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  • Das mündliche Gesetz — Warum wurde es niedergeschrieben?
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Der Wachtturm verkündigt Jehovas Königreich 1999
w99 15. 1. S. 25-27

Das mündliche Gesetz — Warum wurde es niedergeschrieben?

WARUM akzeptierten so viele Juden des ersten Jahrhunderts Jesus nicht als den Messias? Ein Augenzeuge berichtet: „Nachdem er [Jesus] nun in den Tempel gegangen war, traten die Oberpriester und die älteren Männer des Volkes, während er lehrte, zu ihm und sagten: ‚Mit welcher Befugnis tust du diese Dinge? Und wer hat dir diese Befugnis gegeben?‘ “ (Matthäus 21:23). In ihren Augen hatte der Allmächtige der jüdischen Nation die Thora (das Gesetz) gegeben, und sie verlieh bestimmten Männern von Gott stammende Autorität. Verfügte Jesus über diese Autorität?

Jesus bewies höchsten Respekt vor der Thora und vor den Personen, denen sie echte Autorität verlieh (Matthäus 5:17-20; Lukas 5:14; 17:14). Doch häufig verurteilte er öffentlich diejenigen, die die Gebote Gottes übertraten (Matthäus 15:3-9; 23:2-28). Solche Menschen folgten Überlieferungen, die als das mündliche Gesetz bekannt wurden. Jesus lehnte dessen Autorität ab. Deshalb wiederum lehnten viele ihn als den Messias ab. Sie glaubten, nur jemand, der für die Überlieferungen der Autoritätspersonen in ihren Reihen eintrete, könne Gottes Unterstützung besitzen.

Wo hatte dieses mündliche Gesetz seinen Ursprung? Wie kam es, daß die Juden es als gleichrangige Autorität neben dem in der Heiligen Schrift enthaltenen geschriebenen Gesetz betrachteten? Und wenn es als mündliche Überlieferung gedacht war, weshalb wurde es dann irgendwann in schriftliche Form gebracht?

Wo hatten die Überlieferungen ihren Ursprung?

Die Israeliten gelangten im Jahr 1513 v. u. Z. am Berg Sinai in ein Bundesverhältnis mit Jehova Gott. Durch Moses erhielten sie die Bestimmungen des Bundes (2. Mose 24:3). Sich an diese Bestimmungen zu halten sollte es ihnen ermöglichen, ‘sich als heilig zu erweisen, wie Jehova, ihr Gott, heilig war’ (3. Mose 11:44). Unter dem Gesetzesbund schloß die Anbetung Jehovas Opfer ein, die durch eine dazu eingesetzte Priesterschaft dargebracht wurden. Es sollte eine zentrale Anbetungsstätte geben; das war schließlich der Tempel in Jerusalem (5. Mose 12:5-7; 2. Chronika 6:4-6).

Das mosaische Gesetz bildete den grundlegenden Rahmen für die Gottesanbetung der Israeliten als Nation. Manche Einzelheiten jedoch wurden darin nicht ausdrücklich behandelt. Beispielsweise verbot das Gesetz die Arbeit am Sabbat, doch wurde keine detaillierte Trennungslinie gezogen zwischen Arbeit und sonstigen Tätigkeiten (2. Mose 20:10).

Hätte Jehova es für gut befunden, hätte er zu jeder nur denkbaren Frage bis ins einzelne gehende Regeln erlassen können. Aber er hat den Menschen mit einem Gewissen erschaffen und ihm die Handlungsfreiheit eingeräumt, ihm im Rahmen seiner Bestimmungen mit einer gewissen Flexibilität zu dienen. Im Gesetz war vorgesehen, daß Rechtsfälle von Priestern, Leviten und Richtern behandelt wurden (5. Mose 17:8-11). Während die Zahl der Fälle zunahm, wurden gewisse Präzedenzfälle geschaffen, und ohne Zweifel wurden manche davon von Generation zu Generation weitergegeben. Auch Verfahrensweisen bei der Wahrnehmung der priesterlichen Pflichten im Tempel Jehovas wurden von den Vätern an die Söhne weitergegeben. In dem Maß, wie der kollektive Erfahrungsschatz der Nation zunahm, wuchs auch die Zahl der Überlieferungen.

Mittelpunkt der Anbetung Israels blieb jedoch das dem Moses gegebene geschriebene Gesetz. In 2. Mose 24:3, 4 heißt es: „Dann kam Moses und erzählte dem Volk alle Worte Jehovas und alle richterlichen Entscheidungen, und alles Volk antwortete mit e i n e r Stimme und sprach: ‚Alle Worte, die Jehova geredet hat, wollen wir tun.‘ Demgemäß schrieb Moses alle Worte Jehovas nieder.“ In Übereinstimmung mit diesen geschriebenen Geboten schloß Gott seinen Bund mit den Israeliten (2. Mose 34:27). Von dem Vorhandensein eines mündlichen Gesetzes ist in der Heiligen Schrift nirgendwo die Rede.

„Wer hat dir diese Befugnis gegeben?“

Nach dem mosaischen Gesetz war die Befugnis und Unterweisung auf religiösem Gebiet hauptsächlich den Priestern vorbehalten, den Nachkommen Aarons (3. Mose 10:8-11; 5. Mose 24:8; 2. Chronika 26:16-20; Maleachi 2:7). Im Verlauf der Jahrhunderte wurden jedoch manche Priester untreu und korrupt (1. Samuel 2:12-17, 22-29; Jeremia 5:31; Maleachi 2:8, 9). Während der Epoche der griechischen Vorherrschaft machten viele Priester in religiösen Fragen Zugeständnisse. Im zweiten Jahrhundert v. u. Z. begannen die Pharisäer — eine neue Gruppe im Judentum, die der Priesterschaft mißtraute —, Überlieferungen einzuführen, nach denen der gewöhnliche Jude sich als genauso heilig wie der Priester betrachten konnte. Diese Überlieferungen fanden bei vielen Anklang, waren aber ein unannehmbarer Zusatz zum Gesetz (5. Mose 4:2; 12:32 [13:1 in jüdischen Ausgaben]).

Die Pharisäer wurden die neuen Gesetzesgelehrten und übernahmen die Aufgabe, die die Priester ihrer Ansicht nach nicht erfüllten. Da sich ihre Befugnis nicht aus dem mosaischen Gesetz ableiten ließ, entwickelten sie neue Verfahren, die Heilige Schrift auszulegen, und zwar an Hand geheimnisvoller Anspielungen sowie mittels anderer Methoden, durch die ihre Ansichten scheinbar gestützt wurden.a Als hauptsächliche Hüter und Förderer dieser Überlieferungen, schufen sie eine neue Grundlage der Autorität in Israel. Bis zum ersten Jahrhundert u. Z. waren die Pharisäer ein beherrschender Machtfaktor im Judaismus geworden.

Die Pharisäer sammelten bestehende mündliche Überlieferungen und suchten nach Hinweisen in der Heiligen Schrift, auf deren Grundlage sie zusätzliche eigene Überlieferungen aufstellen konnten. Auf Grund dessen hielten sie es für nötig, ihr Vorgehen besser zu legitimieren. So wurde eine neue Idee in bezug auf den Ursprung dieser Überlieferungen geboren. Die Rabbis fingen an zu lehren: „Mosche erhielt die Tora vom Sinaj und überlieferte sie Jehoschua und Jehoschua den Ältesten und die Ältesten den Propheten, und die Propheten überlieferten sie den Männern der Großen Synagoge“ (Abot 1:1, Mischna).

Mit der Aussage „Mosche erhielt die Tora“ bezeichneten die Rabbinen nicht nur die geschriebenen Gesetze, sondern all ihre mündlichen Überlieferungen. Sie behaupteten, all diese Traditionen — die von Menschen erdacht und entwickelt worden waren — habe Moses von Gott am Sinai empfangen. Auch lehrten sie, Gott habe es nicht den Menschen überlassen, die „Lücken auszufüllen“, sondern habe mündlich definiert, was im geschriebenen Gesetz ungesagt geblieben war. Nach ihrer Aussage hatte Moses dieses mündliche Gesetz nicht den Priestern zur Übermittlung von einer Generation an die nächste gegeben, sondern anderen Führern. Die Pharisäer gaben sich als natürliche Erben der Autorität in dieser „ununterbrochenen“ Erbfolge aus.

Das Gesetz in der Krise — eine neue Lösung

Jesus, dessen von Gott stammende Befugnis von den geistlichen Führern der Juden in Frage gestellt wurde, hatte vorausgesagt, daß der Tempel zerstört werden würde (Matthäus 23:37 bis 24:2). Nachdem die Römer im Jahr 70 u. Z. den Tempel zerstört hatten, konnten die Anforderungen des mosaischen Gesetzes in bezug auf Opfer und Priesterdienste nicht mehr erfüllt werden. Gott hatte einen neuen Bund geschlossen auf der Grundlage des Loskaufsopfers Jesu (Lukas 22:20). Der mosaische Gesetzesbund war beendet worden (Hebräer 8:7-13).

