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  • Kann ein Blinder „sehen“?
  • Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1985
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Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1985
w85 1. 2. S. 26-29

Kann ein Blinder „sehen“?

Von Bernardo de Santana erzählt

„ES IST unfaßbar, Bernardo“, sagte Germiro. „Du hast immer mit uns gearbeitet; damals konntest du ja auch noch sehen, aber jetzt ..., so geht es eben. Es war Gottes Wille, nicht wahr?“

„Das stimmt, Germiro“, antwortete ich. „Es war der Wille Gottes, wir können nichts daran ändern.“

Ich war zwar der Überzeugung, daß ich mein Augenlicht verloren hatte, weil es der Wille Gottes war, aber in meinem Herzen gab es auch einige unbeantwortete Fragen. Ich war jetzt 32 Jahre alt, unverheiratet und ein gläubiger Katholik. Meine finanzielle Lage war unsicher. Ich fragte mich: „Warum hat Gott gewollt, daß ich mein Augenlicht verliere? Wie werde ich je für meine Eltern sorgen können?“ Als mir das erste Mal bewußt geworden war, daß mein Augenlicht nachließ, hatte ich mich vor dem Bild von Santa Lucia — der „Heiligen“ des Augenlichts — in dem Krankenhaus, das nach ihrem Namen benannt war, niedergekniet und zu ihr inbrünstig um Hilfe gebetet. „Warum hat sie mich im Stich gelassen?“ fragte ich mich.

Früher verdiente ich meinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Gemüse auf dem Markt der Sieben Tore in Salvador (Brasilien). Das Geschäft war zwar nicht sehr einträglich, aber ich hatte immer Arbeit. Schon mit zehn Jahren hatte ich auf einer Farm im Bundesstaat Sergipe gearbeitet. Als wir dann nach Salvador zogen, war es für mich ganz natürlich, Gemüseverkäufer zu werden.

Eines Tages bemerkte ich, daß meine Sehkraft nachließ. Ein Facharzt bestätigte, daß ich grauen Star hatte, aber er war zuversichtlich, daß durch einen operativen Eingriff mein Augenlicht wiederhergestellt würde. Eine Operation, die 1960 an meinem rechten Auge vorgenommen wurde, verbesserte meine Sehfähigkeit ein wenig, aber eine zweite Operation, die vier Jahre später an meinem linken Auge durchgeführt wurde, war erfolglos. Von da an stand fest, daß meine völlige Erblindung nur eine Frage der Zeit war. Obwohl ich jahrelang im voraus wußte, daß ich mein Augenlicht verlieren würde, kann ich kaum ausdrücken, was ich empfand, als die völlige Dunkelheit über mich kam.

Ich arbeitete weiterhin auf dem Markt, aber ich mußte einige Änderungen vornehmen. Bevor ich zur Arbeit ging, sortierten meine Angehörigen das Geld und ordneten die verschiedenen Geldscheine in mehrere Taschen ein. Dadurch war es mir möglich, Geld zu wechseln. Aber ich mußte ständig aufpassen, um dabei keine Fehler zu machen. Meine Kollegen waren verständnisvoll, und ihre freundlichen Worte halfen mir, nicht den Mut zu verlieren. Gleichzeitig ließen aber auch einige ihrer Äußerungen, wie die von Germiro am Anfang des Berichts, in meinem Sinn gewisse Fragen aufsteigen.

Ich beginne zu „sehen“

Gerade zu jener Zeit sprach einer meiner Bekannten, ein Zeuge Jehovas namens Clovis, mit mir über die Verheißungen der Bibel. Er erzählte mir, daß Gott eine neue Ordnung schaffen werde, in der die Blinden wieder sehen und die Tauben wieder hören würden (Jesaja 35:5). Seine Worte ließen mein Herz höher schlagen. Da ich begierig war, mehr zu lernen, und viele Fragen hatte, suchte ich ihn immer wieder auf. Als er mein Interesse bemerkte, fragte er mich: „Bernardo, wie wäre es, wenn ich einmal nachmittags zu dir kommen würde, damit wir mehr über die Bibel sprechen könnten?“ Ich stimmte sofort zu. Das war der Beginn unseres wöchentlichen biblischen Gesprächs.

Trotz meiner Behinderung wollte ich unbedingt etwas lernen. Dank Clovis’ geduldiger Hilfe erkannte ich mit der Zeit nicht nur, daß Gottes Name Jehova lautet, sondern ich lernte auch seine wunderbaren Taten aus der Vergangenheit kennen. Diese garantieren uns, daß sich seine Verheißungen, eine gerechte, paradiesische Erde zu schaffen, erfüllen werden. Dann werden selbst körperliche Behinderungen, auch meine, nicht mehr sein. Schon nach kurzer Zeit sprach ich mit anderen über meine neue Hoffnung und predigte sogar von Haus zu Haus. Am 18. November 1973 wurde ich dann getauft. Von da an begann mein Leben wirklich Sinn zu haben, was mir half, mich mit meiner Behinderung abzufinden.

