Fragen von Lesern
● Können Sie mir bitte Aufschluß geben über die Übersetzung des Ausdruckes „junge Frau“ in Jesaja 7:14 (Leeser-Übersetzung)? Können Sie mir sagen, ob es in der alten Übersetzung „Jungfrau“ bedeutet? — A. G., Vereinigte Staaten.
Nicht nur Isaak Leeser, sondern auch die Revidierte Standard-Bibel, die im Jahre 1952 erschienen ist, enthält in Jesaja 7:14 den Ausdruck „junge Frau“. Das hebräische Wort, das dort mit „junge Frau“ wiedergegeben wird, ist, wie schon bekannt sein mag, ‘al·mahʹ und kommt in den heiligen Hebräischen Schriften nur sieben Male vor, nämlich in 1. Mose 24:43, 2. Mose 2:8, Sprüche 30:19, Psalm 68:25, Hohelied 1:3 und 6:8 und Jesaja 7:14; diese Stelle steht jetzt unter Diskussion. Wer persönlich diese Schrifttexte untersucht, wird sehen, daß wenigstens in einigen Fällen ’al·mahʹ sich auf Jungfrauen bezieht, und es ist möglich, daß es in allen sieben Bibelversen auf Jungfrauen anzuwenden ist, doch wollen wir nicht dogmatisch sein. Die älteste geschriebene Übersetzung der Hebräischen Schriften ist die griechische Septuaginta (LXX), und diese wurde im dritten Jahrhundert vor Christus von griechischsprechenden Juden in Angriff genommen. Sie gaben zu, daß ’al·mahʹ eine Jungfrau bedeuten könnte, indem sie dieses hebräische Wort in 1. Mose 24:43 und in Jesaja 7:14 mit „Jungfrau“ wiedergaben, wobei sie das griechische Wort par·thenʹos benutzten, das „Jungfrau“ bedeutet. Somit gaben die Juden selbst dem hebräischen Wort ’almahʹ in Jesaja 7:14 den Sinn von „Jungfrau“.
Es stimmt, daß ’al·mahʹ nicht notwendigerweise „Jungfrau“ bedeutet, wie z. B. das hebräische Wort bethu·lahʹ, aber es kann zu Recht auf Jungfrauen angewandt werden und wird auch so angewandt, und in solchen Fällen wird es ein Synonym für Jungfrau. Das Compendious Hebrew-English Dictionary, veröffentlicht in Tel Aviv, Israel, definiert ’al·mahʹ als „Mädchen, junge Frau“. Wilhelm Gesenius sagt im Hebräischen und Aramäischen Wörterbuch (in Deutsch), ‘al·mahʹ bedeute „ein heiratsfähiges Mädchen, eine reife Jungfrau; das Wort bezeichnet einfach das Mädchen als ehefähig, nicht als Jungfrau, ferner weder verheiratet noch unverheiratet; gemäß Soncino die Frau (Gattin), bis sie ein Kind hatte“. Mit diesem stimmt das kürzlich erschienene Lexikon von L. Koehler und W. Baumgartner überein, das besagt, das hebräische Wort bedeute „ehefähiges Mädchen, junge Frau (bis zur Geburt ihres ersten Kindes)“. Das Hebrew and English Lexicon von Brown, Driver und Briggs sagt, daß ’al·mahʹ den Sinn habe von „junge Frau (geschlechtsreif; Mädchen oder frischverheiratet)“. Und selbst das römisch-katholische Hebräisch-Spanische Lexikon von Segundo M. Rodriguez erklärt das Wort mit „Jungfrau, erwachsenes Weib, ehefähig“. Einige verstehen das Wort so, daß es von dem hebräischen Verb „verhüllen“ herkomme und daher bedeute ‚verhülltes Weib‘, das heißt ein Weib, das sich noch keinem Ehegatten aufgedeckt und für den Geschlechtsakt entblößt hat.
