Wachtturm ONLINE-BIBLIOTHEK
Wachtturm
ONLINE-BIBLIOTHEK
Deutsch
  • BIBEL
  • PUBLIKATIONEN
  • ZUSAMMENKÜNFTE
  • w98 1. 10. S. 24-27
  • Ich fand etwas Besseres als Gold

Kein Video für diese Auswahl verfügbar.

Beim Laden des Videos ist ein Fehler aufgetreten.

  • Ich fand etwas Besseres als Gold
  • Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1998
  • Zwischentitel
  • Ähnliches Material
  • Einsam und verlassen in Amerika
  • Mit meinen Geschwistern vereint
  • Eine Familie und eine Beerdigung
  • Die Wahrheit kennengelernt
  • Meinen Geburtsort gefunden
  • Die Wahrheit an die erste Stelle gesetzt
  • Von Jugend an unseres Schöpfers gedenken
    Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 2000
  • Ich fand wahren Reichtum in Australien
    Erwachet! 1994
  • Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1986
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1986
  • Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1989
    Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1989
Hier mehr
Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1998
w98 1. 10. S. 24-27

Ich fand etwas Besseres als Gold

VON CHARLES MYLTON ERZÄHLT

Eines Tages sagte mein Vater: „Warum schicken wir Charlie nicht nach Amerika, wo das Geld auf der Straße liegt! Er könnte sich einiges davon beschaffen und es uns zusenden.“

DIE Leute dachten tatsächlich, in Amerika seien die Straßen mit Gold gepflastert. Das Leben in Osteuropa war damals alles andere als leicht. Meine Eltern besaßen einen kleinen Hof, auf dem sie einige Kühe und Hühner hielten. Es gab weder Strom noch sanitäre Anlagen im Haus. Aber so etwas hatte damals keiner in unserer Gegend.

Ich wurde am 1. Januar 1893 in Hoszowczyk geboren — vor fast 106 Jahren. Unser Dorf lag in Galizien, einer Provinz, die ein Teil Österreich-Ungarns war. Heute gehört Hoszowczyk zu Polen und liegt nicht weit entfernt von der Slowakei und der Ukraine. Die Winter waren streng, und es gab viel Schnee. Mit etwa sieben Jahren mußte ich gewöhnlich zum Wasserholen 500 Meter bis zu einem Bach zurücklegen. Um Wasser schöpfen zu können, schlug ich mit der Axt ein Loch in das Eis. Ich brachte das Wasser nach Hause, und Mutter benutzte es dann zum Kochen und Saubermachen. Zum Wäschewaschen ging sie an den Bach, wobei ihr die größeren Eisstücke als Waschbrett dienten.

In Hoszowczyk gab es keine Schule; trotzdem lernte ich Polnisch, Russisch, Slowakisch und Ukrainisch. Wir wurden im griechisch-orthodoxen Glauben erzogen, und ich diente als Ministrant. Doch schon als Junge ärgerte ich mich über die Pfarrer, die uns verboten, freitags Fleisch zu essen, sich selbst aber nicht an das Verbot hielten.

Einige unserer Freunde hatten mit dem Geld, das sie in den Vereinigten Staaten verdient hatten, ihre Häuser renoviert und landwirtschaftliche Geräte gekauft. Das war der Grund, warum mein Vater mich nach Amerika schicken wollte, und zwar zusammen mit einigen Nachbarn, die wieder eine Reise dorthin planten. Damals war ich 14, und man schrieb das Jahr 1907.

Einsam und verlassen in Amerika

Schneller als erwartet, war ich auf einem Schiff, und in 14 Tagen hatten wir den Atlantik überquert. Damals brauchte man für die Einreise 20 Dollar, andernfalls wurde man in sein Heimatland zurückgeschickt. Ich besaß ein Zwanzigdollarstück in Silber und gehörte somit zu den Millionen Einwanderern, die Ellis Island (New York), das Tor zu Amerika, passieren durften. Dort lag natürlich weder Geld auf der Straße, noch waren die Straßen mit Gold gepflastert. In Wirklichkeit waren viele Straßen überhaupt nicht gepflastert.

Wir bestiegen einen Zug und fuhren nach Johnstown (Pennsylvanien). Meine Reisegefährten waren schon dort gewesen und kannten eine Pension, in der ich unterkommen konnte. Eigentlich suchte ich ja nach meiner älteren Schwester, die in Jerome (Pennsylvanien) wohnte, das, wie ich später erfuhr, nur etwa 25 Kilometer entfernt war. Ich fragte jedoch nach Yarome statt nach Jerome, denn das „J“ wird in meiner Muttersprache wie ein „Y“ ausgesprochen. Niemand kannte Yarome. Hier war ich nun in einem fremden Land, sprach kaum Englisch und hatte nur wenig Geld.

