Glaubensansichten über den Zustand der Toten keine richtige biblische Grundlage haben. Aber als ein Mensch mit normalen Empfindungen trauert ein wahrer Christ trotz der Hoffnung auf eine Auferstehung über den Verlust eines geliebten Menschen (1. Thessalonicher 4:13, 14).

Weinen oder nicht weinen

Wie reagieren wir heute? Findest du es schwierig oder peinlich, deine Gefühle zum Ausdruck zu bringen? Was empfehlen Berater? Ihre neuzeitlichen Ansichten sind oft nur das Echo der alten von Gott inspirierten Weisheit der Bibel. Sie sagen, wir sollten unsere Trauer zum Ausdruck bringen, nicht unterdrücken. Das erinnert uns an treue Männer der alten Zeit, wie Hiob, David und Jeremia, deren Äußerungen der Trauer in der Bibel aufgezeichnet sind. Sie unterdrückten ihre Gefühle wirklich nicht. Es ist deshalb nicht ratsam, sich von anderen Menschen abzusondern (Sprüche 18:1). Trauer wird je nach den Bräuchen und der Kultur sowie den vorherrschenden religiösen Ansichten unterschiedlich zum Ausdruck gebracht.a

Und wenn dir zum Weinen zumute ist? Zu weinen ist eine natürliche Reaktion des Menschen. Denke nochmals an die Begebenheit, als Lazarus starb: Jesus „seufzte . . . im Geist und . . . brach in Tränen aus“ (Johannes 11:33, 35). Dadurch gab er zu verstehen, daß Weinen eine normale Reaktion auf den Tod eines geliebten Menschen ist.

Trauernde Menschen

Es ist normal, zu trauern und zu weinen, wenn man einen geliebten Menschen durch den Tod verloren hat

Anne, eine Mutter, die Rachel, ihr Baby, durch den plötzlichen Kindstod (SIDS) verlor, ist dafür ein Beweis. Ihr Mann berichtet: „Überraschenderweise weinte weder Anne noch ich bei der Beerdigung. Alle weinten außer uns.“ Dann warf Anne ein: „Ja, aber ich habe für uns beide genug geweint. Ich denke, einige Wochen nach dem tragischen Vorfall kam es mir richtig zum Bewußtsein, als ich eines Tages allein zu Hause war. Ich weinte von morgens bis abends. Doch ich glaube, das half mir. Ich fühlte mich danach besser. Ich mußte über den Tod meines Babys trauern. Meiner Meinung nach sollte man Trauernde weinen lassen. Obgleich es ganz natürlich ist, daß andere sagen: ‚Weine nicht‘, hilft das nicht weiter.“

Wie manche reagieren

Wie reagieren manche auf den Verlust eines geliebten Menschen? Nehmen wir als Beispiel Juanita. Sie weiß, wie es ist, ein Baby zu verlieren. Sie hatte bereits fünf Fehlgeburten hinter sich und war wieder schwanger. Als sie nach einem Autounfall ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte, war sie verständlicherweise sehr beunruhigt. Zwei Wochen später setzten die Wehen ein — verfrüht. Kurz danach wurde die kleine Vanessa geboren. Sie wog nur 900 Gramm. „Ich war so aufgeregt“, erinnert sie sich. „Endlich war ich Mutter!“

Aber ihr Glück war von kurzer Dauer. Vier Tage später starb Vanessa. Juanita sagt: „Ich fühlte mich so leer. Die Mutterschaft war mir genommen worden. Ich kam mir als nicht vollwertige Frau vor. Es war ein qualvoller Augenblick, als ich zu Hause in das Zimmer ging, das wir für Vanessa vorbereitet hatten, und die kleinen Hemdchen sah, die ich für sie gekauft hatte. In den nächsten Monaten durchlebte ich den Tag ihrer Geburt immer und immer wieder. Ich wollte mit niemandem mehr etwas zu tun haben.“

Eine extreme Reaktion? Es mag für andere schwierig sein, dies zu verstehen, aber Frauen, die ähnliches wie Juanita durchgemacht haben, erklären, daß sie um ihr Baby genauso trauerten, wie sie um ein größeres Kind getrauert hätten. Das Kind wird, wie sie sagen, bereits lange vor der Geburt von den Eltern geliebt. Es besteht eine bestimmte Bindung zur Mutter. Wenn dieses Baby dann stirbt, hat die Mutter das Empfinden, eine richtige Person verloren zu haben. Und das sollten andere verstehen.

