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  • Freude finden in einer bedrückenden Welt
    Der Wachtturm 1990 | 1. März
    • Freude finden in einer bedrückenden Welt

      DIE 32jährige Marie ist eine Frau mit einer positiven, freudigen Einstellung. Man kann kaum glauben, daß sie sich noch vor einigen Jahren als innerlich tot bezeichnete. Marie litt nämlich unter schweren Depressionen. „Es war wie eine große schwarze Wolke, die sich langsam hob“, sagte sie. Ja, glücklicherweise konnte sie die Krankheit überwinden und wieder Freude am Leben finden.

      Jedes Jahr werden weltweit hundert Millionen Menschen durch schwere Depressionen gleichsam gelähmt. Diese Krankheit ist keineswegs nur eine vorübergehende Niedergeschlagenheit, wie sie die meisten von Zeit zu Zeit einmal befällt. Mit schweren Depressionen geht eine tiefe Schwermütigkeit einher. Wer unter Depressionen leidet, verliert das Interesse am Leben, hat an nichts Freude und verspürt ein Gefühl allgemeiner Hoffnungslosigkeit und Unwürdigkeit. Die Weltgesundheitsorganisation erklärte 1983: „Gegenwärtig gibt es kaum noch einen Zweifel, daß depressive Erkrankungen in allen Teilen der Welt auftreten.“

      Sorgfältige Erforscher der Bibel überrascht dies nicht. Die Bibel kennzeichnet unsere Zeit als die „letzten Tage“, als „kritische Zeiten ..., mit denen man schwer fertig wird“ (2. Timotheus 3:1-5). Sozialstrukturen, die früher in Zeiten emotionaler Krisen eine Hilfe waren, sind zerbrochen. Dr. Gerald Klerman führt in dem Artikel „Das Zeitalter der Gemütskrankheiten?“ die gegenwärtige Zunahme an Depressionen auf diese Veränderung zurück. Er schreibt: „Die drei wichtigsten sozialen Stützen waren die Familie, die Kirche und die unmittelbare Nachbarschaft. ... Es ist ein Kennzeichen unserer Zeit, daß sich jede dieser drei Stützen in verschiedenen Phasen des Zerfalls befindet.“

      Ursache von Maries Hoffnungslosigkeit war das Zerbrechen der Familie. „Als meine Stiefmutter ohne ein Wort ging, fühlte ich mich verraten und allein. Ich war damals zwölf Jahre alt, und plötzlich schien meine Welt kopfzustehen“, erinnerte sich Marie. Kurz darauf mußte sie ihr Zuhause verlassen, weil ihr Vater versuchte, sich ihr in unsittlicher Weise zu nähern. Sie gab zu: „Ich fühlte mich völlig abnormal und verlor jegliches Selbstvertrauen.“ Das trieb sie in schwere Depressionen.

      Eines Tages — sie war gerade in einer äußerst depressiven Stimmung — sprachen zwei Zeugen Jehovas an ihrer Tür vor. Sie zeigte sofort großes Interesse an der freudigen biblischen Botschaft. „Früher hatte ich nur die absolute Sinnlosigkeit des Lebens und all die vielen häßlichen Dinge gesehen, aber von da an gewann ich die Überzeugung, daß ich in einer neuen Welt leben konnte, in der Gott jegliche Ungerechtigkeit beseitigen wird. Mit Gottes Hilfe konnte ich die Voraussetzungen erfüllen, einmal in den Genuß dieser Segnungen zu kommen; dadurch erhielt mein Leben wirklich einen Sinn.“ In den Zusammenkünften der Zeugen, die sie besuchte, fand sie echte Liebe und geistigen Beistand (Johannes 13:34, 35). Der kundige Rat von Versammlungsältesten half ihr ebenfalls, ihr negatives Denken allmählich abzulegen (Jakobus 5:14). Ihre Depressionen ließen nach. Wie Marie haben noch viele andere, die wegen der Weltverhältnisse deprimiert waren, durch eine genaue Erkenntnis der biblischen Wahrheit die „Freude Jehovas“ gefunden (Nehemia 8:10; 1. Timotheus 2:4).

