Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • w96 1. 1. S. 24-28
  • Jehova hat uns nie verlassen

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Jehova hat uns nie verlassen
  • Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1996
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Wir lernen die biblische Wahrheit kennen
  • Predigen trotz heftigen Widerstandes
  • Schwere Zeiten während des Zweiten Weltkrieges
  • Auf unsere Neutralität geprüft
  • Rückkehr in unser Heimatdorf
  • Die Literaturversorgung unterbrochen
  • Die Schwierigkeiten nehmen zu
  • Dramatische Veränderungen
  • Nur für Gottes Königreich
  • Jehova sorgt für „die Kraft, die über das Normale hinausgeht“
    Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 2002
  • Sie boten bereitwillig ihre Hilfe an – in Albanien und im Kosovo
    Erlebnisberichte von Zeugen Jehovas
  • Wie mein geistiger Durst gelöscht wurde
    Erwachet! 2003
  • Ein Leben, reich an Segnungen im Dienste Jehovas
    Der Wachtturm verkündet Jehovas Königreich 1969
Hier mehr
Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1996
w96 1. 1. S. 24-28

Jehova hat uns nie verlassen

VON NASHO DORI ERZÄHLT

Mbreshtan ist ein kleines Bergdorf im südlichen Albanien, nicht weit von Griechenland entfernt. Dort wurde ich 1907 geboren. Mit fünf Jahren kam ich in eine griechische Schule, als aber im Ersten Weltkrieg italienische Truppen in Albanien einfielen, wurde meine schulische Ausbildung unterbrochen. Nach dem Krieg nahm ich sie wieder auf, lernte dann allerdings Albanisch.

MEINE Eltern waren zwar nicht sehr religiös, hielten sich aber dennoch an die Sitten und Bräuche der albanisch-orthodoxen Kirche. Mein Großonkel war Priester in Mbreshtan, und so kam es, daß ich in der Kirche tätig war und dadurch Einblick in das Geschehen erhielt, das dort vor sich ging. Das Zeremoniell erschien mir nichtssagend, und die Heuchelei wirkte abstoßend auf mich.

Wie es bei uns Brauch war, suchten meine Eltern für mich eine junge Frau aus, die ich heiraten sollte. Argjiro kam aus dem Nachbardorf Grabova, und wir heirateten 1928, als sie achtzehn Jahre alt war.

Wir lernen die biblische Wahrheit kennen

Um diese Zeit beklagte ich mich bei einem Cousin, der aus den Vereinigten Staaten bei uns zu Besuch war, über die orthodoxe Kirche. „In Amerika“, entgegnete er, „gibt es eine Gruppe, die keine Kirche hat, die aber die Bibel studiert.“ Der Gedanke, die Bibel zu studieren, ohne eine Kirche zu haben, gefiel mir. Ich fragte ihn deshalb, ob er mir einige biblische Schriften schicken würde.

Ich hatte unser Gespräch schon längst vergessen, als ich etwa ein Jahr später ein Paket aus Milwaukee (Wisconsin) erhielt. Es enthielt das Buch Die Harfe Gottes in Albanisch und den Wachtturm in Griechisch. Ich überflog den Inhalt des Buches rasch und stieß auf einen Hinweis auf die wahre Kirche. Das irritierte mich. „Ich will doch nichts mit einer Kirche zu tun haben“, sagte ich mir. Ich las das Buch deshalb nur flüchtig durch.

Im Jahr 1929 ging ich zum Militär und wurde nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens, geschickt. Dort lernte ich Stathi Muçi kennen, der in einer griechischen Bibel las. „Gehst du in die Kirche?“ fragte ich ihn. „Nein“, antwortete er. „Ich bin aus der Kirche ausgetreten. Ich gehöre den Internationalen Bibelforschern an.“ Am Sonntag gingen ein anderer Soldat und ich mit Stathi zu einer Zusammenkunft. Dort erfuhr ich, daß die wahre Kirche weder ein Gebäude noch eine Religion ist, sondern daß sie aus gesalbten Dienern Christi besteht. Jetzt verstand ich, wovon Die Harfe Gottes sprach.

Nasho Idrizi und Spiro Vruho waren Mitte der 20er Jahre aus den Vereinigten Staaten nach Albanien zurückgekehrt und verbreiteten die biblischen Wahrheiten, die sie dort kennengelernt hatten. Ich begann, die Zusammenkünfte der Handvoll Bibelforscher in Tirana zu besuchen. Es wurde mir bald klar, daß ich die Organisation Jehovas gefunden hatte. Daher ließ ich mich am 4. August 1930 in einem nahe gelegenen Fluß taufen.

