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Erschaffen Wissenschaftler neue Lebensformen?Erwachet! 1981 | 22. November
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Erschaffen Wissenschaftler neue Lebensformen?
„Jetzt ist die Zeit“, das Walroß sprach, „um vieles uns zu sagen: ... ob Schweine Flügel haben“ („Through the Looking-Glass“).
SCHWEINE mit Flügeln? Das ist doch albern! Aber heute fangen Wissenschaftler tatsächlich an vorherzusagen, daß Schweine in der Zukunft Flügel haben könnten. Genauer gesagt, heute wird viel von der Anwendung einer neuen Technik, der Genchirurgie, gesprochen, mit deren Hilfe Pflanzen erschaffen werden sollen, die keinen Dünger brauchen, Bakterien, die Erz und Erdöl abbauen, und Hefe, die Müll in Alkohol umwandelt. Mit anderen Worten: Wissenschaftler fangen an, neue Lebensformen zu erschaffen.
Ist das Science-fiction? Beachte, was bereits mit Hilfe der Genchirurgie oder DNS-Rekombinationstechnik erreicht wurde. Hier einige Beispiele:
September 1978: Kalifornischen Wissenschaftlern gelingt es, mit Hilfe eines synthetischen Gens für menschliches Insulin gewöhnliche Bakterien in winzige, Insulin produzierende „Fabriken“ zu verwandeln. Insulin wird natürlich täglich von vielen Diabetikern gebraucht, von denen einige gegen das gegenwärtig verwendete tierische Insulin allergisch sind.
Juli 1979: Bakterien, denen menschliche Gene eingepflanzt worden sind, reproduzieren das menschliche Wachstumshormon Somatotropin. Zur Zeit bietet das menschliche Somatotropin die einzige Möglichkeit, hypophysären Zwergwuchs zu behandeln, an dem allein in den Vereinigten Staaten 20 000 Menschen leiden. Bisher hat man es nur aus der Hirnanhangdrüse von Leichnamen gewinnen können.
Januar 1980: Menschliches Interferon, eine natürliche Substanz, die Viren bekämpft, wird zum erstenmal von Bakterien produziert. Vorher konnte Interferon nur aus menschlichem Blut gewonnen werden. Aber 30 000 Liter Blut ergeben nur 100 Milligramm Interferon! Wissenschaftler hoffen, daß sich Interferon als ein Antibiotikum erweist, das sich genauso wirkungsvoll gegen Viren einsetzen läßt wie Penizillin gegen Bakterien.
Wissenschaftler sind von den schnellen Fortschritten in der Genchirurgie begeistert. Wenn Bakterien so verändert werden können, daß sie menschliches Insulin, das menschliche Wachstumshormon und Interferon erzeugen können, was ist dann als nächstes zu erwarten? „Alles, was im wesentlichen Protein ist, wird sich innerhalb der nächsten 15 Jahre in unbegrenzter Menge herstellen lassen“, sagt ein Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology voraus.
Doch was ist Genchirurgie? Wie werden dadurch Lebensformen verändert? Was bedeutet das für die Zukunft?
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Proteine, Gene und duErwachet! 1981 | 22. November
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Proteine, Gene und du
BEI der Erwähnung von Proteinen denken viele an ein schönes, saftiges Steak. Aber das ist bei weitem nicht alles, was es über Proteine zu sagen gibt. Fleisch ist protein- oder eiweißhaltig, weil Lebewesen, besonders Tiere, aus zahllosen verschiedenen Arten von Proteinen bestehen, von denen jedes ganz bestimmte Aufgaben erfüllt.
Arten von Proteinen? Wenn man vom Wasser absieht, machen die Proteinmoleküle die Hälfte deines Körpergewichts aus, aber sie sind nicht alle gleich. Einige geben deinem Haar, deiner Haut und deinen Finger- und Zehennägeln Festigkeit. Andere, Enzyme genannt, kontrollieren die chemischen Reaktionen in deinen Körperzellen. Wieder andere bilden Antikörper, die für die Abwehr von Krankheiten verantwortlich sind.