Jeden Morgen ging ich auf Arbeitssuche. Aus der Menge derer, die vor dem Arbeitsamt standen, erhielten immer nur zwei oder drei eine Stelle. So kehrte ich jeden Tag in die Pension zurück und brachte mir mit Hilfe von Lehrbüchern Englisch bei. Hin und wieder fand ich Gelegenheitsarbeiten, doch die Monate vergingen, und mein Geld war fast aufgebraucht.

Mit meinen Geschwistern vereint

Eines Tages kam ich unweit des Bahnhofs an einem Hotel mit Gaststättenbetrieb vorbei. Das Essen duftete verlockend! Belegte Brote, Würstchen und anderes gab es gratis, wenn man für 5 Cent ein großes Glas Bier kaufte. Ich war zwar minderjährig, doch der Inhaber der Gaststätte hatte Mitleid und verkaufte mir das Bier.

Während ich aß, kamen einige Männer herein und riefen: „Schnell! Austrinken! Der Zug nach Jerome kommt gleich.“

„Ihr meint Yarome?“ fragte ich.

„Nein, Jerome“, wiederholten sie. So erfuhr ich, wo meine Schwester lebte. In der Gaststätte lernte ich doch tatsächlich einen Mann kennen, der nur drei Häuser von ihr entfernt wohnte. Ich kaufte mir also eine Fahrkarte und fuhr zu meiner Schwester, nach der ich so lange gesucht hatte.

Zusammen mit ihrem Mann betrieb meine Schwester eine Pension für Bergarbeiter, und ich durfte dort wohnen. Meine Verwandten besorgten mir einen Job, der darin bestand, eine Pumpe zu bewachen, die verhindern sollte, daß Wasser in die Mine eindrang. Immer dann, wenn sie nicht mehr funktionierte, mußte ich den Mechaniker rufen. Mein Tageslohn betrug 15 Cent. Danach fand ich Arbeit bei der Eisenbahn, in einer Ziegelei und sogar als Versicherungsvertreter. Später zog ich nach Pittsburgh, wo mein Bruder Steve wohnte. Beide arbeiteten wir in den Stahlwerken. Mein Verdienst reichte jedoch nie dafür, etwas nach Hause zu schicken.

Eine Familie und eine Beerdigung

Eines Tages sah ich auf dem Weg zur Arbeit eine junge Hausangestellte vor dem Haus ihres Arbeitgebers stehen. „Was für ein hübsches Mädchen“, dachte ich. Drei Wochen später — es war im Jahr 1917 — waren Helen und ich verheiratet. Im Verlauf der nächsten 10 Jahre wurden unsere sechs Kinder geboren, eins starb noch im Säuglingsalter.

Im Jahr 1918 wurde ich von den Pittsburgher Eisenbahnbetrieben als Straßenbahnfahrer eingestellt. In der Nähe des Straßenbahndepots gab es ein kleines Lokal, wo man Kaffee trinken konnte. Die beiden Besitzer waren Griechen, und es schien ihnen ziemlich gleichgültig zu sein, ob man etwas bestellte, solange sie mit den Gästen über die Bibel sprechen konnten. Einmal sagte ich: „Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß die ganze Welt im Irrtum ist und nur Sie beide recht haben!“

„Sie brauchen nur die Bibel aufzuschlagen“, erwiderten die beiden. Doch damals konnten sie mich nicht überzeugen.

Leider wurde meine liebe Helen 1928 krank. Damit für die Kinder besser gesorgt werden konnte, brachte ich sie zu meiner Schwester und meinem Schwager nach Jerome. Die beiden hatten unterdessen eine Farm gekauft. Ich besuchte die Kinder häufig und zahlte monatlich einen Beitrag für das Essen. Außerdem schickte ich ihnen Kleidung. Traurigerweise verschlechterte sich Helens Gesundheitszustand, und am 27. August 1930 starb sie.

Ich fühlte mich verlassen und war völlig verzweifelt. Als ich beim Pfarrer alles für die Beerdigung regeln wollte, sagte er: „Sie gehören nicht mehr zu dieser Kirche; Sie haben schon über ein Jahr keine Beiträge entrichtet.“

Ich erklärte, meine Frau sei lange krank gewesen und ich hätte alles übrige Geld meinen Kindern gegeben, damit sie die Kirchenbeiträge in Jerome bezahlen könnten. Doch bevor der Pfarrer bereit war, die Beerdigung zu übernehmen, mußte ich mir erst 50 Dollar leihen, damit ich meine Beitragsschulden bezahlen konnte. Darüber hinaus verlangte er 15 Dollar für das Lesen einer Messe im Haus meiner Schwägerin, wo sich Freunde und Angehörige versammeln wollten, um Helen die letzte Ehre zu erweisen. Ich war nicht in der Lage, das Geld aufzubringen; der Pfarrer sagte zu, die Messe zu lesen, wenn er am Zahltag das Geld dafür von mir erhalten würde.

