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  • Sind die Wildtiere vom Aussterben bedroht?
    Erwachet! 1983 | 22. August
    • Sind die Wildtiere vom Aussterben bedroht?

      DIE schaurige Gegenwart des Bösen beschleunigt den menschlichen Puls, während das unverkennbare Geknatter automatischer Waffen die Stille zerreißt und sein Echo sich in der Ferne fortpflanzt. Die Distanz ist zu groß, als daß man hören oder sehen würde, wie die Opfer stolpern und zu Boden stürzen und im Staub qualvoll verenden. Geh hin und zähl die Toten — möglicherweise sind es mehrere Hunderte.

      Die Henker sind gegangen, ohne einen Gedanken daran, die Toten zu begraben. Die unschuldigen Opfer liegen, nachdem sie ihres materiellen Reichtums beraubt worden sind, dort, wo sie zusammengebrochen sind — und verfaulen in der Sonne; vielleicht werden sie auch von Aasfressern beseitigt. Der Anblick der Gemordeten führt einem mit aller Deutlichkeit vor Augen, welchen Gefahren diese Geschöpfe ausgesetzt sind, von denen immer mehr getötet werden, weil sie über Wertvolles verfügen, sich aber nicht wehren und sich sozusagen nirgendwo verbergen können.

      Vertausendfache diese Szene. Berechne die Zahl der Toten. Sie geht in die Zehntausende. Erst dann kannst du dir ein Bild davon machen, mit welcher Rücksichtslosigkeit die einst großen Elefantenherden Afrikas dezimiert werden. Heute werden die Elefanten schneller getötet, als sie sich fortpflanzen können, und es wird befürchtet, daß es dem grauen Riesen ebenso ergehen wird wie dem Bison, der einst in riesigen Herden die amerikanische Prärie bevölkerte, aber fast vollständig ausgerottet wurde.

      Die Elefanten werden für Menschen geopfert, die eine Vorliebe für das Exotische haben. Kostbare Elfenbeinschnitzereien — so klein wie ein Fingerhut, aber auch von beträchtlicher Größe — erfüllen die Wünsche vieler, die sich so etwas leisten können. Vor 20 Jahren kostete ein Pfund Elfenbein etwa 3 Dollar, heute dagegen werden dafür 40 Dollar bezahlt. Es wird geschätzt, daß allein für das 1980 in die USA eingeführte Elfenbein im Wert von 8,3 Millionen Dollar 2 300 Elefanten ihr Leben lassen mußten.

      Ein Wilderer, der nur ein bißchen rechnen kann, weiß, daß er für die beiden Stoßzähne, die zusammen vielleicht 90 Kilogramm wiegen, auf dem Elfenbeinmarkt wenigstens 8 000 Dollar bekommt. In Tansania beschlagnahmte die Polizei einmal von Wilderern erbeutete Elefantenstoßzähne im Wert von 360 000 Dollar. In afrikanischen Ländern gibt es bei Kämpfen zwischen Rangers (staatliche Wildhüter) und Wilderern, die beim Wildfrevel ertappt werden, oft auf beiden Seiten Tote. „Es ist der reinste Krieg“, sagte ein Wildwart. Aber die Wilderer riskieren es eben, weil sie für die Elefantenstoßzähne so hohe Preise erzielen. Sogar einige Wildhüter sind ihrer Aufgabe untreu geworden und haben sich den Wilderern angeschlossen. Für die großen Stoßzähne eines einzigen Elefanten bekommt der Wilderer mehr, als ein Ranger in einem ganzen Jahr verdient.

      Leute, die das Exotische lieben, geben sich auch nicht unbedingt mit Elfenbeinschnitzereien zufrieden. Sie sind bereit, 400 Dollar für eine Aktentasche aus Elefantenleder zu bezahlen, oder sie kaufen sich Papierkörbe und Schirmständer aus Elefantenfüßen. Manch einer findet Gefallen an einem Bleistiftständer aus dem Fuß eines Elefantenbabys. Einem Mann mag eine Brieftasche aus Elefantenleder in die Augen stechen, und eine Frau mag stolz sein auf ihre Handtasche oder ihren Gürtel aus Elefantenleder. Haben sie aber daran gedacht, daß ein Elefant sterben mußte, damit sie etwas Außergewöhnliches besitzen können?