Woraus bestehen Proteine? All die Tausende von verschiedenen Proteinen deines Körpers bestehen aus Verbindungen kleiner Moleküle, der Aminosäuren. Nur etwa 20 Arten von Aminosäuren sind erforderlich, um all die verschiedenen Proteine aufzubauen, aus denen alle Bäume, Blumen, Tiere und Menschen auf der Erde bestehen — genauso wie aus den 26 Buchstaben des Alphabets Hunderttausende von Wörtern kombiniert werden können.
Lebende Zellen verbinden Aminosäuren miteinander wie die Waggons eines langen Güterzuges, um die Proteine herzustellen, die sie benötigen. Um zum Beispiel Insulin zu produzieren, stellen die Zellen in deiner Bauchspeicheldrüse zwei „Züge“ zusammen, das heißt Aminosäureketten, die ganz bestimmte Formen annehmen. Die erste Kette entspricht einem „Wort“ aus 21 Buchstaben und die zweite einem „Wort“ aus 30 Buchstaben, d. h. Aminosäuren. Dann werden die Ketten miteinander verbunden, und dein Körper hat ein Molekül Insulin zur Verfügung, das dazu beiträgt, den Zuckergehalt in deinem Blutstrom zu kontrollieren. Proteine wie Insulin sind für die Gesundheit lebenswichtig, was Diabetiker bestätigen können.
Pläne und Blaupausen — DNS und RNS
Aber woher wissen die Zellen in deiner Bauchspeicheldrüse, welche Aminosäuren miteinander verbunden werden müssen, damit Insulin entsteht? Und was hindert die Zellen in deinem großen Zeh daran, ebenfalls Insulin herzustellen? Die Antwort liegt in einem einzigartigen, sehr großen Molekül begründet, das DNS (Desoxyribonukleinsäure) genannt wird und das hauptsächlich im Kern einer jeden deiner Billionen von Zellen enthalten ist. Wie funktioniert es?
Bist du schon einmal auf einer Baustelle gewesen? Vielleicht ist dir aufgefallen, daß verschiedene Gruppen von Handwerkern — Zimmerleute, Maurer, Elektriker — häufig Blaupausen studieren, aus denen hervorgeht, was sie zu tun haben. Woher kommen diese Blaupausen? Im Baubüro befinden sich viele technische Zeichnungen, die auf speziellen Maschinen kopiert werden, so daß man Blaupausen erhält. Die verschiedenen Vorarbeiter nehmen die Blaupausen zu ihrer Arbeitsgruppe auf die Baustelle mit.
Ähnlich verhält es sich mit den Zellen. Der Zellkern, das „Baubüro“, enthält die „Originalpläne“ für alle Proteine, die dein Körper je benötigen wird. Diese „Pläne“ sind die DNS-Moleküle. Wenn du Insulin brauchst, wird der entsprechende Abschnitt der DNS, Gen genannt, im Kern spezieller Zellen deiner Bauchspeicheldrüse aktiviert.
Die DNS verläßt den Zellkern nicht, genauso wie die Originalbaupläne im allgemeinen nicht auf die Baustelle gebracht werden. Sie ist zu wertvoll. Statt dessen wird mit Hilfe eines besonderen Moleküls, Boten-RNS (Ribonukleinsäure) genannt, eine „Blaupause“ der DNS angefertigt. Dieser „Bote“ bringt die Blaupause vom Zellkern zur „Baustelle“, wo ein Bautrupp darauf wartet, ein Insulinmolekül zu bauen.
Dieser Bautrupp besteht hauptsächlich aus einem Ribosom, einem Molekül, das einem Zimmermeister entspricht, und aus Gehilfen, der sogenannten Transfer-RNS. Die Gehilfen, die kleinen Moleküle der Transfer-RNS, treiben Aminosäuren auf und bringen sie zum Ribosom. Dieses „liest“ die „Blaupause“ der Boten-RNS und stellt die Insulinkette her.
Im „Baubüro“ jeder deiner Zellen befinden sich weit mehr „Pläne“, als eine Zelle zu ihrer Funktion benötigt. In den Zellen deines großen Zehs sind beispielsweise auch die Gene zur Insulinherstellung vorhanden, aber diese Gene können nicht aktiviert werden. Diese Pläne in den Zellen deines großen Zehs sind gewissermaßen in einem Tresor eingeschlossen. Jede Zelle verwendet nur den Teil der DNS in ihrem Zellkern, den sie braucht, um das herzustellen, was sie benötigt. Darüber können wir sehr froh sein, denn Zellen, die in den „Tresor“ mit den Bauplänen, die sie nicht benutzen sollten, „einbrechen“, können sich selbst oder anderen Zellen schaden oder sogar zu Krebszellen werden.
