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AssyrienEinsichten über die Heilige Schrift, Band 1
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Militarismus. Assyrien war hauptsächlich eine Militärmacht, und das geschichtliche Bild von seinen Eroberungen zeichnet sich durch große Grausamkeit und Raubgier aus (BILDER, Bd. 1, S. 958). Einer der kriegerischen assyrischen Könige, Assurnasirpal, beschrieb mit folgenden Worten, wie er eine aufständische Stadt bestrafte:
„Einen Pfeiler errichtete ich bei ihrem Stadtthore; den Grossen, soviele ihrer von mir abgefallen waren, zog ich die Haut ab und belegte damit den Pfeiler; die einen hing ich auf mitten am Pfeiler, die andern stellte ich auf dem Pfeiler auf Pfählen auf ... Den ... Rebellen ... schnitt ich die Glieder ab ..., viele Gefangenen verbrannte ich mit Feuer, viele Männer nahm ich lebend gefangen, den einen schnitt ich Hände und Arme (?), anderen Nase (?) und Ohren (und Arme) ab, vielen Männern stach ich die Augen aus; einen Pfeiler errichtete ich von Lebendigen, einen von Köpfen; auf ...... Bäumen in Gebiet ihrer Stadt steckte ich dort ihre Köpfe auf, ihre Knaben und Mädchen verbrannte ich in der Gluth ..., 20 [ihrer Krieger] nahm ich lebend gefangen, spiesste sie auf Pfähle ..., die übrigen vernichtete ich durch Verschmachten in der Wüste des Euphrat“ (Keilinschriftliche Bibliothek, herausgegeben von Eberhard Schrader, Berlin 1889, Bd. I, S. 67, 71, 101).
Auf vielen Reliefs wird dargestellt, wie ihre Gefangenen an Stricken geführt wurden, die mit Haken an den Lippen oder an der Nase befestigt waren, oder wie ihnen mit dem Speer die Augen ausgestochen wurden. Somit folterten die Assyrer in ihren Kriegen ihre Gefangenen häufig auf sadistische Weise und prahlten noch damit, indem sie sorgfältige Aufzeichnungen darüber führten. Dass sie für ihre Grausamkeit bekannt waren, war für sie zweifellos ein militärischer Vorteil, denn Völker, die von einem assyrischen Angriff bedroht waren, wurden von Furcht ergriffen und leisteten deswegen oft keinen großen Widerstand. Assyriens Hauptstadt Ninive wurde vom Propheten Nahum treffend als ein „Lager der Löwen“ und als „Stadt des Blutvergießens“ beschrieben (Nah 2:11, 12; 3:1).
Welche Art Religion übten die Assyrer aus?
Die Assyrer übernahmen ihre Religion großenteils von Babylon, und obwohl sie ihren nationalen Gott Assur als den höchsten Gott ansahen, betrachteten sie Babylon weiterhin als religiöses Hauptzentrum. Der assyrische König diente als Hoher Priester Assurs. Auf einem Siegel, das A. H. Layard in den Ruinen eines assyrischen Palastes fand und das jetzt im Britischen Museum aufbewahrt wird, wird der Gott Assur mit drei Köpfen dargestellt. Der Glaube an Göttertriaden bildete einen wichtigen Bestandteil der assyrischen Anbetung, ebenso wie die Verehrung einer Fünfergottheit. Die Haupttriade bestand aus Anu, dem Herrn des Himmels, Bel, dem Herrn der von Menschen, Landtieren und Vögeln bewohnten Region, und Ea, dem Herrn der irdischen und unterirdischen Wasser. Eine zweite Triade bestand aus Sin, dem Mondgott, Schamasch, dem Sonnengott, und Ramman, dem Sturmgott, doch seine Stelle wurde auch oft von Ischtar, der Sternkönigin, eingenommen. (Vgl. 2Kö 23:5, 11.) Dann folgten die fünf Götter, die fünf Planeten darstellten. Über die Götter, die Triaden bildeten, heißt es in Unger’s Bible Dictionary (1965, S. 102): „Diese Götter werden manchmal einzeln hintereinander mit Redewendungen angerufen, die anscheinend einen jeden abwechselnd in eine Vorrangstellung gegenüber den anderen rückten.“ Zu ihrem Pantheon gehörten jedoch auch unzählige geringere Gottheiten, von denen viele als Beschützer von Ortschaften galten. Zum Beispiel erwähnt die Bibel, dass Sanherib ermordet wurde, als er gerade Nisroch anbetete (Jes 37:37, 38).
Relief aus dem Nordpalast in Ninive. Der König und seine Gemahlin bei einem Gartenfest; an dem Baum vor dem Harfenisten hängt der Kopf eines besiegten Königs.
