Tauft! Tauft! Tauft! — Doch aus welchem Grund?
„ICH kann berichten, daß ich ... in einem einzigen Monat mehr als zehntausend Männer, Frauen und Kinder taufte.“ So schildert der Jesuitenmissionar Franz Xavier seine Tätigkeit im Königreich Travancore (Indien). „Ich zog von Dorf zu Dorf und machte Christen. In jedem Ort ließ ich eine Abschrift unserer Gebote und Gebete in ihrer Sprache zurück.“
König Johann III. von Portugal hielt die Briefe Franz Xaviers für so wichtig, daß er sie von allen Kanzeln seines Landes verlesen ließ. Der oben zitierte Brief vom Januar 1545 wurde sogar zur Veröffentlichung freigegeben. Mit welchem Ergebnis? „Diese Berichte entfachten einen Missionstaumel unter der Jugend Europas. Niemand wollte mehr studieren, ‚auf den Knien liegend und heiße Zähren vergießend‘ drängte die Jugend als Missionare nach Indien“, schreibt Manfred Barthel in seinem Buch Des Heiligen Vaters ungehorsame Söhne: Die Jesuiten zwischen Gestern und Morgen. Weiter heißt es darin: „Um aus Heiden Christen zu machen, genügten damals ein paar Spritzer Weihwasser. Verständnislos stehen wir heute vor soviel Oberflächlichkeit, die offensichtlich den Patres gar nicht bewußt wurde.“
Was wurde durch solche Massenbekehrungen eigentlich erreicht? Der Jesuit Nicolas Lancilloto berichtete folgende realistische Einschätzung nach Rom: „Die meisten, die sich taufen lassen, tun dies eines Vorteils wegen. Sklaven von Arabern und Hindus lassen sich taufen, um dadurch ihre Freilassung zu erreichen oder beschützt zu werden vor Tyrannen oder auch nur um einen Turban oder ein Hemd zu erhalten. Viele um einer Strafe zu entrinnen ... Wer aus innerer Überzeugung das Heil in unserer Lehre sieht, wird als verrückt angesehen ... viele kehren bald nach der Taufe zu ihrem früheren Heidentum zurück ...“
Auch europäische Entdecker jener Epoche waren von dem Wunsch beseelt, die Heiden zu bekehren und zu taufen. Christoph Kolumbus soll die ersten „Inder“, denen er in der Karibik begegnete, getauft haben. „Offizielle Politik der spanischen Krone war es, der Bekehrung der einheimischen Bevölkerung höchste Priorität einzuräumen“, heißt es in dem Werk The Oxford Illustrated History of Christianity. „Ende des sechzehnten Jahrhunderts waren die 7 000 000 Indianer des spanischen Reiches — wenigstens dem Namen nach — Christen. Wo uns Statistiken über die Bekehrung zur Verfügung stehen (Pedro de Gante, ein Verwandter Kaiser Karls V., der sich den Missionaren angeschlossen hatte, schildert die Taufe von 14 000 Personen mit der Hilfe eines einzigen Begleiters an nur einem Tag), wird deutlich, daß jegliche ernsthafte vorherige Unterweisung schlicht unmöglich gewesen war.“ Solch oberflächliche Bekehrungen waren oft von harter, grausamer und bedrückender Behandlung der Einheimischen begleitet.
Die Wichtigkeit der Taufe trieb die Entdecker und die Missionare an. Im Jahr 1439 erließ Papst Eugen IV. anläßlich des Konzils von Florenz folgendes Dekret: „Die erste Stelle von allen Sakramenten hat die heilige Taufe, die Pforte des geistlichen Lebens. Denn durch sie werden wir Glieder Christi und eingefügt in den Leib der Kirche. Und da durch den ersten Menschen der Tod über alle gekommen ist, so können wir nach dem Wort der Wahrheit nicht eingehen in das Himmelreich, wenn wir nicht wiedergeboren werden aus dem Wasser und dem Geist.“
Allerdings fing man an, sich darüber zu streiten, wessen Taufe denn nun eigentlich gültig sei. „Weil die Taufe der grundlegende Ritus zum Eintritt in die Kirchengemeinde war, wurde sie schnell von mehreren miteinander rivalisierenden Kirchen als Vorrecht reklamiert, von denen jede sich als orthodox bezeichnete und alle anderen der Häresie und Spaltung bezichtigte. Veränderungen der Taufriten durch die unterschiedlichen Sekten waren unvermeidbar“, bemerkt die Encyclopedia of Religion.
Indes ist die Taufe ein Brauch, den es schon gab, bevor der christliche Glaube entstand. Man pflegte ihn in Babylon genauso wie im alten Ägypten, wo man dem kalten Wasser des Nil die Fähigkeit zuschrieb, die Kraft zu stärken und Unsterblichkeit zu verleihen. Auch die Griechen glaubten, die Taufe diene der Erneuerung oder könne dem Eingeweihten Unsterblichkeit verleihen. Die jüdische Sekte in Qumran gebrauchte die Taufe als Initiationsritus für ihre Gemeinde. Von zum Judentum bekehrten Heiden wurde verlangt, sich beschneiden zu lassen und sieben Tage darauf durch Untertauchen vor Zeugen getauft zu werden.
Offensichtlich ist der Taufe im Lauf der Jahrhunderte große Wichtigkeit beigemessen worden. Wie steht es indes heute? Ist sie in unserer modernen Zeit noch nötig? Wenn ja, warum? Solltest du dich taufen lassen?