Veränderung der Pläne
Die meisten Architekten würden energisch widersprechen, wenn jemand behauptete, die gesamten Pläne zum Bau eines großen Wolkenkratzers kämen durch Zufall zustande. Diese Pläne erfordern einen hochqualifizierten, gut ausgebildeten Architekten. Die DNS in den Zellen aller Lebewesen enthält Instruktionen, die weit komplizierter und detaillierter sind als die Pläne eines Bauprojekts. Ist es nicht logisch, zu schlußfolgern, daß die DNS — die die exakte „Konstruktion“ von Bakterien, Bäumen und Menschen überwacht — das Produkt eines meisterhaften Architekten ist? Dieser meisterhafte Architekt ist Jehova Gott (1. Mose 1:11-28).
Frage einen guten Architekten, was er empfindet, wenn unbefugte, unqualifizierte Personen in den Zeichnungen, die mit viel Sorgfalt für den Bau eines Hauses angefertigt wurden, etwas verändern. Er wird damit nicht einverstanden sein, weil er weiß, daß derjenige, der die Pläne ändert, wahrscheinlich nicht die Gesamtfolgen der Veränderung bedacht hat. Auf diese Weise mag zwar ein Badezimmer vergrößert werden, aber was passiert, wenn im Flur wertvoller Raum verlorengeht? Was passiert, wenn die Installation neu verlegt werden muß?
Wissenschaftler sind jetzt in der Lage, den DNS-Inhalt von Lebewesen — die „Baupläne“ des Schöpfers — zu verändern. In einigen Fällen sollen diese Veränderungen humanitären, medizinischen Zwecken dienen, zum Beispiel das Einpflanzen von Genen zur Herstellung menschlichen Insulins in Bakterien. Andere Eingriffe, wie die Einpflanzung von Virusgenen in Mäuseembryos, werden mehr aus wissenschaftlicher Wißbegier durchgeführt, um zu sehen, wie Zellen funktionieren.
Obwohl Wissenschaftler jetzt Gene verändern können, sind sie noch weit davon entfernt, zu verstehen, wie die Gene funktionieren. Im Jahre 1979 berichtete die New York Times: „Wie neue Entdeckungen ergeben haben, ist die Struktur tierischer und auch menschlicher Gene ganz anders, als man mindestens 20 Jahre lang gedacht hatte.“ Was war geschehen? Man hatte herausgefunden, daß tierische Gene gewöhnlich nicht genauso funktionieren wie bakterielle Gene, was Wissenschaftler bis dahin geglaubt hatten. Tierische Gene sind weit komplizierter und enthalten lange Informationsfolgen, die man noch nicht versteht. Wissenschaftler haben somit festgestellt, daß sie entgegen ihren Erwartungen aus dem Studium der „Originalbaupläne“ von Bakterien nicht lernen können, die „Originalbaupläne“ des Menschen zu lesen.
Wissenschaftler haben vor kurzem auch entdeckt, daß der genetische Code der DNS-Moleküle nicht konstant ist, wie man stets gedacht hatte. Es hat sich herausgestellt, daß der Code etwas anders ist, wenn sich die DNS nicht im Zellkern, sondern in anderen Teilen der Zelle, in den Mitochondrien, befindet. „Das Dogma der Universalität des genetischen Codes ist erschüttert worden“, gab die Zeitschrift New Scientist zu. Weshalb ändert sich der Code? Man weiß es nicht. „Einige Fragen, die durch die Ergebnisse genetischer Analysen entstanden sind, werden möglicherweise nie beantwortet werden“, kommentierte New Scientist.