      Verschwanden Maries Depressionen jedoch auf der Stelle? Sollten wir annehmen, daß Christen gegen Depressionen immun sind? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert es, sich etwas näher mit der Krankheit und ihren vielfältigen Ursachen auseinanderzusetzen. Wenn man die eigentlichen Ursachen von Depressionen kennt, kann man selbst besser damit fertig werden beziehungsweise anderen helfen, die darunter leiden.

      Die Ursachen schwerer Depressionen

      In einigen Fällen haben Depressionen physiologische Ursachen, beispielsweise Krankheit, Fehlernährung oder Hormonstörungen. Sie können aber auch auf bestimmte Giftstoffe, die Umweltverschmutzung, Medikamente oder auf Allergiestoffe zurückzuführen sein.a Wie die Bibel zeigt, können sie sogar durch die eigenen „beunruhigenden Gedanken“ ausgelöst werden (Psalm 94:19).

      Die meisten Menschen, die wie Marie depressiv werden, haben eine Reihe schmerzlicher, unangenehmer Erfahrungen gemacht oder in Streßsituationen gestanden. Viele empfinden wie der Psalmist: „Meine Seele hat genug Unglücksschläge gehabt ... Sie haben mich alle auf einmal umschlossen. Du [Jehova] hast von mir Freund und Gefährte entfernt; meine Bekannten sind eine finstere Stelle“ (Psalm 88:3, 17, 18). Gleich dem Psalmisten fühlen sie sich von Problemen oder Verlusten erdrückt und betrachten ihr gesamtes Leben als hoffnungslos. Möglicherweise haben sie das Empfinden, an einem dunklen Ort allein zu sein, und fühlen sich sogar von Gott verworfen.

      Warum ziehen sie derart entmutigende Schlüsse und entwickeln einen so niedergeschlagenen Geist? Der Grund sind nicht nur äußerliche Probleme; auch schmerzliche Gefühle oder Selbstzweifel spielen eine Rolle. Sie glauben, das Problem oder den Verlust nicht überwinden zu können. „Durch den Schmerz des Herzens gibt es einen niedergeschlagenen Geist“, heißt es in Sprüche 15:13. Dieser Schmerz des Herzens würde auch einschließen, daß man meint, ein Versager zu sein oder von anderen dafür gehalten zu werden. Bekanntlich war selbst Epaphroditus, ein Christ des ersten Jahrhunderts, nach der Genesung von einer schweren Krankheit „niedergeschlagen“, weil seine Heimatversammlung, in deren Auftrag er unterwegs war, gehört hatte, „daß er krank geworden war“ (Philipper 2:25-30).

      Da ein ‘niedergeschlagener Geist das Gebein vertrocknet’, das heißt die Persönlichkeit untergräbt, sind Minderwertigkeitsgefühle oft die Ursache schwerer Depressionen (Sprüche 17:22). Schmerzen des Herzens können auch darauf zurückzuführen sein, daß man zu sehr darum besorgt ist, wie andere über einen denken, sowie auf Perfektionismus, unterdrückten Ärger, Groll, ungelöste Konflikte mit anderen und auf (echte oder eingebildete) Schuldgefühle.

      Depressionen können somit die verschiedensten Ursachen haben. Doch Marie fand echte Freude, nachdem sie eine Zeugin Jehovas geworden war. „Ich hatte endlich eine Hoffnung“, sagte sie. Trotzdem litt sie noch eine Zeitlang unter Depressionen. Ist es möglich, diese völlig zu überwinden?

      [Fußnote]

      a Siehe „Depressionen: Geht alles nur vom Gehirn aus?“ in der Erwachet!-Ausgabe vom 22. Oktober 1987.

