Fragen von Lesern
● Was bedeutet die an die „Kühe Baschans“ gerichtete Prophezeiung des Amos?
Die Prophezeiung aus Amos 4:1-3 lautet: „Hört dieses Wort, ihr Kühe Baschans, die auf dem Berg Samarias sind, die die Geringen übervorteilen, die die Armen zertreten, die zu ihren Herren sprechen: ,Bringe her und laß uns trinken!‘ Der Herr Jehova hat bei seiner Heiligkeit geschworen: ‚„Siehe! Es kommen Tage über euch, und er wird euch gewißlich mit Fleischerhaken aufheben und den letzten Teil von euch mit Angelhaken. Und durch Breschen werdet ihr ausziehen, ein jeder geradeaus.“‘“
Bei diesen „Kühen Baschans“ handelte es sich um die Frauen Samarias, die, um ständig in Luxus leben zu können, ihre Männer dazu anstachelten die Geringen zu übervorteilen und zu bedrücken. Sie forderten ihre „Herren“, ihre Männer, auf, ihnen die Dinge zu beschaffen, die sie sich für ein Leben der Genußsucht wünschten. Der Höchste blickte jedoch nicht mit Wohlgefallen auf eine solche Ungerechtigkeit. Er ist heilig und rein, und er schwor daher bei seiner Heiligkeit, gegen die „Kühe Baschans“ vorzugehen. Sie würden gewaltsam — gleichsam mit Fleischerhaken — aus Samaria weggezerrt werden und die Überlebenden sozusagen mit kleineren Angelhaken. Der Feind würde diese Frauen durch die Breschen treiben, die in die Mauern der eroberten Stadt geschlagen werden sollten.
● Was ist mit der in Offenbarung 11:8 erwähnten „großen Stadt ..., die in geistigem Sinne Sodom und Ägypten heißt“, gemeint?
Die in Offenbarung 11:8 erwähnte „große Stadt“ ist Jerusalem, und daher spricht die Offenbarung grundsätzlich von etwas, was durch das alte Jerusalem dargestellt wurde.
Das 11. Kapitel der Offenbarung enthält die Vision, die der Apostel Johannes von den „zwei Zeugen“ Gottes hatte. In diesem Zusammenhang ist davon die Rede, daß Jehova Gott ‘seine große Macht an sich genommen und als König zu regieren begonnen hat’. Jehovas Zeugen glauben, daß dies im Jahre 1914 u. Z. geschehen ist (Offb. 11:17, 18). In symbolischer Sprache wird in der Offenbarung erklärt, daß die beiden Zeugen besiegt und getötet worden sind, und gesagt: „Ihre Leichname werden auf der breiten Straße der großen Stadt liegen, die in geistigem Sinne Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr Herr an den Pfahl gebracht wurde“ (Offb. 11:8).
Damit ist offensichtlich Jerusalem gemeint, denn Jesus wurde in Jerusalem zum Tode verurteilt und unmittelbar außerhalb der Mauern dieser Stadt an den Pfahl geschlagen. Die Bewohner Jerusalems ließen damals die Merkmale des alten Sodom und des Landes Ägypten erkennen. (Vergleiche Jesaja 1:10, 21.) Die alten Ägypter waren beispielsweise mit ihren heidnischen religiösen Bräuchen zufrieden und verwarfen in den Tagen des Moses, als das erste Passah gefeiert wurde, den wahren Gott. In ähnlicher Weise verwarfen die Juden im ersten Jahrhundert u. Z. Jesus, „das Lamm Gottes“, und hielten statt dessen an ihren religiösen Traditionen fest (Joh. 1:29; Matth. 15:3-9; 23:13-26). Jehovas Zeugen weisen seit langem darauf hin, daß das neuzeitliche Gegenstück des alten Jerusalem die Christenheit ist. Die meisten Angehörigen der Christenheit behaupten ebenfalls, Gott in der rechten Weise anzubeten, doch im allgemeinen zeigen sie dieselbe Einstellung wie die Juden, die Jesus verwarfen.
Deshalb heißt es in dem Buch „Dann ist das Geheimnis Gottes vollendet“ (1970) auszugsweise: „Da das untreue Jerusalem Jehovas eigenes Volk religiös bedrückte und versklavte, konnte es ,in geistigem Sinne‘ Ägypten genannt werden. So, wie das erste Passahlamm in den Tagen des Propheten Moses in Ägypten geschlachtet wurde, wurde Jesus Christus als das gegenbildliche Passahlamm im untreuen Jerusalem getötet.“ Hinsichtlich der Neuzeit heißt es in dem Buch weiter: „Daher muß mit der ‚großen Stadt‘ das gegenbildliche untreue Jerusalem, nämlich die Christenheit, gemeint sein“ (S. 321, 322).
Aber warum war im Wachtturm vom 15. August 1977 in Verbindung mit Offenbarung 11:8 von dem heute existierenden weltweiten politischen Herrschaftssystem die Rede?
Das alte Ägypten war zu seiner Zeit eine herausragende politische Macht. Hesekiel, Kapitel 31 enthält eine Warnung, die an ‘Pharao, den König von Ägypten, und an seine Menge’ gerichtet wara. Bei der Besprechung von Hesekiel, Kapitel 31 wurde im Wachtturm vom 15. August 1977 passenderweise auf Offenbarung 11:8 Bezug genommen. Dies geschah hauptsächlich, um zu zeigen, daß es biblisch korrekt ist, „Ägypten“ eine sinnbildliche Bedeutung zu geben. In der neuzeitlichen oder gegenbildlichen Erfüllung von Hesekiel, Kapitel 31 geht es nicht um das buchstäbliche Land Ägypten, sondern um das heutige weltweite politische System der Dinge. Wieso? Das alte Ägypten, das einem großen Baum glich, war eine bedeutende Militärmacht, die ihren Einflußbereich weltweit auf alle Völker auszudehnen suchte. Dementsprechend existiert heute eine weltweite politische Organisation, die mit einer hohen Zeder auf dem Gebirge Libanon zu vergleichen ist und unter der viele Nationen Zuflucht suchen.
Während also aus dem Zusammenhang hervorgeht, daß sich Offenbarung 11:8 in der heutigen Zeit vor allem innerhalb der Christenheit erfüllt, könnte man anhand dieses Verses auch passenderweise zeigen, daß man von dem in Hesekiel, Kapitel 31 erwähnten „Ägypten“ ein neuzeitliches Gegenstück erwarten darf.
[Fußnote]
a In Hesekiel 31:3 heißt es auszugsweise: „Siehe! Ein Assyrer, ein Zedernbaum auf dem Libanon.“ Man sollte beachten, daß einige Übersetzungen diese Stelle anders wiedergeben. In der Elberfelder Bibel heißt es zum Beispiel: „Siehe, Assur war eine Zeder auf dem Libanon.“ (Siehe auch Bruns, Menge, Jerusalemer Bibel und andere.) Das hat zu der Auffassung verleitet, daß der große „Baum“ Assyrien darstellte. Aber im Hebräischen erscheint das Wort „war“ nicht. Und der Zusammenhang zeigt, daß die Warnung an Pharao und seine Menge gerichtet war, wobei von Pharao gesagt wird, er gleiche einem „Assyrer“ und einem „Zedernbaum auf dem Libanon“. Offensichtlich sollte daher durch die Bezeichnung „ein Assyrer“ einfach die Vorstellung von einer großen Militärmacht vermittelt werden, was das alte Ägypten auch war.