Der göttliche Autor der Hebräischen Schriften hatte zweifellos einen Zweck, wenn er in Jesaja das hebräische Wort ‘al·mahʹ statt bethu·lahʹ („Jungfrau“) gebraucht. Ihr Sohn sollte Immanuel genannt werden, was bedeutet „Gott ist mit uns“. Unsere Zeitschrift Der Wachtturm bezog sich in ihrer Ausgabe vom 15. Januar 1947 auf Seite 24 und 25 auf diese Prophezeiung und ihre Erfüllung und sagte dann auf Seite 27, Abschnitt 38: „Diese werden dadurch wie Jesaja und seine Söhne sein, wie Schear-Jaschub und Maher-Schalal-Chasch-Bas, zu denen wahrscheinlich noch ein dritter Sohn namens ‚Immanuel‘ gehört.“ In anderen Worten: die Prophezeiung von Jesaja 7:14 mag im Falle des Propheten Jesaja selbst eine erste Erfüllung gehabt haben, indem er ein Kind von einer jungen Frau oder einem Mädchen hatte. Die Geburt dieses Kindes, das Immanuel genannt wurde, wäre natürlich keine jungfräuliche Geburt. Wir erfassen, wie vernünftig diese Ansicht ist, wenn wir sehen, daß die Prophezeiung von Jesaja 7:14 über die Geburt Immanuels durch ein Mädchen ein Zeichen zum Nutzen des Königs Ahas sein sollte, zu welchem der Prophet Jesaja damals sprach. Die jungfräuliche Geburt eines Kindes siebenhundert Jahre später konnte schwerlich zu Lebzeiten des bösen Königs Ahas ein Zeichen für ihn gewesen sein. In Jesajas Fall daher wäre die Mutter des Sohnes Immanuel eine ‘al·mahʹ oder junge, geschlechtsreife Frau. Aber die Prophezeiung Jesaja 7:14 wurde unter solch feierlichen Umständen und inmitten solch prophetischer Entwicklung der Dinge gegeben, welche die Zukunft vorschattete, daß diese Prophezeiung von der Geburt Immanuels durch die ‘al·mahʹ eine Erfüllung haben mußte, die von den Tagen des Königs Ahas aus gesehen in der Zukunft lag. Dem ist besonders so, weil Jesaja unter Inspiration sagte: „Siehe, ich und die Kinder, die Jehova mir gegeben hat, wir sind zu Zeichen und zu Wundern in Israel, vor Jehova der Heerscharen, der da wohnt auf dem Berge Zion.“ (Jes. 8:18) Somit war dieses Kind Immanuel damals in seiner eigentümlichen Geburt und nach dem Sinne seines Namens ein wunderbares Zeichen von etwas, das künftig eintreten sollte. Demzufolge mußte Jesaja 7:14 nach der Zeit Jesajas und zu der von Gott selbst bestimmten Zeit eine große, vollständige Erfüllung haben.
Der jüdische Geschichtsschreiber Matthäus, der Schreiber des Buches, das seinen Namen trägt, schrieb auch in Griechisch. Er führte Jesaja 7:14 aus der von Juden gemachten griechischen Septuaginta an, die das griechische Wort par·thenʹos benutzt, das „Jungfrau“ bedeutet. Indem Matthäus die Erfüllung dieser Prophezeiung beschreibt, sagt er: „All dies geschah tatsächlich, damit erfüllt werde, was von Jehova geredet ist durch seinen Propheten, welcher spricht: ‚Siehe! die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen „Immanuel“ heißen‘, was übersetzt bedeutet: ‚Mit uns ist Gott‘.“ (Matth. 1:22, 23, NW) Dann wendet Matthäus diese Prophezeiung von Jesaja 7:14 auf die Geburt Jesu in Bethlehem durch eine jüdische Jungfrau, Maria aus der Linie des Königs David, an. Wie die jungfräuliche Geburt erfolgte, erklärt Matthäus selbst wie auch der christliche Schreiber Lukas. Joseph, der Mann, den sie dann heiratete, hatte keine ehelichen Beziehungen mit ihr, bis sie die Prophezeiung von Jesaja 7:14 erfüllt hatte. Nachher geschah es, daß sie sich aufdeckte oder vor ihm entblößte und daß er Beziehungen mit ihr pflog, und sie hörte auf, eine Jungfrau zu sein. So sehen wir, wie sich Jesaja 7:14 laut seines hebräischen Originals wie auch laut der von Juden hergestellten griechischen Übersetzung zur Rechtfertigung der unfehlbaren Wahrheit des heiligen Wortes Gottes erfüllte.