Kein Wunder daher, daß viele Leute wegen der möglichen Gefahren der Genforschung besorgt sind! Die meisten Biologen behaupten heute zwar, mit der Forschung sei nur ein geringes Risiko verbunden. Doch verstehen sie wirklich genug von der Genetik, um das genau beurteilen zu können? In den 50er Jahren behaupteten Wissenschaftler, Atombombentests im amerikanischen Westen seien für die Öffentlichkeit ungefährlich, aber die Krebsrate unter den Menschen, die windabwärts vom Testgebiet leben, zeigt jetzt, daß sich die Wissenschaftler geirrt haben.
Ist es möglich, daß Wissenschaftler, die mit Kräften und biologischen Vorgängen experimentieren, die sie nicht völlig verstehen, versehentlich eine schreckliche neue Krankheit entfesseln? Einige halten das für möglich.
Doch was machen die Wissenschaftler eigentlich mit den Genen?
[Bild auf Seite 4]
Genauso, wie aus den 26 Buchstaben des Alphabets Hunderttausende von Wörtern kombiniert werden können, sind nur 20 verschiedene Aminosäuren erforderlich, um all die verschiedenen Proteine aufzubauen, aus denen alle Bäume, Blumen, Tiere und Menschen auf der Erde bestehen.
[Bilder auf Seite 6]
Kern
Boten-RNS
Ribosom
Transfer-RNS
Aminosäuren
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Versprechungen und PlasmideErwachet! 1981 | 22. November
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Versprechungen und Plasmide
ZELLEN sind sehr klein. Etwa 500 durchschnittlich große Zellen haben auf dem Punkt am Ende dieses Satzes Platz. Doch jede Zelle enthält im allgemeinen die gesamte DNS, die zur Entstehung eines Lebewesens nötig ist.
Wenn die Zellen schon so klein sind, müssen natürlich die DNS-Moleküle noch viel kleiner sein. Sie sehen aus wie lange, verdrehte Fäden, und tatsächlich sind sie so lang, daß die gesamte DNS deines Körpers aneinandergelegt mehrmals bis zur Sonne und wieder zurück reichen würde. Die Fäden sind aber sehr dünn, nur etwa 1/400 000stel Millimeter.
Diese langen, dünnen DNS-Fäden müssen nun, was alles noch komplizierter macht, irgendwie in die Zellen hineingepackt werden, und die einzige Möglichkeit, sie dort unterzubringen, ist, daß sie zu ganz dichten Bündeln zusammengedreht werden. Das erschwert es Wissenschaftlern natürlich, bestimmte Stellen eines bestimmten DNS-Moleküls zu lokalisieren, für die sie sich interessieren mögen, die Gene. Wissenschaftler können nicht einfach eine Zelle unter ein Mikroskop legen, das gewünschte Gen heraussuchen und es dann mit einer Pinzette herausnehmen und durch ein anderes Gen ersetzen.
Plasmide kommen zu Hilfe
Es hat sich jedoch herausgestellt, daß Bakterien oft einige DNS-Moleküle enthalten, mit denen es sich leichter arbeiten läßt. Diese DNS-Stränge sind mehr oder weniger unabhängig von der übrigen DNS in der Bakterie. Sie bilden Ringe, die leicht von einer Bakterie an eine andere weitergegeben werden können. Man nennt sie Plasmide. Gegenwärtig sind die Plasmide der Schlüssel zum Verpflanzen oder „Spleißen“ von Genen.
Das Genspleißen bei höheren Pflanzen und Tieren ist nicht so leicht, weil diese Zellen keine Plasmide haben, und auch ihr genetisches Regulationssystem ist weit komplizierter. Wissenschaftler hoffen aber, daß auch auf diesem Gebiet Genmanipulationen bald möglich sein werden. Wenn ihnen das gelingt, werden sie in Pflanzen Gene von Bakterien einbauen können, die Stickstoff im Erdboden binden, so daß es nicht nötig sein wird, den Erdboden mit Stickstoffdünger anzureichern. Sie hoffen auch, daß es eines Tages möglich sein wird, genetisch bedingte Krankheiten wie die Sichelzellenanämie zu heilen, indem sie defekte Gene im Menschen ersetzen.
„Gegenwärtig wird eine Bakterie vervollkommnet, die Öl zurückgewinnen kann, während andere programmiert werden, Metalle unter der Erdoberfläche zu extrahieren“, schreibt Drummond C. Bell, Vorsitzender der National Distillers und Chemical Corporation, in der Zeitschrift Leaders. „Folgendes stellt die neue Wissenschaft bereits her oder wird sie bald herstellen: menschliches Insulin zur Bekämpfung von Diabetes; krebsbekämpfendes Interferon aus menschlichen Zellen; Impfstoffe zur Verhinderung von Krankheiten wie Hepatitis und Malaria sowie Hormone zur Heilung von Zwergwuchs oder Bluterkrankheit und andere, die das Wachstum von Rindern und Schweinen beschleunigen. Zu den Erfindungen, die gegenwärtig gemacht werden, gehören auch kalorienarmer, fruktosereicher Zucker, Pflanzen, die ihren Dünger aus der Luft beziehen können, eine Weizensorte mit dem doppelten Proteingehalt heutiger Sorten und eine Weizensorte, die nur ein Zehntel soviel Wasser braucht wie die heutigen.“
Auch heißt es, daß man mit Hilfe der Genchirurgie einen unschädlichen, wirkungsvollen Impfstoff gegen die Maul- und Klauenseuche hergestellt hat (Time, 29. Juni 1981).
Kein Wunder, daß die Genchirurgie plötzlich zu einem Großunternehmen geworden ist! Diese Verschiebung vom Versuchslabor zur Produktion hat jedoch einige Leute alarmiert. Warum?
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Wie verpflanzt man ein Gen?Erwachet! 1981 | 22. November
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Wie verpflanzt man ein Gen?
ANGENOMMEN, du wolltest ein Gen verpflanzen oder „spleißen“. Wie würdest du dabei vorgehen?
Zunächst einmal brauchst du das Gen, d. h. den Abschnitt der DNS, der den „Code“ oder „Bauplan“ für ein bestimmtes Protein enthält. Es gibt jetzt „Genmaschinen“, mit denen man einfache Gene aus inaktiven chemischen Substanzen synthetisch herstellen kann. Kompliziertere Gene muß man in der DNS lebender Zellen lokalisieren und daraus isolieren.
Als nächstes brauchst du ein Plasmid und ein Restriktionsenzym, eine besondere chemische Substanz, die das Plasmid an der richtigen Stelle aufschneidet, an deren „klebrigen Enden“ das Gen dann eingesetzt werden kann.
Vielleicht solltest du auch darauf achten, daß dein neues Gen mit einem speziellen Gen verbunden ist, das als „Einschalter“ wirkt. Es könnte sonst sein, daß das neue Gen nicht funktioniert. Schließlich haben weder das Plasmid noch die Bakterie, in die du es hineinsteckst, irgendeine Verwendung für das neue Gen. Für sie ist das Gen ohne Nutzen. Warum sollten die Bakterien daher Zeit und Energie verschwenden, um das zu produzieren, was im Gen verschlüsselt ist?
Der Sinn des „Einschalters“ ist, die Bakterien glauben zu machen, sie würden etwas produzieren, was sie benötigen, obwohl sie in Wirklichkeit etwas produzieren, was du benötigst. Diese Schalter werden „Regulatorgene“ genannt.
Füge nun das Regulatorgen und das neue Gen zusammen, und vermische sie mit einer großen Zahl klebriger Plasmide. Einige der Plasmide werden sich mit dem neuen Gen verbinden und dadurch wieder zu einem Ring werden. Als nächstes gib die „gespleißten“ Plasmide in eine Schale mit einer großen Zahl Bakterien. Einige Bakterien werden einige der Plasmide absorbieren. Bakterien tauschen häufig Plasmide aus. Plasmide sind zum Beispiel gewöhnlich dort, wo sie neue Gene bekommen, die sie gegen Antibiotika immun machen.
Wenn alles gutgegangen ist, werden wenigstens einige der Bakterien Plasmide mit den neuen Genen absorbiert haben, und wenigstens einige der Plasmide werden in den Bakterien funktionieren und mit Hilfe der Ribosomen der Bakterien und anderer „Arbeiter“ das produzieren, was du produziert haben möchtest. Die Bakterien sind eine kleine „Fabrik“ geworden, die zu deinen Diensten steht. Aber diese Fabrik hat den Vorteil, daß sie sich vermehrt. Die Bakterien teilen sich und werden zu mehr Bakterien, die alle dein besonderes Gen enthalten und alle das gewünschte Protein herstellen.
[Bild auf Seite 8]
Gen + Plasmid = modifiziertes Plasmid → von Bakterie absorbiert
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Genchirurgie — ein riskantes Geschäft?Erwachet! 1981 | 22. November
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Genchirurgie — ein riskantes Geschäft?
„ES WAR eine Aktion, wie es sie bis dahin in der Wissenschaft selten gegeben hatte“, schrieb Science News verwundert. Im Jahre 1974, als Wissenschaftler gerade anfingen, die Grundtechniken der Genchirurgie zu entwickeln, wurde eindringlich vor den möglichen Gefahren der Experimente gewarnt. Was war daran so ungewöhnlich? Diejenigen, die die Warnung publizierten, waren keine schlecht informierten Angstmacher, sondern gerade die Wissenschaftler, die in der Genforschung führend vorangingen.
Sie brachten ihre Besorgnisse in dem sogenannten „Berg-Brief“ zum Ausdruck, nach Paul Berg benannt, einem Wissenschaftler der Stanford-Universität, der im Jahre 1980 für seine Arbeiten in Verbindung mit der Genchirurgie zusammen mit anderen Wissenschaftlern den Nobelpreis für Chemie erhielt. Ein weiterer prominenter Unterzeichner des „Berg-Briefes“ war James D. Watson von der Harvarduniversität, der 1953 bekannt wurde, als er bei der Entdeckung der Struktur der DNS mitwirkte (wofür er auch einen Nobelpreis erhielt).
Berg, Watson und neun andere namhafte Wissenschaftler machten sich darüber Sorgen, daß die Genchirurgie zur „Erschaffung neuer Arten infektiöser DNS-Elemente führen könnte, deren biologische Eigenschaften sich nicht vollständig voraussagen lassen“. Mit anderen Worten: Was wäre, wenn jemand einen neuen Krankheitserreger erschaffen würde, der außer Kontrolle geriete und eine schreckliche Epidemie auslösen würde? In dem Brief wurde ein Moratorium für verschiedene Arten von Experimenten verlangt sowie die Aufstellung von Richtlinien, die gewährleisten sollten, daß alle zukünftigen Experimente ungefährlich wären. Daraufhin erließen die „National Institutes of Health“ (NIH) in den USA sehr umfangreiche und detaillierte Richtlinien für die Genchirurgie.
Unterdessen stellte es sich heraus, daß die Genchirurgie — ob riskant oder nicht — eine potentielle Goldgrube für Geschäftsunternehmen war. Könnten Bakterien ein preiswerteres, zuverlässigeres Insulin herstellen? Wie Biologieprofessor Jonathan King erklärte, ist der „Verkauf von Insulin an Diabetiker ein Geschäft mit einem Umsatz von 100 Millionen Dollar im Jahr“. Könnten bessere Gene in Pflanzen den Ernteertrag steigern oder die Notwendigkeit für Düngemittel reduzieren oder nahrhaftere Pflanzen schaffen? Man stelle sich den Markt für solche Pflanzen vor! „Die Landwirtschaft ist immer noch das größte Geschäftsunternehmen der Welt“, sagte Biologieprofessor Bonner.
Diese Aussichten haben zur schnellen Gründung einer neuen Art von Geschäftsunternehmen geführt, die sich auf die Genchirurgie spezialisiert haben. Eine solche Firma, die Genentech, wurde 1976 von einem Professor mit gegründet, der den „Berg-Brief“ unterzeichnet hatte. Der Professor bezahlte 500 Dollar für seinen Anteil an der Genentech, doch als die Aktien der Firma 1980 der Öffentlichkeit zum Verkauf angeboten wurden, waren seine Anteile plötzlich 40 Millionen Dollar wert! Offensichtlich halten die Leute, die Aktien kaufen, die Genchirurgie für ein großes Geschäft. „Diese Arbeit ist von weitreichenderer Bedeutung als irgend etwas anderes seit der Entdeckung der Kernteilchen“, prahlte der Vizepräsident einer Arzneimittelfirma.