Die Religion, die in Verbindung mit diesen Göttern ausgeübt wurde, war animistisch, das heißt, die Assyrer glaubten, jeder Gegenstand und jede Naturerscheinung sei durch einen Geist belebt. Ein gewisser Unterschied zu anderen Naturreligionen umliegender Nationen bestand darin, dass für die Assyrer der Krieg die echteste Äußerung der Staatsreligion war (BILD, Bd. 1, S. 956). So sagte zum Beispiel Tiglath-Pileser I. über seine Kämpfe: „Mein Herr, Assur, drängte mich weiter.“ Assurbanipal schreibt in seinen Annalen: „Auf Befehl von ASSUR, SIN und SCHAMASCH, den großen Göttern, meinen Herren, die mich beschützten, fiel ich in das Mannäerland ein und durchzog es siegreich“ (Records of the Past: Assyrian and Egyptian Monuments, Bd. V, London 1875, S. 18; Bd. IX, 1877, S. 43). Sargon rief regelmäßig Ischtars Hilfe an, bevor er in den Krieg zog. Die Heere marschierten hinter den Standarten der Götter, wahrscheinlich an Stangen befestigten hölzernen oder metallenen Symbolen. Große Bedeutung wurde den Omen beigemessen, die durch das Untersuchen der Leber von Opfertieren, durch den Vogelflug und durch die Stellung der Planeten ermittelt wurden. In dem Buch Ancient Cities von W. B. Wright (1886, S. 25) heißt es: „Die Nation widmete sich dem Kriegshandwerk, und die Priester schürten unaufhörlich den Krieg. Sie bezogen ihren Unterhalt größtenteils aus der Kriegsbeute, von der ihnen stets ein bestimmter Teil zuging, ehe andere ihren Anteil erhielten; denn dieses Volk von Plünderern war außerordentlich religiös.“
Kultur, Literatur und Gesetze. Die Assyrer bauten eindrucksvolle Paläste und schmückten die Wände mit Reliefplatten, auf denen sehr wirklichkeitsnahe Szenen aus Krieg und Frieden dargestellt wurden. Geflügelte Stiere mit Menschenkopf, aus einem einzigen, bis zu 36 t schweren Kalksteinblock gehauen, schmückten die Eingänge. Zylindersiegel zeigen feine Gravierungen. (Siehe ARCHÄOLOGIE.) Metallgussarbeiten verraten erhebliche Kenntnisse der Metallurgie. Einige Könige bauten Aquädukte und entwickelten Bewässerungssysteme, legten botanische und zoologische Gärten mit Pflanzen und Tieren aus vielen Ländern an. Viele Paläste hatten offenbar ein gut geplantes Abwassersystem und sehr gute sanitäre Anlagen.
Assyrische Kriegswagen ziehen mit religiösen Standarten in die Schlacht
Wandrelief aus Nimrud, auf dem dargestellt ist, wie assyrische Soldaten Götter einer besiegten Stadt wegtragen
Von besonderem Interesse sind die großen Bibliotheken gewisser assyrischer Monarchen mit Zehntausenden von Keilschrifttafeln, Prismen und Zylindern, auf denen bedeutende geschichtliche Ereignisse, religiöse Einzelheiten sowie rechtliche und wirtschaftliche Angelegenheiten aufgezeichnet wurden. Gewisse Gesetze aus einer bestimmten Periode der assyrischen Geschichte zeigen jedoch wieder die Grausamkeit, durch die sich die Nation so häufig auszeichnete. Als Strafe für bestimmte Verbrechen war Verstümmelung vorgesehen. Eine Sklavin durfte zum Beispiel nicht verhüllt auf die Straße gehen. Missachtete sie diese Vorschrift, so wurden ihr die Ohren abgeschnitten. Wie wenig eine verheiratete Frau rechtlich geschützt war, geht aus folgendem Gesetz hervor: „Abgesehen von den Strafen [für die Gattin eines Mannes], die auf der Tafel [geschrieben sind], kann der Mann seine Gattin [marken], (sie) scheren, [ihre] Oh[ren] zerschlagen und dur[chbohren]. Eine Schuld seinerseits besteht nicht“ (Altorientalische Texte zum Alten Testament, herausgegeben von H. Greßmann, Berlin und Leipzig 1926, S. 421, 422).