Wie sich Zorn und Schuldgefühle auswirken können

Eine andere Mutter erklärte, wie sie reagierte, als sie erfuhr, daß ihr sechsjähriger Junge, der einen angeborenen Herzfehler hatte, plötzlich gestorben war. „Ich machte die verschiedensten Reaktionen durch — Betäubtsein, Nichtwahrhabenwollen, Schuldgefühle und Zorn auf meinen Mann und auf den Arzt, weil sie den Ernst der Lage unterschätzt hatten.“

Zorn kann also ein weiteres Symptom für Trauer sein. Vielleicht ist man über die Ärzte und Krankenschwestern zornig und denkt, sie hätten mehr für den Verstorbenen tun sollen. Oder man ist zornig über Freunde und Verwandte, die, wie es scheint, das Falsche sagen oder tun. Einige werden auf den Verstorbenen zornig, weil er ihrer Meinung nach seine Gesundheit vernachlässigt hat. Stella erzählt: „Ich erinnere mich, daß ich mich über meinen Mann ärgerte, weil ich wußte, daß es hätte anders sein können. Er war sehr krank, aber er gab nichts auf die Warnungen der Ärzte.“ Und manchmal ist man auf den Verstorbenen zornig wegen der Bürden, die sein Tod für die Hinterbliebenen mit sich bringt.

Manche fühlen sich wegen ihres Zornes schuldig — sie machen sich Vorwürfe, weil sie ärgerlich sind. Andere geben sich selbst die Schuld am Tod ihres Angehörigen. „Er wäre nicht gestorben“, reden sie sich ein, „wenn ich nur dafür gesorgt hätte, daß er eher zum Arzt gegangen wäre.“ Oder: „. . . daß er zu einem anderen Arzt gegangen wäre.“ Oder: „. . . daß er sich mehr um seine Gesundheit gekümmert hätte.“

Eine Mutter erinnert sich, wie sie ihr Kind im Arm hält

Der Verlust eines Kindes führt zu einem schrecklichen Trauma — aufrichtiges Mitleid und Einfühlungsvermögen können den Eltern helfen

Bei anderen sitzt das Schuldgefühl noch tiefer, besonders wenn der geliebte Mensch plötzlich, unerwartet gestorben ist. Sie beginnen, sich in den Sinn zurückzurufen, wann sie sich über den Verstorbenen geärgert oder sich mit ihm gestritten haben. Vielleicht denken sie auch, sie hätten sich ihm gegenüber nicht richtig verhalten. Sie quälen sich mit Gedanken darüber, was sie hätten tun sollen und was nicht.

Die anhaltende Trauer vieler Mütter stützt die Ansicht vieler Experten, die sagen, daß der Tod eines Kindes bei den Eltern eine bleibende Lücke hinterläßt, besonders bei der Mutter.

Wenn man den Ehegefährten verliert

Der Verlust des Ehepartners kann zu einer anderen Art von Trauma führen, besonders wenn die beiden zusammen ein sehr aktives Leben geführt haben. Mit dem gemeinsamen Leben ist es nun zu Ende — mit den gemeinsamen Reisen, der Zusammenarbeit, der gemeinsamen Freizeitgestaltung und der gegenseitigen Abhängigkeit.

Eunice erzählt, was geschah, als ihr Mann plötzlich an einem Herzinfarkt starb. „In der ersten Woche fühlte ich mich innerlich leer und war wie empfindungslos, so als ob bei mir nichts mehr funktionierte. Ich konnte nicht einmal mehr schmecken oder riechen. Unabhängig davon war ich weiterhin in der Lage, logisch zu denken. Da ich dabei war, als man versuchte, meinen Mann durch eine Herz-Lungen-Wiederbelebung zu retten, traten bei mir die üblichen Erscheinungen des Nichtwahrhabenwollens nicht auf. Trotzdem überkam mich ein Gefühl völliger Hilflosigkeit; mir war, als sähe ich ein Auto über den Rand eines Abgrundes fahren, und ich konnte es nicht aufhalten.“