  • Den Kampf gegen Depressionen gewinnen
    Der Wachtturm 1990 | 1. März
    • Den Kampf gegen Depressionen gewinnen

      „AM MEISTEN mußte ich dagegen ankämpfen“, berichtete Lola, „mich nicht von den Schuldgefühlen überwältigen zu lassen, die ich empfand, weil ich mir aufgrund meiner Ansicht, daß ein Diener Jehovas nicht so denken dürfe, so ohne Hoffnung vorkam.“ Dieser weitverbreitete Trugschluß ist oft der erste Feind, den ein depressiver Christ besiegen muß. Lola fügte hinzu: „Sobald ich aufhörte, mich wegen meiner Empfindungen selbst zu zerfleischen, und mich darauf konzentrierte, daß es mit mir wieder aufwärtsging, konnte ich mit den Depressionen besser fertig werden.“ Ja, Depressionen sind an sich kein Grund zu denken, man habe in Gottes Augen versagt.

      Wie im vorhergehenden Artikel erwähnt wurde, können Depressionen physiologische Ursachen haben. 1915, lange bevor die moderne Forschung die Verbindung zwischen vielen physischen Krankheiten und Depressionen erkannte, hieß es im Wacht-Turm: „Diese Schwere des Geistes oder das Gefühl der Vereinsamung und des Gedrücktseins ... bildet bei allen Menschen zeitweilig eine natürliche Erscheinung. Dieses Gedrücktsein mag in gewissem Grade durch körperliche Verhältnisse verursacht oder verstärkt werden.“ Wenn eine depressive Stimmung anhält, kann es daher von Nutzen sein, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Bei schwierigen Fällen sollte die Krankheit von einem Spezialisten für Depressionen behandelt werden.a

      Aber auch wenn keine körperlichen Ursachen vorliegen, wäre es unrealistisch, zu erwarten, daß ein Diener Gottes niemals traurig oder entmutigt ist. Man denke nur einmal an die treue Hanna, die ‘bitterer Seele war und sehr weinte’ (1. Samuel 1:7, 10). Auch Nehemia ‘weinte und trauerte tagelang’ und hatte „Betrübnis des Herzens“ (Nehemia 1:4; 2:2). Hiob verfluchte sein Leben und glaubte, Gott habe ihn verlassen (Hiob 10:1; 29:2, 4, 5). König David sagte, daß sein Geist in ihm schwach und sein Herz empfindungslos geworden sei (Psalm 143:4). Der Apostel Paulus sprach davon, daß er ‘innere Befürchtungen’ hatte und sich ‘niedergeschlagen’ oder „niedergeworfen“ fühlte (2. Korinther 4:9; 7:5, 6).

      Sie alle waren jedoch treue Diener Gottes, obwohl ihnen verschiedene Bedrängnisse, Befürchtungen oder bittere Enttäuschungen zeitweise Kummer bereiteten. Doch Gott hatte sie keineswegs verlassen oder seinen heiligen Geist von ihnen genommen. Ihre niedergedrückte Stimmung war nicht auf ein geistiges Versagen zurückzuführen. Zu einer Zeit, als David bedrückt war, bat er Gott: „Laß die Seele deines Knechtes sich freuen.“ Gott tröstete David ‘am Tag seiner Bedrängnis’ und half ihm zur gegebenen Zeit, wieder froher Stimmung zu sein (Psalm 86:1, 4, 7). Genauso wird Jehova auch heute seinen Dienern helfen.

      Da Depressionen allein kein Beweis für ein geistiges Versagen oder eine geistige Schwäche sind, sollte ein Christ, der darunter leidet, nicht aus Verlegenheit darüber Stillschweigen bewahren. Er sollte statt dessen einen der wichtigsten Schritte im Kampf gegen diese Krankheit unternehmen. Welcher ist das?