Statt diese Ereignisse als Beweis dafür zu werten, daß Jesus der Messias war, fanden die Pharisäer eine andere Lösung. Sie hatten bereits einen Großteil der priesterlichen Befugnis an sich gerissen. Nun, da der Tempel zerstört war, konnten sie einen Schritt weitergehen. Die rabbinische Akademie in Jabne wurde zum Zentrum eines neuorganisierten Sanhedrins, des höchsten jüdischen Gerichts. Dort in Jabne wurde das Judentum unter der Leitung von Jochanan ben Zakkai und Gamaliel II. völlig neu strukturiert. Die von Rabbinen geleiteten Gottesdienste in der Synagoge traten an die Stelle der Anbetung im Tempel, der die Priester vorgestanden hatten. Die Opfer wurden insbesondere am Sühnetag durch Gebete ersetzt. Die Pharisäer argumentierten, in dem angeblich Moses am Sinai übermittelten mündlichen Gesetz sei dies bereits vorhergesehen und dafür vorgesorgt worden.

Die rabbinischen Lehranstalten stiegen im Ansehen. Der Lehrstoff bestand hauptsächlich darin, das mündliche Gesetz intensiv zu diskutieren, es auswendig zu lernen und es auszulegen. Früher war die Grundlage für das mündliche Gesetz die Auslegung der Heiligen Schrift gewesen: Midrasch. Nun begann man damit, die stetig wachsende Zahl immer umfangreicher werdender Überlieferungen unabhängig davon zu lehren und zu sortieren. Alle Regeln des mündlichen Gesetzes wurden auf kurze Formulierungen gebracht, die man sich leicht merken konnte und die häufig sogar mit einer Melodie verknüpft wurden.

Warum ein mündliches Gesetz schriftlich niederlegen?

Ein neues Problem entstand durch die Vielzahl von rabbinischen Lehranstalten und die wachsende Zahl der Halachot oder rabbinischen Entscheidungen. Der rabbinische Gelehrte Adin Steinsaltz erklärt: „Es war nur natürlich, dass jeder Lehrer seine besondere Ausdrucksweise hatte und die mündlich überlieferten Halachot auf die ihm eigene Art und Weise formulierte. ... Es reichte nun nicht mehr, die Lehre des eigenen Rabbiners im Gedächtnis zu behalten, sondern man musste sich von nun an auch die Namen all der Weisen einprägen, die in Bezug auf denselben Gegenstand divergierende Ansichten vertraten oder über diesbezüglich anderslautende Traditionen verfügten. Die Gelehrten, die schon in früheren Zeiten ohnehin eine ungeheure Menge von Halachot im Gedächtnis behalten mussten, standen nun vor dem Problem einer Informationsflut, die eine stets anwachsende Zahl von Halachot mit sich brachte.“ Diese Flut ungeordneter Informationen strapazierte das Gedächtnis der Schüler bis zum Äußersten.

Im zweiten Jahrhundert u. Z. resultierte die von Bar Kochba angeführte jüdische Rebellion gegen Rom in einer heftigen Verfolgung der rabbinischen Gelehrten. Akiba, der führende Rabbi, der Bar Kochba unterstützt hatte, wurde ebenso wie viele andere führende Gelehrte zu Tode gebracht. Die Rabbinen fürchteten, eine erneute Verfolgung könne die Existenz des mündlichen Gesetzes schlechthin gefährden. Sie hatten geglaubt, die Überlieferungen würden am besten mündlich vom Lehrer an den Schüler weitergegeben, doch durch die veränderten Umstände sahen sie sich zu verstärkten Anstrengungen veranlaßt, eine organisierte Struktur zu schaffen, durch die die Lehren der Weisen bewahrt werden könnten, damit sie nicht für immer verlorengingen.

Während einer nun folgenden Epoche relativen Friedens mit Rom scharte Jehuda ha-Nassi, der führende Rabbi des späten zweiten und frühen dritten Jahrhunderts u. Z., zahlreiche Gelehrte um sich und redigierte die ungeheure Menge der mündlichen Überlieferungen, indem er sie in ein organisiertes System aus sechs Ordnungen gliederte, unterteilt in insgesamt 63 kleinere Traktate. Dieses Werk wurde als die Mischna bekannt. Ephraim Urbach, ein Gelehrter des mündlichen Gesetzes, bemerkt: „Die Mischna ... erhielt eine Zustimmung und Autorität, wie sie keinem anderen Buch außer der Thora selbst jemals eingeräumt wurde.“ Den Messias hatte man verworfen, der Tempel lag in Trümmern, doch mit dem mündlichen Gesetz, in Form der Mischna aufgezeichnet und bewahrt, begann ein neues Zeitalter des Judentums.

[Fußnote]

a Diese Art Schriftauslegung wurde Midrasch genannt.

[Bild auf Seite 26]

Warum lehnten viele Juden Jesu Befugnis ab?

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