Aufgrund meines Bibelstudiums wußte ich, daß Gott nicht für meine Blindheit verantwortlich ist. Es ist vielmehr so, wie es die Bibel in Prediger 9:11 sagt: „Zeit und unvorhergesehenes Geschehen trifft sie alle.“ Wie jeder andere Mensch bin auch ich ein Nachkomme unvollkommener Eltern, die ihrerseits Sünde und Unvollkommenheit von unseren Ureltern, Adam und Eva, ererbt haben (Römer 5:12). Ich erfuhr, daß es keineswegs Gottes Wille war, daß ich mein Augenlicht verlor, sondern daß es vielmehr sein Wille ist, mein Augenlicht wiederherzustellen. Unter der Königreichsherrschaft des Sohnes Gottes und auf der Grundlage seines Loskaufsopfers werden in naher Zukunft alle Unvollkommenheiten und körperlichen Mängel von der gläubigen Menschheit genommen werden. Ich begann, so viele Dinge zu „sehen“, die ich früher selbst mit gutem Augenlicht nicht gesehen hatte.

Meine Gebete richtete ich jetzt an Jehova und nicht mehr an Santa Lucia oder andere „Heilige“. Anstatt um eine augenblickliche Wunderheilung zu bitten, betete ich aufrichtig, daß ‘sein Wille geschehe wie im Himmel so auch auf der Erde’. Meine Gebete schlossen die Bitte ein, daß ich auch einmal eine „Gehilfin“, ein „Gegenstück“, finden möge, eine Frau, mit der ich meine Freude und meine Sorgen teilen könnte.

Als ich eines Tages in einem Geschäftsviertel von Salvador biblische Literatur anbot, hörte ich jemand sagen: „Ich bin auch eine Zeugin Jehovas.“ Ich unterbrach meinen Dienst, um mich mit ihr zu unterhalten. Die Schwester hatte auf der Straße einen kleinen Verkaufsstand. Ich fragte: „Ist dein Mann auch ein Zeuge Jehovas?“ Sie antwortete: „Ich habe keinen Mann. Ich bin ledig.“ Diese zufällige Begegnung mit Ambrosina war der Anfang einer Freundschaft, die so weit gedieh, daß ich ihr einen Heiratsantrag machte, und am 14. Juni 1975 heirateten wir. Bis zum heutigen Tage hat sich meine Frau für mich ständig als eine gute „Gehilfin“ und als „Gegenstück“ erwiesen (1. Mose 2:18).

Tätig trotz Behinderung

Seit meiner Taufe war es stets mein Wunsch, anderen zu erzählen, was ich aus der Bibel gelernt hatte. Ich war froh, daß mir das trotz meiner Behinderung möglich war. Zu meinem Erstaunen mußte ich feststellen, daß mein Gehör und mein Tastsinn versuchten, das verlorene Augenlicht zu ersetzen. Welch ein befriedigendes Gefühl ich doch verspürte, als ich das erste Mal allein von Haus zu Haus predigte! Ich fragte mich, ob ich in diesem Werk nicht mehr Stunden einsetzen könne. Die Ansprache eines reisenden Aufsehers der Zeugen Jehovas half mir, auf meine Frage eine Antwort zu finden. Er führte mehrere Beispiele behinderter Personen an — einige waren schwerer behindert als ich —, die als Vollzeitprediger der guten Botschaft, „Pioniere“ genannt, dienten. So ermuntert, füllte ich meine Bewerbung für den Hilfspionierdienst aus.

Aufgrund meiner Blindheit hatte ich im Pionierdienst schon einige Probleme, aber mit der Hilfe lieber Brüder aus der Versammlung wurden alle gelöst. Zum Beispiel brauchte ich an Regentagen drei Hände. In der einen Hand trug ich meine Aktentasche und in der anderen meinen Stock. Aber wohin mit dem Schirm? Wie sehr schätzte ich doch die „dritte Hand“, die mir meine christlichen Brüder, die mich im Predigtdienst begleiteten, boten! Es entstanden auch Schwierigkeiten, wenn ich in Gebieten arbeitete, wo mir die Straßen unbekannt waren, aber auch hier halfen mir verständnisvolle Brüder.