Weinte sie? „Natürlich weinte ich, besonders wenn ich die Hunderte von Beileidskarten las, die ich bekam. Ich weinte bei jeder. Das half mir, den Rest des Tages zu überstehen. Aber die so oft gestellte Frage, wie es mir gehe, war mir keine Hilfe. Ich fühlte mich einfach miserabel.“

Was half Eunice, ihre Trauer durchzustehen? „Ohne mir dessen bewußt zu sein, faßte ich den Entschluß, einfach weiterzuleben“, sagt sie. „Was mir aber immer noch weh tut, ist der Gedanke, daß mein Mann, der das Leben so sehr geliebt hat, nicht mehr da ist, um sich daran zu erfreuen.“

„Laß dir von anderen keine Vorschriften machen“

Die Autoren des Buches Leavetaking—When and How to Say Goodbye geben folgenden Rat: „Man sollte sich von anderen nicht vorschreiben lassen, wie man handeln oder empfinden sollte. Der Prozeß des Trauerns vollzieht sich bei jedem Menschen anders. Manche mögen denken — und vielleicht sagen sie dir auch, was sie denken —, du würdest zuviel oder nicht genug trauern. Vergib ihnen, und vergiß es. Wenn du dich von anderen oder von der Gesellschaft als Ganzem in eine von ihr entworfene Form pressen läßt, beeinträchtigst du die Wiederherstellung deiner seelischen Gesundheit.“

Natürlich versucht jeder auf seine Art, mit der Trauer fertig zu werden. Wir sagen nicht, daß die eine Art für jeden unbedingt besser ist als eine andere. Die Gefahr besteht jedoch, daß es zu einer Stagnation kommt und der Trauernde nicht mehr in der Lage ist, sich mit der Realität seiner Situation abzufinden. In diesem Fall ist die Hilfe mitfühlender Freunde nötig. Die Bibel sagt: „Ein wahrer Gefährte liebt allezeit und ist ein Bruder, der für die Zeit der Bedrängnis geboren ist.“ Scheue dich also nicht, Hilfe zu suchen, um zu reden und zu weinen (Sprüche 17:17).

Trauer ist eine normale Reaktion auf einen Verlust, und es ist nicht verkehrt, anderen zu zeigen, daß man trauert. In Verbindung damit gibt es indes noch weitere Fragen, die beantwortet werden müssen, zum Beispiel: „Wie kann ich mit meiner Trauer leben? Ist es normal, Schuldgefühle zu haben und zornig zu sein? Wie soll ich mit diesen Reaktionen umgehen? Was kann mir helfen, den Verlust und die Trauer zu durchleben?“ Im nächsten Teil werden diese und andere Fragen beantwortet.

a Die Yoruba in Nigeria beispielsweise glauben traditionsgemäß an die Reinkarnation. Wenn eine Mutter ein Kind verliert, macht sie nur eine kurze Zeit heftiger Trauer durch. Die Yoruba haben folgendes Sprichwort: „Das Wasser ist verschüttet, aber der Flaschenkürbis ist nicht zerbrochen.“ Das bedeutet gemäß den Yoruba, daß der mit Wasser gefüllte Flaschenkürbis, die Mutter, ein weiteres Kind austragen kann — vielleicht eine Reinkarnation des verstorbenen. Jehovas Zeugen halten nicht an Traditionen fest, die auf Aberglauben beruhen und denen die irrige unbiblische Ansicht von der Unsterblichkeit der Seele und der Reinkarnation zugrunde liegt (Prediger 9:5, 10; Hesekiel 18:4, 20).

Fragen zum Nachdenken

  • Inwiefern wird die Trauer bei manchen Menschen von ihrer Kultur beeinflußt?

  • Welche Beispiele enthält die Bibel von Personen, die offen getrauert haben?

  • Wie haben manche auf den Verlust eines geliebten Menschen reagiert? Wie hast du in ähnlichen Situationen reagiert?

  • Wieso trifft einen der Verlust des Ehegefährten besonders hart?

  • Wie vollzieht sich der Prozeß des Trauerns? Ist es verkehrt zu trauern?

  • Wodurch zeichnet sich der Prozeß des Trauerns aus? (Siehe Kasten auf Seite 9.)