      Sprich über deine Gefühle

      Er sollte mit jemand darüber sprechen. In Sprüche 12:25 heißt es: „Angstvolle Besorgtheit im Herzen eines Mannes wird es niederbeugen, aber das gute Wort erfreut es.“ Kein anderer Mensch kann wissen, wie groß die angstvolle Besorgnis in deinem Herzen ist, wenn du nicht aus dir herausgehst und darüber sprichst. Sobald du dich einer mitfühlenden Person anvertraust, die dir helfen kann, wirst du wahrscheinlich erfahren, daß andere ähnliche Gefühle und Probleme haben. Außerdem ist es ein Heilungsprozeß, Gefühle in Worte zu kleiden, denn es erleichtert das Herz, über schmerzliche Erfahrungen zu reden und sie nicht zu unterdrücken. Wenn jemand deprimiert ist, sollte er sich daher seinem Ehepartner, den Eltern oder einem mitfühlenden, geistig reifen Freund anvertrauen (Galater 6:1).

      Maries Probleme (von denen schon im vorhergehenden Artikel die Rede war) waren teilweise darauf zurückzuführen, daß sie die beunruhigenden Gefühle unterdrückt hatte, die ihre Depressionen verursachten. „Im Laufe der Jahre gelang es mir, mich sozusagen hinter einer Maske zu verbergen“, sagte sie. „Andere hätten nicht im Traum daran gedacht, daß ich solche Minderwertigkeitskomplexe hatte.“ Marie vertraute sich jedoch einem Ältesten in der Versammlung an. Dieser ‘schöpfte’ durch verständige Fragen die belastende Angst aus ihrem Herzen und half ihr, sich selbst besser zu verstehen (Sprüche 20:5). Seine guten, auf die Bibel gestützten Worte gaben ihr Sicherheit. „Zum erstenmal wurde mir geholfen, mit bestimmten Gefühlen fertig zu werden, die zu meinen Depressionen beitrugen“, berichtete Marie.

      Mit einem verständnisvollen Ältesten zu sprechen kann für jemand, dessen ‘Seele wie ein erschöpftes Land ist’, wie geistig erfrischendes ‘Wasser’ wirken (Psalm 143:6; Jesaja 32:1, 2). Ein aufmerksamer geistiger Ratgeber wird dir vielleicht sogar zeigen, welche praktischen Schritte du unternehmen müßtest, um mit einer in deinen Augen hoffnungslosen Situation fertig zu werden (Sprüche 24:6). Es ist jedoch noch mehr erforderlich, als sich lediglich anderen anzuvertrauen.

      Erkenne deinen eigenen Wert

      Mangelndes Selbstwertgefühl ist ein wesentlicher Faktor bei Depressionen. Manche Christen haben — möglicherweise aufgrund einer unglücklichen Kindheit — nur geringe Selbstachtung. Selbst wenn körperliche oder psychische Mißhandlung oder sexueller Mißbrauch in der Vergangenheit emotionelle Narben hinterlassen hat, ändert sich dadurch nichts am Wert eines Menschen. Daher mußt du dich bemühen, eine ausgeglichene Ansicht über deinen wahren Wert als Person zu haben. Der Apostel Paulus forderte einen jeden auf, „nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich gebührt, sondern auf eine besonnene Selbstschätzung bedacht zu sein“ (Römer 12:3, Menge). Du mußt dich zwar vor Arroganz hüten, darfst aber auch nicht in das andere Extrem fallen. Jeder, der ein Verhältnis zu Gott hat, ist für ihn kostbar, begehrenswert, denn er erwählt Menschen als sein „besonderes Eigentum“. Welch ein großartiges Vorrecht! (Maleachi 3:17; Haggai 2:7).

