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Mordokai betet allein Jehova anDer Wachtturm 1950 | 1. September
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zu hängen, und er begab sich zum König, um die Erlaubnis für einen solch gesetzlich sanktionierten Mord einzuholen. Doch der König empfing den Agagiter mit der Frage: „Was ist dem Manne zu tun, an dessen Ehre der König Gefallen hat?“ Der eingebildete Haman dachte, dass sicher er selbst der zu ehrende Mann sei, und so entwarf er einen sorgfältigen Plan, wonach der Mann hoch zu Ross auf des Königs Pferd von einem der Fürsten des Königs durch die Strassen geführt werden sollte. Der König stimmte zu; doch welchen Schlag bedeutete es für Haman, als er hörte, dass der zu ehrende Mann Mordokai war und er, Haman, derjenige, der das Pferd zu führen habe, auf dem Mordokai ritt! Warum wünschte der König plötzlich Mordokai zu ehren? Weil sich der König nachts, als er nicht schlafen konnte, die geschichtlichen Aufzeichnungen vorlesen liess und ihm dadurch ins Gedächtnis gerufen wurde, wie Mordokai auf die Verschwörung gegen den König aufmerksam gemacht hatte; und als der König vernahm, dass nichts zur Ehrung Mordokais für seinen Dienst unternommen worden war, beschloss er, das Versehen wieder gut zu machen. Am folgenden Tag hatte er die Besprechung mit Haman, die sich für das Ich des Agagiters so schmerzlich auswirkte.
Indem Esther Fürsprache einlegte, so wie ihr Mordokai geraten hatte, wurde Hamans Bosheit blossgestellt, und er wurde an den Galgen gehängt, den er für Mordokai errichtet hatte. Mordokai wurde zu Hamans früherer Stellung erhoben, und es wurden Anordnungen getroffen, damit die Juden sich am Tage, da Hamans gesetzlose Vernichtungsverfügung vollzogen werden sollte, verteidigen konnten. Als Ergebnis wandte sich das Blatt, und anstatt der Juden waren es ihre Feinde, welche umkamen. Zur Erinnerung an diesen Sieg ordnete Mordokai das Halten des Purimfestes an, welches Gebot die Juden seither gehalten haben. (Esther 8:11; 9:1-32) Was Mordokai selbst betrifft, so war er „der Zweite nach dem König Ahasveros, und gross bei den Juden, und wohlgefällig der Menge seiner Brüder; er suchte das Wohl seines Volkes und redete zur Wohlfahrt seines ganzen Geschlechts.“ — Esther 10:3.
Die Enthüllung der andern dramatischen Geschehnisse des Buches Esther überlassen wir nachfolgenden Artikeln über die Gestalten Esther und Haman. Den Rest dieses Artikels widmen wir einer Besprechung interessanter Tatsachen bezüglich der Chronologie der Zeiten und des Buches Esther, welches wahrscheinlich von Mordokai geschrieben wurde, dessen Name „reiner oder zerstossener Myrrhe gleich“ bedeutet. Über den Schreiber des Buches bestehen einige Meinungsverschiedenheiten. Es gibt Gelehrte, die es Esra zuschreiben. Esra brachte wohl das Buch mit, als er im Jahre 467 v. Chr. von Babylon nach Jerusalem kam, und fügte es dann dem noch zunehmenden hebräischen Kanon bei. Es ist indes wahrscheinlicher, dass Mordokai die Aufzeichnungen machte, weil er all die Einzelheiten wissen konnte, die in der Erzählung über die Privatdinge Mordokais und Esthers, der Familie Hamans und besonders über die häuslichen Angelegenheiten im Palast zu Susan berichtet werden. Auch wird er zur Zeit seiner Erhöhung zum Dienst für den König Zutritt zu den Amtsurkunden gehabt haben, die im Bericht erwähnt sind.
Manche stellen die Echtheit oder Zugehörigkeit dieses Buches zur Bibel in Frage. Ihr Haupteinwand beruht weder auf einer historischen Grundlage noch auf einer wohlbegründeten kritischen Untersuchung, sondern auf einer willkürlichen, gefühlsmässigen Abneigung davor auf Grund der Tatsache, dass der Name Gottes in der Erzählung kein einziges Mal erscheint. Doch atmet das ganze Buch einen Geist der Treue und Lauterkeit gegen Gott und eines tiefen Interesses für die Sache des Volkes Gottes. Die Tatsache, dass sich Mordokai standhaft weigerte, Gottes Feind, Haman den Amalekiter, zu ehren und sich vor ihm niederzubeugen, ist ein Beweis dafür, dass Mordokai Jehova und sein Gesetz anerkannte; Haman erhob Einspruch gegen dieses Volk, dessen Gesetze von denen der Nation verschieden waren. Ausserdem deutet Esther 4:14 auf göttliche Leitung der Ereignisse hin, und das Wort „Schreien“ in 9:31 (Luther) bezieht sich zweifellos auf das Beten.
Die Zugehörigkeit des Buches Esther zur Bibel kann aus folgenden Gründen festgestellt werden: Die Juden haben dieses Buch immer zum Kanon gerechnet. Wahrscheinlich wurde es von Esra in den Kanon aufgenommen, denn er lebte zu der Zeit, da die darin aufgezeichneten Ereignisse eintraten und war darum in der Lage, seine Echtheit zu beurteilen. Er hätte es sicherlich ausgeschieden, wenn es eine Fabel gewesen wäre. Obwohl in Hebräisch verfasst, enthält es persische und aramäische Ausdrücke, mit welchen die hebräische Sprache um jene Zeit verquickt war; seine Ausdrucksweise in dieser Hinsicht entspricht derjenigen der Bücher Esra, Nehemia und 1. und 2. Chronika. Der Bericht klingt echt, indem er völlig mit den Zeiten übereinstimmt, in deren historischem Rahmen er sich abspielt. Ein weiteres starkes Argument zugunsten seiner Echtheit und geschichtlichen Grundlage liegt darin, dass die Juden bis zur heutigen Zeit das Purimfest halten, das von Mordokai zur Erinnerung an ihre damalige Befreiung angeordnet wurde. Das stärkste Argument jedoch finden wir darin, dass die prophetischen Bilder, welche die Ereignisse des Buches Esther schufen, jetzt, in diesen „letzten Tagen“, unter der Leitung Jehovas in Erfüllung gehen.
Während welcher Zeit traten die berichteten Ereignisse ein? Zu einer Zeit, da sich das Perserreich „von Indien bis Äthiopien“ erstreckte. Dies würde auf Darius II. als den frühesten Herrscher hinweisen, der möglicherweise solche Herrschaft ausübte; und die Sprache des Buches, die Ereignisse, die darin enthüllten Bräuche sowie die Tatsache, dass es von Esra in den Kanon eingefügt wurde, lassen nicht zu, diese Geschehnisse über die Herrschaft Artaxerxes’ III. (Artasastas) hinaus zu verlegen. Zwischen diesen zwei persischen Monarchen regierte Xerxes. Der Ahasveros, von dem im Buche Esther die Rede ist, muss einer von diesen dreien gewesen sein.
Im zwölften Jahre seiner Regierung schien dieser Ahasveros weder allzu gut mit den Juden und ihrem Glauben vertraut noch geneigt gewesen zu sein, sie zu begünstigen, denn er liess sich sehr schnell von Haman beeinflussen, einen Erlass zu ihrer Ausrottung herauszugeben. Auf Darius II. hätte diese Sachlage schwerlich zugetroffen; er war wohlvertraut mit den Juden und hatte ihnen schon früh während seiner Herrschaft, vor dem zwölften Jahre derselben, Gunst erwiesen. Auch Artaxerxes III. käme nicht in Frage; denn er besonders begünstigte die Juden im siebenten Jahre seiner Regierung und wiederum im zwanzigsten Jahre. Der im Buche Esther erwähnte Ahasveros muss somit Xerxes gewesen sein. Darin stimmen die meisten Gelehrten überein, ja Eine Amerikanische Übersetzung sowie die Elberfelder Bibel, Fussnote, ersetzen in diesem Bericht Ahasveros mit Xerxes. (Siehe auch Zürcher Bibel.)
Wann nun hat Xerxes regiert? Nach der langen Herrschaft Darius’ II. trat Xerxes ums Jahr 486 v. Chr. die Herrschaft an. Geschichtsschreiber nennen im allgemeinen das Jahr 485 v. Chr. Was die Zeit des Endens seiner Regierung betrifft, sind die Ansichten verschieden. Die meisten Enzyklopädien sagen, seine Herrschaft habe sich bis in ein einundzwanzigstes Jahr erstreckt, bis 465 v. Chr., und dass dann Artaxerxes III. den Thron bestiegen habe. Doch der genaueste weltliche Geschichtsschreiber jener Zeiten, der während der Herrschaft Artaxerxes’ III. lebte, nämlich Thucydides, setzt im Lichte einer chronologischen Tabelle von Diodorus das Ende der Herrschaft Xerxes’ und den Beginn der Herrschaft Artaxerxes’ ungefähr auf das Jahr 474 v. Chr. fest. Tatsächlich regierte Xerxes zwölf volle Jahre und trat möglicherweise sein dreizehntes an, regierte also von 486 bis 474 v. Chr. Die im Buche Esther aufgezeichneten Ereignisse erstrecken sich von seinem dritten bis durch sein zwölftes Jahr hindurch, was eine Periode von ungefähr zehn Jahren ausmacht.
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Erfahrungen aus dem FeldeDer Wachtturm 1950 | 1. September
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Erfahrungen aus dem Felde
Der Prophet Sacharja hat erklärt: „In jenen Tagen, da werden zehn Männer aus allerlei Sprachen der Nationen ergreifen, ja ergreifen werden sie den Rockzipfel eines jüdischen Mannes und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ (8:23) „Jene Tage“ sind für Italien wie auch für alle andern Nationen, Völker und Sprachen der Erde gekommen, und täglich überrascht es von neuem, spontane Erfüllungen dieser Prophezeiung hierzulande zu sehen. Hier ein solcher Fall:
Der Gruppendiener der Gruppe der Zeugen Jehovas in B——, Norditalien, empfing kürzlich zwei unerwartete Besucher, die nach ihrer Erklärung, sie seien als Vertreter einer Anzahl Dörfer gekommen, die zehn bis dreizehn Kilometer entfernt liegen, keine Zeit verloren, den Zweck ihres Besuches mitzuteilen: „Wir möchten Christen sein! Wir haben gehört, dass wir hier Protestanten finden könnten, die eine gute Lehre predigen. Wir haben erkannt, dass wir vom Priester getäuscht worden sind, haben uns von ihm abgewandt und wünschen zu einer Kirche organisiert zu werden. Wir sind über 120 Familien; könnt ihr uns helfen?“ Überwältigt von tiefer Freude teilte ihnen der Gruppendiener sogleich mit, dass ein reisender Vertreter der Gesellschaft, der Kreisdiener, gerade in dieser Woche hierherkomme, und dass er diese interessierten Familien mit Freuden besuchen und mit ihnen sprechen werde.
Wie versprochen, wurde die Sache mit dem Kreisdiener aufgenommen; Pläne zu einem öffentlichen Vortrag wurden entworfen, man holte die polizeiliche Genehmigung ein, und alles war für Montagabend bereit. Als sich die Geschwister an jenem Abend dem Dorfe näherten, freuten sie sich, Gruppen von drei und vier zu sehen, die dem Saal zuwanderten, um die „neue Kirche“ zu besuchen, wie sie diese nannten. Ausserhalb des Saales hatte sich eine Menge versammelt, ein ungewöhnlicher Anblick, denn in Italien treffen die Zuhörer im allgemeinen erst ein, wenn der Vortrag schon gut im Gange ist. Doch warum standen sie draussen? Um dem „Prediger“ ein königliches Willkommen zu bieten? Nein, ganz und gar nicht. Sie standen draussen, weil drinnen kein Platz mehr war: der Saal und die zwei Nebensäle waren mit erwartungsvollen Leuten dicht besetzt, und die eintreffenden Geschwister fühlten in jenem Augenblick das Mitleid, das Jesus empfunden haben muss zu seiner Zeit, als er die Volksmengen sah, die eines Hirten bedurften.
Doch Satan war entschlossen, die „neue Kirche“ im Keime zu ersticken. Fünf carabinieri, die auf die Ankunft des Kreisdieners warteten, unterrichteten ihn sogleich, dass die Erlaubnis für die Veranstaltung zurückgezogen worden sei! Es war unnütz, die Sache mit diesen Polizisten zu besprechen. Das Büro des Kommandanten war etwa fünf Kilometer entfernt. Der Kreisdiener bat die versammelten Zuhörer, da zu bleiben, weil er ihnen viel Wichtiges zu sagen habe, und eilte darauf zur Polizeistation. Mit der italienischen Verfassung in der einen Hand und der schriftlichen Genehmigung der Questura in der andern, gelang es ihm, die Behörde zu überzeugen, dass die Versammlung zugelassen werden sollte. Man willigte ein unter der Bedingung, dass kein Wein verkauft werden dürfe und alle Gläser und Flaschen aus dem Saale auszuräumen seien. Dieser Bedingung wurde entsprochen, denn der Redner sollte die Bar als seine „Kanzel“ benützen!
Der Vortrag wurde vor dem aufmerksamsten und empfänglichsten Publikum, das man sich denken kann, gehalten und dauerte anderthalb Stunden. Niemand kam herein oder ging hinaus. Nachdem Erklärungen verlesen worden waren über den Hass der Kirche gegenüber der Verbreitung der Bibel sowie offizielle Dokumente der katholischen Kirche, die den heidnischen Ursprung ihrer Lehren offenbaren, erschien ein Ausdruck der Überraschung auf den ehrlichen Gesichtern, als sie zu erfassen begannen, warum die Kirche die Bibel dem katholischen Volk verhehlt hat. Eine genaue Zählung war unmöglich, doch über 1000 Personen hörten die Ansprache, und doch war kein einziger Flugzettel gebraucht worden, um sie einzuladen! Begierig wurde in kurzer Zeit der beschränkte Vorrat von 185 Broschüren, 18 Büchern und 30 Zeitschriften entgegengenommen.
Nach beendetem Vortrag fielen manche interessante Bemerkungen. Die Frau des Saalbesitzers war krank gewesen, und der Priester jener Pfarrei hatte sie etwas früher an jenem Tage besucht und ihr geraten, ins Spital zu gehen. „Ins Spital“ schrie sie, „ich kann doch nicht, ich erwarte die neue Kirche heute abend!“ Ein junger Mann bemerkte: „Ich habe manche Reden von den Geistlichen, den Kommunisten und andern gehört, doch nie einen Vortrag wie diesen. Mit diesen Leuten möchte ich mich vereinen.“ Ein anderer: „Ich dachte, wir hätten das Rechte, aber jetzt muss ich zugeben, dass ihr Leute es habt.“ „Es ist an der Zeit, dass uns die Augen geöffnet wurden,“ meinte ein anderer Mann, der bat, man möchte ihn besuchen, und der La Torre di Guardia abonnieren wollte.
Das war in der Tat ein denkwürdiger Abend. Als sich die Geschwister von den Stadtbewohnern verabschiedeten, bildeten diese auf der Strasse Spalier und riefen Lebewohl und „Kommet wieder!“ Dies verhiess, dass die Ortsgruppe der Diener Jehovas in diesen Tagen manche herzerfreuenden Erfahrungen machen werden, während sie diesen Menschen guten Willens behilflich sind, sich auf Jehovas Seite zu stellen, zusammen mit andern Tausenden auf Erden, welche jetzt ausrufen: „Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist!“
Ein Gileadabsolvent in Italien
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