Als der Zahltag kam, mußte ich allerdings den Kindern von dem Geld Schuhe und Schulkleidung kaufen. Ungefähr zwei Wochen später bestieg der Pfarrer meinen Straßenbahnwagen. „Sie schulden mir noch 15 Dollar“, fuhr er mich an. Als er wieder ausstieg, sagte er drohend: „Ich gehe zu Ihrem Chef und lasse das Geld von Ihrem Lohn abziehen!“

Nach Feierabend suchte ich meinen Chef auf und erzählte ihm, was vorgefallen war. Obwohl er katholisch war, sagte er: „Wenn der Pfarrer hier erscheint, werde ich ihm gehörig die Meinung sagen!“ Durch diesen Vorfall kam ich zu folgendem Schluß: „Die Pfarrer sind nur an unserem Geld interessiert und belehren uns überhaupt nicht über die Bibel.“

Die Wahrheit kennengelernt

Als ich mich wieder einmal im Lokal der beiden Griechen aufhielt, sprachen wir über den Vorfall mit dem Pfarrer. Das Ergebnis war ein Bibelstudium mit den Bibelforschern, wie Jehovas Zeugen damals genannt wurden. Nächtelang las ich in der Bibel und in den bibelerklärenden Schriften und erfuhr, daß Helen nicht im Fegefeuer litt, wie der Pfarrer gesagt hatte, sondern einfach im Tode schlief (Hiob 14:13, 14; Johannes 11:11-14). Zweifellos hatte ich etwas weit Wertvolleres gefunden als Gold, nämlich die Wahrheit!

Wenige Wochen später, als ich zum ersten Mal eine Zusammenkunft der Bibelforscher im Garden Theatre in Pittsburgh besuchte, meldete ich mich und sagte: „Heute abend habe ich mehr über die Bibel gelernt als in all den Jahren in der Kirche.“ Später wurde gefragt, wer sich am nächsten Tag am Predigtwerk beteiligen möchte, und wieder meldete ich mich.

Am 4. Oktober 1931 symbolisierte ich dann meine Hingabe an Jehova durch die Wassertaufe. In der Zwischenzeit war es mir möglich gewesen, ein Haus zu mieten und meine Kinder wieder zu mir zu holen. Ich nahm mir eine Haushälterin, die mich bei der Betreuung der Kinder unterstützte. Obwohl ich Familienpflichten hatte, beteiligte ich mich von Januar 1932 bis Juni 1933 an einer besonderen Form des Dienstes, der sich Hilfspionierdienst nannte. Das bedeutete, 50 bis 60 Stunden monatlich mit anderen über die Bibel zu sprechen.

Ungefähr um diese Zeit fiel mir eine hübsche junge Frau auf, die anscheinend auf ihrem Weg zur Arbeit und von der Arbeit stets in meiner Straßenbahn fuhr. Unsere Blicke trafen sich im Rückspiegel. Auf diese Weise wurden Mary und ich aufeinander aufmerksam. Ich warb um Mary, und im August 1936 heirateten wir.

Im Jahr 1949 durfte ich wegen meiner vielen Dienstjahre meine Arbeitszeit selbst wählen. Dadurch war es mir möglich, den Pionierdienst aufzunehmen, wie man den Vollzeitdienst nennt. Meine jüngste Tochter Jean hatte bereits 1945 mit diesem Dienst begonnen, und nun waren wir gemeinsam als Pioniere tätig. Jean lernte später Sam Friend kennen, der im Bethel, in der Weltzentrale der Zeugen Jehovas in Brooklyn (New York), diente.a Die beiden heirateten 1952. Ich setzte meinen Dienst in Pittsburgh fort und leitete viele Bibelstudien; einmal waren es 14 Familien, mit denen ich wöchentlich studierte. 1958 zog ich mich von der Arbeit bei der Straßenbahn zurück. Danach war der Pionierdienst ein leichtes, denn ich brauchte nicht mehr 8 Stunden einer weltlichen Beschäftigung nachzugehen.

