Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • w76 15. 7. S. 440-443
  • Ich lebte, um zu fliegen

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Ich lebte, um zu fliegen
  • Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1976
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • TIEFE LIEBE ZUR FLIEGEREI
  • GIBT ES EINEN GOTT MIT EINEM VORHABEN?
  • EINE WICHTIGE ENTSCHEIDUNG
  • IN MEINEM ENTSCHLUSS, GOTT ZU DIENEN, GESEGNET
  • Jung bleiben, während man älter wird
    Erwachet! 1981
  • Warum ich abstürzte und doch wieder fliege
    Erwachet! 1991
  • Vom Soldaten des Kaisers zum Soldaten Christi
    Erwachet! 1973
  • Vom Kommandeur zum „Soldaten Christi“
    Erwachet! 2008
Hier mehr
Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1976
w76 15. 7. S. 440-443

Ich lebte, um zu fliegen

FAST schon hat das Frühjahr 1960 begonnen. Genauer gesagt: Es ist der 10. März 1960, vormittags. Ich melde mich beim Kontrollturm Büchel in der Eifel und erbitte Landeanweisung. Die Antwort erfolgt prompt: „A. B. 284 klar zur Landung.“ Dann werden mir die Nummer der Runway sowie die Windgeschwindigkeit und die Windrichtung angegeben.

Es folgen die gewohnten Griffe, um die Geschwindigkeit zu verringern. Die Erde schießt auf mich zu. Ich nehme das Gas weg, fange das Flugzeug ab und setze auf. Am Ende der Runway biege ich zum Abstellplatz ab. Das Heulen der Düse läßt nach und verstummt schließlich ganz. Ich löse meine Fallschirmgurte und verlasse den Jagdbomber vom Typ F-84-F.

Das war mein letzter Flug. Niemals mehr werde ich einen Steuerknüppel in die Hand nehmen, um eine Kriegsmaschine zu fliegen. Das war mein Entschluß gegen Ende des Winters 1960, und daran halte ich immer noch fest.

TIEFE LIEBE ZUR FLIEGEREI

Wenn man berücksichtigt, wie sehr ich die Fliegerei liebte, wird man verstehen, wie schwer mir dieser Entschluß fiel. Schon als Kind verfolgte ich jedes Flugzeug am Himmel mit sehnsüchtigen Augen. Als ich etwa sechs oder sieben Jahre alt war, fuhren meine Eltern mit mir und meinem Bruder zu einem Flugplatz in der Nähe unserer Wohnung in Gleiwitz (Deutschland). Fasziniert beobachtete ich die landenden und startenden Flugzeuge. Meine Eltern hatten Mühe, mich von dem Flugplatz wegzubringen. Das Fliegen wurde meine große Sehnsucht.

Im Jahre 1939, als ich gerade dreizehn Jahre alt war, brach der Zweite Weltkrieg aus. Ich bedauerte es, daß ich keine Gelegenheit mehr haben würde, mich als Jagdflieger hervorzutun, denn damals dachten wir alle, der Krieg würde bald zu Ende sein. Aber der Zweite Weltkrieg tobte länger als erwartet. Ich ging zur Hitlerjugend, was man von fast allen Jungen in meinem Alter forderte. Hier konnte ich eine vorfliegerische Ausbildung erhalten, eine Gelegenheit, die ich sofort wahrnahm. Ich lernte Segelfliegen. Mein Traum schien sich zu erfüllen, denn mein Ziel war in greifbare Nähe gerückt. Und meine Begeisterung für das Fliegen wuchs.

