Grundsätze oder Popularität — Was ist für dich ausschlaggebend?
DER Sechstkläßler Norihito nahm an einer Sportveranstaltung teil. Völlig überraschend wurde er vor eine Entscheidung gestellt. Von allen Schülern erwartete man, bei einer patriotischen Zeremonie mitzumachen. Sollte er sich seinen Mitschülern in dieser Handlung anschließen, die reine Formsache zu sein schien?
Norihito hatte aus der Bibel gelernt, daß es falsch ist, sich an irgendeinem Akt der Anbetung eines Gottes außer Jehova zu beteiligen (2. Mose 20:4, 5; Matthäus 4:10). Auch wußte er, daß Christen sich in allen politischen Angelegenheiten der Welt neutral verhalten sollen (Daniel 3:1-30; Johannes 17:16). Obwohl seine Mitschüler ihn bedrängten mitzumachen, beharrte er deshalb respektvoll, aber mutig auf seinem Standpunkt. Was hätten wir in einer vergleichbaren Situation getan?
Der Wunsch nach Anerkennung
Wie die Heilige Schrift erkennen läßt, wurde der Mensch von Gott als ein geselliges Wesen erschaffen, das mit anderen auskommen und gern etwas gemeinsam unternehmen möchte. Mit Gleichaltrigen zusammensein, anerkannt werden und dazugehören zu wollen ist natürlich. Derlei Empfindungen machen das Leben angenehmer und tragen in unserem Umgang mit anderen zum Frieden und zur Harmonie bei (1. Mose 2:18; Psalm 133:1; 1. Petrus 3:8).
Der uns innewohnende Wunsch nach Anerkennung zeigt sich selbst heutzutage in manchen Kulturkreisen darin, wieviel Wert auf Anpassung gelegt wird. Japanischen Kindern wird beispielsweise von frühester Kindheit an beigebracht, die Regeln der Mehrheit zu kennen und sich ihnen anzupassen. Ihr kulturelles Erbe lehrt sie, es gehöre zu ihren größten Pflichten, sich der Allgemeinheit anzugleichen. „Japaner handeln wahrscheinlich viel eher in Gruppen als Abendländer“, sagte Edwin Reischauer, ehemaliger Botschafter der Vereinigten Staaten in Japan und ein aufmerksamer Beobachter japanischer Verhaltensweisen. Er fügte hinzu: „Abendländer geben sich zumindest den Anschein von Unabhängigkeit und Individualität, die meisten Japaner hingegen passen sich recht gern in der Kleidung, dem Verhalten, dem Lebensstil und sogar der Denkweise den Normen ihrer Gruppe an.“ Der Wunsch, sich anzupassen, kommt aber beileibe nicht nur bei Japanern vor. Man findet ihn überall.
Anpassungsdruck
Obgleich es wünschenswert ist, sein Bestes zu tun, um mit anderen auszukommen, ist es doch gefährlich, sich blindlings dem anzupassen, was gerade populär ist. Weshalb? Weil das, was der Masse gefällt, oft dem zuwiderläuft, was Gott annehmbar ist. „Die ganze Welt liegt in der Macht dessen, der böse ist“, sagt uns die Bibel (1. Johannes 5:19). Listig gebraucht Satan alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel — zum Beispiel Materialismus, Sittenlosigkeit, Rassenvorurteile, religiösen Fanatismus, Nationalismus —, um die Massen zu beeinflussen und sie zu veranlassen, sich von Gott abzuwenden. Sich solchen Praktiken anzupassen würde in Wirklichkeit bedeuten, sich Jehova Gott und seinem Vorsatz zu widersetzen. Aus diesem Grund wird Christen geraten: „Formt euch nicht mehr nach diesem System der Dinge, sondern werdet durch die Neugestaltung eures Sinnes umgewandelt, damit ihr durch Prüfung feststellen könnt, was der gute und annehmbare und vollkommene Wille Gottes ist“ (Römer 12:2).
