Tierkult — in alter und neuer Zeit
Gottes Wort sagt, daß Jehova allein anzubeten ist. Inwiefern hat der Mensch dieses Gebot durch Tierkult in der Vergangenheit und Gegenwart übertreten? Dieses Thema erweist sich als von größerem denn nur akademischem Interesse.
DIE Szene ist eine Straße im alten Ägypten. Man sieht, wie sich eine erzürnte Rotte bildet. Sie eilt die Straße hinab in ein gewisses Haus, in dem ein Fremder, ein römischer Bürger, als Gast des Königs weilt. Der König hört, daß sich der Pöbel rottet, und er sendet Fürsten aus, um zu versuchen, ihn auseinanderzutreiben — umsonst. Der wahnsinnige Pöbel dringt ins Haus ein, ergreift den Römer und reißt ihn in rasender Wut in Stücke.
Was hat der Römer getan, um dieses Schicksal zu verdienen? Welches Verbrechen hat er begangen? Er hat zufällig eine Gassenkatze getötet! Unglaublich? Widersinnig? Ganz und gar nicht. Weil die Katzengöttin verehrt wurde, die für die Ägypter das war, was Artemis für die Griechen und Diana für die Römer, war jede Katze heilig. Beim Tode einer Katze trauerte das ganze Haus, und den Katzen wurden pompöse Begräbnisse zuteil.
Der Vorfall hinsichtlich des Römers war nichts Ungewöhnliches, noch war die Katze das einzige Tier, dem solcher Kult dargebracht wurde. „Das Widerlichste an der ägyptischen Religion war der Tierkult. Für jede Gottheit war ein gewisses Tier heilig“, und die Ägypter taten sich hervor in der Zahl ihrer Gottheiten. Katze, Hund, Kuh, Stier, Widder, Wolf, Löwe, Geier, Ibis, Falke, Krokodil, Nilpferd, Ichneumon, Frosch, Aal, Schlange und Otter waren alle Kultobjekte. Herodotus sagt, daß ein Mensch, der willentlich ein heiliges Tier tötete, zum Tode gebracht wurde; wenn es zufällig geschah, auferlegten die Priester eine Buße; aber im Fall eines Ibis oder Falken wurde sogar ein zufälliges Töten mit dem Tode bestraft, und dies gewöhnlich mit dem Tod durch eine wütende Pöbelrotte. In Hungersnöten ließ man eher Menschen verhungern und ging selbst zur Menschenfresserei über, als das Fleisch eines heiligen Tieres zu essen.
Warum herrschte dieser Tierkult, der nicht auf die Ägypter beschränkt war, unter ihnen derart vor? Die Lehre von der Seelenwanderung, wonach eine „Seele“ beim Tode in andere Geschöpfe übergeht, war zweifellos viel daran schuld. Auch spielten Tradition und Mythologie eine Rolle wie auch die Tatsache, daß gewisse Tiere nützlichen Zwecken dienten, zum Beispiel dem Schutze vor Insekten oder der Lieferung von Speise und Kleidung.
Der Geschichtsschreiber Rawlinson sagt: „Die schlimmste Form dieses Tierkultes war der Glaube, daß eine Gottheit unbedingt in einem einzelnen Tier inkarniert wurde und dies bis zum Tode des Tieres blieb. Ein solches war der Apis-Stier.“ Diese Tiere „wurden beständig verehrt, und Tausende beteten zu ihren Lebzeiten zu ihnen, und sie wurden bei ihrem Tode mit der größten Sorgfalt in mächtigen Sarkophagen bestattet, unter der Trauer von ganz Ägypten“.
Die eigentliche, dem Tierkult zugrunde liegende Ursache dagegen wird uns vom Apostel Paulus angegeben: „Obwohl sie Gott erkannten, verherrlichten sie ihn nicht als Gott, noch dankten sie ihm, sondern sie wurden hohlköpfig in ihren Überlegungen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Obwohl behauptend, weise zu sein, wurden sie töricht und verkehrten die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes in etwas gleich dem Bilde des verweslichen Menschen und der Vögel und vierfüßiger Geschöpfe und kriechender Dinge.“ — Röm. 1:21-23, NW.
Wenn wir diese Zustände im alten Ägypten verstehen, so erkennen wir dadurch die Größe des Sieges Jehovas, als er den Ägyptern Plagen sandte und sein Volk befreite. Auch erklärt es, warum die Israeliten so leicht dem Kalbskult und anderen Formen des Götzendienstes erlagen, wie sich dies zum Beispiel in ihrer Anbetung der Kupferschlange zeigt, die Mose in der Wüste gemacht hatte. — 2. Mose 32:24; 2. Kön. 18:4.
