Mein Leben als Leprakranker — glücklich und in geistiger Hinsicht gesegnet
VON ISAIAH ADAGBONA ERZÄHLT
Ich wuchs in Akure (Nigeria) auf. Meine Angehörigen bauten Jamswurzeln, Bananen, Maniok und Kakaobohnen an. Mein Vater wollte nicht, daß ich zur Schule ging. Er sagte zu mir: „Du bist ein Farmer, und niemand wird dich jemals fragen, ob du Jamswurzeln ‚lesen‘ kannst.“
ABER ich wollte gern lesen lernen. Abends stand ich gewöhnlich vor dem Fenster eines Hauses und hörte zu, wie Kindern Privatunterricht erteilt wurde. Das war 1940, als ich etwa 12 Jahre alt war. Wenn mich der Vater der Kinder entdeckte, schimpfte er laut und jagte mich fort. Doch ich ging immer wieder hin. Manchmal kam der Lehrer nicht; dann schlich ich ins Haus, und zusammen mit den Kindern vertiefte ich mich in die Bücher. Hin und wieder durfte ich mir auch einige Lehrbücher ausleihen. So lernte ich lesen.
Ich schließe mich Gottes Volk an
Irgendwann bekam ich eine Bibel geschenkt und las regelmäßig vor dem Schlafengehen darin. Eines Abends stieß ich beim Lesen auf Matthäus, Kapitel 10, wo es heißt, Jesu Jünger würden von den Menschen gehaßt und verfolgt werden.
Dabei kamen mir Jehovas Zeugen in den Sinn, die bei uns zu Hause vorgesprochen hatten und unfreundlich behandelt worden waren. Mich durchzuckte der Gedanke, ob sie vielleicht die Menschen seien, von denen Jesus gesprochen hatte. Als die Zeugen wiederkamen, nahm ich eine Zeitschrift entgegen. Und als ich dann begann, mich ihnen anzuschließen, wurde ich zur Zielscheibe des Spotts. Doch je mehr die Spötter mich zu entmutigen suchten, desto stärker wurde meine Überzeugung, die wahre Religion gefunden zu haben; und darüber war ich sehr glücklich.
Was mich an den Zeugen überaus beeindruckte, war die Tatsache, daß sie im Gegensatz zu den anderen Religionsgemeinschaften in unserer Gegend ihren Glauben nicht mit den traditionellen Bräuchen der einheimischen heidnischen Religion vermischten. Meine Angehörigen gingen zum Beispiel in die anglikanische Kirche, doch mein Vater besaß trotzdem einen Schrein, der dem Yoruba-Gott Ogun geweiht war.
Nach dem Tod meines Vaters sollte ich den Schrein erben. Aber ich lehnte dieses Erbe ab, denn ich wußte, daß die Bibel Götzendienst verurteilt. Mit der Hilfe Jehovas machte ich in geistiger Hinsicht gute Fortschritte und ließ mich im Dezember 1954 taufen.
Lepra macht sich bemerkbar
Etwas früher in dem Jahr stellte ich fest, daß meine Füße anschwollen und daß ich kein Gefühl mehr darin hatte. Wenn ich auf glühende Kohlen trat, verspürte ich keine Schmerzen. Nach einiger Zeit erschienen an meiner Stirn und an meinen Lippen rötliche Knoten. Weder meine Angehörigen noch ich wußten, was mir fehlte. Wir dachten, es sei ein Ekzem. Auf der Suche nach Heilung ging ich zu 12 Kräuterheilkundigen. Einer sagte uns schließlich, es sei Lepra.
Welch ein Schock! Ich war völlig verstört und konnte kaum schlafen. Alpträume plagten mich. Doch meine Erkenntnis der biblischen Wahrheit und mein Vertrauen auf Jehova halfen mir, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.
Einige Leute sagten meiner Mutter, mein Zustand würde sich bessern, wenn ich ein Orakel aufsuchen und Opfer darbringen würde. Dazu war ich nicht bereit, denn ich wußte, daß eine derartige Handlung Jehova mißfällt. Als die Freunde meiner Mutter begriffen, daß ich nicht umzustimmen war, schlugen sie ihr vor, meine Stirn mit einer Kolanuß zu berühren, damit zu dem Orakel zu gehen und die Nuß als Opfergabe für mich darzubringen. Auch damit wollte ich nichts zu tun haben, und ich sagte es meiner Mutter. Schließlich gab sie ihre Versuche auf, mich in heidnische Bräuche zu verwickeln.