In den letzten Jahren sind zahlreiche kleinere Firmen wie die Genentech gegründet worden, und Großunternehmen wie Standard Oil of California, Monsanto und Du Pont geben Millionen für die Genforschung aus. Im Juni letzten Jahres erregte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten Aufsehen, als er entschied, daß genetisch veränderte Lebensformen wie jede andere Erfindung patentiert werden könnten.
Das Geld lockt, und so ist es nicht verwunderlich, daß Wissenschaftler in letzter Zeit überall verbreiten, die Genchirurgie sei vielleicht gar nicht so gefährlich. Sie weisen darauf hin, daß die bei den meisten Experimenten verwendeten Bakterienarten außerhalb des Laboratoriums nicht überleben können. Im allgemeinen, so sagen sie, würden durch die Veränderung der DNS Organismen geschaffen, die genetische „Krüppel“ seien und daher für den Menschen weniger gefährlich seien als die natürlich vorkommenden. Dr. Watson ist wahrscheinlich ein typisches Beispiel für die neue Haltung, wenn er jetzt sagt, seine Unterschrift unter den „Berg-Brief“ sei das Dümmste gewesen, was er je getan habe.
Haben Wissenschaftler stichhaltige wissenschaftliche Beweise für diese neue Meinung? Dr. Berg verneint das. „Es gibt nicht viele neue Daten“, sagt er. „Wir haben nur ein bißchen mehr nachgedacht; bei diesem Meinungsumschwung haben wir so ziemlich dieselben Daten zur Verfügung gehabt.“
Weiter erklärt Dr. Berg: „Man hört heute zwar viele zuversichtliche Äußerungen, doch die Leute, die sie tun, haben alle ein klares, verständliches Interesse an der Sache.“
Ähnlich besorgt äußert sich die Wissenschaftshistorikerin Susan Wright. Sie schreibt, daß mindestens eine Entscheidung, die NIH-Richtlinien zu entschärfen, „nicht auf empirischen Daten beruht, sondern auf der Meinung von Wissenschaftlern“. In der Zeitschrift Chemical and Engineering News war zu lesen, daß die Genchirurgie bisher zwar ungefährlich verlaufen ist, daß aber „eine Handvoll Kritiker sagt, es spreche nichts Überzeugendes dafür, die Arbeit mit der DNS-Rekombinationstechnik als ungefährlich zu beurteilen, und mit einer Art Dampfwalzeneffekt würden sämtliche bestehenden Zweifel zerschmettert, ohne offene Fragen wirklich zu beantworten“.
Die Sicherheitsfrage ist jetzt besonders wichtig, denn kleine Experimente bringen kein Geld ein, wohl aber Einrichtungen zur Massenproduktion. „Jetzt, wo die Technologie aus dem Labor in große Produktionsstätten zur kommerziellen Verwertung hinüberwechselt, sind Schutzvorschriften dringend erforderlich“, warnt George Taylor, ein Sicherheitsexperte der Gewerkschaft AFL-CIO. Offensichtlich besteht ein großer Sicherheitsunterschied zwischen ein paar Bakterien in einer Petri-Schale und großen Kübeln voller Bakterien, die handelsfähige Mengen von Insulin, Interferon oder anderen Proteinen produzieren.
Die Richtlinien der NIH waren für die Laborforschung gedacht, und ihre Einhaltung beruht auf freiwilliger Basis. Diese Richtlinien werden ständig erleichtert, und es gibt keinen Mechanismus, der selbst die entschärften Richtlinien für die Industrie verbindlich macht. Der Biologe King klagt, die Richtlinien seien so abgeschwächt worden, daß sie nicht so sehr die Gesundheit der Öffentlichkeit schützen würden, sondern vielmehr diejenigen, die mit dieser Technologie beschäftigt seien, vor öffentlichen Untersuchungen und Vorschriften schützen würden.
Könnte die große Eile, diese neue Technologie anzuwenden, zu einem biologischen Harrisburg führen?
Noch eine andere Frage muß gestellt werden: Kann mit der Genchirurgie wirklich das erreicht werden, was Wissenschaftler behaupten? Zum Beispiel hofft man, daß genetisch veränderte Pflanzen imstande sein werden, Stickstoff aus dem Erdboden selbst zu binden, so daß man viel Dünger und somit auch die Kosten und die Energie für seine Herstellung sparen kann. Könnten solche Pflanzen entwickelt werden?