TIERKULT IN INDIEN HEUTE
Gleichwie sich in alten Zeiten Ägypten im Tierkult hervortat, so tut sich heute Indien hervor. Bis die neue indische Regierung eine Prämie auf jeden Affenkopf festsetzte, fraßen dort die Affen täglich Lebensmittel im Werte von 2 Millionen Dollar und zerstörten überdies jährlich riesige Haufen Getreide. Die Leute verhungerten, nicht aber die Affen, noch die Pfauen, denn auch sie waren heilig. Den Schlangen fallen weiterhin jährlich 50 000 Leben zum Opfer, weil sie als heilig angesehen werden.
Am 2. April 1955 ging Nehru, der Premierminister von Indien, bis zum äußersten, indem er mit seiner Amtsniederlegung drohte, um die Annahme einer Gesetzesvorlage zu verhindern, die es widerrechtlich gemacht hätte, Kühe zu töten, eine Gesetzesvorlage, die von einem Mitglied seiner eigenen Kongreßpartei eingereicht wurde. Darüber Bericht erstattend, sagte die New York Times am 3. April 1955 ferner:
„Die Streitfrage über das Verbot hinsichtlich der Abschlachtung von Kühen wogt fast die ganze Zeit in vielen Teilen des Landes hin und her. Fast jede Woche ziehen in Neu-Delhi kleinere Banden religiöser Hindus durch die Straßen und tragen gelbe Banner mit der Aufforderung, dem Töten von Kühen ein Ende zu bereiten. Millionen von Kühen, die zu alt sind, um überhaupt noch etwas zu nützen, wandern durch die Straßen und knabbern an Nahrungsmitteln auf den Ständen. Viele Hindus machen sich einen Brauch daraus, Nahrung aufzubehalten, um sie Kühen zu geben. Die indischen Kühe gehören zu den Rassen in der Welt, die am wenigsten Milch geben.“ Da die Regierung außerstande ist, nutzlose und kranke Kühe abzuschlachten, hat sie Zuflucht zu Absonderungszentren für solche Kühe genommen, doch sind dabei nur langsame Fortschritte erzielt worden.
Die Torheit dieses Kuhkultes und des Kastenwesens geht aus folgendem hervor: Wenn ein Unberührbarer einen Brunnen benutzt hatte, mußte er geheiligt werden, indem man heiligen Kuhmist hineinwarf!
KULT MIT LIEBLINGSTIEREN
In den Ländern des Westens, wie es z. B. die Vereinigten Staaten sind, nimmt der Tierkult die Form sentimentaler Gefühle gegenüber Tierlieblingen an. In den letzten wenigen Jahren hat man in der Presse Dinge gelesen, wie: „Ein Bürger von Kolorado begräbt seinen Hund in einem Sarg; Kosten $ 1000.“ „Ich habe in den letzten 35 Jahren für meine Lieblingstiere $ 200 000 verbraucht, bedaure aber keinen Cent davon“, so sagte Fred Schmitt von Kolorado. „Ein Pastor hält eine schöne Rede bei den Begräbnisriten für den Leithund einer Blinden. Das Lieblingstier und der Kamerad der Schriftstellerin und Vortragsrednerin wird in einem mit Seide ausgeschlagenen Sarg begraben. Ein wohlbekannter Geistlicher von Oak Park, Dr. Carl S. Winters, sprach am Freitag bei der Bestattung ihres Hundes, der ihr sehendes Auge war.“ „Ein ‚großes Tier‘ — eine Katze! Mitzie erbt ein Haus im Wert von $ 9000 in Omaha.“ Zur Zeit seines Todes hatte Putnam, der 74 Jahre zählte, als Gefährten nur eine Pflegerin im mittleren Alter und Mitzie. In seinem Testament vermachte er das Haus Mitzie. Seine Pflegerin soll das Haus nach dem Tode Mitzies erben, vorausgesetzt, daß sie seine Anweisungen bezüglich der Ernährung und Pflege der Katze genauestens befolgt.
Man beachte ferner den Appell der American Feline Society, einer internationalen Organisation, die jährlich etwa $ 25 000 ausgibt, um Katzen beliebt zu machen und die Leute zu ermuntern, sich verirrter Katzen anzunehmen. Er lautet wie folgt: „Wir brauchen dringend Hilfe: Mehr Freiwillige — mehr Mitglieder — mehr reiche Beiträge.“ Die Gesellschaft „spornt euch an, Mitglied oder Beitragszahler zu werden und so die Sache der Katzenschaft zu fördern“. Ihr Präsident legt einen Eifer und eine Begeisterung für seine Sache an den Tag, die entschieden religiös und daher eine Form des Tierkultes ist.
Es gibt noch andere Tierverehrer. Solche, die denken, es müsse im Himmel einen Platz für Tierlieblinge geben; solche, die sich so um die elende Lage der Tiere kümmern, daß sie Gottes Anforderungen in bezug auf ihre Mitmenschen oder deren Elend vergessen. Dazu gehören viele Vegetarier und Bekämpfer der Vivisektion. Ihr Eifer erinnert uns an jenen der alten Ägypter.
DER BIBLISCHE GESICHTSPUNKT
Gott hat dem Menschen die Herrschaft über die Tiere gegeben. Die Tiere sollen dem Menschen nützen und nicht der Mensch den Tieren. Aber der Mensch soll seine Aufgabe auch nicht so mißbrauchen, wie es einige Anhänger der Vivisektion tun, noch sollten sie Tiere aus reiner Sportlust umbringen, wie viele neuzeitliche Nimrode dies tun. „Der Gerechte kümmert sich um das Leben seines Viehes.“ Als der Mensch noch in Eden war, versah ihn Gott mit Tierhäuten zur Bekleidung, und nach der Flut sah er für den Menschen Fleisch von Tieren als Nahrung vor. — Spr. 12:10.
Schon der Organismus der Tiere und besonders ihr Gehirn ist demjenigen des Menschen weit untergeordnet. Tiere haben keinen Verstand, sie können nicht Vernunftschlüsse ziehen, haben kein sittliches Gefühl, sind unfähig, Jehova anzubeten — all dies läßt den Kult, den der Mensch ihnen darbringt, um so ungereimter erscheinen. Nur durch Entartung kommt der Mensch auf den Tiefstand des stummen Tieres. „Da war ich dumm und wußte nichts; ein Tier war ich bei dir.“ Als König Nebukadnezar wahnsinnig wurde, handelte er wie ein Tier. — Ps. 73:22.
Unvernünftige Tiere sind nicht zum ewigen Leben bestimmt worden, sondern zum Sterben. Deshalb werden die Bösen mit ihnen verglichen: „Aber diese Menschen, wie unvernünftige Tiere, naturgemäß zum Fang und Verderben geboren“, werden Vernichtung erleiden. „Der Mensch, der in Ansehen ist und keine Einsicht hat, gleicht dem Vieh, das vertilgt wird.“ Die Bibel bietet der stummen Schöpfung weder eine himmlische noch eine Auferstehungshoffnung. — 2. Pet. 2:12, NW; Ps. 49:20.
Der Mensch wurde erschaffen, um anzubeten — nicht sich selbst, noch seinesgleichen und bestimmt nicht die ihm Untergeordneten, sondern nur einen, Jehova Gott. „Jehova, deinen Gott, sollst du anbeten, und ihm allein sollst du heiligen Dienst darbringen.“ Wem es an Herzensergebenheit gegenüber seinem Schöpfer mangelt, der wird rührselig gegenüber Geschöpfen und dient ihnen. Dies ist eine Form der Anbetung. — Matth. 4:10.
Die Erfüllung von biblischen Prophezeiungen wie jener aus Matthäus, Kapitel 24, und 2. Timotheus 3:1-5 zeigt, daß wir in den letzten Tagen leben. Alles, was wirklich von Belang ist, ist nun, Jehovas Gebot zu gehorchen, nämlich ‚Jehova, Gerechtigkeit und Demut zu suchen‘ und anderen behilflich zu sein, dasselbe zu tun, indem man die „gute Botschaft vom Königreich“ predigt. Christen werden nicht zu Sportzwecken Tiere mißbrauchen oder sie unnötig umbringen, sondern werden das an die erste Stelle setzen, was an die erste Stelle gehört. Sie werden die Hingabe ihrer Herzen ihrem Schöpfer, Jehova Gott, darbringen und werden ‚fortfahren, zuerst das Königreich und seine Gerechtigkeit zu suchen‘. — Zeph. 2:1-3; Matth. 24:14; 6:33, NW.
Du sollst nicht einen anderen Gott anbeten; denn Jehova, dessen Name Eiferer ist, ist ein eifernder Gott. — 2. Mose 34:14.