Danach kehrte ich nach Mbreshtan zurück und ging weiter dem Schuhmacherhandwerk nach. Wichtiger war aber, daß ich mit anderen über die biblischen Wahrheiten, die ich kennengelernt hatte, zu sprechen begann. Ich sagte zu ihnen jeweils: „Jesus Christus läßt sich nicht mit den Ikonen in der Kirche vergleichen. Er lebt!“

Predigen trotz heftigen Widerstandes

Im Jahr 1925 riß Ahmed Bey Zogu die Macht an sich, erklärte sich 1928 unter dem Namen Zog I. zum König und regierte bis 1939. Sein Minister für Menschenrechte genehmigte allerdings unser christliches Werk. Trotzdem hatten wir Probleme, und zwar deshalb, weil Musa Juka, der Innenminister, mit dem Papst in Rom auf gutem Fuß stand. Juka ordnete an, daß nur drei Religionen anerkannt werden sollten: der Islam, die orthodoxe und die römisch-katholische Kirche. Die Polizei versuchte, unsere Bücher zu beschlagnahmen und unsere Predigttätigkeit zu unterbinden, hatte aber keinen Erfolg.

In den 30er Jahren ging ich oft nach Berat, einer größeren Stadt in Albanien, von wo aus Mihal Sveci unser Predigtwerk leitete. Wir organisierten Predigtausflüge im ganzen Land. Einmal wurde ich für zwei Wochen nach Shkodër geschickt, und ich konnte viel Literatur zurücklassen. 1935 mietete eine Gruppe von uns einen Bus, um in der Stadt Këlcyrë zu predigen. Dann planten wir einen größeren Predigtdienstausflug, bei dem wir die albanischen Städte Përmet, Leskovik, Ersekë, Korçë, Pogradec und Elbasan durcharbeiten wollten. Wir beendeten den Ausflug in Tirana — gerade rechtzeitig, um die Feier zum Gedenken an den Tod Christi zu begehen.

Ein Vorrat an geistiger Speise half uns, geistig stark zu bleiben, und so kamen wir uns nie verlassen vor. In der Zeit von 1930 bis 1939 erhielt ich den griechischen Wachtturm regelmäßig. Ich hatte mir ebenfalls zum Ziel gesetzt, täglich mindestens eine Stunde in der Bibel zu lesen, und daran hielt ich mich auch etwa 60 Jahre, bis ich nicht mehr richtig sehen konnte. Erst seit kurzem ist die ganze Bibel in Albanisch erhältlich; ich war deshalb froh, daß ich schon als Kind Griechisch gelernt hatte. Andere albanische Zeugen hatten wie ich in jungen Jahren Griechisch lesen gelernt, so daß sie ebenfalls die ganze Bibel lesen konnten.

Im Jahr 1938 ließ sich Argjiro taufen. Bis 1939 waren sieben unserer zehn Kinder geboren. Leider starben von unseren ersten Kindern drei, als sie noch klein waren.

Schwere Zeiten während des Zweiten Weltkrieges

Im April 1939, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, griffen faschistische Truppen aus Italien Albanien an. Kurz danach wurde das Werk der Zeugen Jehovas verboten, aber unsere kleine Gruppe von ungefähr 50 Königreichsverkündigern predigte weiter. Etwa 15 000 unserer Bücher und Broschüren wurden während des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt und vernichtet.

Jani Komino benutzte einen großen Anbau an seinem Haus als Literaturlager. Als die italienischen Soldaten erfuhren, daß die Bücher in den Vereinigten Staaten gedruckt worden waren, waren sie sprachlos. „Ihr seid Propagandisten! Die Vereinigten Staaten sind Feinde Italiens“, sagten sie. Thomai und Vasili Cama, zwei eifrige junge Brüder, wurden verhaftet, und als bekannt wurde, daß die Bücher, die sie verbreiteten, von Jani Komino stammten, wurde er ebenfalls festgenommen. Kurz darauf wurde ich von der Polizei zu einem Verhör vorgeladen.

„Kennen Sie diese Männer?“ fragte man mich.

„Ja“, erwiderte ich.

„Arbeiten Sie mit ihnen zusammen?“

„Ja“, antwortete ich. „Wir sind Zeugen Jehovas. Wir sind nicht regierungsfeindlich. Wir sind neutral.“

„Waren Sie an der Verbreitung dieser Schriften beteiligt?“

Als ich dies bejahte, legte man mir Handschellen an, und am 6. Juli 1940 kam ich ins Gefängnis. Dort traf ich noch fünf andere Zeugen aus meinem Dorf: Josef Kaci, Llukan Barko, Jani Komino und die Brüder Cama. Während unseres Gefängnisaufenthalts lernten wir drei weitere Zeugen Jehovas kennen: Gori Naçi, Nikodhim Shyti und Leonidas Pope. Wir wurden alle neun in eine Zelle von 1,8 mal 3,7 Meter gepfercht.