Wissenschaftler wissen, daß einige Pflanzen, zum Beispiel die Sojabohne, keinen zusätzlichen Stickstoff benötigen, weil in ihren Wurzeln Bakterien leben, die den Stickstoff für sie binden. Die Bakterien wiederum erhalten von den Pflanzen Nahrung. Diese Symbiose nutzt sowohl der Sojabohne als auch den Bakterien und war offensichtlich vom Schöpfer so vorgesehen. Wissenschaftler würden nun gern einiges verbessern.
Aber es gibt Schwierigkeiten. Zunächst einmal ist es nicht annähernd so leicht, fremde Gene in höheren Pflanzen richtig zum Funktionieren zu bringen wie in Bakterien. Es sind keine Plasmide da, die dabei helfen könnten, und höhere Pflanzen sind weit komplizierter als Bakterien.
Wenn aber die genetischen Probleme überwunden werden können, dann bleibt das noch größere chemische Problem bestehen. Stickstoffatome kommen in der Natur in Paaren vor. Bevor eine Pflanze den Stickstoff verwenden kann, müssen diese Paare getrennt werden. Das erfordert einen großen Energieaufwand, ganz gleich, ob die Stickstoffatome vom Menschen bei der Herstellung von Dünger getrennt werden oder ob sie von Bakterien oder von der Pflanze selbst getrennt werden. „Die Energiekosten, die die Pflanze für diesen Prozeß bezahlen muß, sind nicht unerheblich“, meint ein Pflanzenwissenschaftler. Der Energieverlust wird wahrscheinlich kleinere Pflanzen mit einem viel geringeren Ertrag pro Hektar zur Folge haben.
Offensichtlich war daher die Idee des Schöpfers doch gar nicht so schlecht.
Es stimmt, daß man mit Hilfe der Genchirurgie Bakterien veranlassen kann, gewünschte chemische Substanzen zu produzieren. Doch macht sie das zu besseren Bakterien? Nein. In dem Maße, wie diese winzigen „Fabriken“ Produkte herstellen, die für sie selbst wertlos sind, verschwenden sie Energie, die sie dazu nutzen könnten, schneller zu wachsen oder kräftiger zu werden. Vom Standpunkt der Bakterien aus sind die manipulierten Formen minderwertig.
Wenn der Mensch nicht einmal den Bauplan einer kleinen Bakterie verbessern kann, kann er dann wirklich erwarten, den Bauplan weit komplizierterer Pflanzen- oder Tierzellen zu verbessern? Wissenschaftler staunen über den Flug der aerodynamisch „unmöglichen“ Hummel, über den Navigationsinstinkt der Zugvögel, über die Fernkommunikation von Walen, über die geometrische und architektonische Vollkommenheit des Knochengewebes. Sind sie wirklich in der Lage, die Baupläne des Schöpfers zu verbessern? Ein kleines Kind mag gelernt haben, die Taschenuhr seines Vaters auseinanderzunehmen, aber bedeutet das, daß es eine bessere Uhr konstruieren könnte?
Genauso verhält es sich mit den modernen Wissenschaftlern. Sie haben ein paar einfache Organismen auseinandergenommen und geben zu, daß sie das, was sie darin gefunden haben, nicht völlig verstehen. Da Wissenschaftler die Funktion langer DNS-Abschnitte nicht verstehen, behaupten sie, diese seien „rudimentär“ oder „sinnlos“. (Ärzte sagten das auch einst vom Wurmfortsatz und von den Mandeln, bis sie eines Besseren belehrt wurden.)
Es ist nichts verkehrt an dem großen Interesse, zu erfahren, wie lebende Organismen funktionieren. Wenn die Menschen ihre angeborene Wißbegier anwenden, um demütig etwas von den Bauplänen Jehovas zu lernen, werden sie daraus Nutzen ziehen. Aber wenn sie geldgierig und arrogant versuchen, Gottes Schöpfungswerke um des Profits willen radikal zu verändern, werden sie letzten Endes Schaden erleiden.
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