Wie fand ich mich überhaupt in meinem Predigtdienstgebiet zurecht? Normalerweise hatte ich damit keine Probleme, da ich an einem Kurs teilgenommen hatte, der Blinden helfen sollte, sich zurechtzufinden. Ich lernte, meinen Stock richtig zu gebrauchen, mein Gehör und meinen Tastsinn zu schulen, in Busse ein- und auszusteigen und Treppen hinauf- und hinunterzugehen. Der Kurs half mir, viele kleine Dinge zu lernen, die für einen Sehenden selbstverständlich sind. Ich merkte mir die Namen der Straßen und zählte dann, wie viele ich überquert hatte. Ich lernte auch, im Geiste Notizen von jedem Haus einer Straße zu machen, und kann so Rückbesuche bei Personen durchführen, die an einem Bibelstudium interessiert sind. Ich habe keine Probleme, allein zum Königreichssaal zu gelangen, obwohl wir zweieinhalb Kilometer davon entfernt wohnen.

In diesem Zusammenhang sagte ein reisender Aufseher einmal: „Bei meinem Besuch in dieser Versammlung war ich wirklich beeindruckt, als ich mit Bernardo zusammenarbeitete. Er kennt die Straßen und sogar die Häuser, kann Treppen steigen und bergauf und bergab gehen. Ich staune nur, wie er die Wohnungen der Personen wieder findet, mit denen er Bibelstudien durchführt. Wir gingen zu einem Studium im vierten Stock eines Wohnhauses, und er hatte keinerlei Schwierigkeiten, uns dorthin zu führen.“

Vorbereitung und Anstrengungen belohnt

Mein Haus-zu-Haus-Dienst erfordert eine besondere Vorbereitung. Bevor ich in den Dienst gehe, lerne ich die Bibeltexte auswendig, die ich verwenden möchte, und merke mir auch die Seitenzahlen in der Bibel. An den Türen bitte ich den Wohnungsinhaber, die Texte vorzulesen, und gebe ihm dann die Seitenzahlen an; falls er es nicht tun möchte, zitiere ich die Texte aus dem Gedächtnis.

Wenn ich Bibelstudien leite, ermuntere ich den Studierenden, sich gut vorzubereiten. Beim Studium muß er mir zuerst die Frage vorlesen, dann den Absatz und dann noch einmal die Frage. So kann ich feststellen, ob seine Antwort korrekt ist. Auf diese Weise konnte ich schon zwei Personen zur Hingabe und zur Taufe führen. Ich studiere gegenwärtig mit drei Familien.

Schon seit Jahren beteilige ich mich in unserer Versammlung an der Theokratischen Predigtdienstschule. Wenn ich mich auf meine Ansprachen vorbereite, liest mir jemand den Stoff vor und nimmt ihn gleichzeitig auf Tonband auf. Dann höre ich mir die Aufnahme an, arbeite im Geiste einen Redeplan aus und lerne die dazugehörigen Bibeltexte auswendig. Damit ist die Vorbereitung für meine Ansprache abgeschlossen. Und ich habe noch nie Rat erhalten, weil ich mich zu sehr auf meine Notizen gestützt hätte! Ich kann mich auch regelmäßig am Kommentargeben beim Wachtturm-Studium beteiligen, da ich bei der Vorbereitung des Stoffes dieselbe Methode anwende.

Das Jahr 1977 war ein Meilenstein in meinem Leben als ein Gott hingegebener Christ. Ich wurde zum allgemeinen Pionier ernannt, zum Dienstamtgehilfen und zum Versammlungsbuchstudienleiter. Dieser Vorrechte erfreue ich mich noch heute. Beim Versammlungsbuchstudium gehe ich genauso vor wie bei einem Heimbibelstudium.

Was meinst du: Kann ein Blinder „sehen“? Ich kann die Erfüllung so vieler biblischer Prophezeiungen in unseren Tagen sehen, und ich habe erkannt, daß man vielen weiteren Personen helfen muß, die Wahrheit kennenzulernen, die zu ewigem Leben führt (Johannes 17:3). In geistiger Hinsicht habe ich die Erfüllung von Jesaja 35:5 erfahren: „Zu jener Zeit werden die Augen der Blinden aufgetan werden.“ Ich bin fest davon überzeugt, daß sich diese Prophezeiung zu Jehovas bestimmter Zeit an den Tausenden, die wie ich ihr Augenlicht verloren haben, auch buchstäblich erfüllen wird. Bis dahin ist es mein Wunsch, fortzufahren, Gottes Willen zu tun, so gut ich es kann, und so würdig zu sein, in seiner neuen Ordnung der Gerechtigkeit zu leben.

[Herausgestellter Text auf Seite 27]

„Er erzählte mir, daß Gott eine neue Ordnung schaffen werde, in der die Blinden wieder sehen und die Tauben wieder hören würden“

[Bild auf Seite 28]

Für meinen Haus-zu-Haus-Dienst lerne ich die Bibeltexte auswendig, die ich verwenden möchte, und merke mir auch die Seitenzahlen in der Bibel

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