Als ich zur Behandlung ins Krankenhaus ging, war die Lepra bereits in fortgeschrittenem Stadium. Mein Körper war über und über mit Geschwüren bedeckt. Im Krankenhaus erhielt ich Medikamente, und allmählich heilten die Geschwüre ab.
Man hielt mich für tot
Meine Gesundheitsprobleme waren damit allerdings nicht behoben. In meinem rechten Fuß kam es zu einer schlimmen Infektion, und 1962 mußte ich amputiert werden. Nach der Operation stellten sich Komplikationen ein. Die Ärzte rechneten mit meinem Tod. Ein weißer Missionspriester erschien, um mir die Sterbesakramente zu spenden. Vor Schwäche konnte ich nicht sprechen, aber eine Krankenschwester sagte ihm, ich sei ein Zeuge Jehovas.
Der Priester fragte: „Wollen Sie zum katholischen Glauben übertreten, damit Sie in den Himmel kommen?“ Im stillen mußte ich lachen, und ich betete zu Jehova, er möge mir die Kraft für eine Antwort geben. Mit größter Anstrengung brachte ich ein „Nein!“ heraus. Der Priester machte auf dem Absatz kehrt und verschwand.
Mein Zustand verschlechterte sich zusehends, und schließlich hielt mich das Krankenhauspersonal für tot. Man bedeckte mein Gesicht mit einem Laken, schob mich aber nicht in die Leichenhalle, weil der Tod zuvor von einem Arzt oder einer Krankenschwester bestätigt werden mußte. Keiner der Ärzte hatte jedoch Dienst, und die Krankenschwestern waren alle zu einer Party gegangen. So blieb ich also über Nacht auf der Station. Als der Arzt am nächsten Morgen Visite machte, kam er nicht zu mir ans Bett; weil ich immer noch zugedeckt war, hielt er mich für tot. Schließlich bemerkte jemand, daß sich der „Leichnam“ unter dem Laken bewegte.
Ich erholte mich, und im Dezember 1963 brachte man mich nach Abeokuta, einer Leprakolonie in Südwestnigeria. Dort wohne ich immer noch.
Mein Predigen stößt auf Widerstand
Als ich in der Leprakolonie eintraf, befanden sich dort ungefähr 400 Leprakranke; ich war der einzige Zeuge Jehovas. Ich schrieb an die Gesellschaft, die umgehend dafür sorgte, daß jemand von der Versammlung Akomoje mit mir Kontakt aufnahm. Die Verbindung zu den Brüdern riß also niemals ab.
Sobald ich in der Leprakolonie angekommen war, begann ich zu predigen. Dem einheimischen Pfarrer gefiel das gar nicht, und er beschwerte sich bei dem für die Kolonie zuständigen Sozialarbeiter über mich. Der Sozialarbeiter war ein älterer Mann aus Deutschland. Er sagte zu mir, es sei nicht meine Sache, Bibelunterricht zu erteilen, denn dazu sei ich weder ausgebildet noch berechtigt. Da ich also unbefähigt sei, würde ich die Leute falsch belehren. Würde ich weiterpredigen, könnte es sein, daß ich die Leprakolonie verlassen und auf medizinische Versorgung verzichten müßte. Er gestattete mir nicht, darauf irgend etwas zu erwidern.
Als nächstes gab er eine Anweisung heraus, die besagte, daß niemand die Bibel mit mir betrachten dürfe. Die Folge war, daß diejenigen, die Interesse gezeigt hatten, nicht mehr zu mir kamen.
Ich legte die Angelegenheit Jehova im Gebet vor und bat um Weisheit und Anleitung. Am darauffolgenden Sonntag ging ich in die Baptistenkirche der Leprakolonie, ohne mich am Gottesdienst zu beteiligen. Da aber die Möglichkeit bestand, Fragen zu stellen, meldete ich mich und sagte: „Wenn alle guten Menschen in den Himmel kommen und die schlechten an irgendeinen anderen Ort, warum heißt es dann in Jesaja 45:18, Gott habe die Erde gemacht, damit sie auch bewohnt werde?“
In der Kirche war starkes Gemurmel zu vernehmen. Schließlich sagte der Pfarrer, wir seien nicht in der Lage, die Wege Gottes zu ergründen. Daraufhin beantwortete ich meine Frage selbst, indem ich Bibelstellen vorlas, die zeigen, daß 144 000 in den Himmel kommen, daß die Bösen vernichtet werden und daß gerechte Menschen für immer auf der Erde leben werden (Psalm 37:10, 11; Offenbarung 14:1, 4).