  • Wie wirkt sich der Verlust eines Kindes durch den plötzlichen Kindstod auf die Eltern aus? (Siehe Kasten auf Seite 12.)

  • Wie reagieren viele Mütter auf eine Fehlgeburt oder eine Totgeburt? (Siehe Kasten auf Seite 10.)

Der Prozeß des Trauerns

Mit dem Wort „Prozeß“ soll nicht gesagt werden, daß die Trauer nach einem festen Schema oder Programm verläuft. Trauerreaktionen sind von Fall zu Fall verschieden; sie können sich überschneiden und unterschiedlich lang andauern. Die angeführte Liste ist nicht vollständig. Es können sich auch andere Reaktionen einstellen. Nachstehend sind einige Symptome erwähnt, die sich zeigen können:

Erste Reaktionen: Schock; Nichtwahrhabenwollen; Betäubtsein; Schuldgefühle; Zorn.

Die akute Trauer kann folgendes einschließen: Gedächtnisverlust und Schlaflosigkeit; Übermüdung; plötzliche Stimmungsschwankungen; Fehlurteile und Fehleinschätzungen; Weinkrämpfe; Veränderung des Appetits mit Gewichtszunahme oder -abnahme; verschiedene Symptome für gesundheitliche Störungen; Teilnahmslosigkeit; verminderte Arbeitsfähigkeit; Halluzinationen, das heißt den Verstorbenen fühlen, hören oder sehen; unvernünftiger Groll auf den Ehepartner, bei dem Verlust eines Kindes.

Die Phase des Sichabfindens: Mit Sehnsucht einhergehende Traurigkeit; überwiegend angenehme Erinnerungen an den Verstorbenen, zuweilen sogar mit Humor gefärbt.

Die Trauer von Müttern nach einer Fehl- oder einer Totgeburt

Monna, die bereits mehrere Kinder hatte, sah der Geburt ihres nächsten Sprößlings mit freudiger Erwartung entgegen. Vor der Geburt spielte sie mit ihm, sprach mit ihm und träumte von ihm.

Die Bindung zwischen der Mutter und dem ungeborenen Kind war stark. Sie sagt: „Rachel Anne war ein Baby, das so kräftig gegen meinen Bauch trat, daß mir Bücher hinunterrutschten, und das mich nachts wach hielt. Ich kann mich noch an die ersten leichten Stöße erinnern — zaghafte, liebevolle Stupser. Immer wenn sie sich bewegte, wurde ich von Liebe erfüllt. Ich kannte sie so gut, daß ich wußte, wann sie Schmerzen hatte, wann es ihr schlechtging.“

Monna erzählt weiter: „Der Arzt wollte mir nicht glauben, bis es zu spät war. Er sagte, ich solle mir keine Sorgen machen. Ich glaube, ich spürte, wie sie starb. Sie drehte sich plötzlich mit aller Kraft um. Am nächsten Tag war sie tot.“

Monnas Erlebnis ist kein Einzelfall. Die Autorinnen R. Friedman und B. Gradstein schreiben in ihrem Buch Surviving Pregnancy Loss (Eine Fehlgeburt verwinden), daß allein in den Vereinigten Staaten jährlich rund eine Million Schwangere ihr Kind verlieren. Weltweit ist die Zahl natürlich weit größer.

Oft erkennen andere nicht, daß eine Fehl- oder eine Totgeburt für eine Frau etwas äußerst Tragisches ist und daß sie trauert — vielleicht ihr Leben lang. Veronica aus New York zum Beispiel, die nun die Fünfzig überschritten hat, denkt immer noch an ihre Fehlgeburten, besonders an das totgeborene Baby, das bis zum neunten Monat lebte und bei der Geburt 12 Pfund wog. Mindestens zwei Wochen lang trug sie es tot im Leib. Sie sagt: „Ein totes Baby zur Welt zu bringen ist für eine Mutter etwas Schreckliches.“

Die Reaktionen solcher verzweifelten Mütter werden selbst von anderen Frauen nicht immer verstanden. Eine Frau, die ihr Kind durch eine Fehlgeburt verloren hat, schreibt: „Ich lernte auf schmerzliche Weise, daß ich, ehe dies geschah, keine Ahnung hatte, was meine Freundinnen durchgemacht hatten. Ich war ihnen gegenüber so gefühllos, wie es nach meinem Empfinden andere Leute jetzt mir gegenüber sind.“

Ein trauerndes Ehepaar hält sich im Arm

Ein weiteres Problem für die trauernde Mutter ist der Eindruck, daß ihr Mann den Verlust nicht so empfindet wie sie. Eine Frau erzählt: „Damals war ich von meinem Mann tief enttäuscht. Er verhielt sich so, als ob ich gar nicht schwanger gewesen wäre. Er konnte nicht nachfühlen, welches Leid ich durchlitt. Er hatte sehr viel Verständnis für meine Ängste, aber nicht für meine Trauer.“

Diese Reaktion ist für einen Ehemann vielleicht natürlich — er hat nicht wie seine schwangere Frau die körperliche und emotionelle Bindung zu dem Kind. Dennoch leidet er unter dem Verlust. Es ist für den Mann und die Frau wichtig, zu erkennen, daß sie gemeinsam leiden, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Sie sollten ihren Kummer teilen. Wenn der Mann seinen Kummer verbirgt, hält seine Frau ihn womöglich für gefühllos. Weint daher gemeinsam, und tauscht Gedanken und Zärtlichkeiten aus. Gebt zu erkennen, daß ihr einander braucht wie nie zuvor. Ja, ihr Ehemänner, bekundet Mitgefühl.

Der plötzliche Kindstod — Die Trauer durchstehen

Der plötzliche Tod eines Babys ist eine verheerende Tragödie. Ein offenbar normales, gesundes Baby wacht nicht mehr auf. Es ist etwas völlig Unerwartetes, denn wer rechnet schon damit, daß ein Kind eher als seine Eltern stirbt? Ein Baby, das von seiner Mutter mit endloser Liebe überschüttet worden ist, gibt der Mutter plötzlich Anlaß zu endloser Trauer.

Schuldgefühle werden übermächtig. Die Eltern fühlen sich für den Tod verantwortlich, als hätten sie das Kind vernachlässigt. Sie fragen sich: „Was hätten wir dagegen tun können?“b Mitunter mag der Vater unbegründeterweise und unbewußt sogar seiner Frau die Schuld geben. Als er zur Arbeit ging, war das Baby lebendig und gesund. Als er nach Hause kam, war es in seinem Bettchen gestorben. Was war mit seiner Frau? Wo war sie zu der Zeit? Diese quälenden Fragen müssen geklärt werden, damit die Ehe nicht belastet wird.

Unvorhergesehene und unvorherzusehende Umstände verursachten die Tragödie. In der Bibel heißt es: „Ich wandte mich, um unter der Sonne zu sehen, daß nicht den Schnellen der Wettlauf gehört noch den Starken die Schlacht, noch auch den Weisen die Speise, noch auch den Verständigen der Reichtum, noch selbst denen, die Kenntnisse haben, die Gunst, denn Zeit und unvorhergesehenes Geschehen trifft sie alle“ (Prediger 9:11).

Wie können andere helfen, wenn eine Familie ein Baby auf diese Weise verliert? Eine betroffene Mutter antwortet: „Eine Freundin kam und putzte unsere Wohnung, ohne daß ich ein Wort zu sagen brauchte. Andere bereiteten Mahlzeiten für uns zu. Einige halfen mir einfach, indem sie mich umarmten — keine Worte, nur eine Umarmung. Ich wollte nicht reden. Ich wollte nicht immer und immer wieder erklären, was geschehen war. Ich wollte keine neugierigen Fragen hören, als hätte ich etwas zu tun versäumt. Ich war die Mutter; ich hätte alles Erdenkliche getan, um mein Baby zu retten.“

b Vom plötzlichen Kindstod (SIDS) spricht man, wenn gesunde Babys im Alter von einem bis sechs Monaten plötzlich, ohne erklärliche Ursache sterben. Man nimmt an, daß die Möglichkeit vermieden werden könnte, wenn das Baby zum Schlafen auf den Rücken oder auf die Seite, nicht mit dem Gesicht nach unten hingelegt würde. Doch die Lage beim Schlafen wird den plötzlichen Kindstod nicht in jedem Fall verhindern.

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