Gastfreundschaft anläßlich der 30. Abschlußfeier Gileads
AM SONNTAG, dem 9. Februar 1958, wurde die dreißigste Klasse der Wachtturm-Bibelschule Gilead graduiert. Wer diesen Anlaß miterlebte, wird noch lange daran zurückdenken. Noch nie war es draußen so unfreundlich gewesen wie diesmal; der Himmel war grau, und eisiges, stürmisches Winterwetter herrschte. Und noch nie war drinnen in Wort und Tat soviel Nachdruck auf die Gastfreundschaft gelegt worden wie diesmal. Die Besucher wurden, wie üblich, von den Studenten und den Gliedern der Familie der Königreichsfarm, auf deren Gelände sich die Schule befindet, aufs herzlichste willkommen geheißen. Die Hauptansprache, die über eine Stunde dauerte, stand unter dem Motto ‚geistige Gastfreundschaft erweisen‘. Und als Krönung des Ganzen wurde etwa sechshundert unvorhergesehenen Gästen, die wegen der schlechten Straßenverhältnisse bis Montagmorgen in Gilead bleiben mußten, auch buchstäbliche Gastfreundschaft erwiesen.
Trotz des schlechten Wetters waren am Sonntagmorgen bei der Graduierung 1687 Personen anwesend. Die meisten waren am Abend zuvor eingetroffen. Sie kamen aus neunundzwanzig verschiedenen Staaten und vier kanadischen Provinzen — von Florida im Südosten bis Britisch-Columbia im Nordwesten. Das Programm begann wie gewöhnlich um 9 Uhr vormittags mit einem beliebten Königreichslied. Daran anschließend sprach Ulysses Glass, der in Gilead zeitweise Unterricht erteilt, ein Gebet, und die vier Unterweiser, Harold Jackson, Karl Adams, Maxwell Friend und A. D. Schroeder sowie der Farmdiener John Markus, hielten kurze, aber herzliche Abschiedsansprachen, die mit treffenden biblischen Ermahnungen gewürzt waren. Danach wurden die zahlreichen Telegramme und Kabelgramme, die aus aller Welt eingetroffen waren, vorgelesen, oder ihr Empfang wurde bestätigt.
Die Hauptansprache hielt N. H. Knorr, der Präsident der Watch Tower Bible & Tract Society und der Gileadschule. Ihr Thema lautete: „Gastfreundschaft — eine Pflicht“. Seine Darlegungen erläutert durch logische, schriftgemäße Beispiele und passende Illustrationen, waren äußerst interessant. Er zeigte unter anderem, daß Gastfreundschaft in erster Linie bedeutet, Fremden, also Personen, die wir nicht kennen, Liebe zu erweisen. Gastfreundschaft bedeutet ferner, an andere zu denken, mit anderen zu teilen; als Christen müssen wir die geistigen Segnungen, die wir genießen, mit denen teilen, die sich ihres geistigen Mangels bewußt sind. Die Heilige Schrift erwähnt viele gute Beispiele für Gastfreundschaft; sie nennt vor allem Jehova Gott und Jesus Christus, dann die Treuen der alten Zeit, wie Abraham, Lot, Manoah und die ersten Christen. Die Welt ist auf Selbstsucht aufgebaut. Heutzutage Gastfreundschaft zu üben erfordert Kraft und Integrität, weil man gegen den Geist der Welt ankämpfen muß. Gastfreundschaft zieht Menschen guten Willens an und wird von Gott reich belohnt. — Röm. 12:13, 14, 16; 1. Kor. 4:12, 13; Matth. 5:43-48.
Nach seiner Ansprache händigte N. H. Knorr, unterstützt von A. D. Schroeder, dem Schulsekretär, die Diplome aus. Es wurden 109 Studenten, im Alter von 18 bis 66 Jahren, graduiert. Sie kamen aus England, Kanada und den Vereinigten Staaten und wurden in 24 verschiedene Länder ausgesandt. Einer der Studenten las im Namen der Klasse einen Brief vor, in dem diese ihren aufrichtigen Dank und ihre Wertschätzung für die Schulung, die sie in Gilead genossen, und für den Nutzen, den sie daraus gezogen hatte, zum Ausdruck brachte.
Am Abend vorher waren 1358 Personen beim wöchentlichen Wachtturm-Studium zugegen gewesen, und sie hatten sich anschließend an dem musikalischen Programm erfreut, das ihnen die Studenten darboten. Am Sonntagnachmittag wurde den Studenten von 14 bis 16 Uhr die Gelegenheit eingeräumt, einige Gedanken zu äußern. Als Abschluß dieses Programms kam die überraschende Mitteilung, daß die Verkehrsstraße Nr. 34, an der Gilead liegt, nach beiden Richtungen hin unbefahrbar sei. Die Besucher, die nicht in der Nähe untergebracht werden konnten, übernachteten in Gilead; als am nächsten Morgen die Straßen wieder frei waren, begaben sich alle bei strahlendem Himmel auf den Heimweg.