Wir beobachten die Welt
„Das Leben vor der Geburt“
Das ist der Titel einer Informationsbroschüre über die „seelische und körperliche Entwicklung des Kindes im Mutterleib“, die vom deutschen Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit herausgegeben wurde. Die Autorin, Katharina Zimmer, bemerkt einleitend: „Neue Erkenntnisse über die Entwicklung des Kindes im Mutterleib bringen Licht in die ersten Phasen des Lebens. Viel früher, als wir bisher annahmen, entfalten sich die Sinne des Ungeborenen, und viel früher, als man bis vor kurzem glaubte, entwickeln sich feine Strukturen und Fähigkeiten des Gehirns. Und für werdende Eltern besonders wichtig zu wissen: Schon im Mutterleib entstehen erste Beziehungen des Kindes zu den Eltern.“ Bundesminister Dr. Heiner Geißler weist in einem Geleitwort darauf hin, daß das ungeborene Leben die „schwächste Form“ menschlichen Lebens ist, und erklärt: „Lange hat man geglaubt, daß es sich dabei in den verschiedenen Stadien um vormenschliche Entwicklungsstufen handele, vergleichbar einem Zellklumpen, einem Fisch oder einem Lurch. Inzwischen ist die Wissenschaft weiter. Es wird heute ernsthaft nicht mehr bestritten, daß auch vorgeburtliches Leben personales menschliches Leben ist. Mensch wird man also nicht erst mit der Geburt.“
„Irreparabler Bruch“
Kardinal Jean-Marie Lustiger, Erzbischof von Paris, hat sein Bedauern über die Entscheidung der anglikanischen Synode von Großbritannien, die Zulassung von Frauen zum Priesteramt anzustreben, ausgesprochen. Bei einem Zusammentreffen mit Dr. Robert Runcie, dem anglikanischen Primas, erklärte er gemäß einer Meldung der Zeitung Luxemburger Wort: „Wenn es tatsächlich dazu kommt, bedeutet dies einen irreparablen Bruch nicht nur mit der katholischen [Kirche], sondern auch mit den orthodoxen Kirchen.“ Dr. Runcie war auf Einladung der katholischen Bischofskonferenz zu einem Besuch nach Frankreich gekommen.
„Eiszeit“ — eine ungesicherte Theorie
„Die Erforschung der Eis- und Steinzeit ist nach Ansicht von wissenschaftlichen Experten noch so ungesichert, daß bestehende Theorien durch spektakuläre Funde immer noch korrigiert oder sogar widerlegt werden könnten“, hieß es in den Westfälischen Nachrichten. Anlaß für diese Feststellung war ein Treffen von Fachleuten dieses Forschungszweiges, das am 11. April 1985 im Ruhrgebiet stattfand. Die Zeitung berichtete: „Am Rande des Jahrestreffens der Hugo-Obermaier-Gesellschaft, eines internationalen Zusammenschlusses von Frühgeschichtlern und prähistorisch forschenden Naturwissenschaftlern, meinte der Präsident Prof. Burkhard Frenzel gestern in Duisburg, es seien Entdeckungen denkbar, die nach dem heutigen Wissensstand vielleicht ‚nicht einmal richtig verstanden werden könnten‘. Auch hier gelte, daß ‚Wissenschaft der Irrtum von heute‘ sei.“
Aids und Woodoo-Kult
Bei den Diskussionen über die Herkunft des Aids-Erregers (erworbenes Immundefektsyndrom) kamen auch spiritistische Bräuche auf Haiti ins Gespräch. Wie die Stuttgarter Nachrichten berichten, hält das Bundesgesundheitsblatt diese Möglichkeit für erwähnenswert. „Aids könnte demnach etwas mit dem Wiederaufleben des Woodoo- oder Hexereikultes in den letzten Jahren in Haiti zu tun haben“, schreibt die Zeitung. „Der Kult stammt aus Zentralafrika, dem Ursprungsland der haitianischen Einwanderer.“ Besonders in Zaire treten Tumoren gehäuft auf, die auch für Aids typisch sind. Wahrscheinlich haben sich die ersten Aids-Kranken der USA in der Karibik oder in Afrika angesteckt. „Es gehört zum Ritus des Woodoo-Kults, menschliches und tierisches Blut zu vermischen und die so gewonnene Masse als Medikament zu benutzen“, heißt es weiter. „Sollte dabei das Blut von Aids-Kranken benutzt werden, so wäre eine Übertragung des Virus möglich. Diese keineswegs geheimnisvolle Überlegung könnte dazu beitragen, Licht in das Dunkel um die unerklärliche Ausbreitung der Krankheit von Afrika nach Haiti und — über Homosexuelle — in die USA und die Bundesrepublik zu bringen.“
Die Weltgesundheitsorganisation gab kürzlich die neuesten Zahlen der in Europa an Aids erkrankten Personen bekannt. Am 15. Oktober 1984 waren demnach 559 Personen mit gesicherter Erkrankung gemeldet, 255 (46 %) verstarben. Den höchsten Anstieg seit Oktober 1983 hatten Frankreich (126 Patienten), die Bundesrepublik Deutschland (68) und Großbritannien (64) zu verzeichnen. Im Oktober 1984 waren gemäß einer Tabelle in der Zeitschrift für Allgemeinmedizin folgende europäische Länder betroffen: Dänemark (28), Finnland (4), Frankreich (221), Bundesrepublik Deutschland (110), Italien (10), Niederlande (26), Spanien (18), Schweden (12), die Schweiz (33) und Großbritannien (88).
Babys hassen Jazz und Rock
Daß Babys lieber Wiegenlieder hören als Jazz und Rockmusik, könnte man sich fast denken. Japanische Ärzte haben die Wirkung der Musik auf Babys jetzt anhand eines umfangreichen Experimentes nachgewiesen. Wie aus einem Bericht der Zeitschrift selecta hervorgeht, „beschallten“ sie über 100 Säuglinge im Alter von einer Woche mit unterschiedlicher Musik. „Wenn sie schrien, konnten 70 % bis 90 % der Winzlinge mit einem Wiegenlied von Johannes Brahms zum Schweigen gebracht werden; Jazzmusik ließ sie hingegen ungerührt weiterbrüllen“, wird berichtet. „Immerhin drei von 21 konnten mittels Jazz zum Aufwachen und zum Weinen gebracht werden; eines von 13 schlafenden Kindern begann zu schreien, wenn man ein Tonband mit Rockmusik laufen ließ.“ Wurde dagegen ein Wiegenlied gespielt, dann schlummerten alle schlafenden Babys weiter.
Über die Gefahren des Rauchens
Alle Fraktionen des deutschen Bundestages wollen die Jugend gesetzlich vor den Gefahren des Rauchens schützen. Doch auch nach einer Anhörung von zwanzig Sachverständigen im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, die sich am 24. April 1985 über fast acht Stunden hinzog, war offengeblieben, „welche Schutzmaßnahmen wirklich wirksam und geeignet“ wären. So wurde zum Beispiel, wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu entnehmen ist, von einer Reihe Wissenschaftlern aufgrund internationaler Beobachtungen bestritten, daß Raucher durch ein Verbot der Werbung für Tabakwaren dazu veranlaßt werden könnten, weniger zu rauchen. Ebensowenig würde ein solches Verbot Jugendliche davon abhalten, sich Tabakwaren zu beschaffen. Die Referate der Experten machten deutlich, wie gesundheitsschädlich das Rauchen ist. Entscheidend sei, „den Willen zu haben, mit dem Rauchen aufzuhören oder gar nicht erst anzufangen“. „Wie schwierig das ist“, bemerkt die Zeitung, „erfuhren diese Sachverständigen auch bei der Anhörung über die Gefahren des Rauchens im Bundestag. Denn es wurde im Sitzungssaal verhältnismäßig viel geraucht.“
Delphinschlaf
Bislang war es ein Geheimnis, warum Delphine beim Schlafen nicht ertrinken. Wie die Nachrichtenagentur TASS meldete, könnten sowjetische Physiologen jetzt nachweisen, daß die beiden Gehirnhälften der Delphine niemals gleichzeitig schlafen. Wenn die eine Hälfte des Gehirns schläft, ist die andere Hälfte aktiv und steuert die komplizierten Prozesse im Körper des Säugetiers, damit es regelmäßig zum Atmen an die Wasseroberfläche kommen kann. Dadurch ist auch die Theorie — zumindest bei den Delphinen — fraglich geworden, die besagt, daß Mensch und Tier die Tiefschlafphase (und das Träumen) nötig hätten, damit sich das Nervensystem vom Streß des Wachzustandes erholen könne.
Arzt und Patient vor Gericht
In den USA nehmen sich immer mehr Patienten nach Operationen mit bösen Folgen einen Rechtsanwalt und gehen vor Gericht. Allein im Jahre 1982 haben 250 Kläger Entschädigungssummen von jeweils einer Million Dollar oder darüber zugesprochen bekommen. Bahnt sich eine ähnliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland an? „Die Bereitschaft des Patienten, gegen seinen behandelnden Arzt zu klagen, hat in den letzten Jahren auch bei uns erheblich zugenommen“, erklärte gemäß der Zeitung Die Welt der Justitiar der Bundesärztekammer in Köln. Die Zahl der Prozesse wegen eines Behandlungsfehlers und auch die Streitsummen sind jedoch vergleichsweise niedrig. Was sind die Gründe dafür? Deutsche Rechtsanwälte sind nicht ausschließlich auf ein Erfolgshonorar angewiesen, außerdem gibt es Gutachter- und Schlichtungsstellen, die berechtigte Schadenersatzforderungen klären können, bevor es zum Prozeß kommt. Im Jahre 1983 wurden diesen Kommissionen 2 850 Fälle vorgelegt; in 492 Fällen entschieden sie für den Patienten und seine Forderungen.
Türkei: Darwin unter Beschuß
In der Türkei ist derzeit in der Öffentlichkeit eine hitzige Debatte über die Evolutionstheorie im Gange. „Die Türken streiten sich heftig darum, ob sie als Menschen nach der Evolutionstheorie Charles Darwins von Affen stammen oder nach dem Koran von Adam und Eva“, meldete die Schwetzinger Zeitung. Es begann im März dieses Jahres mit einem Schreiben des türkischen Erziehungsministers Vehbi Dincerler an die Schulen des Landes. „In dem Schreiben wurde festgestellt, daß es für die Evolutionstheorie keine glaubwürdigen Beweise“ gibt, hieß es. „Deshalb wurde gefordert, daß im Religionsunterricht jeder Zweifel über die Abstammung des Menschen von Adam und Eva beseitigt werden sollte.“ Die Einwände gegen die Evolutionstheorie sind in der Tat gerechtfertigt. Doch mit der fanatisch geführten Kampagne gegen Darwin verfolgen gewisse religiöse Kreise ihre eigenen Ziele. „Die Emotionalisierung der Diskussion hängt nach Ansicht von Beobachtern von ihrer Politisierung im Zusammenhang mit einer offensichtlichen Reislamisierung des traditionell westlichen Staates ab“, bemerkte die Zeitung.
„Ungesunde“ Disco
Das österreichische Gesundheitsministerium sieht in der hohen Lärmbelastung in Diskotheken eine Gefahr für das Gehör von Jugendlichen. In seinem Auftrag ist vor einiger Zeit eine umfangreiche Studie über „Schallbelastung in Diskotheken“ zum Abschluß gebracht worden. Wie den Oberösterreichischen Nachrichten zu entnehmen ist, hatten nur 17,4 Prozent der befragten Jugendlichen noch nie eine Diskothek besucht. „Alle anderen gehen zumindest gelegentlich in eine Disco und riskieren dort bei ungesunden Dauerschallpegeln eine temporäre Hörschwellenverschiebung oder gar eine bleibende Hörabnahme.“
Sonnenbestrahlung ist nützlich
Innerhalb von zwei Jahren wird die gesamte Knochenmasse des Menschen vollständig neu gebildet. An dem ständigen Prozeß des Knochenaufbaus und Knochenabbaus sind zwei Zelltypen beteiligt — die Osteoblasten (Aufbau) und die Osteoklasten (Abbau). Wie auf dem Fortbildungskongreß der Bundesapothekerkammer in Davos betont wurde, kann es bei Störungen dieses Vorgangs zu verschiedenen Knochenerkrankungen kommen. Besonders mit zunehmendem Lebensalter nimmt die Knochenmasse ab. Nach Darstellung des Heidelberger Professors H. Minne führt dieser Mangel (Osteoporose) unter anderem zu einer Verformung der Wirbelsäule (Buckel) und zu ihrer Verkürzung um maximal 20 Zentimeter. Außerdem können bei Menschen, die an Osteoporose leiden, die Knochen sehr leicht brechen (Kalziummangel). „Gefördert wird diese Entwicklung bei Patienten, die sich lange Zeit in geschlossenen Räumen aufhalten, keine Sonnenstrahlen bekommen und dadurch einen Mangel an Vitamin D haben“, berichtet der Weser-Kurier. „Dies ist nach Angaben von Professor Minne häufig bei Menschen in Altersheimen der Fall.“