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Das Leben eines WalsErwachet! 1974 | 22. März
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worden sind. Biologen können zum Beispiel aufgrund der Art der Algenschicht, die sie vom Rücken eines harpunierten Tieres kratzen, vermuten, daß das Tier kurz vorher in kalten Gewässern gelebt hat. Oder sie schneiden die Eierstöcke eines Wals auf und zählen die Schwangerschaftsnarben, um sich ein Bild von seiner Fortpflanzungsgeschichte machen zu können.
Die Wissenschaft der Cetologie befaßt sich auch mit den nahen Verwandten des Wals: den Delphinen und den Tümmlern. Sie alle sind Säugetiere, sind warmblütig, geben Milch und atmen Luft. Die größeren Arten sind als Wale bekannt. Die kleineren Arten mit spitzer Schnauze werden Delphine genannt, die mit einem runden Kopf Tümmler. Und dann gibt es eine ungewöhnliche Art, Narwal genannt, die nur einen Zahn hat, nämlich einen schraubenförmig gedrehten Stoßzahn, der bis zu zweieinhalb Meter lang wird.
Die Walfangindustrie und ihre Geschichte
Die nordischen Siedler Grönlands waren bereits Walfänger, aber die Basken, die im elften und zwölften Jahrhundert am Golf von Biskaya lebten, werden als die ersten professionellen Walfänger bezeichnet. Sie kamen schon früh nach Neufundland und hatten im Jahre 1522 eine gut ausgerüstete Fischereiflotte. In jener Zeit jagte man den Wal nicht mehr seines Fleisches wegen, sondern wegen seines Öls und seines Fischbeins. Das Öl wurde in erster Linie als Beleuchtungsmittel verwendet, und das Fischbein wurde für Peitschen, Regenschirme und verschiedene Kleidungsstücke für Frauen benutzt. In den 1890er Jahren brachte ein Kilogramm Fischbein 11 $ ein.
Die Suche nach der Nordwestpassage führte Seeleute in kalte Gewässer, wo es von Walen wimmelte, und nun erhielt das Walfanggeschäft einen großen Aufschwung. Durch die jahrelange Jagd in leicht zugänglichen Gewässern waren die Wale sehr dezimiert worden, und so war die Nachricht von dem unberührten Meeresreichtum der Arktis eine willkommene Botschaft.
Während die Zahl der Wale immer mehr reduziert wurde, mußten die Walfänger ihre Tätigkeit auf das offene Meer ausdehnen. Am Anfang wurde der „Blubber“, die Speckschicht, in Fässer gepackt und in die Heimat gebracht, wo dann das Öl aus dem Speck ausgekocht wurde. Im Jahre 1680 hatten die Niederländer im Walfanggeschäft 260 Schiffe eingesetzt und 14 000 Mann beschäftigt. Danach fing man an, das im Speck enthaltene Öl an Bord auszukochen. Dadurch konnten die Schiffe ihren Wirkungsbereich beträchtlich ausdehnen.
Die Indianer und die frühen europäischen Siedler hatten an den Küsten Amerikas schon lange Wale gefangen, aber erst im Jahre 1712 begann der große Pottwalhandel für die Vereinigten Staaten. Bald wurden amerikanische Schiffe auf jedes Meer geschickt.
Ein hartes Leben
Vom Gesichtspunkt des Wals aus betrachtet, ist das Leben nicht einfach. Der Rücken vieler Wale ist von hellen kreisförmigen Narben übersät, die die kräftigen Saugnäpfe der Fangarme des Tintenfisches oder des Kraken hinterlassen haben. Alle älteren Wale sind wiederholt von den Schnäbeln der Riesentintenfische am Kopf verletzt worden. Der Schwertfisch ist ein weiterer Feind, und sein 75 Zentimeter langes Schwert bleibt manchmal in der Speckschicht des Wals stecken.
Aber bei weitem der schlimmste Feind dieser verspielten Ungetüme der Tiefe ist der Mensch. Doch der Wal wird nur dann Menschen angreifen, wenn er gereizt wird. Dann hat er mit seiner gewaltigen „Fluke“ oder Schwanzflosse schon manches Mal die alten Walfangboote in Stücke geschlagen. Manch ein „Fang“ war erfolglos, selbst nachdem das Tier schon harpuniert worden war, weil es in seinen Qualen mit seinem Schwanz auf das Boot einhieb oder es sogar zwischen seinen Kiefern zermalmte.
Durch die Habgier des Menschen sind die Wale jedoch fast ausgerottet worden. Im Jahre 1850 erkannte der König von Hawaii diese Gefahr und erließ eine Verordnung, durch die der Massenvernichtung der Wale vor Maui Einhalt geboten wurde. Das war die erste Einschränkung, die Walfängern irgendwo auf der Erde auferlegt wurde.