Nach einigen Tagen brachte man uns aneinandergekettet in die Stadt Përmet. Drei Monate später wurden wir in das Gefängnis von Tirana überführt, wo man uns weitere 8 Monate ohne ein Verhör festhielt.

Schließlich kamen wir vor ein Militärgericht. Bruder Shyti und ich wurden zu je 27 Monaten Gefängnis verurteilt, Bruder Komino erhielt 24 Monate, und die anderen wurden nach 10 Monaten auf freien Fuß gesetzt. Wir wurden in das Gefängnis von Gjirokastër überführt, wo Bruder Gole Flloko dazu beitrug, daß wir 1943 freigelassen wurden. Danach ließ ich mich mit meiner Familie in Përmet nieder, wo ich der Aufseher der kleinen Versammlung wurde.

Obwohl unser Werk verboten war und der Zweite Weltkrieg in den Ländern rings um uns herum tobte, taten wir weiterhin unser möglichstes, um unseren Auftrag, die Königreichsbotschaft zu predigen, zu erfüllen (Matthäus 24:14). 1944 waren insgesamt fünfzehn Zeugen Jehovas im Gefängnis. Dennoch fühlten wir uns in diesen schweren Zeiten nie von Jehova verlassen.

Auf unsere Neutralität geprüft

Obwohl der Krieg 1945 zu Ende war, hielten unsere Schwierigkeiten an, ja sie verschlimmerten sich noch. In Verbindung mit den Wahlen vom 2. Dezember 1946 wurde der Wahlzwang eingeführt. Wer es wagte fernzubleiben, galt als Staatsfeind. Die Angehörigen unserer Versammlung in Përmet fragten: „Was sollen wir tun?“

„Wenn ihr auf Jehova vertraut“, antwortete ich, „braucht ihr mich nicht zu fragen. Ihr wißt bereits, daß Jehovas Volk neutral ist. Es ist kein Teil der Welt“ (Johannes 17:16).

Der Wahltag kam, und Regierungsvertreter besuchten uns zu Hause. Sie begannen ein zwangloses Gespräch: „Wollen wir erst einmal eine Tasse Kaffee trinken und etwas plaudern. Wissen Sie, was heute für ein Tag ist?“

„Ja, heute wird gewählt“, gab ich zur Antwort.

„Dann sollten Sie sich beeilen, denn sonst kommen Sie zu spät“, sagte einer der Beamten.

„Nein, ich habe nicht vor hinzugehen. Wir haben Jehova gewählt“, erwiderte ich.

„Gut, dann kommen Sie, und stimmen Sie für die Opposition.“

Ich erklärte ihm, daß Jehovas Zeugen völlig neutral sind. Als unsere Einstellung allgemein bekannt wurde, übte man größeren Druck auf uns aus. Man verbot uns, Zusammenkünfte abzuhalten, weshalb wir uns nur noch heimlich versammelten.

Rückkehr in unser Heimatdorf

Im Jahr 1947 kehrte ich mit meiner Familie nach Mbreshtan zurück. Kurz danach wurde ich an einem kalten Dezembernachmittag aufgefordert, zum Büro der Sigurimi (Geheimpolizei) zu kommen. „Wissen Sie, warum ich Sie herbestellt habe?“ fragte mich der Beamte.

„Ich nehme an, daß Ihnen Klagen über mich zu Ohren gekommen sind“, erwiderte ich. „Aber in der Bibel steht, daß die Welt uns hassen wird; deshalb überrascht es mich nicht, daß man Anschuldigungen gegen mich erhebt“ (Johannes 15:18, 19).

„Reden Sie mit mir nicht über die Bibel“, fauchte er mich an. „Ich werde Sie zusammenschlagen.“

Der Beamte und seine Männer verließen das Büro, befahlen mir aber, draußen in der Kälte stehen zu bleiben. Nach kurzer Zeit rief er mich in sein Büro zurück und befahl mir, keine Zusammenkünfte mehr in unserer Wohnung abzuhalten. „Wie viele Einwohner hat Ihr Dorf?“ fragte er.

„Hundertzwanzig“, sagte ich.