      Eine große Ehre ist es außerdem, „Gottes Mitarbeiter“ zu sein, indem wir uns am christlichen Werk des Jüngermachens beteiligen (1. Korinther 3:9; Matthäus 28:19, 20). Viele depressive Christen haben festgestellt, daß dieses Werk das Selbstwertgefühl stärkt. „Selbst nachdem ich eine Zeugin Jehovas geworden war, verspürte ich ein Gefühl großer Unzulänglichkeit“, räumte Marie ein. Dennoch harrte sie im Predigtwerk aus. Eines Tages traf sie eine hirnverletzte junge Frau an, die die Bibel kennenlernen wollte. „Sie benötigte jemanden, der Geduld mit ihr hatte, denn sie konnte nur langsam lernen“, sagte Marie. „Weil sie mich so sehr in Anspruch nahm, dachte ich gar nicht mehr an mich oder an meine Schwächen. Sie brauchte meine Hilfe, und ich erkannte, daß ich ihr mit der Kraft Jehovas beistehen konnte. Es läßt sich mit Worten gar nicht ausdrücken, wie sehr es mich ermunterte, daß sie sich taufen ließ. Mein Selbstbewußtsein wurde gestärkt, und die schweren Depressionen verschwanden für immer.“ Wie wahr ist doch folgende Aussage: „Wer andere reichlich tränkt, wird auch selbst reichlich getränkt werden.“ (Sprüche 11:25)!

      Viele, die unter Depressionen leiden, reagieren wie eine stark depressive Christin, die einräumte: „Obwohl ich mich angestrengt bemühe, sauberzumachen, zu kochen und Gastfreundschaft zu üben, ist es irgendwann dann doch wieder soweit, daß ich mich wegen jedes kleinen Fehlers selbst zerfleische.“ Eine solche unvernünftige Fehlersuche untergräbt die Selbstachtung in nicht unerheblichem Maße. Denke daran, daß unser Gott verständnisvoll ist und ‘nicht für alle Zeit fortfährt zu rügen’ (Psalm 103:8-10, 14). Wenn Jehova, der im Gegensatz zu uns ein vollkommenes Gerechtigkeitsempfinden besitzt, uns nicht wegen jedes kleinen Fehlers zurechtweist und bereit ist, Nachsicht zu üben, sollten wir uns da nicht bemühen, ihn nachzuahmen, und uns selbst so behandeln, wie er es tut?

      Wir alle haben Fehler und Schwächen. Doch wir haben auch unsere Stärken. Der Apostel Paulus erwartete von sich nicht, in jeder Hinsicht der Beste zu sein. „Wenn ich auch in der Rede ungeübt bin, so bin ich es bestimmt nicht in der Erkenntnis“, erklärte er. Paulus kam sich nicht minderwertig vor, nur weil er vielleicht kein besonders guter öffentlicher Redner war (2. Korinther 11:6). Ebenso sollten sich depressive Menschen auf die Dinge konzentrieren, die sie gut können.

      „Weisheit ist bei den Bescheidenen“, das heißt bei denjenigen, die ihre Grenzen erkennen und sich damit abfinden (Sprüche 11:2). Jeder ist ein Individuum und unterscheidet sich somit von anderen durch die Lebensumstände, die physische Kraft und die Fähigkeiten. Wenn du Jehova ganzherzig dienst, indem du das tust, was du kannst, dann freut er sich darüber (Markus 12:30-33). Er ist kein Gott, der mit den aufrichtigen Bemühungen seiner Anbeter niemals zufrieden wäre. Leora, eine Christin, die erfolgreich gegen ihre Depressionen angekämpft hat, sagte: „Bei gewissen Dingen bin ich nicht so gut wie manch anderer, beispielsweise was die Darbietungen im Predigtdienst betrifft. Aber ich bemühe mich. Ich gebe mein Bestes.“