      In einigen Ländern sind Wilderer so verroht, daß sie Wasserlöcher, in denen nicht nur Elefanten, sondern auch andere Tiere ihren Durst löschen, vergiften, um möglichst viele der grauen Riesen abschlachten zu können. Diese wehrlosen Tiere fallen den vergifteten Speeren, den vergifteten Früchten, den Pfeilen, Fallgruben und Feuern sowie den automatischen Waffen derer zum Opfer, die nur eine Absicht haben: zu töten. Und wieviel sie töten! Allein in Ostafrika werden jährlich bis zu 70 000 Elefanten umgebracht.

      Es ist nicht lange her, als es in Uganda noch 49 000 Elefanten gab. Doch Soldaten der Armee des ehemaligen Präsidenten Idi Amin begannen zu wildern. Sie schossen Tausende von Elefanten nieder und hackten ihnen die Stoßzähne ab. Ihre Opfer ließen sie dort, wo sie zusammengebrochen waren, einfach liegen. In einem einzigen Gebiet zählten Parkwächter einmal 900 übelriechende Kadaver.

      Amins Regierung wurde 1979 gestürzt, aber den Elefanten dieses Landes brachte das keine Erleichterung. Jetzt sind die Waffen von Amins Soldateska — sie stammen entweder aus beschlagnahmten Beständen oder von fliehenden Soldaten, die sie weggeworfen hatten — der stolze Besitz von Wilderern. Damit können sie nun systematisch alles töten, was sich bewegt und ihnen gewinnträchtig erscheint. Heute soll es in Uganda nur noch etwa 1 500 Elefanten geben.

      Wann wird dieses Gemetzel aufhören? Solange es gewissenlose Abnehmer der erwähnten Artikel gibt, besteht wohl kaum eine Möglichkeit, zu verhindern, daß in Afrika die Elefanten in freier Wildbahn aussterben.

      Aber so, wie der Elefant wegen seiner begehrten Stoßzähne aus weißem Gold in solchen Massen umgebracht wird, daß er jetzt zu den bedrohten Tierarten gehört, so wird auch das afrikanische Schwarze Nashorn wegen seiner 30 bis 60 cm langen Hörner derart dezimiert, daß von den 100 000, die es noch vor 10 Jahren gegeben hat, nur 10 000 bis 20 000 übriggeblieben sind. Wie die Elefanten, so werden auch die Nashörner schneller vernichtet, als sie sich fortpflanzen können. Die Experten sagen warnend voraus, daß in Afrika die Nashörner in freier Wildbahn aussterben werden. „Die Aussichten für ihr Überleben in freier Wildbahn müssen äußerst pessimistisch beurteilt werden“, lauten ihre bitteren Worte.

      Reiche Leute mögen nicht mit der Wimper zucken, wenn sie für das Pfund geschnitzte Elefantenstoßzähne etwa 40 Dollar bezahlen müssen, aber sie mögen große Augen machen, wenn sie hören, daß ein Pfund Rhinozeroshorn manchmal mit 14 000 Dollar gehandelt wird. Warum so teuer? In einigen Ländern besteht die traditionelle Auffassung, daß das pulverisierte Horn des Rhinozerosses zauber- und heilkräftig sei; auch gilt es als hochwirksames Aphrodisiakum. Reiche zahlen daher viel Geld dafür.