„Welcher Religion gehören sie an?“

„Sie sind albanisch-orthodox.“

„Und Sie?“

„Ich bin ein Zeuge Jehovas.“

„Hundertzwanzig Leute gehen den einen Weg, und Sie gehen einen anderen?“ Dann forderte er mich auf, in der Kirche Kerzen anzuzünden. Als ich mich weigerte, dies zu tun, begann er, mich mit einer Rute zu schlagen. Ungefähr um 1 Uhr morgens wurde ich schließlich auf freien Fuß gesetzt.

Die Literaturversorgung unterbrochen

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, erhielten wir den Wachtturm wieder durch die Post, doch schließlich wurden die Zeitschriften nicht mehr ausgeliefert. Dann ließ mich eines Nachts um 22 Uhr die Geheimpolizei rufen. „Eine Zeitschrift in Griechisch ist eingetroffen“, sagte man mir, „und wir möchten, daß Sie uns erklären, worum es dabei geht.“

„Ich kann nicht so gut Griechisch“, sagte ich. „Mein Nachbar kennt sich besser aus. Vielleicht kann er Ihnen helfen.“

„Nein, wir wollen, daß Sie uns das erklären“, sagte ein Beamter und zog einige Exemplare des griechischen Wachtturms hervor.

„Oh, die gehören ja mir!“ rief ich aus. „Natürlich kann ich Ihnen die Sache erklären. Diese Zeitschriften kommen aus Brooklyn in New York. Dort befindet sich die Zentrale der Zeugen Jehovas. Ich bin ein Zeuge Jehovas. Aber anscheinend sind die Zeitschriften falsch adressiert worden. Sie hätten an mich geschickt werden sollen, nicht an Sie.“

Man händigte mir die Zeitschriften nicht aus, und von diesem Zeitpunkt an bis 1991 — also weit mehr als 40 Jahre — erhielten wir in Albanien keine biblische Literatur mehr. In all diesen Jahren predigten wir nur mit der Bibel. 1949 waren etwa 20 Zeugen Jehovas im Gefängnis, und einige von ihnen waren zu 5 Jahren verurteilt.

Die Schwierigkeiten nehmen zu

In den 50er Jahren mußte jedermann ein Dokument bei sich haben, aus dem hervorging, daß er das Militär unterstützte. Jehovas Zeugen weigerten sich jedoch, ein solches Dokument mitzuführen. Aus diesem Grund mußten Bruder Komino und ich nochmals 2 Monate ins Gefängnis.

Als der Staat gewisse Religionen eine Zeitlang zuließ, genossen auch wir ein bestimmtes Maß an Freiheit. 1967 wurde aber die Religion als solche verboten, wodurch Albanien offiziell ein völlig atheistischer Staat wurde. Die Zeugen versuchten, weiterhin ihre Zusammenkünfte abzuhalten, aber es wurde sehr schwierig. Einige von uns nähten eine besondere Tasche in ihr Jackenfutter, in der sie eine kleine Bibel verstecken konnten. Dann gingen wir hinaus aufs Feld, um in der Bibel zu lesen.

Mehrere Zeugen in Tirana wurden dabei erwischt, und drei wurden zu 5 Jahren Aufenthalt in einem entlegenen Arbeitslager verurteilt. Das brachte viel Leid über ihre Angehörigen. Wir, die wir aus kleinen, einsamen Dörfern kamen, wurden nicht fortgeschickt, weil man uns nicht für eine wirklich ernste Gefahr hielt. Aber wegen unserer Neutralität erhielten wir keine Lebensmittelkarten. Deshalb war das Leben für uns sehr hart. Außerdem starben zwei weitere unserer Kinder. Dennoch fühlten wir uns nie von Jehova verlassen.

Ganz Albanien war von Furcht beherrscht. Jeder wurde überwacht, und die Geheimpolizei fertigte Berichte an über jeden, der es wagte, eine Meinung zu äußern, die nicht mit der der Regierungspartei übereinstimmte. Deshalb waren wir sehr vorsichtig, wenn es darum ging, schriftliche Berichte über unsere Tätigkeit zu erstellen. Wir konnten uns höchstens zu zweit oder zu dritt versammeln, um uns geistig zu ermuntern. Dennoch hörten wir nie auf zu predigen.

Um unter den Brüdern Verwirrung zu stiften, setzte die Geheimpolizei das Gerücht in Umlauf, daß ein führender Zeuge Jehovas in Tirana ein Spitzel sei. Das bewirkte, daß einige das Vertrauen verloren, wodurch unsere Einheit etwas erschüttert wurde. Da es uns an der laufenden Literatur fehlte und wir keine Verbindung mit Jehovas sichtbarer Organisation hatten, fielen einige der Furcht zum Opfer.