      Fehler und Mißverständnisse bereinigen

      Wie verhält es sich jedoch, wenn du einen schweren Fehler gemacht hast? Vielleicht empfindest du wie König David, der wegen seiner Vergehungen oder Sünden ‘den ganzen Tag traurig umherging’. Aber gerade dieses Empfinden kann ein Zeichen dafür sein, daß du nicht zu weit gegangen bist und keine unvergebbare Sünde begangen hast (Psalm 38:3-6, 8). Schuldgefühle können zeigen, daß jemand, der gesündigt hat, ein aufrichtiges Herz und ein gut funktionierendes Gewissen hat. Wie kann man sich mit der Schuld auseinandersetzen? Nun, hast du Gott um Vergebung gebeten und Schritte unternommen, den Fehler zu bereinigen? (2. Korinther 7:9-11). Wenn ja, dann glaube an die Barmherzigkeit des Einen, der in großem Maße vergibt, und sei fest entschlossen, die Sünde nicht zu wiederholen (Jesaja 55:7). Wenn du ‘zurechtgewiesen wirst, ermatte nicht, denn wen Jehova liebt, den züchtigt er’ (Hebräer 12:5, 6). Eine solche Zurechtweisung dient dazu, einem abgeirrten Schaf zu helfen, sich wieder einzugliedern. Sie schmälert seinen Wert als Person nicht.

      Selbst wenn uns unser eigenes Herz verurteilt, dürfen wir nicht schlußfolgern, daß auch Jehova uns verurteilt hat. „Wir werden unser Herz vor ihm versichern im Hinblick auf das, worin immer uns unser Herz verurteilen mag, weil Gott größer ist als unser Herz und alles weiß“ (1. Johannes 3:19, 20). Jehova sieht nicht nur unsere Sünden und Fehler. Er kennt die mildernden Umstände, unseren gesamten Lebensweg, unsere Beweggründe und Absichten. Der Umfang seines Wissens ermöglicht es ihm, wie bei David Mitgefühl zu bekunden und unsere aufrichtigen Gebete um Vergebung anzunehmen.

      Mißverständnisse und die übertriebene Sorge, von anderen anerkannt zu werden, können ebenfalls zu einem mangelnden Selbstwertgefühl beitragen, möglicherweise sogar zu dem Empfinden, von anderen abgelehnt zu werden. Aufgrund seiner Unvollkommenheit mag ein Mitchrist mit dir in einer Art und Weise reden, daß es gefühllos oder unfreundlich klingt. Viele Mißverständnisse lassen sich jedoch aufklären, indem wir dem Betreffenden sagen, wie sehr uns eine Bemerkung getroffen hat. (Vergleiche Matthäus 5:23, 24.) Salomo riet außerdem: „Gib nicht dein Herz all den Worten hin, die die Menschen reden mögen.“ Warum nicht? „Denn dein eigenes Herz weiß wohl, sogar von vielen Malen, daß du, ja du, Übles auf andere herabgerufen hast“ (Prediger 7:21, 22). Es wäre unrealistisch, von dir oder von anderen unvollkommenen Menschen Vollkommenheit zu erwarten. Sei schnell bereit zu vergeben, und bemühe dich, andere zu ertragen (Kolosser 3:13).

      Dein wahrer Wert wird auch nicht daran gemessen, ob dich andere mögen oder nicht. Jesus wurde ‘für nichts gehalten’ und von anderen sehr geringgeachtet (Jesaja 53:3; Sacharja 11:13). Änderte das etwas an seinem wahren Wert oder daran, wie Gott ihn einschätzte? Nein, denn auch wenn wir wie Jesus vollkommen wären, könnten wir es nicht jedem recht machen.

      Kraft zum Ausharren

      Manchmal mögen starke Depressionen trotz unserer Bemühungen, sie zu überwinden, länger anhalten. Der psychische Schmerz könnte sogar einige Christen veranlassen, wie Jona zu empfinden: „Es ist besser, daß ich sterbe, als daß ich am Leben bin“ (Jona 4:1-3). Seine Mißstimmung hielt jedoch nur eine gewisse Zeit an. Er konnte sie überwinden. Wenn Depressionen dein Leben unerträglich machen, dann denke daran, daß dies eine jener Drangsale ist, die Paulus als „zeitlich“ bezeichnete (2. Korinther 4:8, 9, 16-18). Sie wird ein Ende haben. Keine Situation ist hoffnungslos. „Das Herz der Niedergeschlagenen“ verheißt Jehova „zu beleben“ (Jesaja 57:15, de Wette).