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AssyrienEinsichten über die Heilige Schrift, Band 1
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Assurnasirpal II. und Salmanassar III. Während der Herrschaft Assurnasirpals II., der, wie bereits erwähnt, für seine ruchlosen Feldzüge und seine Grausamkeit bekannt war, begannen sich die assyrischen Angriffe Israel zu nähern. Inschriften zeigen, wie Assurnasirpal den Euphrat überquerte, Nordsyrien überrannte und von den Städten Phöniziens Tribut erhob. Sein Nachfolger, Salmanassar III., ist der erste König, von dem direkter Kontakt mit dem Nordreich Israel berichtet wird. Assyrische Inschriften beschreiben, wie Salmanassar nach Karkar am Orontes vorrückte, wo er, wie er behauptet, gegen eine Koalition von Königen kämpfte. Der Ausgang der Schlacht war nicht eindeutig. Der Schwarze Obelisk Salmanassars in Nimrud erwähnt, dass Jehu (ca. 904–877 v. u. Z.) Tribut zahlte, und enthält ein Relief, das möglicherweise zeigt, wie ein Abgesandter Jehus dem assyrischen Herrscher den Tribut überbrachte. (Siehe SALMANASSAR Nr. 1.)
Adad-Nerari III. und seine Nachfolger. Nach Schamschi-Adad V., dem Nachfolger Salmanassars III., kam Adad-Nerari III. auf den assyrischen Thron. Inschriften berichten von seinem Angriff auf Damaskus und davon, dass er von Joas von Samaria Tribut erhielt. Vielleicht um die Mitte des 9. Jahrhunderts v. u. Z. (ca. 844 v. u. Z.) wurde der Prophet Jona in die assyrische Hauptstadt Ninive gesandt, und aufgrund seiner Warnung vor der bevorstehenden Vernichtung bekundete die ganze Stadt einschließlich ihres Königs Reue (Jon 3:2-6). Es mag sein, dass der assyrische König jener Zeit Adad-Nerari III. war, aber das ist nicht sicher.
Die Geschichte berichtet von drei Königen, die auf Adad-Nerari III. folgten: Salmanassar IV., Assurdan III. und Assurnirari V., alles Söhne Adad-Neraris III. Dies war eine Zeit des Niedergangs, was die Angriffsfreudigkeit der Assyrer betrifft.
Tiglath-Pileser III. Der erste in der Bibel namentlich erwähnte Assyrerkönig ist Tiglath-Pileser III. (2Kö 15:29; 16:7, 10), in 2. Könige 15:19 auch „Pul“ genannt. In 1. Chronika 5:26 kommen beide Namen vor, und deshalb dachten einige in der Vergangenheit, es handle sich um zwei verschiedene Könige. In babylonischen und assyrischen Königslisten beziehen sich jedoch beide Namen auf dieselbe Person. Einige vermuten, dieser König sei ursprünglich als Pul bekannt gewesen und habe nach seiner Thronbesteigung den Namen Tiglath-Pileser angenommen. (Siehe PUL Nr. 1.)
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Sargon II. Sargon berichtet in seinen Annalen, er habe 27 290 Israeliten in verschiedene Gegenden am oberen Euphrat und in Medien deportiert. Wir haben auch eine Beschreibung seines Feldzugs gegen Philistäa, in dessen Verlauf er Gath, Aschdod und Asdudimmu eroberte.
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AssyrienEinsichten über die Heilige Schrift, Band 1
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Diese Ereignisse, mit Ausnahme der Vernichtung der assyrischen Truppen, sind auch auf dem Prisma des Sanherib und auf einem Prisma des Asarhaddon verzeichnet (BILDER, Bd. 1, S. 957).
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AssyrienEinsichten über die Heilige Schrift, Band 1
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Jedenfalls berichten Inschriften, dass Me-na-si-i (Manasse) von Juda Asarhaddon Tribut zahlte.
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Der Sturz des Weltreiches. Die Chronik Nr. 21901 im Britischen Museum berichtet von dem Fall der assyrischen Hauptstadt Ninive nach einer Belagerung durch die vereinigten Streitkräfte Nabupolassars, des Königs von Babylon, und des Meders Kyaxares im 14. Jahr Nabupolassars (632 v. u. Z.). Sie „[verwandelten] die Stadt in einen Trümmer- und Sch[utthügel ...]“ (Altorientalische Texte, S. 364). So kam das assyrische Schreckensreich zu einem unrühmlichen Ende (Jes 10:12, 24-26; 23:13; 30:30-33; 31:8, 9; Nah 3:1-19; Ze 2:13).
Aus der oben erwähnten Chronik (Nr. 21901) geht hervor, dass im 14. Jahr Nabupolassars (632 v. u. Z.) Assur-Uballit II. versuchte, die assyrische Herrschaft von Haran, seiner Hauptstadt, aus fortzusetzen. Gemäß dieser Chronik trug sich im 17. Jahr Nabupolassars (629 v. u. Z.) Folgendes zu: „Im Monat Duʼuz [holte sich (?)] Aššuruballit ein großes ägyptisches Heer [.........] überschritt den Fluss und zog wider Harrân, um es zu erobern“ (Altorientalische Texte, S. 365). Offensichtlich unternahm Assur-Uballit den Versuch, Haran zurückzuerobern, nachdem er daraus vertrieben worden war.
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