Alle freuten sich über die Antworten und applaudierten anerkennend. Dann meinte der Pfarrer: „Ihr solltet nochmals applaudieren, denn dieser Mann weiß wirklich in der Bibel Bescheid.“ Nach Schluß des Gottesdienstes kamen einige zu mir und sagten: „Sie wissen mehr als der Pfarrer!“
Der Druck hält an
Durch diesen Vorfall war dem Widerstand gewissermaßen Einhalt geboten worden, und die Leute kamen wieder, um die Bibel mit mir zu betrachten. Allerdings gab es immer noch Gegner, die den Sozialarbeiter drängten, mich wegzuschicken. Ungefähr einen Monat nach dem Gottesdienst rief er mich zu sich und sagte: „Warum hören Sie mit dem Predigen nicht auf? In meiner Heimat sind Jehovas Zeugen nicht beliebt, und hier scheint es ebenso zu sein. Weshalb bereiten Sie mir Unannehmlichkeiten? Wissen Sie nicht, daß ich Sie auffordern kann, die Leprakolonie zu verlassen?“
Ich entgegnete: „Papa [respektvolle Anrede], ich respektiere Sie aus drei Gründen. Erstens, weil Sie älter sind als ich; und in der Bibel heißt es, wir sollten graues Haar respektieren. Zweitens, weil Sie Ihr Land verlassen haben, um uns hier zu helfen. Drittens achte ich Sie, weil Sie gütig und großzügig sind und den Leidenden beistehen. Aber mit welchem Recht glauben Sie, mich von hier vertreiben zu können? Der Präsident von Nigeria verweist Zeugen Jehovas nicht des Landes. Auch der traditionelle Bezirksherrscher vertreibt uns nicht. Selbst wenn Sie mich von hier verjagen sollten, würde Jehova weiter für mich sorgen.“
Nie zuvor hatte ich mit solch einem Freimut zu ihm gesprochen, und ich sah, daß er beeindruckt war. Ohne ein Wort zu erwidern, ging er davon. Wenn sich später jemand über mich beschwerte, sagte er nur frustriert: „Ich will mit der Sache nichts mehr zu tun haben. Falls Sie wegen seiner Predigttätigkeit Probleme haben, sprechen Sie mit ihm persönlich darüber.“
Lese- und Schreibunterricht
Widerstand wegen meiner Predigttätigkeit kam weiterhin aus den Reihen derer, die in die Baptistenkirche der Kolonie gingen. Dann hatte ich eine Idee. Ich ging zu dem Sozialarbeiter und fragte, ob ich Lesen und Schreiben unterrichten dürfe. Auf seine Frage, wieviel ich dafür haben wolle, sagte ich, daß ich ohne Bezahlung unterrichten werde.
Man stellte einen Klassenraum, eine Tafel und Kreide zur Verfügung, und ich begann, einigen Mitbewohnern das Lesen beizubringen. Der Unterricht fand täglich statt. In der ersten halben Stunde lehrte ich Lesen, dann erzählte ich eine biblische Geschichte und erklärte sie. Danach lasen wir den Bericht in der Bibel.
Eine Schülerin namens Nimota zeichnete sich durch ein lebhaftes Interesse an geistigen Dingen aus. Sowohl in der Kirche als auch in der Moschee brachte sie ihre Fragen vor, die dort allerdings nicht zufriedenstellend beantwortet wurden. So kam Nimota mit ihren Fragen zu mir. Sie gab sich schließlich Jehova hin und ließ sich taufen. 1966 heirateten wir.
Die meisten Verkündiger unserer jetzigen Versammlung haben durch diesen Unterricht Lesen und Schreiben gelernt. Die Idee des Unterrichts war nicht auf meine Weisheit zurückzuführen. Jehovas Segen war zweifellos zu spüren. Danach versuchte niemand mehr, mich am Predigen zu hindern.
Ein Königreichssaal in der Leprakolonie
Etwa um die Zeit, als Nimota und ich heirateten, kamen vier Personen regelmäßig zum Wachtturm-Studium zusammen. Ungefähr ein Jahr lang trafen wir uns in einem Raum, in dem man die Wunden der Leprakranken wusch. Der Sozialarbeiter, der unterdessen mein Freund geworden war, meinte schließlich, es sei nicht gut, unseren Gott in einem Behandlungsraum anzubeten.