Mit der Einführung der Harpunenkanone im Jahre 1865 und der leistungsfähigen schwimmenden Kochereien ist das Abschlachten der Wale intensiviert worden. Jetzt setzen Japan und Rußland auch Echolote und Hubschrauber ein, um diese Tiere, deren Zahl rasch abnimmt, weiter zu verfolgen. Meeresbiologen schätzen, daß weniger als 300 Glattwale wie der Grönlandwal in den Meeren übriggeblieben sind. Der Blauwal ist auf schätzungsweise 6 000 Tiere dezimiert worden, und es gibt nur noch etwa 10 000 Grauwale. Der Finnwal, der Seiwal und der Pottwal sind praktisch die einzigen Wale, die noch in größerer Zahl vorkommen.
Hat der Wal Zukunft?
Wie kann die völlige Ausrottung des Wals verhindert werden?
Auf der Umweltschutzkonferenz der Vereinten Nationen, die vergangenen Juni in Stockholm stattfand, forderten die Vereinigten Staaten eine zehnjährige Unterbrechung des kommerziellen Walfangs, und die Resolution wurde verabschiedet. Die Internationale Walfangkommission weigerte sich jedoch, das Verbot anzuerkennen. Einige Gruppen setzen sich dafür ein, daß gegen Walfang treibende Nationen direkte wirtschaftliche Sanktionen verhängt werden.
Verschiedene Nationen, wie Großbritannien, Kanada und die Vereinigten Staaten, haben das Walfanggeschäft völlig aufgegeben. In einem Land zog eine Gesellschaft, die einmal 40 000 Seeleute und 750 Schiffe hatte, ihre letzten 4 Schiffe und 40 Seeleute aus dem Dienst, als sich das Wirtschaftsministerium dieses Landes weigerte, die Walfanglizenz zu erneuern. Außerdem haben einige Länder die Einfuhr von Walprodukten verboten. Anhänger des Naturschutzgedankens erklären, daß für alle gegenwärtigen Verwendungszwecke des Wals andere Möglichkeiten vorhanden seien.
Wie bei anderen Formen tierischen Lebens hängt die Zukunft des Wals hauptsächlich vom Menschen ab. Und gewiß ist es ermutigend, wenn Menschen Maßnahmen ergreifen, um diese wunderbaren Geschöpfe Gottes zu schützen.
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Die Inflation tut wehErwachet! 1974 | 22. März
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Die Inflation tut weh
Durch die Inflation leiden die Bevölkerungsschichten, deren Einkommen nicht genügend steigt, um mit den kletternden Preisen Schritt zu halten. Es folgen einige typische Beispiele:
Eine Hausfrau in Toronto, deren Mann gut verdient, sagte über ihre drei Kinder: „Sie können sich satt essen, aber sie wachsen auf, ohne richtig zu wissen, was Rindfleisch ist.“ Ein Taxifahrer in Rio de Janeiro, seine Frau (die als Sekretärin arbeitet) und die Kinder müssen die Wohnung mit einem Angehörigen teilen, weil sie, wie der Mann sagte, sich keine eigene Wohnung leisten und sich dennoch satt essen können. In London sagte ein pensionierter Postangestellter, daß er und seine Frau auf ihre Ersparnisse zurückgreifen müßten, um die Rechnungen bezahlen zu können. Er fügte hinzu: „Ich kann mir keine Kleidung mehr kaufen, außer Schuhen.“ Als sie sich einen kurzen Urlaub gönnten, konnten sie sich nur einmal am Tag eine richtige Mahlzeit leisten, den Lunch ließen sie aus.
Ein römischer Postangestellter sagte, der „katastrophale“ Preisanstieg habe ihn gezwungen, eine zweite Arbeitsstelle anzunehmen, damit er seine Familie ernähren könne. Eine Londoner Hausfrau, die sich gezwungen sah, fünfzehn Stunden wöchentlich arbeiten zu gehen, sagte, daß sie jetzt zwanzig Stunden wöchentlich arbeite und daß auch ihr Mann so viele Überstunden mache, wie er nur könne. Sie erklärte: „Dennoch kommen wir auf keinen grünen Zweig, denn wir geben das Geld, das wir zusätzlich verdienen, so schnell, wie wir es einnehmen, wieder aus. Es ist einfach schlimm.“ Ja, die Inflation tut weh. Durch die Inflation leiden die Leute, deren Einkommen nicht schnell genug steigt, um den Preisanstieg wettzumachen.
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