Außerdem verbreiteten die Behörden das Gerücht, daß Spiro Vruho, ein sehr geachteter christlicher Ältester in Albanien, Selbstmord begangen habe. „Sie sehen also“, sagte man uns, „sogar Vruho hat aufgegeben.“ Später stellte es sich heraus, daß Bruder Vruho ermordet worden war.

Im Jahr 1975 hielten Argjiro und ich uns einige Monate bei unserem Sohn in Tirana auf. Während der Wahl setzten uns die städtischen Behörden mit der Drohung unter Druck: „Wenn Sie nicht wählen gehen, werden wir Ihrem Sohn die Arbeit wegnehmen.“

„Mein Sohn hat schon seit 25 Jahren denselben Arbeitsplatz“, erwiderte ich. „Sie haben genaue Aufzeichnungen über ihn und seine Familie. Ich bin mehr als 40 Jahre nicht zur Wahl gegangen. Diese Angaben sind gewöhnlich in den Personalakten enthalten. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist mit Ihren Akten etwas nicht in Ordnung. Sind sie aber darin enthalten, dann waren Sie Ihrer Partei gegenüber nicht loyal, wenn Sie ihn so viele Jahre arbeiten ließen.“ Als die Beamten das hörten, sagten sie, wenn wir nach Mbreshtan zurückkehrten, würden sie den Fall nicht weiter verfolgen.

Dramatische Veränderungen

Im Jahr 1983 zogen wir von Mbreshtan in die Stadt Laç um. Kurz danach, 1985, starb der Diktator. Er hatte seit der Einführung des Wahlzwangs (1946) regiert. Einige Jahre später wurde sowohl seine Statue, die den Mittelpunkt der Stadt Tirana beherrschte, als auch die Statue Stalins entfernt.

In den Jahrzehnten, in denen unser Werk verboten war, wurden viele Zeugen grausam mißhandelt und einige sogar getötet. Ein Mann sagte zu einigen Zeugen Jehovas auf der Straße: „Als die Kommunisten an der Macht waren, haben wir alle Gott verlassen. Nur Jehovas Zeugen blieben ihm treu, trotz der vielen Prüfungen und Schwierigkeiten.“

Als uns noch mehr Freiheit gewährt wurde, berichteten im Juni 1991 9 Personen über ihren christlichen Predigtdienst. Im Juni 1992, einen Monat nach Aufhebung des Verbots, beteiligten sich 56 Personen am Predigtwerk. Zu unserer Freude besuchten in jenem Jahr 325 Personen die Feier zum Gedenken an den Tod Christi. Seither ist die Zahl der Verkündiger auf über 600 gestiegen, und am 14. April 1995 besuchten 3 491 Personen das Gedächtnismahl. In den letzten Jahren erlebte ich die unbeschreibliche Freude, zu sehen, wie sich sehr viele junge Menschen unseren Versammlungen angeschlossen haben.

Argjiro ist Jehova in all diesen Jahren treu geblieben und hat mich loyal unterstützt. Während ich im Gefängnis oder auf Predigttouren war, nahm sie sich geduldig und ohne sich zu beschweren der Bedürfnisse unserer Familie an. Einer unserer Söhne und seine Frau ließen sich 1993 taufen. Darüber freuten wir uns sehr.

Nur für Gottes Königreich

Ich bin begeistert, die Einheit und die geistige Wohlfahrt der Organisation Jehovas in Albanien zu sehen. Es ergeht mir ähnlich wie dem betagten Simeon in Jerusalem, dem, bevor er starb, das kostbare Vorrecht gewährt wurde, den lang verheißenen Messias zu sehen (Lukas 2:30, 31). Wenn mich jemand fragt, welche Regierungsform ich vorziehe, sage ich: „Ich ziehe weder den Kommunismus noch den Kapitalismus vor. Ob das Land dem Volk oder dem Staat gehört, spielt keine Rolle. Der Staat baut Straßen, versorgt einsame Dörfer mit elektrischem Strom und hält ein gewisses Maß an Ordnung aufrecht. Doch nur Jehovas Regierung, sein himmlisches Königreich, ist in der Lage, die schwierigen Probleme, denen Albanien, ja denen die ganze Welt gegenübersteht, zu lösen.“

Was Gottes Diener in Verbindung mit dem weltweiten Predigtwerk tun, ist kein Menschenwerk. Es ist Gottes Werk. Wir sind seine Diener. Wir hatten zwar viele Schwierigkeiten in Albanien und waren lange von Jehovas sichtbarer Organisation abgeschnitten, aber er hat uns nie verlassen. Sein Geist war stets mit uns. Er lenkte jeden Schritt auf unserem Pfad. Das konnte ich in meinem ganzen Leben sehen.

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen