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Mein Lebensziel verfolgendDer Wachtturm 1960 | 1. November
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Wir begannen sogleich, unter den Mexikanern Zeugnis zu geben. Ich werde das erste Zeugnis, das ich auf spanisch zu geben versuchte, nie vergessen. Mit Hilfe des Grammophons und einer Sprechplatte in Spanisch, wie man sie damals immer noch benutzte, gelang es mir, das Buch Kinder abzugeben. Welche Befriedigung! Das nächste Problem war, mir einen genügenden Wortschatz anzueignen, um Nachbesuche machen und mit den Interessierten studieren zu können.
Wir erhielten dadurch Hilfe, daß wir in der Nachbarstadt, in der es eine mexikanische Versammlung gab, die Zusammenkünfte besuchen konnten. Zuerst schien es uns, daß die Brüder schrecklich schnell sprächen und alle ihre Wörter zusammenzögen. Nur hin und wieder erkannte ich ein Wort; doch bald konnten wir die Gedanken erfassen. Es dauerte nicht lange, und ich gab schon Antwort auf gewisse Fragen und führte Heimbibelstudien durch. Die Geduld jener demütigen Menschen war uns eine Hilfe, gute Fortschritte zu machen.
Weitere zwei Jahre verflossen, und wir konnten immer noch kein Visum für Mexiko bekommen. Dennoch konnten wir während gewisser Monate des Jahres mexikanischen „Wetbacks“ Zeugnis geben. Sie kamen illegal über den Rio Grande, um während der Fruchternte einige Dollar zu verdienen, denn das Rio-Grande-Tal ist wegen seiner Zitrusfrüchte bekannt. Nach ihrer Rückkehr nach Mexiko suchten einige dieser Leute die Zeugen in ihren Heimatstädten auf. So hatten wir einen kleinen Anteil daran, die Botschaft in das Land zu bringen, obwohl wir es selbst nicht betreten konnten.
Anfang 1946 wurde unsere Zuteilung auf Kuba umgeändert, und wir wurden mit einigen unserer früheren Klassenkameraden einem dortigen Missionarheim zugeteilt. Es war, wie wenn man einige seiner Angehörigen wiedersieht, nachdem man fast drei Jahre lang von ihnen getrennt gewesen ist! Unser waren sechs im Heim; wir besorgten zusammen den Haushalt und erzählten uns gegenseitig unsere Felddiensterfahrungen. Wir mußten uns an viele neue Dinge gewöhnen, zum Beispiel an das Kochen mit Holzkohle und an den Genuß neuer Speisen; doch schätzten wir das Vorrecht, in einem Auslandsgebiet zu sein. Die Kubaner sind, im ganzen genommen, sehr demütig, und das erleichterte uns das Zeugnisgeben unter ihnen. Als Ergebnis ihrer Empfänglichkeit für die Botschaft konnten die Missionare, als sie dieser Insel zugeteilt wurden, viele muntere Versammlungen gründen.
INTERNATIONALE KONGRESSE
Nachdem wir einige Monate in dem uns zugeteilten Gebiet in Kuba gearbeitet hatten, kehrten wir im Jahre 1946 in die Vereinigten Staaten zurück, um den Kongreß in Cleveland, Ohio, zu besuchen. Meine Partnerin und ich fuhren von Miami, Florida, im Wagen und nahmen vier kubanische Pioniere mit, darunter eine achtzigjährige Schwester. Da wir wenig Geld hatten, hielten wir jeweils am Wegesrand an, um ein Schläfchen zu machen und einen Imbiß zu uns zu nehmen, doch niemand beklagte sich deswegen. Wir hatten bei diesem Kongreß große Freude, besonders am spanischen Programm, in dessen Verlauf wir Erfahrungen anderer Missionare und von Einheimischen aus anderen lateinamerikanischen Ländern hörten. Mit erneutem Eifer kehrten wir in unser Gebiet zurück, das wir immer mehr liebten, je besser wir die Menschen kennenlernten.
Im Sommer 1948 wurde uns mitgeteilt, daß einige Missionare aus Kuba wegbeordert und in andere Länder gesandt werden würden, da nun geistig gekräftigte einheimische Verkündiger fähig seien, die Verantwortung für das dortige Werk zu übernehmen. Wir wurden gefragt, ob wir bereit seien wegzugehen. Wir waren bereit, irgendeine Zuteilung anzunehmen, da wir diese als von Jehova kommend ansahen. Eine Zeitlang hörten wir nichts mehr, rieten hin und her und faßten jedes Land auf Erden ins Auge, in das wir gesandt werden mochten — nur nicht Argentinien —, und gerade dorthin wurden wir gesandt!
Zu sechst sollten wir die Reise mit dem Schiff von New York aus machen. So sagten wir denn im September 1948 unseren lieben Freunden in Kuba Lebewohl und traten unsere lange Reise an. Nachdem wir in North Carolina Halt gemacht hatten, um meine Angehörigen zu sehen, und dann einige Tage in New York verbrachten, reisten wir dort an einem frösteligen Herbsttag im Oktober ab. Bei unserer Ankunft in Buenos Aires war es Frühling; nicht daß wir etwa monatelang gereist wären, sondern es ist hier, was die Jahreszeiten betrifft, gerade umgekehrt als in den Vereinigten Staaten.
Wir fanden Buenos Aires als eine saubere, moderne Stadt von ungefähr vier Millionen Einwohnern vor, die über ein Untergrundbahnnetz und andere Mittel des neuzeitlichen Verkehrs verfügt. In einer so kosmopolitischen Stadt war die Arbeit von Tür zu Tür deshalb so viel interessanter, weil wir von einem Haus zum anderen nie wußten, was für Leute wir antreffen würden.
Kurz nach der Ankunft in Buenos Aires besuchten wir unsere erste größere Versammlung und lernten viele unserer argentinischen Brüder kennen. Wir erkannten, daß Missionare dort sehr nötig waren, da die Ernte groß ist und es verhältnismäßig wenig Arbeiter gab. Als wir eintrafen, zählte man etwa tausend tätige Verkündiger im ganzen Lande. Heute, nahezu zwölf Jahre später, gibt es etwa 7000.
Unsere nächste größere Versammlung fand zu Anfang des Jahres 1949 anläßlich des Besuches von Bruder Knorr statt. Sie wurde von der Polizei gesprengt, und Hunderte der Brüder kamen ins Gefängnis, bis die Untersuchung vorüber war. Darauf folgte ein Verbot aller unserer öffentlichen Versammlungen, und die Türen aller Königreichssäle wurden geschlossen. Dessenungeachtet fuhr Jehova, der Allmächtige, fort, unserer Tätigkeit Gelingen zu schenken, und wir haben Jahr für Jahr eine Zunahme in der Zahl der Verkündiger zu verzeichnen gehabt.
Alle unsere Versammlungen mußten in Privatwohnungen abgehalten werden, wo jeweils zehn bis fünfzehn Personen zusammen studierten. Es kam mehr einem Familientreffen gleich, und wir fühlten uns alle frei, uns zu beteiligen. Ich wurde als Studienleiter einer dieser Gruppen eingesetzt, und das bedeutete eine vermehrte Verantwortung, aber ich war Jehova dankbar, daß man mich brauchen konnte.
Nachdem ich fast fünf Jahre in meinem Gebiet in Argentinien zugebracht hatte, kehrte ich zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten zurück. Das war im Jahr 1953, nämlich beim Besuch des internationalen Neue-Welt-Kongresses der Zeugen Jehovas. Es war ein Anlaß großer Freude. Auch hatte ich das Vorrecht, beim internationalen Kongreß „Göttlicher Wille“ zugegen zu sein, der im Jahre 1958 stattfand. Nach meiner Rückkehr nach Argentinien wurde ich diesmal mit drei anderen Missionaren in der Stadt Salta, in der Nähe der bolivianischen Grenze, eingesetzt. Wir sind sehr glücklich über diese Zuteilung und haben sehen dürfen, wie die kleine Versammlung, die bei unserer Ankunft dort vorhanden war, an Zahl und Reife ständig zugenommen hat.
Zurückblickend kann ich in Wahrheit sagen, daß meine siebzehn Jahre Missionardienstes die Kosten mehr als wert gewesen sind. Trotz der Beschwerden, die wir bisweilen zu ertragen haben, haben wir doch den Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt. (Phil. 4:7) Seiner Verheißung getreu ‚öffnet Jehova die Fenster des Himmels und gießt Segen aus bis zum Übermaß‘. — Mal. 3:10.
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Fragen von LesernDer Wachtturm 1960 | 1. November
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Fragen von Lesern
● Können Sie mir sagen, weshalb Jesus nicht taufte? Gibt es Schrifttexte, die zeigen, daß er nicht taufte? — F. P., Kanada.
In Johannes 4:1-3 lesen wir: „Als nun der Meister erfuhr, daß die Pharisäer gehört hatten, daß Jesus mehr Jünger mache und taufe als Johannes — obwohl tatsächlich Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger —, verließ er Judäa und zog wieder weg nach Galiläa.“ — NW.
Da so viele zu Jesus kamen, um sich taufen zu lassen, ist es vernünftig, zu folgern, daß Jesus ihre Taufe seinen Jüngern überließ, um sich für das wichtigere Werk des geistigen und körperlichen Heilens frei zu halten. Auch hielt sich Jesus ohne Zweifel davon zurück, jemanden zu taufen, damit sich später niemand
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