      Wissenschaftliche Forscher finden keine Beweise dafür, daß pulverisierte Rhinozeroshörner den Geschlechtstrieb anregen und die Potenz steigern. Impotente könnten ebensogut ihr Geld sparen und an ihren Fingernägeln kauen oder das vom Friseur abgeschnittene Haar essen, denn die Hörner des Nashorns sind aus der gleichen Substanz wie die menschlichen Fingernägel — aus Keratin. Dennoch sind viele überzeugt, daß ein Unterschied besteht, und sie sind bereit, im Einzelhandel 600 Dollar für eine Unze (28 g) Nasenhornpulver zu bezahlen, was den Wilderern natürlich nur recht sein kann. Ein Wildhüter sagte: „Würden wir nicht auf Patrouille gehen, so gäbe es bei uns innerhalb von drei Wochen kein einziges Nashorn mehr.“ Da man besonders in Asien glaubt, die Rhinozeroshörner seien zauberkräftig, sind die auf jenem Kontinent vertretenen Arten so stark gejagt worden, daß sie jetzt fast ausgestorben sind.

      In Nordjemen stehen die Hörner des Nashorns hoch im Kurs, weil es dort Brauch ist, daß jeder männliche Einwohner, der älter ist als 12 Jahre, einen Dolch besitzt, dessen Griff aus Rhinozeroshorn verfertigt ist. Diese Dolche sind mit Silber und Gold verziert und kosten 6 000 bis 13 000 Dollar. Wie berichtet wird, hat Nordjemen in weniger als 10 Jahren fast 23 000 Kilogramm Horn eingeführt, wofür etwa 8 000 Nashörner ihr Leben lassen mußten. Welch ein Preis für einen Brauch!

      Auf Eisschollen in der Arktis, weit vom Verbreitungsgebiet der Elefanten und Nashörner Afrikas entfernt, leben die über 3,5 Meter langen und rund 1 300 kg schweren Walrosse. Ihre stark verlängerten Eckzähne aus Elfenbein (fast einen Meter lang) verleihen ihnen das furchterregende Aussehen. Früher wurden sie fast nur von den Eskimos gejagt, die sich davon ernährten und sich mit Walroß-Elfenbeinschnitzereien etwas Geld verdienten. Jetzt aber wird dieses Tier wegen seiner Hauer aus Elfenbein übermäßig bejagt. Schätzungsweise werden jährlich 5 000 Walrosse getötet. Wenn sie noch stärker bejagt werden, wird man ihnen sagen müssen, sich schneller Nachwuchs anzuschaffen, damit sie nicht wie so viele Wildtiere in die Gefahr geraten, ausgerottet zu werden.

      Ebenso ergeht es noch vielen weiteren Tieren. Die schnellste Großkatze der Welt, der Gepard, erreicht eine Spurtgeschwindigkeit von über 110 Kilometern in der Stunde. Doch das reicht nicht aus, um seinem ärgsten Feind, dem Menschen, zu entfliehen. Dieses schöne geschmeidige Tier mit dem schwarzgefleckten gelben Fell — früher der Stolz Indiens — bevölkerte einst die Ebenen Afrikas und Asiens in großer Zahl. Seit der Jahrhundertwende wird es jedoch so unerbittlich gejagt, daß es in Indien überhaupt nicht mehr existiert und im übrigen Asien selten geworden ist. In Afrika ist nur noch eine ganz geringe Zahl vorhanden, die mit jedem Jahrzehnt um die Hälfte zurückgeht.

      Warum wird dem Gepard so nachgestellt? Weil begüterte Damen sich einen neuen Mantel wünschen, und ein Mantel aus Gepardfellen (obschon dieses schöne Tier vom Aussterben bedroht ist) träfe genau ihren Geschmack. Das wiederum bedeutet für die Wilderer viel Geld. Über eine vor kurzem beschlagnahmte Sendung von 319 Gepardfellen — alles heiße Ware von Wilderern — wurde berichtet, daß dafür „5 bis 10 Prozent des gesamten Bestandes wildlebender Geparde sterben mußten“. Wegen der Mode und der Eitelkeit des Menschen wächst die Ausrottungsgefahr für dieses prächtige Geschöpf ständig.