Im Jahr 1983 wurde Mary krank. Ich bemühte mich, ihr die gleiche Fürsorge zukommen zu lassen, mit der sie mich fast 50 Jahre umsorgt hatte. Sie starb schließlich am 14. September 1986.

Meinen Geburtsort gefunden

Jean und Sam nahmen mich 1989 mit zu den Kongressen nach Polen. Wir besuchten auch die Gegend, in der ich aufgewachsen war. Als die Russen dieses Gebiet besetzten, änderten sie die Ortsnamen und deportierten die Bewohner in andere Länder. Einer meiner Brüder war nach Istanbul deportiert worden und eine Schwester von mir nach Rußland. Daher kannte niemand, den wir fragten, unser Dorf.

Während wir weiterfuhren, kamen mir einige Berge in der Ferne bekannt vor, und als wir uns ihnen näherten, erkannte ich einen Hügel, eine Weggabelung, eine Kirche und eine Brücke über einen Fluß. Plötzlich sahen wir zu unserer Überraschung ein Ortsschild mit der Aufschrift „Hoszowczyk“! Die Kommunisten hatten kurz zuvor an Einfluß verloren, und die Ortschaften hatten wieder ihren ursprünglichen Namen erhalten.

Unser Haus existierte nicht mehr, aber der Ofen, den man zum Kochen im Freien benutzt hatte, war noch da — teilweise mit Erde bedeckt. Dann deutete ich auf einen riesigen Baum und sagte: „Seht den Baum! Ich habe ihn gepflanzt, bevor ich nach Amerika ging. Wie groß er geworden ist!“ Später besuchten wir Friedhöfe, um nach Namen von Familienangehörigen zu suchen, doch es war erfolglos.

Die Wahrheit an die erste Stelle gesetzt

Als Jeans Mann 1993 starb, fragte sie mich, ob ich wolle, daß sie das Bethel verlasse, um für mich zu sorgen. Ich sagte ihr, das wäre das Schlimmste, was sie tun könnte, und so denke ich immer noch. Bis zum Alter von 102 Jahren habe ich für mich selbst gesorgt, aber dann wurde es nötig, mich in ein Pflegeheim zu bringen. Ich bin noch Ältester in der Versammlung Pittsburgh-Bellevue. Die Brüder holen mich sonntags zu den Zusammenkünften im Königreichssaal ab. Natürlich ist meine Predigttätigkeit jetzt eingeschränkt, doch stehe ich auf der Liste der gebrechlichen Pioniere.

Im Lauf der Jahre habe ich die besonderen Schulungen für Aufseher geschätzt, die von der Watch Tower Society organisiert werden. Letztes Jahr im Dezember war ich bei einigen Programmpunkten der Königreichsdienstschule für Versammlungsälteste zugegen. Und dieses Jahr, am 11. April, begleitete mich Jean zur Gedächtnismahlfeier — eine Feier zum Gedenken an den Tod Christi, die ich als Teilnehmer alljährlich seit 1931 überaus schätze.

Einige, mit denen ich die Bibel studiert habe, dienen inzwischen als Älteste, andere sind als Missionare in Südamerika tätig, wieder andere sind unterdessen Großeltern geworden, und dienen Gott zusammen mit ihren Kindern. Drei meiner Kinder — Mary Jane, John und Jean — sowie viele ihrer Kinder und Enkel dienen Jehova Gott in Treue. Ich bete darum, daß auch meine andere Tochter und meine übrigen Enkel und Urenkel eines Tages Gott dienen werden.

Jetzt, im Alter von 105 Jahren, ermuntere ich andere immer noch, die Bibel zu studieren und das Gelernte weiterzugeben. Ich bin völlig davon überzeugt, daß jeder, der sich eng an Jehova hält, niemals enttäuscht wird und sich somit an dem erfreuen kann, was besser ist als Gold, das vergeht: Es ist die Wahrheit, durch die wir ein kostbares Verhältnis zu unserem Lebengeber, Jehova Gott, bewahren können.

[Fußnote]

a Der Lebensbericht von Sam Friend erschien im Wachtturm vom 1. August 1986, Seite 22—26.

[Bild auf Seite 25]

Als Straßenbahnfahrer

[Bild auf Seite 26]

Im Pflegeheim, wo ich jetzt lebe

[Bild auf Seite 27]

Das Ortsschild, das wir 1989 entdeckten

    Deutsche Publikationen (1950-2025)
    Abmelden
    Anmelden
    • Deutsch
    • Teilen
    • Einstellungen
    • Copyright © 2025 Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania
    • Nutzungsbedingungen
    • Datenschutzerklärung
    • Datenschutzeinstellungen
    • JW.ORG
    • Anmelden
    Teilen