Weil Christen dem gegenwärtigen System der Dinge leben, stehen sie ständig unter Druck, sich dem anzupassen, was populär ist. Besonders anfällig dafür sind Jugendliche. Bei ihnen ist der Wunsch außerordentlich stark ausgeprägt, so auszusehen und so zu handeln wie ihre Schulkameraden. Sie müssen wirklich mutig sein, wenn sie ihren Altersgenossen erklären wollen, warum sie sich an gewissen Aktivitäten nicht beteiligen. Sagen sie aber nicht deutlich ihre Meinung, kann dies für ihren Glauben verheerende Folgen haben (Sprüche 24:1, 19, 20).
Am Arbeitsplatz sehen sich auch Erwachsene derartigem Druck gegenüber. Man erwartet vielleicht von ihnen, nach der Arbeit oder an gewissen Feiertagen an geselligen Veranstaltungen teilzunehmen. Machen sie nicht mit, werden sie von anderen womöglich als reserviert oder unkooperativ angesehen, was die Stimmung am Arbeitsplatz stark beeinträchtigen kann. So mancher meint, er müsse viele Überstunden machen, nur weil andere dies tun und es allgemein erwartet wird. In solchen Angelegenheiten nachzugeben kann sich schädlich auf den Glauben des Betreffenden auswirken und ihn daran hindern, seinen anderen Verpflichtungen nachzukommen (1. Korinther 15:33; 1. Timotheus 6:6-8).
Anpassungsdruck ist sogar außerhalb von Schule und Arbeitsplatz vorhanden. Eine christliche Mutter erzählte, sie habe sich einmal zurückgehalten, ihr Kind zu züchtigen, obwohl es das dringend benötigt hätte, nur weil sie dachte, die anderen anwesenden Hausfrauen würden dies mißbilligen (Sprüche 29:15, 17).
Die Menge kann sich irren
Die Bibel rät uns an vielen Stellen unmißverständlich, nicht der Menge nachzufolgen. Der Nation Israel wurde beispielsweise gesagt: „Du sollst nicht der Menge zu üblen Zwecken nachfolgen; und du sollst in bezug auf einen Streitfall nicht so zeugen, daß du mit der Menge abbiegst, um das Recht zu beugen“ (2. Mose 23:2; vergleiche Römer 6:16). Dieser Rat wurde nicht immer befolgt. Als Moses kurz nach dem Auszug aus Ägypten einmal nicht anwesend war, brachten gewisse Personen Aaron und das Volk dazu, ein goldenes Kalb zu machen und es bei einem „Fest für Jehova“ anzubeten. Das Volk aß und trank und vergnügte sich bei Gesang und Tanz, während es dem Goldenen Kalb opferte. Wegen dieser zügellosen, götzendienerischen Tat wurden etwa 3 000 Rädelsführer hingerichtet. Doch auch über viele andere kam eine Plage von Jehova, weil sie gedankenlos der Menge nachgefolgt waren (2. Mose 32:1-35).
Eine andere Begebenheit, bei der viele der Menge zu üblen Zwecken nachfolgten, ereignete sich im ersten Jahrhundert in Verbindung mit dem Tod Jesu Christi. Von den eifersüchtigen religiösen Führern dazu überredet, stimmten viele Leute in die Forderung ein, Jesus solle hingerichtet werden (Markus 15:11). Als Petrus sie nach Jesu Auferstehung und Himmelfahrt, nämlich zu Pfingsten, auf ihren schweren Fehler aufmerksam machte, ging es vielen „wie ein Stich durchs Herz“, und sie erkannten, was sie angerichtet hatten, als sie der Menge nachgefolgt waren (Apostelgeschichte 2:36, 37).
Biblische Grundsätze sind besser
Wie diese Berichte deutlich zeigen, kann es schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen, wenn man blindlings dem folgt, was populär ist. Sehr viel besser ist es, der Bibel zu folgen und sich im Leben von ihren Grundsätzen leiten zu lassen. Jehova sagt: „Wie die Himmel höher sind als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jesaja 55:9). Ob es um Fragen der Moral oder um zwischenmenschliche Beziehungen — ja um alle Entscheidungen im Leben — geht, eines ist immer wieder bewiesen worden: Jehovas Wegen zu folgen ist viel besser, als dem zu folgen, was populär ist. Darin liegt der Schlüssel zu einem glücklicheren und gesünderen Leben.
Betrachten wir zum Beispiel die Erfahrung von Kazuya. Er hatte zwar eine Zeitlang die Bibel studiert, verfolgte aber weiter das, was populär ist — man will reich werden und vorankommen. Weil er seinen Vorgesetzten gefallen und bei seinen Kollegen beliebt sein wollte, unternahm er häufig Zechtouren bis in die frühen Morgenstunden. Er wurde ein fordernder, intoleranter und reizbarer Mensch. Sein extremer Lebensstil führte bald zu einem Schlaganfall, durch den er halbseitig gelähmt wurde. Während er im Krankenhaus lag, hatte er Zeit, über das nachzudenken, was er aus der Bibel gelernt hatte, sowie über seinen Lebenswandel. Er beschloß, von nun an das Gelernte anzuwenden. Er kündigte seine Stellung als Manager und suchte sich anderen Umgang. Auch bemühte er sich ernsthaft, die christliche Persönlichkeit anzuziehen und seine Ansicht über materielle Besitztümer zu korrigieren. Als Ergebnis änderten sich seine Wertbegriffe, und seine Gesundheit besserte sich. Schließlich gab er sich Jehova hin und wurde getauft.
Wer erfolgreich einen unbeliebten Kurs einschlagen will, muß wissen, welche Grundsätze dabei eine Rolle spielen, und fest davon überzeugt sein, daß sie richtig sind. Das wurde im Falle von Masaru deutlich. Als er in der sechsten Klasse war, schlugen ihn seine Klassenkameraden als Kandidaten für das Amt des Schulsprechers vor. Verlegen erinnert er sich daran, daß er — weil er die entsprechenden biblischen Grundsätze nicht richtig verstand — unfähig war, seinen Kameraden zu erklären, weshalb er sich nicht in ein solches Amt wählen lassen konnte. Seine Menschenfurcht hinderte ihn daran, sich als Christ zu bekennen. So konnte er nur mit gesenktem Kopf und mit Tränen in den Augen immer wieder sagen: „Ich kann das nicht tun.“
Dieses schmerzliche Erlebnis veranlaßte ihn dazu, nachzuforschen, weshalb Christen sich nicht politisch betätigen. (Vergleiche Johannes 6:15.) Als er später eine andere Schule besuchte, geriet er in eine ähnliche Situation. Diesmal jedoch war er in der Lage, seinem Lehrer voller Überzeugung seine Haltung zu erklären. Nicht nur der Lehrer akzeptierte seine Erklärung, sondern auch mehrere Klassenkameraden, die ihn über seine biblisch begründeten Glaubensansichten befragten.
Wenn alle das Rechte tun werden
In der künftigen neuen Welt unter der Herrschaft Christi wird das, was beliebt ist, auch das Richtige sein. Bis dahin werden wir vor dem Druck, uns dem anzupassen, was populär ist, auf der Hut sein müssen. Wir können uns von der Ermahnung des Paulus ermuntern lassen: „Da wir denn von einer so großen Wolke von Zeugen umgeben sind, so laßt uns auch allen Ballast und die uns leicht umstrickende Sünde ablegen, und laßt uns in dem vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren laufen“ (Hebräer 12:1).
Was werden wir tun, wenn wir mit Streitfragen und Herausforderungen konfrontiert werden? Werden wir der Menschenfurcht erliegen und das tun, was populär ist? Oder werden wir uns Gottes Wort, der Bibel, zuwenden und ihren Grundsätzen folgen? Tun wir das Letztere, wird uns das nicht nur jetzt zugute kommen, sondern wir werden auch die Aussicht haben, zu denen zu gehören, „die durch Glauben und Geduld die Verheißungen erben“ (Hebräer 6:12).