      Auch das schön gefleckte Fell des prachtvollen Leoparden wird zu exklusiven Rauchwaren verarbeitet und ist deshalb sehr begehrt. Was kostet so ein Fell? Auf dem Schwarzmarkt etwa 10 000 Dollar. Natürlich können sich nur die Reichen diesen Luxus leisten. Doch ihre Zahl wächst ständig und damit auch der Bedarf an Leopardenfellen — solange es sie noch gibt. Einige Länder haben die Einfuhr von Leopardenfellen für die Verfertigung von Mänteln gesetzlich untersagt, aber für die Zehntausende von Leoparden, die schon für die Mode sterben mußten, sind die Gesetze zu spät gekommen.

      Das gleiche gilt für den Tiger, die größte aller Katzen. In Asien war er einst der König der Tiere, und bis in die 1800er Jahre hinein bewohnte er den größten Teil der südlichen Hälfte des asiatischen Kontinents. Um überleben zu können, fehlte ihm jedoch etwas — die Fähigkeit, sich mit Feuerwaffen gegen seinen schlimmsten Feind, den Menschen, zu wehren. Er konnte nicht zurückschießen. Kannst du dir vorstellen, wie sich manch ein tapferer Tigerjäger angestellt hätte, wenn der Tiger hätte zurückschießen können? Doch nun hat der Mensch den Tiger unbarmherzig getötet und seinen Lebensraum zerstört, so daß heute nur noch wenige dieser prachtvollen Tiere am Leben sind. Der Tiger zählt somit ebenfalls zu den gefährdeten Tierarten.

      Von welchem Wert ist ein Gorilla für den Menschen, abgesehen von den wenigen, denen sein Fleisch schmeckt? Man hört selten, daß jemand einen Gorillamantel trägt, und die Zähne der Gorillas liefern kein Elfenbein. Der Mensch tötet diese Tiere nur, um zu Trophäen zu kommen. Er hackt ihnen sogar die Hände ab und macht Aschenbecher daraus. Wildfrevel und die Lebensraumzerstörung haben zu einem rapiden Rückgang der Gorillas in Afrika geführt. Fachleute befürchten, daß ihr Fortbestand in Gefahr ist.

      Einst dachte man, das Tierreich sei unerschöpflich. Wenn aber innerhalb von fünf Jahren 10 000 Zebras getötet werden, um Trommeln und Teppiche für Touristen herzustellen, muß dann der Bestand nicht allmählich erschöpft sein? Doch das Abschlachten geht weiter, und die Gefahr, daß die Wildtiere ausgerottet werden, wächst.

      Traurig ist, daß der größte Teil dieser Tiere nicht sterben muß, um das Nahrungsbedürfnis des Menschen zu befriedigen, sondern nur seine Eitelkeit. Die Menschen brauchen weder Leoparden- noch Gepardmäntel. Wir können ohne Aktentaschen und ohne Geldbeutel aus Elefantenleder leben. Wer braucht denn unbedingt solch exklusive Schuhe, für die eine seltene Waraneidechse oder ein Krokodil sterben mußte? Wenn du die Absicht hättest, eine Elfenbeinschnitzerei zu kaufen, würde dir dann das Gewissen schlagen bei dem Gedanken, daß man einem Elefanten, der sich im Staub in Todesqualen windet, die Stoßzähne absägt, während er noch lebt? Möchtest du die Schnitzerei trotzdem? Vergiß nicht: Solange ein Bedarf an solchen exotischen Waren vorhanden ist, werden Tiere sterben und Tierarten ausgerottet werden.

      Viele Länder haben strenge Gesetze erlassen in dem Bemühen, die gefährdeten Wildtierarten zu schützen. Doch leider ist bereits großer Schaden entstanden. Dennoch besteht die Hoffnung, daß es auch in Zukunft zur Freude des Menschen noch Wildtiere auf der Erde geben wird. In einer Prophezeiung über die Verhältnisse, die unter Gottes Königreich herrschen werden, heißt es in der Bibel: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein Kind kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frißt Stroh wie das Rind“ (Jesaja 11:6, 7, Einheitsübersetzung).

      Wehe aber denen, die Gottes Erde verächtlich behandeln, indem sie seine Wildtiere ausrotten! Er wird „die ... verderben, die die Erde verderben“. Das hat er vorausgesagt (Offenbarung 11:18).

  • Der Jäger und die Wildtiere
    Erwachet! 1983 | 22. August
    • Der Jäger und die Wildtiere

      ES WIRD immer schneller dunkel, obwohl seit Tagesanbruch erst wenige Stunden vergangen sind. Allmählich überzieht die Dunkelheit den Himmel von Horizont zu Horizont; dabei sieht man nicht eine einzige Wolke. Begleitet wird die Dunkelheit von einem ohrenbetäubenden Lärm. Der Erdboden hallt von dem Dröhnen wider. Was für einen entsetzlichen Sturm hat die Natur entfesselt? Keine Angst, es sind nur Vögel!

      Nein, du hast ein solch gewaltiges Schauspiel noch nie gesehen. Keiner, der heute lebt, hat je so etwas beobachtet. Aber im Jahre 1813 war der berühmte amerikanische Ornithologe und Zeichner John Audubon Zeuge eines solch überwältigenden Spektakels. Er sah drei Tage lang das Vorüberziehen der prächtigen Wandertauben in so großen Massen, daß sie die Sonne verdunkelten.

      Es wird einem schwindlig bei dem Gedanken an derartige Vogelmassen. Doch solche Wandertaubenschwärme gab es einmal. Wenige Jahre bevor Audubon dieses überwältigende Erlebnis hatte, wurde in Kentucky (USA) ein Wandertaubenschwarm gesehen, der auf 2 230 000 000 Tiere geschätzt wurde. Wie Fachleute vermuten, gab es in den Vereinigten Staaten noch 1885 sechs Milliarden dieser Vögel.

      Vielleicht denkst du jetzt, es sei unmöglich, eine solche Tierart wie die Wandertaube auszurotten. Doch der Mensch hat als Jäger das scheinbar Unmögliche geschafft, indem er 29 Jahre lang Tag für Tag durchschnittlich 566 000 dieser prächtigen Vögel tötete. Am 1. September 1914 starb die letzte Wandertaube, Martha genannt, im Zoologischen Garten von Cincinnati (Ohio, USA).

      So ging der Welt die Wandertaube verloren. Eine Vogelart, die absolut nicht gefährdet zu sein schien, ist, wie es in einem Buch heißt, der „Gier des Menschen und seinem verschwenderischen Wesen“ zum Opfer gefallen. Darf der Mensch so leichtfertig mit dem Leben seiner Mitgeschöpfe umgehen und eine Tierart nach der anderen ausrotten? Woher nehmen sich solche Frevler das Recht, künftige Generationen der Freude zu berauben, Tiere in freier Wildbahn zu beobachten?

      Die Verantwortlichkeit des Menschen

      Der Schöpfer der zahllosen Lebewesen auf unserer Erde nimmt ihre Ausrottung nicht leicht. Jesus sagte einmal: „Werden nicht zwei Sperlinge für eine Münze von kleinem Wert verkauft? Doch kein einziger von ihnen wird ohne eures Vaters Wissen zur Erde fallen.“ „Nicht einer von ihnen wird vor Gott vergessen“ (Matthäus 10:29; Lukas 12:6). Gott hat die Vernichtung von sechs Milliarden Wandertauben ganz bestimmt wahrgenommen.