Mit dem Einverständnis meiner Eltern meldete ich mich als Sechzehnjähriger freiwillig zur deutschen Luftwaffe. Ich bestand alle Prüfungen und wurde Anfang 1944 als Offiziersanwärter eingezogen. Als ich jedoch meinen Flugzeugführerschein erhielt, näherte sich der Krieg seinem Ende. Deutschlands berühmte Luftwaffe hatte sehr viele Flugzeuge verloren, und ich erhielt keine Gelegenheit, einen Einsatz als Kampfjäger zu fliegen. Ich kam in Gefangenschaft und landete schließlich im Kriegsgefangenenlager Munsterlager. Damit schien die Gelegenheit zum Fliegen ein für allemal begraben zu sein, denn Deutschland machte eine böse Nachkriegszeit durch. Nach meiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete ich in einem Salzbergwerk, um die Lebensmittelzusatzmarken zu erhalten. Im Jahre 1949 habe ich geheiratet, und durch meine Arbeit konnte ich wenigstens für meine Familie sorgen. Doch die Arbeit im Bergwerk befriedigte mich ganz und gar nicht. Mein Wunsch, wieder zu fliegen, regte sich mächtig, und mit sehnsüchtigen Augen verfolgte ich die schnellen Düsenjäger der Engländer und Amerikaner. Als es daher 1954 hieß, Deutschland werde wieder bewaffnet und solle sogar wieder eine Luftwaffe erhalten, war ich überglücklich.

Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und meldete mich zur Luftwaffe. Nachdem ich erneut eine Eignungsprüfung und die Fliegertauglichkeitsprüfung abgelegt hatte, wurde ich angenommen. Im Juni 1956 wurde ich in der neuen deutschen Luftwaffe als Leutnant eingestellt. Nun lernte ich die modernen Düsenjäger fliegen. Nach Abschluß meiner Ausbildung wurde ich Hauptmann, Fluglehrer und Testpilot.

Welch ein gewaltiger Unterschied! Früher war ich im Bergwerk 600 Meter unter der Erde. Nun stieg ich bis in Höhen von 15 000 Metern auf. Ich hatte das Ziel meiner Wünsche erreicht. Meine Zukunft sah gut aus. Meine Existenz schien gesichert. Wer konnte mich von dieser Höhe herunterholen?

GIBT ES EINEN GOTT MIT EINEM VORHABEN?

Inzwischen waren meine Eltern von Sachsen (DDR) in die Bundesrepublik gekommen. In Sachsen hatten sie begonnen, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren, und schließlich nahmen sie die biblischen Wahrheiten, die sie kennenlernten, an. Nachdem sie nach Cochem gezogen waren — unweit davon wohnte ich mit meiner Frau —, besuchten sie uns oft und unterhielten sich mit uns über die wunderbare Hoffnung, die sie hinsichtlich der Zukunft erlangt hatten. Doch ich lachte nur über ihre Vorstellungen von einer friedlichen neuen Erde. Wieso?

Zum einen war für mich eine solche Vorstellung unrealistisch, denn schließlich konnte ich mir ein Bild davon machen, in welchem Umfang die Nationen sich mit Vernichtungswaffen ausrüsteten. Zum anderen hatten mich meine Eltern katholisch erzogen, und ich hatte nicht vor, jetzt etwas daran zu ändern. Mein Vater war für mich ein alternder Mann, der eben sein Heil bei solchen Propheten wie Jehovas Zeugen suchte.

Trotzdem brachten meine Eltern mir eine Bibel, und ich begann darin zu lesen, weil sie mich darum baten. Doch ich muß gestehen, ich verstand kein Wort von dem, was ich las. Als sie mich wieder besuchten, gab ich die Bibel mit der Bemerkung zurück, kein vernünftiger Mensch könne so etwas verstehen. Ich war einfach nicht bereit, auf Gott zu hören.

Aber sooft mich meine Eltern besuchten, kam es zu Diskussionen über die Bibel, über den allmächtigen Gott, Jehova, und über seine Vorsätze. Sie behaupteten, Jehova Gott habe vor, eine neue Ordnung zu schaffen, und seine irdischen Untertanen könnten dann ewig auf der Erde leben, auf der wieder paradiesische Verhältnisse herrschen würden. Durch ein solches Gespräch erregt, verstieg ich mich schließlich zu der Bemerkung: „Der Gott, der mich vom Fliegen wegbringt, muß erst noch geboren werden.“

Doch meine Eltern waren geduldig. Besonders mein Vater ließ nicht nach, mir logisch zu beweisen, daß es einen allmächtigen Schöpfer geben muß, damit unser Leben überhaupt Sinn hat. Ich mußte zugeben, daß es wirklich vernünftig schien, daß Gott einen Zweck verfolgt haben mußte, als er uns und unsere Heimat Erde erschuf. Die Argumente meines Vaters beeindruckten vor allem meine Frau. Sie sagte zu mir: „Du kannst nichts widerlegen; was Jehovas Zeugen sagen, ist wahr und logisch.“

Ich wurde nachdenklich: Konnte das wirklich die Wahrheit sein? Worin besteht der Sinn des Lebens?

