STUDIENARTIKEL 37
LIED 114 „Übt Geduld“
Die beste Reaktion auf Ungerechtigkeit
„Er hoffte die ganze Zeit auf Rechtsprechung, doch da war Ungerechtigkeit“ (JES. 5:7)
FOKUS
Das Beispiel Jesu hilft uns, so auf Ungerechtigkeit zu reagieren, wie Jehova es sich von uns wünscht.
1, 2. Wie reagieren viele auf Ungerechtigkeit, und welche Fragen stellen wir uns vielleicht?
WIR leben in einer ungerechten Welt. Menschen werden aus verschiedenen Gründen unfair behandelt, zum Beispiel wegen ihres gesellschaftlichen Status, ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe. Sie leiden unter der Korruption und Gier von skrupellosen Unternehmern und Politikern. Diese und andere Ungerechtigkeiten betreffen uns alle direkt oder indirekt.
2 Es ist kein Wunder, dass viele wütend reagieren, wenn sie Ungerechtigkeit beobachten. Wir alle möchten in einer Welt leben, in der wir uns sicher fühlen und fair behandelt werden. Manche versuchen, etwas zu bewegen, indem sie Petitionen unterschreiben, sich an Protesten beteiligen oder Politiker unterstützen, die versprechen, gegen Ungerechtigkeit vorzugehen. Als Christen haben wir gelernt, „kein Teil der Welt“ zu sein und darauf zu warten, dass Gottes Königreich für Gerechtigkeit sorgt (Joh. 17:16). Trotzdem macht es uns betroffen oder sogar wütend, wenn wir sehen, dass jemand unfair behandelt wird. Vielleicht fragen wir uns: Wie sollte ich am besten reagieren? Kann ich etwas gegen Ungerechtigkeit unternehmen? Bevor wir darauf eingehen, sehen wir uns zunächst an, wie Jehova und Jesus Ungerechtigkeit empfinden.
JEHOVA UND JESUS HASSEN UNGERECHTIGKEIT
3. Warum ist es verständlich, dass uns Ungerechtigkeit wütend macht? (Jesaja 5:7).
3 Die Bibel liefert uns den Grund, warum uns Ungerechtigkeit aufwühlt. Jehova hat uns in seinem Bild erschaffen, und über ihn heißt es: „Er liebt Gerechtigkeit und Recht“ (Ps. 33:5; 1. Mo. 1:26). Er selbst handelt nie ungerecht und möchte auch nicht, dass andere unfair sind (5. Mo. 32:3, 4; Mi. 6:8; Sach. 7:9). Zur Zeit Jesajas hörte er den „verzweifelten Aufschrei“ vieler Israeliten, die von ihren Landsleuten schlecht behandelt wurden. (Lies Jesaja 5:7.) Jehova ließ das nicht ungestraft. Er ging gegen diejenigen vor, die wiederholt sein Gesetz missachteten und andere unterdrückten (Jes. 5:5, 13).
4. Was erfahren wir aus einem Evangelienbericht darüber, wie Jesus Ungerechtigkeit empfindet? (Siehe auch das Bild.)
4 Genau wie sein Vater liebt Jesus Gerechtigkeit und hasst Ungerechtigkeit. Als er auf der Erde lebte, begegnete er einmal einem Mann, der eine gelähmte Hand hatte. Er wollte ihm gern helfen, aber die herzlosen religiösen Führer hatten etwas dagegen. Ihnen war die strikte Einhaltung des Sabbatgesetzes wichtiger als die Bedürfnisse dieses benachteiligten Mannes. Wie empfand Jesus ihre Reaktion? Er war „tieftraurig über ihr gefühlloses Herz“ (Mar. 3:1-6).
Jesus hatte im Gegensatz zu den religiösen Führern der Juden Mitgefühl mit Benachteiligten (Siehe Absatz 4)
5. Woran sollten wir denken, wenn uns Ungerechtigkeiten wütend machen?
5 Da es Jehova und Jesus zornig macht, wenn sie Ungerechtigkeit beobachten, ist es nicht falsch, ähnlich zu empfinden (Eph. 4:26 und Studienanmerkung „Falls ihr zornig seid“). Denken wir jedoch daran, dass Zorn – selbst wenn er gerechtfertigt ist – Ungerechtigkeit nicht aus der Welt schafft. Tatsächlich kann sich anhaltende oder unkontrollierte Wut sogar negativ auf unsere körperliche oder psychische Verfassung auswirken (Ps. 37:1, 8; Jak. 1:20). Wie sollten wir also mit Ungerechtigkeiten umgehen? Sehen wir uns das Beispiel Jesu an.
WIE JESUS MIT UNGERECHTIGKEITEN UMGING
6. Welche Ungerechtigkeiten gab es zur Zeit Jesu? (Siehe auch das Bild.)
6 Jesus beobachtete viele Ungerechtigkeiten, als er auf der Erde war. Er sah, wie das einfache Volk von den religiösen Führern unterdrückt wurde (Mat. 23:2-4). Ihm war auch bewusst, wie sehr die Menschen unter der Herrschaft der Römer litten. Viele Juden sehnten sich nach Unabhängigkeit von Rom. Die Zeloten zum Beispiel waren sogar bereit, dafür zu kämpfen. Jesus dagegen rief nicht zu sozialen Reformen auf und unterstützte sie auch nicht. Als er erfuhr, dass man ihn zum König machen wollte, zog er sich zurück (Joh. 6:15).
Jesus zog sich zurück, als man ihn in politische Angelegenheiten hineinziehen wollte (Siehe Absatz 6)
7, 8. Warum kämpfte Jesus nicht gegen Ungerechtigkeit an, als er auf der Erde lebte? (Johannes 18:36).
7 Jesus mischte sich nicht in die Politik ein, um Ungerechtigkeit zu beseitigen. Warum nicht? Ihm war bewusst, dass Menschen weder das Recht noch die Fähigkeit haben, sich selbst zu regieren (Ps. 146:3; Jer. 10:23). Sie sind auch nicht in der Lage, die Ursachen der Ungerechtigkeit anzugehen: Die Welt wird von einem mörderischen Geistwesen beherrscht – von Satan, der seine Macht nutzt, um Ungerechtigkeit zu fördern (Joh. 8:44; Eph. 2:2). Und die Unvollkommenheit des Menschen macht es unmöglich, immer gerecht zu handeln – selbst wenn jemand die besten Absichten hat (Pred. 7:20).
8 Jesus wusste, dass nur Gottes Königreich die Probleme an der Wurzel packen kann. Deshalb setzte er seine Zeit und Kraft dafür ein, „die gute Botschaft von Gottes Königreich“ bekannt zu machen (Luk. 8:1). Er versicherte denen, „die Hunger und Durst nach Gerechtigkeit“ hatten, dass Korruption und Ungerechtigkeit enden werden (Mat. 5:6 und Studienanmerkung; Luk. 18:7, 8). Doch das würde durch keine Sozialreform erreicht werden, sondern durch Gottes Regierung im Himmel, die „kein Teil dieser Welt“ ist. (Lies Johannes 18:36.)
MIT UNGERECHTIGKEITEN SO UMGEHEN WIE JESUS
9. Was überzeugt dich davon, dass nur Gottes Königreich alle Ungerechtigkeiten beseitigen kann?
9 Heute gibt es noch mehr Ungerechtigkeit als zur Zeit Jesu. Doch die Ursachen für die Zustände in den „letzten Tagen“ sind dieselben: der Teufel und die unvollkommenen Menschen unter seinem Einfluss (2. Tim. 3:1-5, 13; Offb. 12:12). Wie Jesus wissen wir, dass nur Gottes Königreich für dauerhafte Gerechtigkeit sorgen kann. Als Unterstützer dieser Regierung lehnen wir es ab, uns an Protestmärschen und ähnlichen Aktionen gegen Ungerechtigkeit zu beteiligen. Interessant ist, was Stacya erlebte, bevor sie die Wahrheit kennenlernte. Sie ging regelmäßig auf die Straße, um Sozialreformen anzustoßen. Irgendwann kamen ihr allerdings Zweifel. Stacy sagt: „Ich hab mich bei den Demonstrationen manchmal gefragt, ob ich auf der richtigen Seite bin. Jetzt unterstütze ich Gottes Königreich und weiß ganz sicher, dass ich auf der richtigen Seite stehe. Jehova wird für jedes Opfer von Unterdrückung viel mehr tun, als ich es je könnte“ (Ps. 72:1, 4).
10. Warum widersprechen Reformbewegungen dem Rat Jesu aus Matthäus 5:43-48? (Siehe auch das Bild.)
10 Reformbewegungen sind oft von Unabhängigkeitsdenken und Verbitterung geprägt – eine Einstellung, die mit Jesu Beispiel und seinen Lehren unvereinbar ist (Eph. 4:31). Ein Bruder namens Jeffrey hat beobachtet: „Selbst scheinbar friedliche Proteste können innerhalb von Sekunden in Gewalt und Plünderungen ausarten.“ Im Unterschied dazu lehrte Jesus, dass wir alle Menschen liebevoll behandeln sollten, selbst unsere Gegner. (Lies Matthäus 5:43-48.) Als Christen wollen wir uns eng an das Muster halten, das Jesus vorgegeben hat.
Wir brauchen Mut, um bei politischen und sozialen Kontroversen neutral zu bleiben (Siehe Absatz 10)
11. Wann könnten wir versucht sein, Reformbewegungen zu unterstützen?
11 Obwohl wir wissen, dass Gottes Königreich die einzige Lösung ist, kann es uns schwerfallen, Jesus nachzuahmen, wenn Ungerechtigkeit uns persönlich trifft. Janiya, die diskriminiert wurde, gibt zu: „Ich war richtig wütend und verletzt und hab mir Rache gewünscht. Ich hab sogar darüber nachgedacht, mich einer Protestbewegung gegen Rassismus und Diskriminierung anzuschließen. Ich dachte, dass ich meinem Ärger auf diese Weise ruhig Luft machen könnte.“ Doch dann wurde Janiya bewusst, dass sie umdenken musste. „Ich hab mich von anderen beeinflussen lassen, auf Menschen zu vertrauen statt auf Jehova. Als mir das klar wurde, hab ich alle Verbindungen zu dieser Bewegung abgebrochen.“ Wie schnell kann es passieren, dass wir uns in politische und soziale Kontroversen hineinziehen lassen. Passen wir deshalb auf, dass Gefühle des Zorns, so gerechtfertigt sie auch sind, unsere Neutralität nicht schwächen (Joh. 15:19).
12. Warum sollte man bei der Aufnahme von Informationen wählerisch sein?
12 Wie können wir unsere Wut über Ungerechtigkeiten unter Kontrolle halten? Vielen hilft es, bei dem, was sie lesen, sich anhören oder ansehen, wählerisch zu sein. Posts in sozialen Netzwerken sind oft sehr emotionsgeladen und rufen zu Reformbewegungen auf. Nachrichtenmeldungen sind nicht selten gefärbt. Und selbst wenn ein Bericht über Ungerechtigkeit der Wahrheit entspricht – wird es uns wirklich weiterbringen, unsere Gedanken nur noch darum kreisen zu lassen? Uns lange mit solchen Informationen zu beschäftigen, könnte uns unnötig frustrieren oder deprimieren (Spr. 24:10). Was aber noch schlimmer wäre: Wir könnten die einzige echte Lösung aus den Augen verlieren, Gottes Königreich.
13. Wie hilft uns regelmäßiges Bibellesen, die richtige Einstellung zu bewahren?
13 Regelmäßiges Bibellesen und Nachdenken kann uns helfen, mit Ungerechtigkeiten fertigzuwerden. Alia litt sehr darunter, wie die Menschen in ihrem Umfeld behandelt wurden. Sie hatte den Eindruck, dass die Verantwortlichen ungestraft davonkommen. Alia erzählt: „Ich musste mich mit der Frage auseinandersetzen: Glaube ich wirklich, dass Jehova diese Probleme lösen wird? Dann habe ich Hiob 34:22-29 gelesen und darüber nachgedacht, dass sich niemand vor Jehova verstecken kann. Nur er hat einen perfekten Gerechtigkeitssinn, und nur er wird alles richtigstellen.“ Aber wie gelingt es uns, mit Ungerechtigkeiten zurechtzukommen, bis Gottes Königreich für wahre Gerechtigkeit sorgt?