      Nicht alle Menschen heißen das blindwütige Töten von Wildtieren gut. Im Jahre 1855 schrieb ein Häuptling der Duwamish-Indianer im Staat Washington einen Brief an den Präsidenten der Vereinigten Staaten, in dem er seinem Kummer über das rücksichtslose Abschlachten von Wildtieren Ausdruck gab: „Der weiße Mann muß die Tiere dieses Landes als Brüder behandeln. Ich bin ein Wilder, und ich verstehe es nicht anders. Ich habe in der Prärie zahllose Bisons, die der weiße Mann vom Zug aus abgeschossen hat, verfaulen sehen. ... Was ist der Mensch ohne die Tiere? Wenn keine Tiere mehr da sind, stirbt der Mensch, weil er sich zu einsam fühlt, denn was den Tieren widerfährt, widerfährt auch dem Menschen. ... Eines Tages wird der weiße Mann entdecken, was wir bereits wissen: Wir haben den gleichen Gott. ... Die Erde ist kostbar in seinen Augen. Und wer die Erde schädigt, verachtet ihren Schöpfer.“

      Dieser Indianerhäuptling hatte anscheinend instinktiv erkannt, was auch die Bibel sagt: Gott hat den Menschen zum Treuhänder der Tiere eingesetzt. Im ersten Buch der Bibel lesen wir darüber: „Ich setze euch über die Fische, die Vögel und alle anderen Tiere und vertraue sie eurer Fürsorge an“ (1. Mose 1:28, Die Bibel in heutigem Deutsch). Das rücksichtslose, beinahe frivole Abschlachten der Wildtiere ist ein grober Vertrauensmißbrauch.

      Das Nimrodsyndrom

      Darf der Mensch, den Gott als Treuhänder der Tiere eingesetzt hat, überhaupt Tiere töten? Ja, das darf er. Man denke daran, daß Gott selbst es war, der den ersten Menschen Kleidung aus Tierfellen machte, und daß er das Tieropfer (ein Lamm, ihres Sohnes Abel annahm. Auch erlaubte er nach der Sintflut Noah und seinen Nachkommen, Tiere zu Nahrungszwecken zu töten (1. Mose 3:21; 4:4, 5; 9:3).

      Dieses Zugeständnis Jehovas bedeutet aber nicht, daß der Mensch leichtfertig mit dem Leben der Tiere umgehen darf. Um ihm die Heiligkeit des Lebens der Tiere, die er zu Nahrungszwecken töten würde, vor Augen zu führen, verbot ihm Gott, das Fleisch eines Tieres samt seinem Blut zu essen. Das Blut versinnbildet das Leben des Tieres, und das Leben gehört Gott (1. Mose 9:4, 5). Niemals hat Gott dem Menschen erlaubt, Tiere aus Lust am Töten zu jagen. Wie hat das denn angefangen?

      Kurz nach der Sintflut begann Nimrod — damals ein berüchtigter Mann —, sich als Jäger hervorzutun. „Er erwies sich als ein gewaltiger Jäger im Widerstand gegen Jehova“ (1. Mose 10:8, 9). Indem er Tiere rücksichtslos tötete, verging er sich gegen Gott, der sie der Fürsorge des Menschen anvertraut hatte. Andere traten in seine Fußstapfen, und bald wurde die Jagd ein beliebter Sport. Ganz besonders die Könige frönten ihm.

      Die Archäologen haben Kunstschätze ausgegraben, die zeigen, daß die Könige des Altertums leidenschaftlich gern jagten und stolz auf ihre Tapferkeit waren. Sogar der junge ägyptische König Tutanchamun wurde ein Opfer des „Nimrodsyndroms“. Auf Bildern an den Mauern seines Grabes und auf Reliefbildern auf Truhen sieht man ihn in Jagdszenen, wie er zum Beispiel in einem dahinjagenden Wagen steht, Pfeil und Bogen in der Hand und im Begriff, den tödlichen Pfeil auf vor ihm fliehende Wildtiere abzuschießen.

      Es ist noch nicht so lange her, daß reiche Europäer in ihrem Land auf Jagd gingen oder nach Indien oder nach Afrika reisten, um an einer Safari teilzunehmen. Viele zierten ihre Wohnung mit den ausgestopften Köpfen der prachtvollen Tiere, deren Leben sie ausgelöscht hatten, um ihre Jagdlust zu befriedigen. In Nordamerika wurden ganze Bisonherden abgeschlachtet — die Kadaver ließ man liegen und verfaulen. Die Jäger erbeuteten prachtvolle Elch- und Hirschgeweihe sowie andere Trophäen als Beweis ihrer Weidmannskunst.

      Der Mensch als Heger

      Um bedrohte Tierarten vor den Jägern zu schützen, erließen viele Staaten Jagdvorschriften. Von da an durften solche Tiere nicht mehr geschossen werden. In den Vereinigten Staaten zum Beispiel wurden die 3 000 Maultierhirsche, die es in Arizona noch gab, geschützt. Die Folge? Nachdem Tausende ihrer natürlichen Feinde von staatlichen Jägern gefangen, abgeschossen oder vergiftet worden waren, vermehrte sich diese Hirschart wieder, so daß 10 Jahre später etwa 40 000 Tiere vorhanden waren.

      Ein erfreuliches Ergebnis? Einerseits ja. Aber siehe da, unter den Hirschen setzte ein Massensterben ein. Was war der Grund? Ihr Habitat war übervölkert. Im Magen toter Hirsche fand man Tannennadeln — nicht gerade die normale Kost eines Hirsches; Tannennadeln frißt er nur, wenn er am Verhungern ist. Man hatte übersehen, daß ein Tierbestand reguliert und dem Äsungsangebot des Waldes angepaßt werden muß. Da die natürlichen Feinde der Maultierhirsche vernichtet worden waren, konnten sie sich ungehemmt vermehren, und sie fraßen alles kahl. Erst als Jäger regulierend eingreifen und die überzähligen Tiere abschießen durften, wurde das Verhältnis zwischen Hirschen und Nahrungsangebot in ihrem Habitat wieder ausgeglichen.

      Wildbiologen und Ökologen haben daraus gelernt. Aus Erfahrung wissen sie, daß die Tierbestände nur vor Hunger und Krankheit bewahrt werden können, wenn sie reguliert werden. Deshalb dürfen Jäger, die einen Jagdschein besitzen, jedes Jahr in den Jagdzeiten eine bestimmte Anzahl Tiere abschießen. In gewissen Ländern tun das die Förster oder die Jagdaufseher.

      Dadurch nehmen die Wildtierpopulationen zu. Im Jahre 1895 zum Beispiel gab es in Nordamerika südlich von Kanada nur etwa 350 000 Weißwedelhirsche; heute dagegen beträgt ihre Zahl schätzungsweise 12 Millionen. Im Jahre 1925 sollen in zwei Weststaaten der USA noch 13 000 bis 26 000 Gabelböcke vorhanden gewesen sein. Heute sind diese Tiere in allen Weststaaten verbreitet, und ihre Population beträgt mindestens 500 000. In 16 Staaten gibt es jetzt etwa eine Million Wapitis (amerik. Art des Rothirschs), während dieses Tier 1907 bloß in einem Staat vorkam, und zwar nur 41 000 davon. Im Jahre 1911 gab es nach amtlichen Angaben auf den Pribilof Islands 215 900 Bärenrobben, heute sollen es 1,5 Millionen sein. Ohne eine Regulierung der Tierbestände würde es diesen jetzt nicht mehr gefährdeten Tierarten schlecht ergehen.

      Das „Disneysyndrom“

      Allerdings entwickelt sich in den Städten der Vereinigten Staaten, Kanadas und anderer Länder eine Abneigung gegen das Jagen, die sich, wie zuständige Stellen befürchten, ungünstig auswirken wird. Manche Jagdgegner sind gut organisiert; sie haben Büros in England, in den Niederlanden, in Frankreich, in Neuseeland, in Australien sowie in den Vereinigten Staaten und in Kanada.

      Warum wird gegen das Jagen protestiert? Als Antwort auf diese Frage schreibt der Redakteur der Zeitschrift Montana Outdoors: „Ganz einfach deshalb, weil heute viele Leute ohne Bindung zu den ländlichen Gebieten und den darin lebenden Wildtieren aufwachsen. Fast alles, was solche Leute über Wildtiere wissen, haben sie durch das Fernsehen oder durch Filme kennengelernt; in diesen wird leider häufig ein schiefes Bild von den Wildtieren vermittelt ..., und natürliche Vorgänge, daß zum Beispiel ein Tier das andere frißt oder daß Tiere krank werden und verhungern, bleiben unerwähnt.“ Eine leitende Persönlichkeit des US-Wildlife-Service bezeichnete eine solche Auffassung als das „Disneysyndrom“. „Wenn die Leute, insbesondere Kinder, Tierfilme von Walt Disney sehen, kommen sie auf die Idee, die Tiere könnten reden.“ Für sie sind Tiere fast wie Menschen.

      Ein anderer Fachmann erklärte: „Die Kinder erfahren einfach nicht die Wahrheit über das Leben der Tiere in freier Wildbahn. Sie wissen ganz wenig über die Wildhege und über den Erfolg, den wir in den vergangenen 50 Jahren damit gehabt haben. Es ist deshalb verständlich, daß die Jagd bei vielen Kindern verpönt ist. Sie meinen, die Jäger würden noch die paar Hirsche und die anderen Tiere abschießen, die im Land übriggeblieben seien.“

      Der Christ verurteilt Personen nicht, die Tiere zu Nahrungszwecken töten. Wenn jemand dagegen Jagdfrevel begeht oder vorgibt, zu Nahrungszwecken zu jagen, in Wirklichkeit aber nur seiner Jagdlust frönen will, wird Gott ihn zur Rechenschaft ziehen. Ein solcher Mensch verletzt seine Rechte als Treuhänder der Tiere. Und obschon es dem Menschen gestattet ist, Tierfelle für Kleidung zu verwenden, laden sich Personen, die selten gewordene Pelztiere jagen, nur damit exklusive Rauchwaren angefertigt werden können, eine noch größere Schuld auf.

      Viele der Probleme, die in Verbindung mit den Wildtieren entstanden sind, kann der Mensch im gegenwärtigen System der Dinge nicht lösen. Je mehr die Bevölkerung wächst, desto kleiner wird der Lebensraum der Wildtiere und desto schwieriger wird es, sie zu hegen und zu erhalten. Außerdem ist es in unserer habgierigen Welt, in der alles auf finanzielle Gewinne abzielt, für die Regierungen, die nur über geringe Geldmittel verfügen, schwierig, die Wilderer daran zu hindern, gefährdete Wildtiere abzuschießen.

      Wie viele Tierarten der Mensch noch ausrotten wird, ehe Gott eingreift, wissen wir nicht. Eines wissen wir jedoch: Gott wird diesem Tun bald Einhalt gebieten. Er hat verheißen, daß unter seinem Königreich, das in Kürze die Herrschaft über unsere Erde übernehmen wird, ganz andere Verhältnisse herrschen werden: „Sie werden keinen Schaden stiften noch irgendwie Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berge; denn die Erde wird gewißlich erfüllt sein mit der Erkenntnis Jehovas, wie die Wasser das ganze Meer bedecken“ (Jesaja 11:9).

      Dann wird der Mensch angeleitet werden, seine Fürsorgepflicht gegenüber den Tieren richtig zu erfüllen. Bis es soweit ist, sollten Christen die Tiere mindestens gebührend achten; sie sollten ihr Verhältnis zu den Wildtieren realistisch sehen, aber auch ein Herz für sie haben.

      „Und für sie werde ich an jenem Tage gewißlich einen Bund schließen in Verbindung mit den wilden Tieren des Feldes und mit den fliegenden Geschöpfen der Himmel und den Kriechtieren des Erdbodens, ... und ich will sie in Sicherheit sich niederlegen lassen“ (Hosea 2:18).

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