Er sagte, wir könnten in einem Schuppen zusammenkommen, der früher als Schreinerwerkstatt benutzt worden war. Allmählich verwandelte sich der Schuppen in einen Königreichssaal, und dank der Unterstützung unserer Brüder aus der Stadt wurde er 1992 endgültig fertiggestellt. Wie das Bild auf Seite 24 zeigt, ist unser Saal stabil gebaut, verputzt und gestrichen; er hat einen Betonfußboden und eine solide Dachkonstruktion.
Den Leprakranken predigen
Seit 33 Jahren ist die Leprakolonie nun mein Predigtgebiet. Wie predigt man Leprakranken? Die meisten Menschen in Afrika sind der Meinung, alle Dinge kämen von Gott. Wer also von Lepra befallen ist, glaubt, Gott sei dafür irgendwie verantwortlich. Einige sind wegen ihres Zustandes sehr deprimiert. Andere reagieren ärgerlich und sagen: „Reden Sie bloß nicht mit uns über einen Gott, der liebevoll und barmherzig sein soll. Wenn das zuträfe, würde meine Krankheit verschwinden!“ Dann lesen und besprechen wir Jakobus 1:13, wo es heißt, Gott versuche niemand mit üblen Dingen. Danach erklären wir, warum Gott zuläßt, daß Menschen leiden, und weisen darauf hin, daß er ein irdisches Paradies verheißen hat, in dem niemand mehr krank sein wird (Jesaja 33:24).
Viele haben positiv auf die gute Botschaft reagiert. Seitdem ich in dieser Kolonie lebe, hat Jehova mich gebraucht, über 30 Personen zu helfen, sich ihm hinzugeben und sich taufen zu lassen — alles Leprakranke. So manch einer kehrte nach seiner Heilung nach Hause zurück; einige sind inzwischen verstorben. Derzeit sind wir 18 Verkündiger, und etwa 25 Personen kommen regelmäßig zu den Zusammenkünften. Zwei von uns dienen als Älteste, einer ist Dienstamtgehilfe und ein anderer allgemeiner Pionier. Wie froh bin ich, daß so viele in der Leprakolonie Jehova treu dienen! Als ich hierherkam, fürchtete ich, allein zu sein, doch Jehova hat mich auf wunderbare Weise gesegnet.
Glücklich, meinen Brüdern zu dienen
Von 1960 an bis vor etwa 5 Jahren habe ich Medikamente gegen Lepra eingenommen. Jetzt sind außer mir auch alle anderen in der Versammlung vollständig geheilt. Die Lepra hat natürlich Spuren hinterlassen — ich verlor einen Unterschenkel und kann meine Finger nicht ausstrecken —, doch die Krankheit als solche ist überwunden.
Seitdem ich gesund bin, haben mich einige gefragt, warum ich die Leprasiedlung nicht verlasse und wieder nach Hause zurückkehre. Für mein Bleiben gibt es verschiedene Gründe; doch der Hauptgrund ist, daß ich meine Brüder an diesem Ort weiterhin unterstützen möchte. Sich um die Schafe Jehovas zu kümmern übersteigt jede andere Freude, die es vielleicht mit sich bringen würde, wenn ich zu meinen Angehörigen nach Hause zurückkehrte.
Ich bin sehr dankbar, daß ich Jehova kennenlernte, bevor ich von meiner Lepraerkrankung erfuhr. Sonst hätte ich mir wahrscheinlich das Leben genommen. In all den Jahren gab es Probleme und Schwierigkeiten genug, aber es waren nicht die Medikamente, die mich aufrechterhielten — es war Jehova! Wenn ich Rückschau halte, erfüllt mich ein tiefes Glücksgefühl, und wenn ich an die Zukunft unter Gottes Königreich denke, dann juble ich vor Glück.
[Kasten auf Seite 25]
Fakten über Lepra
Was ist Lepra?
Die heute als Lepra bezeichnete Krankheit wird durch einen Bazillus verursacht, der 1873 von Armauer Hansen entdeckt wurde. In Anerkennung seiner Arbeit bezeichnen Ärzte Lepra auch als Hansen-Krankheit.