WAS WIR HEUTE TUN KÖNNEN
14. Wie können wir es vermeiden, zu den Ungerechtigkeiten von heute beizutragen? (Kolosser 3:10, 11).
14 Vielleicht haben wir keinen Einfluss auf das ungerechte Verhalten anderer, aber wir können beeinflussen, was wir selbst tun. Wie schon erwähnt, ahmen wir Jesus nach, indem wir Liebe zeigen. Liebe motiviert uns, andere respektvoll zu behandeln – selbst diejenigen, die Ungerechtigkeit verursachen (Mat. 7:12; Röm. 12:17). Es macht Jehova glücklich, wenn wir mit jedem freundlich und fair umgehen. (Lies Kolosser 3:10, 11.)
15. Wie wirkt sich unser Predigen auf die Ungerechtigkeit von heute aus?
15 Die beste Reaktion auf die Ungerechtigkeit in der Welt besteht darin, mit anderen über biblische Wahrheiten zu sprechen. Warum kann man das sagen? Weil die „Erkenntnis über Jehova“ aggressive und gewalttätige Menschen in freundliche und friedliebende Menschen verwandeln kann (Jes. 11:6, 7, 9). Jemal kämpfte früher mit anderen Rebellen gegen ein politisches Regime, das seiner Ansicht nach ungerecht war. Er sagt: „Man kann Menschen nicht mit Gewalt ändern. Was mich verändert hat, war nicht Gewalt, sondern die Wahrheit aus der Bibel.“ Die Bibel motivierte Jemal, die Waffen niederzulegen. Je mehr Menschen sich von der Wahrheit verändern lassen, desto weniger Menschen tragen zur heutigen Ungerechtigkeit bei.
16. Was motiviert dich, über deine Hoffnung zu sprechen?
16 Wie Jesus möchten wir anderen gern erzählen, dass Gottes Königreich die einzige Lösung für Ungerechtigkeit ist. Diese Hoffnung kann Benachteiligten Mut machen (Jer. 29:11). Stacy, die schon erwähnt wurde, sagt: „Die Wahrheit hat mir geholfen, mit den Ungerechtigkeiten, die ich erlebt und beobachtet habe, zurechtzukommen. Durch die Botschaft der Bibel tröstet uns Jehova.“ Um diese tröstende Botschaft weitergeben zu können, musst du gut vorbereitet sein. Je mehr du deine Überzeugung stärkst, dass die biblischen Argumente aus diesem Artikel stichhaltig sind, desto besser bist du ausgerüstet, in der Schule oder am Arbeitsplatz taktvoll auf dieses Thema einzugehen.b
17. Wie hilft uns Jehova, mit der heutigen Ungerechtigkeit zurechtzukommen?
17 Solange Satan „der Herrscher dieser Welt“ ist, wird es immer Ungerechtigkeit geben. Doch bis er „hinausgeworfen“ wird, sind wir weder hilflos noch hoffnungslos (Joh. 12:31). Durch die Bibel verrät uns Jehova nicht nur, warum es so viel Ungerechtigkeit gibt, sondern auch, wie es ihn berührt, wenn er uns leiden sieht (Ps. 34:17-19). Und durch seinen Sohn hat er uns gezeigt, wie wir auf die Ungerechtigkeiten von heute reagieren sollten und dass Gottes Königreich sie bald ein für alle Mal beseitigen wird (2. Pet. 3:13). Machen wir die gute Botschaft also weiter voller Eifer bekannt, und konzentrieren wir uns auf die Zeit, wenn auf der Erde nur noch „Recht und Gerechtigkeit“ herrscht (Jes. 9:7).
LIED 158 Schenk uns Geduld
a Einige Namen wurden geändert.
b Siehe auch Anhang A, Punkt 24-27 in der Broschüre Liebt Menschen, macht sie zu Jüngern.