Allmählich begann ich alles mit anderen Augen zu sehen. Eines Nachmittags besuchten wir wieder einmal unsere Eltern. Diesmal hatten sie dafür gesorgt, daß ich einen biblischen Vortrag hören konnte, der auf Tonband aufgenommen worden war. Der Vortrag handelte vom Lösegeld. Er hob besonders die Liebe Jehovas und die Liebe seines Sohnes Jesus Christus hervor. Ich verstand bei weitem nicht alles. Doch der Vortrag hatte seine Wirkung. Von da an sagte ich in Gesprächen mit Jehovas Zeugen oft: „Wenn ich das alles nur glauben könnte!“

Eines Tages besuchte uns ein Vertreter der Zeugen Jehovas. Ich stimmte einem Heimbibelstudium zu, da ich zu ahnen begann, daß hinter dem, was die Zeugen sagten, mehr steckte, als ich anfangs vermutet hatte. Wir begannen das Bibelstudium anhand des Buches Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies. Meine Frau und ich verstanden bald, daß wir die Wahrheit über Gottes Vorsätze kennenlernten.

Das Aufnehmen von Erkenntnis ging mir nicht schnell genug. Ich las ganze Wachtturm-Jahrgänge durch, die mir die Zeugen brachten. Ich begann auch zu beten. Nun verstand ich, was ich in der Bibel las. Wir erkannten auch, daß wir etwas tun mußten. Meine Frau und ich kamen überein, die wöchentlichen Zusammenkünfte der christlichen Zeugen Jehovas zu besuchen.

EINE WICHTIGE ENTSCHEIDUNG

Zu dieser Zeit tat ich immer noch Dienst im Jagdbombergeschwader der deutschen Luftwaffe. Je besser ich die Bibel kennenlernte, desto deutlicher verstand ich, daß es sich für mich nicht schickte, andere zu lehren, wie man kämpft. Wie könnte ich junge Menschen weiter unterweisen, einen Jagdbomber zu fliegen, wenn doch die Bibel lehrt, daß Menschen, die Gott dienen, ganz anders handeln würden? In der Bibel heißt es, daß die Glieder des Volkes Gottes in dieser Zeit „ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden müssen und ihre Speere zu Winzermessern. Nation wird nicht gegen Nation das Schwert erheben, auch werden sie den Krieg nicht mehr lernen“ (Jes. 2:4).

Außerdem schien mir, daß ich nicht den Lehren und dem Vorbild Jesu Christi folgen würde, wenn ich weiterhin dem Militär angehörte. Jesus hatte seinen Jüngern zum Beispiel gesagt: „Ein neues Gebot gebe ich euch, daß ihr einander liebt, so, wie ich euch geliebt habe, daß auch ihr einander liebt. Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt“ (Joh. 13:34, 35).

Nach dem, was Christus lehrte, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, daß er — wäre er heute auf der Erde — andere ausbilden würde, zu kämpfen und Menschen einer anderen Hautfarbe oder Nationalität zu töten. Es schien mir nicht vernünftig, daß er so etwas tun könnte und dennoch im Einklang mit seinen eigenen Lehren wäre. Und schließlich erfuhr ich, daß viele Urchristen darüber genauso gedacht hatten.

Zum Beispiel entdeckte ich, daß Christen in den ersten Jahrhunderten nicht in den Heeren des kaiserlichen Rom kämpften. Ernest William Barnes, ein neuzeitlicher Historiker, schrieb in dem Buch The Rise of Christianity (Der Aufstieg des Christentums): „Eine sorgfältige Nachprüfung all der erhältlichen Angaben zeigt, daß kein Christ vor der Zeit des Mark Aurel Soldat wurde und daß kein Soldat, der ein Christ wurde, im Heeresdienst blieb.“