Der Bazillus schädigt Nerven, Knochen, Augen und bestimmte Organe. An Händen und Füßen kommt es häufig zu Empfindungslosigkeit. Wird nichts gegen die Krankheit unternommen, kann sie zu schweren Verstümmelungen des Gesichts und der Gliedmaßen führen. Nur selten verläuft die Krankheit tödlich.
Ist eine Heilung möglich?
Personen mit einer milden Form der Lepra werden ohne jede Behandlung wieder gesund. Schwerere Fälle können mit Medikamenten geheilt werden.
Das erste Medikament, das in den 50er Jahren gegen Lepra zum Einsatz kam, wirkte nur langsam und wurde zusehends unwirksamer, weil der Leprabazillus dagegen resistent wurde. Man entwickelte neue Medikamente, und seit Beginn der 80er Jahre ist die Multidrug-Therapie (MDT) weltweit üblich. Dabei handelt es sich um eine Kombination von drei Mitteln — Dapson, Rifampicin und Clofazimin. MDT tötet zwar den Bazillus, kann aber nicht den bereits entstandenen Schaden reparieren.
MDT bekämpft die Krankheit äußerst wirksam. Dadurch ist die Zahl der Leprakranken rapide zurückgegangen, und zwar von 12 Millionen im Jahr 1985 auf etwa 1,3 Millionen Mitte 1996.
Wie groß ist die Ansteckungsgefahr?
Lepra ist nicht sehr ansteckend. Das Immunsystem der meisten Menschen ist stark genug, um damit fertig zu werden. Wenn es zu einer Ansteckung kommt, geschieht es gewöhnlich nur bei Personen, die über einen längeren Zeitraum mit infizierten Personen Kontakt haben.
Ärzte können nicht mit Bestimmtheit sagen, wie der Bazillus in den menschlichen Körper gelangt, aber sie vermuten, daß es über die Haut oder durch die Nase geschieht.
Aussichten für die Zukunft
Man will Lepra bis zum Jahr 2000 „als Gefahr für die öffentliche Gesundheit ausgemerzt“ haben. Das bedeutet, daß in keinem Gemeinwesen mehr als ein Leprakranker auf 10 000 Einwohner kommt. Unter Gottes Königreich wird diese Krankheit vollständig ausgerottet sein (Jesaja 33:24).
Quellen: Weltgesundheitsorganisation; International Federation of Anti-Leprosy Associations und Manson’s Tropical Diseases (Ausgabe 1996)
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Versteht man heute unter Lepra dasselbe wie in biblischen Zeiten?
In medizinischen Lehrbüchern wird Lepra heute genau definiert. Der wissenschaftliche Name der betreffenden Mikrobe ist Mycobacterium leprae. Die Bibel ist natürlich kein medizinisches Lehrbuch. Die hebräischen und griechischen Wörter, die in vielen Bibelübersetzungen mit „Aussatz“ wiedergegeben werden, haben eine umfassendere Bedeutung. Der in der Bibel erwähnte Aussatz rief zum Beispiel nicht nur bei Menschen sichtbare Symptome hervor, sondern auch Kleider und Häuser konnten davon befallen werden, etwas, was ein Bazillus nicht bewirken kann (3. Mose 13:2, 47; 14:34).
Außerdem passen die Symptome, die Leprakranke heute aufweisen, nicht zu der Beschreibung des Aussatzes in biblischer Zeit. Einige meinen, das lasse sich damit erklären, daß sich das Wesen einer Krankheit im Lauf der Zeit verändere. Andere sind der Ansicht, mit Aussatz seien in der Bibel eine ganze Reihe von Krankheiten bezeichnet worden. Die durch M. leprae verursachte Krankheit könnte dazu gehört haben oder auch nicht.
Wie es im Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament heißt, ist mit dem griechischen Wort und dem hebräischen Wort, die gewöhnlich mit Aussatz übersetzt werden, höchstwahrscheinlich „die gleiche Krankheit bzw Gruppe von Krankheiten gemeint ... Ob freilich ... die Krankheit gemeint ist, die wir heute als Lepra bezeichnen, muß fraglich sein. Jedoch ist die sichere medizinische Identifizierung nicht von Ausschlag für die Bewertung der ... Heilungsberichte [Berichte, in denen davon die Rede ist, daß Jesus und seine Jünger Aussätzige heilten].“
[Bild auf Seite 24]
Die Versammlung vor dem Königreichssaal in der Leprakolonie
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Isaiah Adagbona und seine Frau Nimota