      Höre nie auf zu beten, selbst wenn deine Gebete vergeblich zu sein scheinen. David bat flehentlich: „Höre doch, o Gott, meinen inständigen Ruf ..., wenn mein Herz schwach wird. Auf einen Felsen, der höher ist als ich, mögest du mich führen“ (Psalm 61:1, 2). Wie verhilft uns Gott zu einem inneren Vertrauen, das uns aus eigener Kraft unerreichbar erscheint? Eileen, die seit Jahren gegen Depressionen ankämpft, sagte dazu: „Jehova hat nicht zugelassen, daß ich aufgab. Das vermittelt mir die Hoffnung, daß er mir weiterhin helfen wird, wenn ich mich bemühe. Daß ich die biblische Wahrheit kenne, hält mich buchstäblich am Leben. Auf verschiedenste Weise — durch das Gebet, den Predigtdienst, die Zusammenkünfte, die Publikationen, die Familie und durch Freunde — hat Jehova mir die Kraft gegeben, meine Bemühungen fortzusetzen.“

      Betrachte die Krankheit als Glaubensprüfung. „Gott ist treu“, versichert uns der Apostel Paulus. „Er läßt euch nicht über eure Kraft versucht werden. Er zeigt mit der Versuchung auch den Ausweg, so daß sie ertragen werden kann“ (1. Korinther 10:13, Fotobibel). Ja, von Gott erhältst du die „Kraft, die über das Normale hinausgeht“, um jede emotionale Belastung zu ertragen (2. Korinther 4:7).

      Eine neue Welt ohne Depressionen

      Gott hat verheißen, durch sein himmlisches Königreich alle bedrückenden Zustände auf der Erde zu beseitigen. In seinem Wort heißt es: „Ich schaffe neue Himmel und eine neue Erde; und die früheren Dinge werden nicht in den Sinn gerufen werden, noch werden sie im Herzen aufkommen. Doch frohlockt und freut euch immerdar über das, was ich schaffe“ (Jesaja 65:17, 18). Diese Worte erfüllten sich zum erstenmal im Jahre 537 v. u. Z., als die Nation Israel wieder in ihr Heimatland zurückkehrte. Damals äußerte Gottes Volk folgendes in einem Lied: „Wir [wurden] wie Träumende. Zu jener Zeit wurde unser Mund mit Lachen erfüllt und unsere Zunge mit Jubel“ (Psalm 126:1, 2). Wieviel großartiger wird die baldige endgültige Erfüllung dieser zu Herzen gehenden Prophezeiung in Gottes neuer Welt sein! (2. Petrus 3:13; Offenbarung 21:1-4).

      Unter Gottes Königreich (den „neuen Himmeln“) wird auf der Erde eine mit vollkommener psychischer, körperlicher und geistiger Gesundheit ausgestattete gerechte menschliche Gesellschaft (die „neue Erde“) entstehen. Nicht, daß die Betreffenden keine Erinnerung an die Vergangenheit mehr haben werden, aber angesichts all der schönen Dinge, an die sie dann denken und über die sie sich freuen können, wird es für sie keinen Grund geben, sich all die traurigen Erfahrungen früherer Zeiten in den Sinn zu rufen oder sich darauf zu konzentrieren. Stell dir vor, du erwachst jeden Morgen mit einem völlig unbeschwerten Sinn und freust dich auf die Tätigkeiten des Tages — ohne jemals mehr durch Depressionen darin behindert zu werden!

      Lola (die zu Anfang erwähnt wurde) brachte ihre volle Überzeugung, daß diese Hoffnung Wirklichkeit werden wird, wie folgt zum Ausdruck: „Daran zu denken, daß Jehovas Königreich das Problem lösen wird, war für mich die größte Hilfe. Ich weiß, daß Depressionen ein Ende haben werden.“ Ja, du kannst sicher sein: Gott wird bald den völligen Sieg über Depressionen ermöglichen!

      [Fußnote]

      a Siehe „Professionelle Behandlungsmethoden bei schwerer Depression“ in der Erwachet!-Ausgabe vom 22. Januar 1982.

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