Ich machte mir daher längere Zeit Gedanken über ein christliches Leben. Anfang 1960 kam ich eines Nachts von einem Überlandflug zurück und konnte nicht gleich landen. Der Kontrollturm schickte mich in den „Warteraum“. Es war eine wunderbare Nacht. Über mir leuchteten die herrlichen Sterne und unter mir befand sich das Lichtermeer der Städte und Dörfer. Ich befand mich in einer Höhe von etwa 6 000 Metern. Ich betete zu Jehova und bat ihn, mir zu helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

Jehova half mir. Nachdem ich mich in der Öffentlichkeit mit Jehovas Zeugen identifiziert hatte, mußte ich mich beim Kommandeur melden. Ich fürchtete mich nicht, sondern freute mich über die Gelegenheit, ihm zu erklären, daß ich ein Zeuge Jehovas werden wollte.

Meine nächsthöhere Dienststelle beurlaubte mich daraufhin, um mir Gelegenheit zu geben, zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen. Um mich zu beeinflussen, sandte man mir eine Menge Literatur, durch die Jehovas Zeugen „bloßgestellt“ werden sollten. Gebetsvoll prüfte ich die Bücher, aber es wurde mir klar, daß sie von Leuten mit falschen Beweggründen geschrieben worden waren, Leuten, die die Tatsachen verdrehten.

Auf Befehl meiner vorgesetzten Dienststelle mußte ich bei einem katholischen Militärgeistlichen vorstellig werden. Doch mit der Bibel und mit Hilfe des Buches „Vergewissert euch aller Dinge“ konnte ich ihm zeigen, wie ein Christ leben sollte. Danach war mein Entschluß noch fester, aus dem Militärdienst auszuscheiden.

Vertrauensvoll schrieb ich mein Abschiedsgesuch. Mein Vorgesetzter und meine Kameraden zweifelten zwar an meinem Verstand, doch ich war davon überzeugt, daß mein Entschluß Jehova Gott wohlgefällig war. So wurde ich im Juni 1960 wieder Zivilist.

IN MEINEM ENTSCHLUSS, GOTT ZU DIENEN, GESEGNET

Für mich entstand nun ein großes Problem: Wie sollte ich meinen Lebensunterhalt verdienen? Würde ich das Fliegen aufgeben und wieder in ein Bergwerk gehen müssen? Alle Versuche, in der Zivilfliegerei unterzukommen, scheiterten.

Ich flehte zu Jehova um Hilfe. Ich dachte an den Text in Maleachi 3:10, wo Jehova die Israeliten aufforderte, ihm zu dienen und ihm das zu geben, was ihm zustand. Wenn sie dies täten, wollte Jehova gemäß seiner Verheißung die Schleusen des Himmels öffnen und Segen über sie ausschütten, bis kein Bedarf mehr wäre. Das ist in meinem Fall geschehen.

Nur zwei Wochen nachdem ich mein Abschiedsgesuch eingereicht hatte, war das Problem der Bestreitung des Lebensunterhalts auf erstaunliche Weise gelöst. Mit Hilfe einiger Zeugen erhielt ich eine Anstellung bei einer Versicherungsgesellschaft. Es schien, als ob Jehova zunächst meine Entscheidung abgewartet hätte, und nachdem ich mich für seinen Dienst entschlossen hatte, segnete er mich reichlich.

Wir, meine Frau und ich, gaben uns Jehova Gott hin, um ihm zu dienen, und symbolisierten im Jahre 1960 unsere Hingabe durch die Wassertaufe. Im Jahre 1968 nahm meine Frau den Vollzeitpredigtdienst, „Pionierdienst“ genannt, auf, und später schloß ich mich ihr in diesem Dienst an. Es boten sich uns gute Gelegenheiten, in Gebieten zu dienen, wo Königreichsverkündiger besonders benötigt wurden. Nun diene ich als „Kreisaufseher“ und besuche jede Woche eine andere Versammlung der Zeugen Jehovas, um im Predigtdienst mitzuhelfen.

Ich vermisse zwar das Fliegen, doch kann ich in aller Aufrichtigkeit sagen, daß es mir größere Befriedigung und Freude bereitet, Menschen zu helfen, die Vorsätze Jehovas kennenzulernen. Nun lebe ich nicht mehr, um zu fliegen, sondern um den Willen meines liebevollen himmlischen Vaters zu tun. (Eingesandt.)

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen